Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, Miszellen, S. 47 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Strommessung durch Wärmeausdehnung gasförmiger Körper.
Im Folgenden ist ein von K. Wilkens construirtes
Instrument beschrieben, welches in erster Linie Temperaturdifferenzen, bezieh. die
hierdurch bedingten Volumänderungen eines Gases anzeigt. Unter Einführung eines
elektrischen Stromleiters, welcher bekanntlich stets eine Wärmewirkung ausübt, ist
die Möglichkeit gegeben, hieraus ein Instrument zu schaffen zur Messung von
Stromstärken und Spannungsdifferenzen, ohne dass die Angaben von benachbarten
Stromleitungen oder Luftdruck- und Temperaturänderungen des Beobachtungsraumes
abhängig sind.
Innerhalb eines geschlossenen Hohlkörpers, z.B. einer Röhre, ist eine gewisse Menge
Flüssigkeit, wie Quecksilber, Wasser, Weingeist u.s.w., derartig eingeschlossen,
dass oberhalb und unterhalb dieser Flüssigkeitsmenge ein bestimmtes Gasquantum, sei
es atmosphärische Luft oder eine andere Gasart, sich befindet. Wird nun z.B. das
unterhalb des Flüssigkeitsfadens befindliche Gas durch die Stromwärme auf eine
höhere Temperatur gebracht, so dehnt sich dasselbe aus und verschiebt den
Flüssigkeitsfaden so lange, bis das oberhalb der Flüssigkeit sich befindende
Gasquantum so weit comprimirt ist, dass der Druck auf die Flüssigkeit von beiden
Seiten gleich ist. Hieraus folgt, dass jeder Temperaturdifferenz der beiden
Gasvolumina eine bestimmte Stellung des Flüssigkeitsfadens entspricht und hierdurch
ein Maass für die Stromstärke geschaffen ist. Durch entsprechende Dimensionirung der
Hohlräume kann eine grössere oder geringere Empfindlichkeit leicht erzielt werden. –
Die Versuche über die praktische Herstellung von auf dem beschriebenen Princip
beruhenden Stromzeigern sind in dem elektrotechnischen Laboratorium der Firma Hartmann und Braun in Bockenheim-Frankfurt a. M. im
Laufe des vergangenen Sommers ausgeführt worden.
(Elektr. Zeitschr.)
Ueber die Unzulässigkeit des Vernickelns elektrischer und
magnetischer Apparate.
In neuerer Zeit werden so vielfach Apparate vernickelt, dass es vielleicht angebracht
ist, hierin Vorsicht anzurathen. Veranlassung dazu gibt ein specieller Fall.
Kürzlich wurde der Physikalisch-technischen Reichsanstalt eine mit Gradtheilung
versehene Compassbussole zur Untersuchung zugesandt, deren Magnetnadel ihre Richtung
gegen den magnetischen Meridian beim Drehen der Bussole um ihre Achse änderte. Wurde
nämlich die Bussole um 90° gedreht, so dass man zuerst die angegebene NS-Richtung
und dann die OW-Richtung in den magnetischen Meridian brachte, so verschob sich die
Richtung der Magnetnadel um volle 8°.
Dass der Fehler nur eine Folge der Vernickelung war, ergab sich daraus, dass die
Bussole nach Entfernung des vernickelten Gehäuses keine Unregelmässigkeit mehr
zeigte, und dass sich das von der Nickelschicht befreite Gehäuse als eisenfrei
erwies.
Nun war die Bussole allerdings stark vernickelt; doch auch schon sehr dünne
Nickelschichten machen den vernickelten Gegenstand magnetisch, wie ein Versuch
zeigte. Es wurde nämlich ein Stab von absolut eisenfreiem Messing mit einer ganz
schwachen Nickelschicht überzogen, so dass das Messing noch deutlich
durchschimmerte, und doch zeigte sich jetzt der Stab magnetisch.
Auch einen ziemlich hohen Betrag der Magnetisirung scheint eine solche Nickelschicht
schon durch das Vernickeln allein zu erreichen; denn die Wirkung des Versuchsstabes
auf eine Magnetometernadel war nach kräftigem Magnetisiren nur dreimal so gross als
die durch das Vernickeln allein erzielte.
