Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, Miszellen, S. 96 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Die Querschnittsform der Regenfallrohre.
H. Ch. Nussbaum, Privatdocent der technischen Hochschule
zu Hannover, berichtet im Hannoverschen
Gewerbeblatt:
Die Regenfallrohre erhalten in Deutschland gegenwärtig zumeist eine kreisrunde Form
und ihr Querschnitt wird vielerorts recht eng bemessen. Die kreisrunden Rohre sind
als widerstandsfähig zu bezeichnen, und sie bieten den weiteren Vorzug der
Preiswürdigkeit.
Dagegen tritt im nordischen Winter bei dieser Form der Regenfallrohre ein Misstand
auf, welcher jene Vortheile aufwiegt. In die Rohre herabfallende Schneemassen
pflegen den Querschnitt so vollkommen auszufüllen, dass das Schmelzwasser keinen
Abfluss findet; es bleibt daher oberhalb der verstopften Stelle stehen. Tritt nun
nach einem warmen Tage eine kalte Nacht ein, dann vermag das Wasser innerhalb der
Rohre vollständig auszufrieren und das Rohr zu zersprengen. Wird dem Wasser der
Durchgang nicht gestattet, dann sickert es durch die Leckstelle, dringt in das
angrenzende Mauerwerk ein und sättigt dasselbe nicht selten auf eine ziemlich weite
Strecke.
Eine derartige Durchfeuchtung ist schwer zu beheben, weil das Ausheizen nur geringen
Erfolg aufzuweisen pflegt und die vollkommene Austrocknung zumeist erst nach dem
Eintritte milder Witterung erfolgt. Da ferner während der Frostdauer Arbeiten an den
Blechrohren schwierig auszuführen sind, so bleibt die Leckstelle nicht selten Wochen
lang offen.
Durch ein derartiges Vorkommniss können daher die an das Fallrohr grenzenden Räume
sämmtlicher Geschosse eines Gebäudes auf Monate hinaus unbrauchbar gemacht
werden.
Der geschilderte Misstand tritt um so häufiger ein, je kleiner der Querschnitt
kreisrunder Fallrohre bemessen wird.
In Wien vermeidet man solche Vorkommnisse, indem man die Regenfallrohre innerhalb der
Gebäude herabführt, wodurch sie der Einwirkung des Frostes entzogen werden. Aus
Gründen der Feuersicherheit ist es dort nicht gestattet, das Dachgeschoss von
Zinshäusern zu Aufenthaltsräumen auszunützen. In Folge dessen ist der Werth dieses
Geschosses ein so niedriger, dass die gedachte Anordnung der Regenabführungsrohre
auch bei Gebäuden mit steileren Dächern nicht auf Schwierigkeiten stösst. Da
derartige Vorschriften anderenorts nicht gelten, so ist eine solche Maassregel nicht
allgemein durchführbar, nur für Gebäude mit sehr flachen Dächern erscheint sie stets
am Platze. Die Anordnung pflegt sich für die letzteren sehr preiswerth zu stellen,
weil erstens die Dachrinnen in Fortfall kommen, sobald das Gefälle nach der Mitte
des Gebäudes angeordnet wird, zweitens die Regenfallrohre weiteren Zwecken zu dienen
vermögen. So geht es zum Beispiel an, das Regenwasser in die Fallrohre der
Wasserclosets zu leiten, sobald deren Querschnitt ausreichend weit bemessen wird.
Die hierdurch gewonnene Spülung dieser Rohre und die Vermeidung der häufig recht
schwierigen Anschlüsse der Regenfallrohre an die Sielleitungen sind weitere nicht zu
unterschätzende Vorzüge einer derartigen Anordnungsweise.
Für alle anderen Gebäude bleibt zur Vermeidung der geschilderten Misstände nur die
Möglichkeit, erstens den Querschnittsinhalt der Regenfallrohre möglichst gross zu
bemessen und zweitens deren Form derart zu wählen, dass ein Zersprengen durch
Frostwirkung ausgeschlossen oder doch auf seltene Einzelfälle beschränkt wird.
