Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, Miszellen, S. 48 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Die erste deutsche Gasbahn.
Von Inspector M. Fuchs.
Die Lösung der Aufgabe, eine kleine Gaslocomotive als Vorspann für jeden gewöhnlichen
Pferdebahnwagen zu verwenden, ist zuerst von Oscar
Blessing in Leipzig, dann in Amerika und zwar in Chicago, von Connelly versucht worden, und ein solcher Motor wurde
daselbst, sowie in England auf mehreren Linien eingeführt.
Eine bessere, für alle Verhältnisse passendere Lösung bietet jedoch die im Sommer
1891 entstandene, im März 1892 patentirte Construction eines Gasmotor-Strassenwagens
durch den inzwischen verstorbenen Dresdener Ingenieur Lührig, dessen Patente in die Hände der Gas-Traction Compagnie in London übergegangen sind, welche eine Filiale in
Dresden besitzt und die erste deutsche Gasbahn, d. i. die am 15. November 1894
eröffnete Dessauer Strassenbahn, mitbegründet hat.
Der Gedanke, den Gasmotor zum Betriebe von Strassenbahnen zu benutzen, wurde, wie
oben erwähnt, bereits früher in eine praktische Form gebracht, doch gelang die
Lösung der schwierigen Aufgabe erst der Dessauer
Strassenbahngesellschaft, und die Wahl des Lührig'schen Systems war eine glückliche, weil jedes andere System an den
zu hohen Anlags- und Betriebskosten gescheitert wäre.
Dieses System kennzeichnet sich dadurch, dass jeder einzelne Wagen von einem unter
der einen Sitzreihe untergebrachten Gasmotor angetrieben wird, der zwei gegenüber
liegende Cylinder besitzt, deren Kolben an einer gemeinsamen Kurbelwelle arbeiten;
selbe trägt einerseits ein Schwungrad, anderseits ein Zahnrad, dieses überträgt die
Kraft durch ein Vorgelege – welches den Vor- und Rückwärtsgang, sowie langsame und schnelle
Fahrt vermittelt – auf die Achsen der beiden Triebräder.
Das nothwendige Gas wird, in cylindrischen Behältern verdichtet, jedem Wagen
beigegeben, wie dies bei den für Gasbeleuchtung eingerichteten Eisenbahnwagen der
Fall ist. Das Gas wird an beliebiger Stelle des Strassenrohrnetzes durch eine Pumpe
der Gasleitung entnommen, verdichtet und durch eine Leitung bis zum
Strassenbahngleise geführt, wo es während eines kurzen Aufenthaltes durch eine
hydrantartige Vorrichtung in die auf den Wagen befindlichen Behälter gelangt.
Die Strassenbahn in Dessau ist 4 km lang, besitzt 9 Wagen zu 12 Sitz- und 15
Stehplätzen, hat also im Wagen 28 Plätze. Es unterscheiden sich diese Wagen im
Aeussern gar nicht von einem Strassenbahneinspänner.
Die verwendeten Gasmotoren haben 7 und 3 Gasbehälter, welche für 12 km Fahrt
ausreichen. Die Zündung erfolgt elektrisch, der Auspuff geschieht unsichtbar und
geräuschlos. Die Fahrgeschwindigkeit ist sehr regulirbar und die Regulirung erfolgt
durch einen vorn am Führerstand angebrachten Hebel. Die behördlich gestattete
Maximalgeschwindigkeit beträgt 12 km in der Stunde.
Die Ladung mit dem verdichteten Gase erfolgt in kurzer Zeit an den beiden
Endstationen, wo kleine Comprimirstationen in der Grösse von Wächterhäusern
errichtet sind, die einen Gasmotor von 8 , eine von demselben betriebene
Gaspumpe und einige grössere Sammelbehälter für das auf etwa 8 at verdichtete Gas
enthalten.
Die Motoren sind vollständig verdeckt angeordnet und nur die Schwungradverkleidung an
der einen Seite sichtbar.