Bei rohen Apparaten wird das Vernickeln naturgemäss nichts schaden; bei Apparaten
aber, die zu genaueren Messungen dienen, wie Compassbussolen, Galvanoskopen für
Isolationsprüfung u.s.w. wird man nach obigen Ausführungen von einer Vernickelung
absehen müssen. Dies gilt besonders von allen denjenigen Apparaten, bei denen man
bemüht ist, eisenfreies Material zu verwenden. (Zeitschrift
für Instrumentenkunde, 1894.)
Die mittlere Leistung eines Arbeiters.
In Nr. 21 der Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure veröffentlicht Prof. Franz Ritter v.
Rziha in Wien eine interessante Studie über den obigen Gegenstand. Anlass
dazu bot das
Bedürfniss, einen brauchbaren Mittelwerth für wissenschaftliche Untersuchungen zu
schaffen, ähnlich den Rechnungsgrössen: „Pferdestärke“, „Wärmeeinheit“
u.s.w.
Rziha geht von der
physiologischen Grundlage aus, dass der Mensch dem Gesetze des 24stündigen
Stoffwechsels unterliegt, dass also die in mechanische Nettoarbeit umzusetzende
Bruttokörperwärme des gesunden Menschen sich maassgebend nur für die Dauer eines
kosmischen Tages berechnen lässt.
Der erwachsene Mensch verbraucht die Körperwärme zu der vom Willen unbeeinflussten
constanten mechanischen Innenarbeit, die sich zur Erhaltung des Körperzustandes
vollzieht, sowie der gewollten äusseren mechanischen Arbeit einschliesslich der
willensfreien Denkarbeit. Er vermag daher unter Aufrechterhaltung seines
Beharrungszustandes bei schwerer mechanischer Aussenarbeit nur wenig willensfreie
Denkarbeit oder umgekehrt zu leisten.
Die gewollte Arbeit findet – immer unter Aufrechterhaltung des normalen
Körperzustandes – ihre obere Grenze in der durch das Verdauungsvermögen des Menschen
begrenzten täglichen Nahrungszufuhr und dem mittleren physiologischen Nährgehalt
solcher Zufuhr.
Den Secundenwerth des menschlichen motorischen Leistungsvermögens kann man nur als
einen solchen für gewisse technische Aufgaben nothwendigen Rechnungswerth ansehen,
der durch die Division der täglich wirklichen Arbeitssecunden in die Tagesleistung
entsteht. Denn die secundlich zu beobachtende Leistung während einer kurzen
Arbeitsperiode ist innerhalb grosser Grenzen etwas rein Willkürliches; aus dem
grossen Vorrath kann auf Augenblicke viel mehr verausgabt werden, als dem normalen
Ersatzvermögen entspricht. Beobachtet hat man in Augenblicken von Lebensgefahr und
ähnlichen Anlässen Leistungen von mehr als 100 mkg/Secunden. Rziha belegt die Möglichkeit hoher Augenblicksleistung eingehend durch die
Vorgänge der Athmung. Wir möchten vergleichsweise auf den Locomotivkessel verweisen,
der bei der kurzen Bergfahrt erheblich über den Durchschnitt zu leisten vermag, wenn
auf Ergänzung des Kesselwassers verzichtet, dieses also vom höchsten bis zum
niedrigsten Wasserstande ausgenutzt wird.
Man spricht beim Kessel, ebenso wie beim Menschen, nach einer solchen Beanspruchung
von Erschöpfung, und unterscheidet diese wohl von der
Ermüdung.
Der Zustand der Erschöpfung kennzeichnet sich beim Menschen durch Ruhepausen in der
Arbeit; der Zustand der Ermüdung ist dagegen derjenige, welcher nach und nach, am
Ende der Arbeitsschicht, dadurch eintritt, dass schliesslich derjenige ganze
physiologische Wärmetheil verwendet worden ist, welcher von der Natur nach dem
Gesetze des 24stündigen Stoffwechsels zum Verbrauche für die tägliche mechanische
Aussenarbeit bestimmt ist.
Dieser Zustand erfordert nach seinem Eintritt eine stundenlange Ruhe und den Schlaf,
also eine zeitlich lang dauernde physiologische Vorbereitung des Körpers zu neuer
Ansammlung von Arbeitsvermögen. Das mechanische Aequivalent der täglichen Ermüdung
bestimmt der Verfasser durch eine grosse Zahl beobachteter mittlerer effectiver
Tagesleistungen eines Mannes. 30 solcher Beobachtungen sind in Meterkilogramm
angegeben, das arithmetische Mittel daraus ist:
Tagesleistung
eines
Mannes
127415 mkg oder300 Nutzwärmeeinheiten zu 425
mkg.
