Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, Miszellen, S. 300 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Gesteinsbohrmaschinen mit elektrischem Antrieb.
Die älteren Bestrebungen, Gesteinsbohrmaschinen für elektrische Betriebskraft zu
bauen, sind meistens auf die directe Erzeugung der erforderlichen hin und her
gehenden Bewegung durch den elektrischen Strom gerichtet. Man kann nach dem heutigen
Stande der Elektrotechnik ohne weiteres sagen, dass derartige Constructionen vom
wirthschaftlichen Standpunkt aus aussichtslos sind, da elektrische Kräfte nur dort
rationell zu wirken vermögen, wo eine möglichst grosse und gleichförmige Geschwindigkeit der zu bewegenden Theile Bedingung ist.
Schon ein Elektromotor, der durch seine Belastung plötzlichen
Geschwindigkeitsänderungen ausgesetzt ist, arbeitet mit schlechtem Wirkungsgrad; man
sucht in solchen Fällen die auftretenden Stösse durch Schwungmassen zu compensiren;
weit mehr ist dies jedoch bei der directen Erzeugung einer hin und her gehenden
Bewegung der Fall, wo die Geschwindigkeit stetig zwischen Null und dem Maximum
wechselt. Daraus ergibt sich, dass elektrische Kräfte sich vortheilhaft nur zur
dauernden Erzeugung rotirender Bewegungen verwenden lassen. Von dieser Erkenntniss
hat die Firma Siemens und Halske sich bei der
Construction ihrer vorzüglichen Gesteinsbohrmaschinen leiten lassen. Als
Betriebskraft dient ein Elektromotor, der nur in besonders zweckmässiger Form
hergestellt worden ist; die Vorzüge des Systems liegen also weniger auf
elektrotechnischem als auf maschinentechnischem Gebiet.
Von der Firma werden zwei Arten von Bohrmaschinen geliefert, die Drehbohrmaschine und
die Stossbohrmaschine. Während erstere nur für ganz weiches Gestein, z.B. in
Salzbergwerken, Verwendung findet, bohrt letztere die härtesten Gesteine, z.B.
Granit, mit von anderen Systemen unerreichter Schnelligkeit. Der Antrieb vom
Elektromotor und dieser selbst ist jedoch für beide gleich; während bei früheren
Constructionen der Elektromotor sich direct am Bohrgestell befand, befindet derselbe
sich bei neueren Constructionen in einem soliden Kasten, der von zwei Mann bequem
getragen werden kann. In ihm befindet sich auch das Vorgelege des Motors, welches
die grosse Tourenzahl und den Anlasswiderstand zu reduciren hat. Von dem Kasten aus
führt eine biegsame, sogen. Stow'sche Welle zum
Bohrgestell, die so eingerichtet ist, dass sie sich in wenigen Secunden lösen und
befestigen lässt. Die Drehbohrmaschine bestellt aus einem Spiralbohrer, der mittels
eines Vorgeleges durch die biegsame Welle in Rotation versetzt wird; gleichzeitig
ist automatischer Vorschub vorgesehen, in dessen Mechanismus eine Reibungskuppelung
eingeschaltet ist, um bei plötzlichen Hindernissen im Gestein eine Gefährdung des
Bohrers und der Welle zu verhüten. Die ganze Anordnung ist leicht beweglich und
leicht aufzustellen; die Leistung ist bei 40 mm Lochweite in Salzen durchschnittlich
300 bis 400 mm in der Minute bei einem Energieverbrauch von etwa 800 Watt. Das
Gewicht der Bohrmaschine beträgt nur 32 k einschliesslich der 1,5 m langen
Bohrspindel.
Weit grössere Schwierigkeiten waren bei der Construction der Stossbohrmaschinen
zu überwinden, doch auch hier ist eine vorzügliche Lösung des Problems gelungen. Wie
schon hervorgehoben, bietet die Anordnung einer biegsamen Welle die Möglichkeit, den
Motor vollständig vor Stössen zu bewahren. Der Bohrer wird durch Rotation einer
Kurbel mit zwischengespannten Federn in Stossbewegung versetzt; die Kurbel ist mit
einem Schwungrad versehen und wird von der biegsamen Welle aus mittels Vorgelege
angetrieben; die Befürchtung, dass die Federn auf die Dauer die starke Beanspruchung
nicht ertragen würden, hat sich nicht bewahrheitet. Der Stosskolben ist seiner
ganzen Länge nach durchbohrt; es ist dadurch der grosse Vortheil erreicht worden,
dass man den Bohrer entfernen kann, ohne die Maschine aus ihrer Lage zu rücken;
jedes Bohrloch kann aus einer und derselben einmal gewählten Lage fertiggestellt
werden. Auch die Stossbohrmaschine ist mit einem selbsthätigen Vorschub versehen,
der ebenso sicher wie bei der Drehbohrmaschine functionirt. Die Maschine ist im
Stande, in Granit in einer Minute ein 35 mm weites Loch 80 bis 90 mm tief zu bohren
bei einem Energieverbrauch von 980 Watt, das ist der dritte bis vierte Theil dessen,
was bisher für die gleiche Leistung aufgewendet werden musste. Dabei ist die ganze
Anordnung von gefälligem Aussehen und trotz grosser Leichtigkeit sehr stabil und
leicht aufzustellen.
