Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, Miszellen, S. 47 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Der Ausbau der Wasserstrassen in Norddeutschland.
Der Verein zur Hebung der Fluss- und Kanalschiffahrt in Bayern schreibt in Nr. 2
seiner Vereinscorrespondenz Folgendes: Es ist bekannt, dass die norddeutschen
Staaten – vor allem Preussen – eine bewunderungswerthe Rührigkeit entfalten, um
für den billigen Gütertransport zur Ergänzung ihres Eisenbahnnetzes ein Kanalnetz
für moderne Grosschiffahrt auszubauen. Die Ereignisse drängen sich förmlich.
Gleichzeitig mit der Schlussteinlegung zum Nord-Ostseekanal erfolgte die
Grundsteinlegung zu einem zweiten, wenn auch nicht für Seeschiffe bestimmten
Nord-Ostseekanal, dem Elbe-Travekanal. Kurz darauf liess der Grossherzog von
Mecklenburg-Schwerin die Projectirungsarbeiten für einen dritten Nord-Ostseekanal
anordnen, welcher von der Eibe aus durch den Schweriner See die Ostsee erreichen und
Mecklenburg durchziehen soll. Kaum waren die grossen Regulirungen und Kanalisirungen
der Wasserstrassen im Weichbild von Berlin vollendet, so erschien eine neue
Publication über die Kanal Verbindung Berlins mit der Ostsee, und in den deutschen
Ostseestädten, besonders in Stettin, ist seit der Eröffnung des Nord-Ostseekanals in
Folge der Hamburger Concurrenz eine lebhafte Bewegung erwacht, durch die Förderung
der Elbe- und Oder-Donaukanalprojecte sich in ähnlicher Weise wie Hamburg durch
Binnenschiffahrt ein grosses Hinterland zu verschaffen.
Im August erfolgte die feierliche Eröffnung der Fuldakanalisirung, die nur als der
Anfang des grossen Werkes der Weserkanalisirung zu betrachten ist.
Im engsten Zusammenhange mit diesen Arbeiten, sowie mit dem seiner Vollendung
entgegengehenden Bau des Dortmund-Emskanals steht das Rhein-Weser-Elbekanalproject,
für welches die preussische Regierung sehr energisch eintritt. Sie verdient für
diese Energie Anerkennung und Bewunderung und findet dieselbe selbst bei den
Franzosen. So lasen wir in einem kürzlich erschienenen Buche („Les transports
économiques“ von Octave Mavaut, Paris und Gent
1895) folgende bemerkenswerthen Worte: „Wir werden daran gewöhnt, zu sehen, dass
die Deutschen, sobald sie ein Programm angenommen haben, es auch mit grosser
Wissenschaftlichkeit, Beharrlichkeit und wahrhaft hohem Patriotismus ausführen.
Geschickt die Erfahrungen anderer Völker benutzend, geben sie ihren Schöpfungen
einen seltenen Grad praktischer Vollkommenheit. So haben sie ihre grosse
Industrie, ihre Häfen, ihre mächtige Handelsflotte geschaffen; so bauen sie
jetzt das Netz ihrer Wasserstrassen aus, weil es nothwendig ist für die
industrielle und commercielle Expansion ihres Reiches.“
Neue grosse Wasserkraftanlage in Nordamerika.
Der Obere oder Superior-See, der höchste der nordamerikanischen grossen Seenkette,
liegt 191 m über dem Meere und ergiesst sich in den Michigan- und Huronsee, die 181
m über dem Meere liegen. Der Kanal, welcher den Oberen See mit dem Huronsee
verbindet, die auf 60 km etwa 10 m Gefälle und in der Mitte die Stromschnellen von
Ste. Marie haben, bildet die Grenze zwischen Canada und dem Staat Michigan. Die
Stromschnellen werden für die Schiffahrt durch einen Kanal umgangen und liefern ein
Gefälle von 20' Höhe. An dieser Verbindung der beiden Seen, die auf der canadischen
Seite der Soo heisst, liegt eine Stadt von etwa 5000 Einwohnern, auf der
amerikanischen die grössere Sault Ste. Marie. Die dortigen Wasserkräfte von etwa
40000, 20000 und 15000 sind nach dem Papertrade
Journal jetzt im Besitze der Sault Ste. Marie Pulp
and Paper Co., deren Anlage zunächst aus einer Holzschleiferei mit 12 bis
15 grossen Schleifern besteht, welcher eine Sulfitstoff-, Schreib- und
Packpapierfabrik zugefügt werden soll. Die Unternehmer wollen im Ganzen 5½ Millionen
Dollars für Verwendung der vorhandenen mindestens 20000 aufwenden. In Sault
Ste. Marie in Michigan sollen gleichfalls Fabriken zur Ausnutzung der Wasserkraft
erbaut werden. (Papierzeitung.)