Was die Betriebskosten anbelangt, so stellen sich selbe auf etwa 17 Pf. für 1
Wagenkilometer, während der elektrische Betrieb 21 Pf. kostet; es ist somit die
Gasbahn um 24 Proc. billiger als die elektrische Bahn und dürfte unserer Ansicht
nach dieselbe die Strassenbahn der Zukunft werden. (Technische Blätter, Vierteljahrschrift des Technischen Vereins in
Böhmen.)
Gasautomaten.
Nach dem Vorgange einer Londoner Gesellschaft, welche eine Einrichtung zur
automatischen Gewährung von Gas zu Leucht- und Heizzwecken einführte, und angeregt
durch den grossen Erfolg dieser Automaten, haben, wie die Eisenzeitung mittheilt, auch die deutschen
Gas- und Wasserfachmänner dieser Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit zugewendet. So
berichtete Director Reichard in Karlsruhe auf der 35.
Jahresversammlung dieses Vereins, welche vor Kurzem in Köln stattfand, dass z.B. in
Karlsruhe bei Wohnungen, die einen Miethwerth von weniger als 300 M. haben, der
Gasconsum verschwindend klein ist, während schon 24 Proc. der Wohnungen, die einen
Miethwerth von 300 bis 600 M. haben, an die Gasleitung angeschlossen sind. Für die
ärmeren Leute, welche eine grössere Gasrechnung zu bezahlen nicht im Stande sind,
sei der Automat am Platze, falls die betreffende Gasdirection bezieh. die
Stadtbehörde Lampen und Kochapparate zur Verfügung stelle. Die ganze Ausrüstung,
also Automat, Lampen und Kochapparat, würde sich auf etwa 110 M. Anlagekosten
stellen, die sich durch den Gasconsum rasch amortisiren dürften. Der untere Beamte,
z.B. der Eisenbahnbeamte, der morgens früh zum Dienst müsse, werde sich, statt
Schnaps zu geniessen, eine Tasse Kaffee auf dem Kochapparat fertigstellen, und die
Arbeiterfrau werde sich auf dem Kochapparat in kurzer Zeit warme Speisen herstellen
können. Auf diese Weise werde der Gasautomat auch zur Lösung der socialen Frage in
erheblicher Weise beitragen. Redner empfahl seinen Fachgenossen dringend, Versuche
mit den Gasautomaten zu machen.
Dr. Homann in Berlin, Mitglied der
Normalaichungscommission, machte Mittheilungen über die Construction der
Gasautomaten. Dieselben hätten die doppelte Aufgabe, einmal bei Einwurf eines
Geldstücks eine bestimmte Quantität Gas zu liefern, und andererseits zu verhindern,
dass Gas weiter aus der Leitung ströme, falls das betreffende Quantum durch den
Apparat gegangen ist. Die Automaten seien entweder ganz selbsthätig, d.h. sie
functionirten durch den blossen Einwurf des Geldstücks, oder es müsse nach dem
Einwurf noch eine Handleistung dazu treten, etwa Druck auf einen Knopf, Ziehen einer
Klappe oder Umdrehung einer Kurbel. Die Hauptsache sei, dass der Automat nach
Durchlass der betreffenden Gasmenge selbsthätig die Leitung absperre; dies könne nur
durch einen Verlust an Gasdruck geschehen; falls dieser Verlust sich in engen
Grenzen bewege, schade dieser Umstand nichts, Apparate mit starkem Druckverlust
seien dagegen nicht empfehlenswerth.
Generalsecretär Hofrath Bunte forderte die deutschen
Fabrikanten auf, so bald als möglich Gasautomaten herzustellen. Die englischen
Fabriken können zur Zeit keine Apparate liefern, da sie mit Aufträgen überlastet
seien.
Director v. Oechelhäuser bemerkte, dass die Deutsche Continental-Gasgesellschaft sich früher
bereits englische Apparate habe kommen lassen und dass diese zur Zeit durch
technische Beamte geprüft würden.