Werden aus den Beobachtungen die Werthe der einzelnen Arten der Arbeiten
herausgezogen, so entsteht folgende Uebersicht:
Mechanische Aequivalente der täglichen
Ermüdung eines Arbeiters bei den verschiedenen Arbeitsarten.
1)
Beim Ziehen
110000
mkg
2)
Beim Wasserheben
117204
„
3)
Am Lauf- und Tretrade
119551
„
4)
Bei den Gewinnungsarbeiten
120500
„
5)
Beim Emportragen von Laston
122168
„
6)
Beim Rammen
122215
„
7)
Beim Werfen von Erde
126000
„
8)
Bei technologischen Arbeiten
126000
„
9)
Beim Wirken am Haspel
136428
„
10)
Beim Steigen
140000
„
11)
Beim Arbeiten am Hebel
146954
„
Mittel aus allen 30 Beobachtungsarten (300
Wärmeeinheiten)
127415
„
Der Umstand, dass diese Tageswerthe wenig von einander abweichen, kann auch als
Beweis dafür dienen, dass die Secundenleistungen aus
den Tagesleistungen abgeleitet werden müssen und nicht umgekehrt.
Die Arbeitszeit scheidet Rziha in:
Schichtzeit, das ist tägliche Lohnzeit (einschliesslich der
normalen Pausen);
Arbeitszeit, das ist Schichtzeit, um Mittags- und sonstige
normale Ruhepausen verkürzt;
Thätigkeitszeit, das ist Arbeitszeit, um Erholungspausen während
der Arbeit verkürzt.
Die Schichtdauer ist entweder 12- oder 8stündig; Schichten zu 6, 4 oder gar 3 Stunden
kommen als Ausnahmen nicht in Betracht, sind aber auch im ökonomischen Gesammteffect
erfahrungsmässig geringer, weil in diesem geringen Bruchtheil von 24 Stunden die
erforderliche Wärmemenge physiologisch gar nicht erzeugt werden kann.
Ebensowenig sind Schichten von mehr als 12stündiger Dauer auf längere Zeit nicht
anwendbar, weil entweder bei starker secundlicher Leistung die Körpersubstanz
angegriffen wird, oder bei massiger Arbeit in der Secunde eine nutzlose Ermüdung in
Folge der mechanischen Arbeiten des langen Herumstehens und Herumgehens eintritt.
Bei 12- bezieh. 8stündiger Schichtzeit ist auf 10- bezieh. 7½stündige Arbeitszeit zu
rechnen. Die Thätigkeitszeit ist zu 50 bis 80 vom Hundert der Arbeitszeit
beobachtet, beträgt also zwischen 5 und 8 Stunden bei 12stündiger Schicht und 3¾ bis
6 Stunden bei 8stündiger Schicht.
In den Hand- und Lehrbüchern der Mechanik wird meistens irrthümlich mit einer
mittleren Arbeitszeit am Tage von 8 Stunden = 28800 Secunden gerechnet und durch
Multiplication mit der gelegentlich beobachteten secundlichen Leistung ein ganz
unerreichbares Tagesleistungsvermögen ermittelt.
Aus dem oben begründeten Tagesbetrag von 127415 Meterkilogramm ergibt sich durch
Division die Secundenleistung:
a) für die 5- bis 8stündige Thätigkeitszeit der 12stündigen
Schicht 7,0 bis 4,4 mkg;
b) für die 3¾- bis 6stündige Thätigkeitszahl der 8stündigen
Schicht 9,4 bis 6,0 mkg;
c) das Mittel: 6½stündige Thätigkeit der 12stündigen Schicht
5,5 mkg, Mittel 6,3 mkg;
d) das Mittel: 4⅞stündige Thätigkeit der 8stündigen Schicht 7,2
mkg, Mittel 6,3 mgk.
Kommt man in die Lage, ohne Unterschied der Schichtdauer rechnen zu müssen, so würde
die secundliche Menschenstärke mit dem Mittelwerthe von rund 6,3 mkg oder 1/12 Pferdestärke
anzusetzen sein. Die beiden Werthe: 300 Wärmeeinheiten für die Tagesleistung und 1/12 Pferdestärke
sind leicht zu merken.
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