Abgesehen davon, dass die Wahl enger Fallrohre vielfach durch Sparsamkeit bedingt
wird, pflegen hauptsächlich zwei Gründe hierfür bestimmend zu sein, welche auf
Schönheitsrücksichten zurückzuführen sind.
Die Eckpfeiler der Gebäude in geschlossen aufgeführten Strassenzügen sind vielfach
bereits so schmal bemessen, dass jede weitere Verengerung ihrer Breite die
tektonische Wirkung ungünstig beeinflusst. Man wünscht daher die für die Fallrohre
erforderliche Nische möglichst knapp zu bemessen. Dort aber, wo die Fallrohre frei
auf den Wandflächen herabgeführt werden, trägt die wenig ansprechende Erscheinung
glatter Rohre aus unedlem Metall Schuld daran, dass man eine enge Querschnittsform
wählt, weil breite Rohre stärker hervortreten als schmale.
Nimmt man an Stelle eines kreisförmigen einen rechteckigen (oder auch einen oblongen)
Querschnitt für die Fallrohre, so erhält man bei gleicher Breite, aber grösserer
Tiefe der Wandnische einen wesentlich bedeutenderen Rohrinhalt. Bei einer
Mauerstärke von zwei Stein lässt sich der Inhalt in dieser Weise auf mehr als das
Doppelte erhöhen.
Andererseits ruft die Verwendung von Wellblech zur Anfertigung freiliegender
kreisförmiger Rohre ein weit vortheilhafteres Aussehen hervor. Werden die
Ansatzstücke an die Dachrinnen, die Verbindungsstellen der Rohrtheile und die
Rohrschellen mit Verzierungen versehen, dann vermag man Wirkungen zu erzielen, die
durch die Wahl eines grossen Querschnittes eher gewinnen als verlieren. Es liegt
daher kein Grund vor, den Rohrquerschnitt enger zu bemessen, als ihn das Bedürfniss
erheischt.
Bei derartigen Querschnittsformen wird die Gefahr des Zersprengtwerdens verringert.
Rechtwinkelig geformte Rohre sind allerdings weniger widerstandsfähig als
kreisförmige, aber die hineinfallenden Schneemassen pflegen dieselben nur
ausnahmsweise völlig zu erfüllen. In der Regel bleiben die Ecken so weit frei, dass
sie dem Schmelzwasser hinreichenden Abfluss gestatten. Sobald aber das Rohr von
Wasser frei bleibt, ist die Gefahr des Auffrierens behoben. Werden derartige Rohre
vertieft in Wandnischen angeordnet, so liegt kein Grund vor, den kreisförmigen
Formen den Vorzug zu ertheilen.
Günstiger noch verhalten sich die aus Wellblech gebildeten Rohre. Erstens pflegt ein
Theil der kleinen Wellentiefen von Schnee frei zu bleiben; in ihnen findet daher das
Schmelzwasser Abfluss; zweitens gestatten die Wellen eine ausreichende Dehnung,
falls ein Ausfrieren des Inhalts stattfinden sollte. In Folge dessen wird ein
Zersprengen der Rohre verhindert. Ausserdem wird durch die Verwendung von Wellblech
– gleiche Blechstärken vorausgesetzt – die grösstmögliche Widerstandsfähigkeit der
Rohre gegen Stoss und Druck erreicht.
Für oblong geformte Rohre ist Wellblech unter allen Umständen zu empfehlen, weil
diese sich in der Hinsicht auf das Verlegen des Querschnitts durch Schnee gleich
oder ähnlich den kreisförmigen verhalten, während ihre Widerstandskraft gegen
mechanische Angriffe geringer ist als die der letzteren.