Als ein Fabrikant darauf aufmerksam machte, dass deutsche Fabrikate fertig zum
Versand in verschiedenen Fabriken ständen, dass nur die Erlaubniss der
Normalaichungscommission fehle, erwiderte Regierungsrath Dr. Weinstein, Mitglied der Normalaichungscommission, dass letztere einem
Antrag des Vereins betreffs der Gasautomaten entgegensehe. An Bereitwilligkeit werde
es nicht fehlen. Demgemäss dürften Gasautomaten auch in Deutschland sehr bald zur
Einführung gelangen.
Eisenbahnschienennägel.
Diese Nägel sind der „Consolidirten Redenhütte“ in Zabrze unter D. R. P. Nr.
77783 geschützt worden und unterscheiden sich von den gewöhnlichen Schienennägeln
dadurch, dass ihr Schaft der ganzen Länge nach auf allen vier Seiten mit
segmentartigen, nahezu die ganze Breite der Seitenflächen einnehmenden Auskehlungen
versehen ist. In Folge der hierdurch entstehenden Schaftkanten lässt sich der Nagel
leichter als der gewöhnliche mit quadratischem Querschnitt versehene in die Schwelle
eintreiben, leistet aber wegen der vergrösserten Haftflächen einen grösseren
Widerstand gegen Lockerung.
Bücher-Anzeigen.
1) Karte der flössbaren und der
schiffbaren Wasserstrassen des Deutschen Reiches, in 1 : 1000000 auf 4
Blättern. Entworfen und gezeichnet von Victor Kurs.
Preis 12,50 M.
2) Tabellarische Nachrichten über die
flössbaren und schiffbaren Wasserstrassen des Deutschen Reiches. Bearbeitet
von Victor Kurs. Preis 15 M. Commissionsverlag von
Siemenroth und Worms. Berlin. Gesammtpreis 25 M. (auch einzelne Blätter sind
käuflich).
Das mit grossem Fleisse bearbeitete Werk gibt genauen Aufschluss über die Ausdehnung
und die Gebrauchsfähigkeit der deutschen Wasserstrassen, ist also für Handel,
Volkswirthschaft, Militär und Statistik von Wichtigkeit. Die zu den Karten
verwendeten farbigen Töne geben sofort Aufschluss über die Tragfähigkeit der zu
benutzenden Fahrzeuge bezieh. die Flössbarkeit, ob Neubau oder Umbau stattfindet.
Auch die in Betracht kommenden Eisenbahnen sind eingetragen. Die Tabellen enthalten
Bauzeit, Höhenlage, Länge, Breite, sowie Tiefe des Fahrwassers, Schleusengrösse und
eine Reihe bemerkenswerther Angaben.
Vierstellige
logarithmisch-trigonometrische Tafeln nebst einigen physikalischen und
astronomischen Tafeln für den Gebrauch an höheren Schulen zusammengestellt von C. Rohrbach. Verlag von C. F. Thienemann in Gotha. 32
S.
Die Einleitung gibt eine kurze Uebersicht über Inhalt und Benutzung der Tafeln. Diese
sind übersichtlich angeordnet und gut ausgestattet. Die physikalischen und
astronomischen Daten werden manchem Lehrer willkommen sein.
Eingesandt.
Verzeichniss der in der Generalversammlung vom 29. Mai 1895 ausgeschriebenen
Preisaufgaben für das Jahr 1896. – Wird vom Secretariat der Industriellen
Gesellschaft von Mülhausen Jedermann, der es verlangt, zugesandt.
In Ergänzung und zur Berichtigung unseres Berichtes 1895 295 296 pos. 14 macht uns die Firma J. M.
Grob in Leipzig-Eutritzsch darauf aufmerksam, dass die dort erwähnten
Maschinen Eigenthum der Firma J. M. Grob seien.
Eingesandt wurde uns die reichhaltige illustrirte Preisliste der
Holzbearbeitungsmaschinen von Gebr. Schmalz in
Offenbach a. M. Specialkatalog über Maschinen zur Fassfabrikation.