Zweckmässig eingerichtete Kabel mit Anschlusstöpseln und praktischer Kabeltrommel
lassen auch in elektrischer Beziehung nichts zu wünschen übrig. (E. T. Z, Heft 34.)
Elektrische Bahn in Baden bei Wien.
Zwischen Baden und Vöslau bei Wien ist kürzlich eine von der Firma Schuckert gebaute elektrische Strassenbahn eröffnet
worden; gleichzeitig fand in Baden die Umwandlung der bestehenden Pferdebahn in eine
elektrische statt. Beide Bahnstrecken sind durchweg eingleisig mit Ausweichstellen
angelegt; die Gesammtlänge beträgt etwa 10 km, wovon 5 km auf die Strecke zwischen
Baden und Vöslau entfallen. Der Oberbau besteht in den Strassen aus
Flusstahlrillenschienen Phönix-Profil 76, nur in den Theilen der Stadt, wo das
Gleise neben der eigentlichen Fahrstrasse liegt, sind die alten Vignol-Schienen
belassen worden. Auch für die neue Strecke Baden-Vöslau sind, da der Bahnkörper
ausserhalb der Stadtgebiete gesondert ist, Vignol-Schienen mit hölzernen
Querschwellen verwandt worden. Die Stromzuführung ist, trotzdem Baden den Charakter
eines eleganten Badeortes hat, durchweg oberirdisch (Trolley-System), die
Rückleitung erfolgt durch die Schienen, neben denen ein blanker, 6 mm starker
Kupferdraht verlegt ist; die maximale Steigung ist 3 Proc., der kleinste
Curvenradius 20 m. Die oberirdische Stromzuführung besteht aus einem 5 bis 6 m über
Schienenoberkante aufgehängten 7-mm-Siliciumbronzedraht, der von 5,5 bis 6,5 m hohen
Masten in 30 bis 40 m Abstand getragen wird; die Ausführung der Masten ist eine
solche, dass sie allen ästhetischen Ansprüchen gerecht wird. Die Arbeitsleitung ist,
um etwaige Betriebsstörungen zu localisiren, in 5 Sectionen getheilt, die durch
besondere Zuleitungen gespeist werden. Die Wagen, von denen jeder 28 Personen fasst,
haben eine Fahrgeschwindigkeit von 14 km in der Stadt, 18 km ausserhalb und bis zu
25 km auf den Strecken, wo ein besonderer Bahnkörper vorhanden ist. Die Motorwagen
sind mit 2 Elektromotoren von je 8 ausgerüstet. Dieselben können jedoch
eine zeitweilige Ueberlastung bis auf das Doppelte vertragen. Die Maschinenstation
(in der alten Wagenremise der Pferdebahn, etwa 1 km von der Bahn gelegen) besteht
gegenwärtig aus 3 wagerechten Verbunddampfmaschinen von normal 50 bis maximal 80
bei 180 Touren und 8 at Admissionsspannung, welche mittels
Riemenübersetzung zum Betriebe von 3 Schuckert-Nebenschlussdynamo à 48 Kilo-Watt mit 600 Touren dienen. Die
Betriebsspannung beträgt 550 Volt. Ein vierter Maschinensatz von der doppelten
Leistung befindet sich noch im Bau. Die Station liefert gleichzeitig den Strom für
die Beleuchtung von Baden und Umgebung, die in den Händen einer Gesellschaft liegt,
welche mit dem Finanzconsortium der elektrischen Bahn ein diesbezügliches Abkommen
getroffen hat. Dadurch ist die Stromerzeugung sehr billig geworden. Der Strom für
die Beleuchtung wird in einer Unterstation, welche im Beleuchtungscentrum liegt,
durch 2 Transformatoren auf die gewöhnliche Spannung von 220 Volt transformirt
(Dreileitersystem). Ausserdem ist eine Accumulatorenbatterie vorhanden, so dass die
Unterstation in der Lage ist, nach vollem Ausbau den Strom für 3000 Glühlampen zu
liefern; für die Strassenbeleuchtung sind von der Stadt 52 Bogenlampen ä 6 Ampère
vorgesehen. Der Strompreis für Private ist auf 45 kr. für die Kilo-Wattstunde
festgesetzt. (E. T. Z., Heft 34.)