Eine Wasserenteisenungsweise für den Kleinbetrieb.
Die zur Zeit bei der Wasserbeschaffung im Grossen übliche Beseitigung des Eisens aus
rothbruchhaltigem Wasser, nämlich die Sättigung des letzteren mit Luft und die
Entfernung des Rothbruchs durch Absetzenlassen oder durch Filter, lässt sich für die
Zwecke der Haus-, Garten- und Landwirthschaft bei einzelnen Kesselbrunnen schwer
anwenden. Für diese erhielt Berthold Stecket in Breslau
(Waggenhof) unterm 3. December 1892 (D. R. P. Kl. 5 Nr. 74359) einen Kesselbrunnen
geschützt, zwischen dessen doppelten durchlässigen Wandungen reiner Weisskalk
eingeschüttet wird und der eisenhaltiges Grundwasser eisenfrei macht, ohne dessen
Härte in beträchtlicher Weise zu erhöhen und ohne dem
Wasser alkalische Reaction zu verleihen. An einem
bereits 17 Jahre hindurch benutzten derartigen Brunnen zeigte sich bisher keine
Abnahme der Wirksamkeit. Zur theoretischen Erörterung des Enteisenungsvorganges
überhaupt und insbesondere bei dem Steckel'schen
Verfahren stellte kürzlich A. Lübbert (Zeitschrift für Hygiene, 20 S. 397 bis 411) im
Breslauer hygienischen Universitätslaboratorium zahlreiche Versuche an, aus denen hervorgeht, dass
zur wirksamen Enteisenung die Beseitigung der Kohlensäure keineswegs, wie man bisher
annahm, etwas Nebensächliches ist. Denn diese Säure vermag bei gewisser Spannung das
Eisenoxydulsalz selbst dann in Lösung zu erhalten, wenn das Wasser den zur
Ferrihydratbildung erforderlichen Sauerstoff im Ueberschusse enthält. Es wirken
daher nicht bloss chemische Mittel, wie Kalk, oder mechanische, wie Luftdurchblasen,
eisenentziehend, sondern ebenso chemisch indifferente, die Kohlensäure absorbirende
Stoffe, wie Cellulose (Papierbrei), Sand, noch stärker Holzkohle und das Ferrihydrat
selbst, dessen Einfluss den Schlüssel zum Verständnisse der langsamen freiwilligen
Enteisenung von Wässern in geschlossenen Behältern bietet: Das anfänglich in Spuren
vorhandene Eisenoxydhydrat bindet etwas Kohlensäure und erniedrigt so deren
Spannung, es fällt in Folge dessen neues Ferrihydrat aus u.s.f. Bisher deutete man
mit Piefke die enteisende Wirkung des Ferrihydrats
dahin, dass dieses bei Berührung mit oxydirbaren Körpern etwas Sauerstoff abzugeben
vermöge. Mit der Lübbert'schen Auffassung, deren
Richtigkeit (a. a. O.) durch eine Reihe von Versuchen zu erweisen gesucht wird,
verträgt sich auch die Thatsache, dass das Verschwinden der freien Kohlensäure aus
dem Wasser nicht entsprechend dem Eisenansfalle vor sich zu gehen braucht, was B. Fischer gegen die Bedeutung der Kohlensäure für die
Eisenausscheidung anführt. – Von den analytischen Belägen, die Lübbert beibringt, sei hier der Vergleich von
Grundwasser mit dem Wasser eines darin befindlichen Steckel'schen Brunnens angeführt. Die Zahlen bedeuten Gramm im Liter:
I
II
III
Grundwasser
Fe2O3CaO
0,06800,1628
0,046 0,132
0,0520,147
Brunnenwasser
Fe2O3CaOAetzkali
nicht0,256 fehlt
wägbar 0,277 fehlt
0,00060,260fehlt
-l-.
