Titel: | Die neue Donaubrücke in Munderkingen in Württemberg, |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, Miszellen, S. 48 |
Die neue Donaubrücke in Munderkingen in Württemberg,
ein Werk des Präsidenten der Ministerialabtheilung für Wasser-
und Strassenbau v. Leibbrand in Stuttgart, wurde am 16.
November 1893 festlich geweiht. Was diese Brücke berechtigt, vor vielen anderen
ihrer Art besondere Aufmerksamkeit zu beanspruchen, das ist der grosse
Cement-Betonbogen von 50 m lichter Spannweite und 5 m Pfeilhöhe, mit welchem sie die
Donau überspannt. Der Bogen dürfte der weitgespannteste Deutschlands sein und zeigt
in seiner verhältnissmässig geringen Stichhöhe (1 : 10) eine Kühnheit der
Construction, welche die Brücke über den Wildbach Isère mit 26 m Spannweite und 1/10
Stich, die Strassenbrücke bei Erbach an der Donau in Württemberg mit 32 m Spannweite
und 1/8 Pfeilhöhe, sowie den kühnen Bogen über das Murgthal bei Weisenbach, der nach
den Regeln des Stein Schnittes aus einzelnen keilförmigen Betonkörpern gewölbt ist,
eine Wasserleitung trägt und eine Spannweite von 40 m bei etwas über 1/10 Stich hat,
beträchtlich übertrifft. Das rechte Widerlager der Brücke besteht aus weissem
Jurakalk, der als gewachsener Felsen zu Tage tritt, das linke Widerlager ist durch
145 schräg eingetriebene Tannenpfähle gebildet. Das Gewölbe der Brücke ist 7,40 m
breit, die Weite zwischen den Geländern beträgt 8 m. Ueber beiden Widerlagern sind
gewölbte Durchgänge von 2,50 m lichter Weite gemauert, die 0,8 m vorkragen. Um die
getragene Last zu vermindern, sind die zwischen der Gewölbeoberfläche und der
Fahrbahn bestehenden Hohlräume nicht ausgefüllt; die Beanspruchung des
Brückengewölbes ist mit 30 k für 1 qcm angenommen. Um während des Ausschalens des
Bogens und nach demselben etwaige Senkungen unschädlich zu machen, sind rechts an
den Kämpfern wie am Scheitel die von Leibbrand
erfundenen Gewölbegelenke angewendet worden. Beim Ausschalen senkte sich der
Gewölbescheitel um 7 cm und beim Aufbringen der ganzen, etwa 75000 k betragenden
Brückenlast 11 cm, dabei haben sich die Widerlager um 2 bis 3,5 mm in wagerechter
Richtung verschoben. Die architektonischen Gliederungen der Brücke sind aus rothem
Cement hergestellt, der da, wo er zu Quadern verwendet wurde, eine bossenartige
Bearbeitung erfahren hat. Leitungsröhren, für Wasserleitung u.s.w. sind in die
Fusswege eingelegt. Der zum Brückenbau verwendete Beton wurde in einer Kugelmühle
gemischt und hat hierdurch eine Festigkeit erhalten, welche den mit Hand gemischten
Beton um 30 bis 40 Proc. übertrifft. Die Baukosten der Brücke betrugen ohne
Zufahrten 49600 M., die Gesammtkosten erreichten den Betrag von 90000 M. Mit dem Bau
wurde am 1. April 1893 begonnen und am 15. November aufgehört, so dass am 16.
November die feierliche Uebergabe an den Verkehr stattfinden konnte. Bei dem Bau
waren ausser dem Bearbeiter des Entwurfes noch betheiligt Oberbaurath Euting, Bauinspector Braun
und Werkmeister Schmidt, sämmtlich in Ehingen. (Deutsche Bauzeitung, 1894 Nr. 2.)