Die massige Querschnitts Verengung, welche durch die Anwendung von Wellblech
hervorgerufen wird, kann als ein wesentlicher Nachtheil nicht bezeichnet werden,
weil zur Abführung des Regens eine bedeutende Weite nur verhältnissmässig selten
erforderlich wird, während die geschilderte Gefahr des Verstopfens zur Zeit starker
Schneefälle für glatte Rohre mit kreisförmigem Querschnitt eine erhebliche Weite
erforderlich macht.
Allerdings rufen derartige Regenrohre stets eine Vermehrung der Anlagekosten hervor,
weil sowohl zur Erzielung weiter Querschnitte als auch zur Verwendung von Wellblech
grössere Blechmengen für den gleichen Zweck nöthig werden. Wiederherstellungskosten
gesprengter Rohre und die Beseitigung der hierdurch entstandenen Schäden pflegen
sich aber derart hoch zu stellen, dass ein einziges derartiges Vorkommniss die
Mehrkosten der Gesammtlage mehr als auszugleichen vermag.
Dem Verfasser sind Fälle bekannt, in welchen die vom gesprengten Abfallrohre
berührten Räume sämmtlicher Geschosse derart durch die Nässe gelitten hatten, dass
die Kosten für Ausheizen sowie für die Ausbesserung allein sich weit höher beliefen,
als die Beschaffung bester Abfallrohre der beschriebenen Art für das ganze Gebäude
betragen haben würde.
Müssen die Anlagekosten eines Gebäudes thunlichst beschränkt werden, dann ist es
gerathen, lieber an der Zahl der Regenfallrohre zu sparen, als für dieselben enge,
ungeeignete Querschnittsformen zu verwenden. Je weniger Rohre dieser Art an den
Aussenseiten der Gebäude angebracht sind, desto geringer werden die Gefahren für die
Aufenthaltsräume der letzteren; man hat daher schon aus dieser Rücksicht allen
Grund, die Zahl der Regenfallrohre zu verringern und dafür die Querschnittsweite der
einzelnen Rohre zu erhöhen.
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Technologisches deutsch-englisches und
englisch-deutsches Wörterbuch von Franz
Ballauf. 2. Aufl. Flensburg. A. Westphalen's Verlag. 80 S. Geb. 2 M.
Diese Sammlung von Wörtern und einschlägigen Redetheilen ist in erster Linie für
diejenigen bestimmt, welche mit Schiffsmaschinenbau, Schiffsmaschinenbetrieb und
Landdampfmaschinen zu thun haben. Die Auswahl ist eine gute und wird das Heft gute
Dienste leisten, da die gebräuchlichen Lexica nach dieser bekanntlich Richtung viele
Lücken zeigen und schwerfällig sind.
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Das diesjährige Preisausschreiben des Vereins deutscher
Maschineningenieure (Beuth-Preis) verlangt einen Entwurf zu einem
Getreidespeicher (Siloanlage) nebst den dazu erforderlichen Kraft-, Beleuchtungs-
und sonstigen Betriebsanlagen, und zwar ist der Speicher auf einem zur Verfügung
stehenden Theil des Lehrter Güterbahnhofs zu Berlin, stromabwärts vom alten Packhof,
gedacht. Für die beste Bearbeitung ist ein erster Preis von 1200 M. ausgesetzt. Die
Lösungen sind bis zum 10. Januar 1897 an den Vorstand des Vereins, zu Händen des
Geheimen Commissionsraths Glaser, Berlin SW.,
Lindenstr. 80, einzusenden, und werden die Arbeiten, sofern die Verfasser königliche
Regierungsbauführer sind, auf Wunsch dem Minister der öffentlichen Arbeiten
vorgelegt mit dem Ersuchen, den Verfassern die häusliche Prüfungsarbeit für das
zweite Staatsexamen zu erlassen.
Der Wortlaut des Preisausschreibens sowie ein Plan des hier in Betracht kommenden
Theiles des Lehrter Güterbahnhofs werden unentgeltlich in der Geschäftsstelle des
Vereins deutscher Maschineningenieure, Berlin, Lindenstr. 80, verabfolgt oder auf
Verlangen zugesandt.