Schwedens Eisenerzlagerstätten und ihre Bedeutung für die
deutsche Eisenindustrie.
Hierüber hielt Tiemann im Westfälischen Bezirksverein
nach der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure
einen Vortrag, in welchem er, von der geschichtlichen Entwickelung der
Flusseisenerzeugung ausgehend, zunächst auf die Verwendung lothringischer und
luxemburgischer Minette-Erze in rheinischwestfälischen Hochofenwerken hinweist. Der
Minette sei jedoch seit einigen Jahren durch die Einfuhr schwedischer Eisenerze mit
hohem Phosphorgehalte eine fühlbare Concurrenz erwachsen. Seit dem Jahre 1870 sei
die Ausfuhr von 963 t bis auf 455093 t im J. 1893 gestiegen; seit 1892 verhütten
fast sämmtliche Hochöfen des Ruhrreviers schwedische Eisenerze. Der Redner schildert
alsdann die schwedischen Eisenerzgruben, insbesondere die bei Grängesberg und bei
Gellivara; erstere liegen in einer aus niedrigen Bergzügen bestehenden bewaldeten
Gebirgsgegend und bauen im Wesentlichen drei aus grossen Erzlinsen bestehende
parallele Lagerzüge ab. Der Abbau geschieht im Eisenglanz unterirdisch, im
Magnetiteisenstein in etagenförmigen Tagbauen. Die phosphorarmen Eisenglanze werden
für benachbarte Hütten verwendet, die Magnetite gelangen zum grössten Theil zur
Ausfuhr. Die Höhe der Abbauetagen beträgt 30 bis 40 m; das Erz ist am Tage nur mit
einer geringen Erd- oder Geröllschicht überdeckt. In die Tagbaue führt eine
normalspurige Eisenbahn unmittelbar hinein, so dass die Erze vor Ort in Kippwagen
und Schiebkarren den Eisenbahnwagen zugeführt werden können. Sämmtliche
Maschinenarbeit, mit Ausnahme der Wasserhaltung, wird durch elektrische
Kraftübertragung ausgeführt. Die Wasserhaltung besorgen sechs Wasserräder, welche
ihre Kraft durch Feldgestänge auf die nahegelegenen Gruben übertragen. Vier Dynamo
liegen 12 km von den Gruben entfernt; sie werden durch vier Turbinen von je 100
betrieben. Die Kraft wird durch 3 mm starke Kupferdrähte übertragen. Die
Stromspannung beträgt 5000 Volt und wird durch Umformen für die einzelnen Betriebe
in Spannungen von 85 Volt umgesetzt. Zur Ausfuhr gehen die Erze von Grängesberg auf
der 255 km langen Eisenbahn nach dem Hafen von Oxelösund und werden dort in Dampfer
von 1500 bis 2000 t verladen. Die Bahngleise führen dicht an der Hafenmauer entlang;
dahinter sind grosse Lagerplätze für das Eisenerz geschaffen. Zur Verladung in die
Schiffe dienen tragbare Dampfkrahne.
Die Erze von Gellivara treten in drei Zügen auf, von denen der erste aus Eisenglanz
mit reichem Apatitgehalt besteht, während der mittlere weniger phosphorreich, der
dritte am phosphorärmsten ist. Die Erze liegen auch hier zu Tage und werden in
Tagbauen gewonnen. Der Ausfuhrhafen Luleä ist. 205 km von Gellivara entfernt. Hinter
der Ufermauer befindet sich ein Aufzug für Eisenbahnwagen und eine etwa 200 m
lange Verladebrücke; dahinter liegt das Pumpenhaus für die hydraulische Anlage. Der
Aufzug hat zwei Tauchkolben von je 600 mm Durchmesser und wird durch eine liegende
Zwillingsdruckpumpe bedient; der erforderliche Dampf wird in drei Cornwall-Kesseln
erzeugt. Der Aufzug steht vorn an der Brücke und ist mit der Bahn Luleä-Gellivara
unmittelbar verbunden; es werden jedesmal gleichzeitig in 3 Minuten drei
Eisensteinwagen von je 25000 k Füllung und 8800 k Eisengewicht auf eine Höhe von
12,5 m gehoben; am entgegengesetzten Ende steht ein zweiter Aufzug, mittels dessen
die leeren Wagen wieder herunterbefördert, aber auch volle Wagen gehoben werden
können. Auf der Aufzugsbrücke befinden sich zwei Sturzvorrichtungen; eine dritte ist
in der Ausführung begriffen. Die Erzwagen sind von Eisen und bei dem hohen
specifischen Gewicht der Erze von 4,8 bis 5,2 verhältnissmässig klein. Sie haben
drei Achsen, über der mittleren einen Schweinsrücken und im Boden zwei Klappen; die
Seitenwände liegen schräg, so dass sich die Wagen bei Lösung der Bodenklappen sehr
schnell und vollkommen entleeren. Die Wagen, welche auf dem Lagerplatz entleert
werden sollen, kommen auf einem 10 m über dem Platze gelegenen Gleise an und werden
in kurze Taschen entleert.
Doppelspurige Seilbahn.
Die doppelspurige Seilbahn von de Champ ist der Bleichert'schen nachgebildet. Bei derselben dienen zwei
auf Böcken ruhende Schienen aus Flachstahl von 6 × 38 mm Stärke als Träger des
Fördergefässes. Eine dieser Tragebahnen dient als Spur für die beladenen, die andere
ist für die leeren Wagen bestimmt. Letztere hängen auf vier Spurrädern, welche in
der Oberkante des Wagen kor bes sitzen, zwischen den Trageschienen hernieder. Die
Trageschienen sind doppelt, ermöglichen daher den Transport grösserer Lasten. Das
Zugseil liegt in der Höhe und zwischen den beiden Trageschienen und wird mittels
einer kräftigen Frictionskuppelung angeschlossen. Die Trageböcke stehen in 60 m
Abständen. Die Wagen können auch auf gewöhnlichen Gleisen benutzt werden, da sie
Räder besitzen; sie können entfernt von der Station beladen und zu derselben
gestossen werden; die Entladung geschieht mittels beweglichen Bodens. Eine 439 m
lange Bahn ist bei Port Rennady, Pa., in einem Kalkbruch im Betrieb und fordert
täglich 150 t Kalk in Ladungen von je 820 k zum Brennofen. Die Seilgeschwindigkeit
ist 0,9 m in der Secunde. (Nach Glückauf.)
Bücher-Anzeigen.
Technische Vorträge und Abhandlungen. XXVI.
Wasserbeschaffung mittels artesischer
Brunnen. Vortrag von E. Herzog. Spielhagen und
Schurich. Wien. 31 S. nebst Tabellen. 2 M.
Verfasser schildert die Arbeiten, Geräthe und Einrichtungen, welche zur Herstellung
eines artesischen Brunnens in Scabadka auf der Eisenbahnstrecke der
Budapest-Semliner Bahn erforderlich gewesen sind.
Otto Hübner's
Geographisch-statistische Tabellen von Juraschek. Verlag von H. Keller. Frankfurt a. M. 44. Ausgabe für
1895.
Die bestens bekannten Tabellen erscheinen mit den üblichen Nachträgen in den
bisherigen Ausgaben. Empfehlende Worte sind bei den anerkannten Tafeln wohl nicht
erforderlich.
Die Sicherungswerke im
Eisenbahnbetriebe. Ein Lehr- und Nachschlagebuch für Betriebsbeamte und
Studirende des Eisenbahnwesens, enthaltend: Elektrische Telegraphen, Läutewerke,
Contactapparate, Blockeinrichtungen, Signal- und Weichenstellwerke und sonstige
Sicherungseinrichtungen von E. Schubert, 2. Aufl. mit
285 Textfiguren und 1 Tafel. Verlag von J. F. Bergmann. Wiesbaden. 207 S.
Der ausführliche Titel des Werkes enthebt uns der weiteren Inhaltsangabe; die
Behandlung des Stoffes reiht sich den bekannten Werken Schuberts würdig an. Das Werk kann strebsamen Eisenbahntechnikern zum
Selbststudium angelegentlichst empfohlen werden, um so mehr, als es auch die
nöthigen Vorkenntnisse in der Elektricitätslehre bringt.