Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, Miszellen, S. 120 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Untersuchung von Nahrungsmitteln.
Am 3. und 4. October tagte in Coburg unter dem Vorsitz des Directors des kaiserlichen
Gesundheitsamtes, Wirklichen Geheimen Oberregierungsrathes Dr. Köhler, eine Versammlung anerkannter deutscher
Nahrungsmittelchemiker, um in Verfolgung der Eisenacher Beschlüsse von 1894
einheitliche Verfahren zur Untersuchung von Nahrungs- und Genussmitteln zu
entwerfen. Es gelangte eine auf Grund verschiedener Referate von dem
geschäftsführenden Ausschuss (Hofrath Prof. Dr. Hilger-München und Prof. Dr. König-Münster)
ausgearbeitete Vorlage zur Berathung, welche betraf:
1) Allgemeine Untersuchungsmethoden (Referenten Dr. König und Dr. Bömer).
2) Fleisch (Dr. Kossel, Dr. Mayrhofer, Dr. Röttger).
3) Wurst (Dr. Hasterlick).
4) Fleischextract und Fleischpeptone (Dr. Stutzer und Dr. Bömer).
5) Eier (Dr. Kossel, Dr. Weigmann).
6) Milch und Milcherzeugnisse (Dr. Fleischmann, Dr. Weigmann).
7) Käse (Dr. Weigmann).
8) Speisefette und Speiseöle (Dr. Sendtner, Dr. v. Raumer, Dr. Fleischmann).
9) Conservirungsmittel (Rupp).
Als Schriftführer waren Dr. Weigmann, Dr. Windisch und Dr. Bömer
thätig. Es wurde in allen wichtigen Fragen eine Einigung erzielt und sollen die
Vereinbarungen als Entwurf zur alsbaldigen Veröffentlichung gelangen.
Auch für andere Nahrungs- und Genussmittel ist die Bearbeitung in gutem Fortgang
begriffen, so dass die Vereinbarung einheitlicher Untersuchungsverfahren für das
Gesammtgebiet der Nahrungs- und Genussmittel recht bald zu erwarten ist.
Das Eisenbahnnetz des Deutschen Reiches am 1. Mai d. J.
Nach dem Verzeichniss der deutschen Eisenbahnen und ihrer Stationen zu der im
Reichseisenbahnamt bearbeiteten Uebersichtskarte der Eisenbahnen Deutschlands hatten
die dem öffentlichen Personen- und Güterverkehr dienenden deutschen Eisenbahnen am
1. Mai d. J. eine Ausdehnung von 46902 km (gegen 45985 km am 15. Mai des Vorjahres).
Von dieser Gesammtkilometerzahl entfallen 31998 (31917) km auf Hauptbahnen [davon
15509 (15238) km zwei-, 40 (38) km drei- und 84 (66) km viergleisig] und 14904
(14068) km auf Bahnen untergeordneter Bedeutung [davon 1296 (1350) km
schmalspurig].
Die Vertheilung der Bahnlängen auf die einzelnen Staaten ist aus nachstehender
Tabelle ersichtlich:
Laufende Nr.
Staaten
Staatsbahnen
Privatbahnen
Zusammen
unterStaatsver-waltung
unter eigenerVerwaltung
überhaupt
davon
BahnenuntergeordneterBedeutung
überhaupt
davon
BahnenuntergeordneterBedeutung
überhaupt
davon
BahnenuntergeordneterBedeutung
km
km
km
km
km
km
km
1 2 3 4 5 6 7 8 9101112131415161718
PreussenBayernSachsenWürttembergBadenHessenMecklenburg- SchwerinMecklenburg- StrelitzSachs.-WeimarOldenburgAnhaltBraunschweigSachs.-Meining.Sachs.-Altenbg.Schwarzburg- SondershausHamburgBremenEls.-Lothringen
27647 5272 2831 1719 1510 292 949– 76 389–– 39–– 8 4 1595
8563 1291 1053 158 195 67 461– 76 111–– 18–– 3 2 345
57 18 41– 54– 72–– 27––––––– 11
52 18 14– 45– 72–– 27––––––– 11
1825 883– 32 212 730– 96 61 40 62 137– 8 33–– 172
1153 302– 32 212 46– 96 61 8 62 137– 8 33–– 172
29529 6173 2872 1751 1776 1022 1021 96 137 456 62 137 39 8 33 8 4 1778
Zusammen:
42331
12343
280
239
4291
2322
46902
Ausser den vorstehenden 46902 (45985) km bestanden noch 2335 (2258) km vollspurige
und 735 (724) km schmalspurige Anschlussbahnen, welche nicht dem öffentlichen
Verkehr dienen.
(Ztg. d. Vereins Deutscher
Eisenb.-Verwalt.)
Zu den Gasglühlichtprocessen.
Das Reichsgericht hat bekanntlich am 14. Juli d. J. über die von beiden Parteien in
der Nichtigkeitsklage betreffend die Auer-Patente eingelegte Berufung entschieden.
Der Wortlaut der Entscheidung ist alsbald in den Tagesblättern veröffentlicht
worden, und jüngst sind nun auch den Parteien die Entscheidungsgründe zugegangen;
dieselben sind in den politischen Tagesblättern bereits mitgetheilt; indess geben
wir einer weiteren Besprechung der Angelegenheit Raum, weil die Auffassung, zu
wessen Gunsten das Urtheil gefallen ist, wie aus wiederholten Zuschriften von beiden
Parteien hervorgeht, völlig gegensätzlich ist. Das Reichsgericht fasst die
Begründung des Urtheils dahin zusammen, dass dem Dr. Auer bezieh. seinen Rechtsnachfolgern ein Gesammtverfahren zur Herstellung
von Glühkörpern für Incandescenzgasbrenner patentirt bleibt, welches durch
nachstehende vier Momente charakterisirt ist: 1) es werden Nitrate, Sulfate oder
äquivalente Verbindungen von gewissen Stoffen oder Stoffmischungen (an erster Stelle
nennt das Reichsgericht Thoroxyd im Sinne der chemischen Wissenschaft vom Jahre
1886) gebildet; 2) die so gebildeten Salze werden nach Maassgabe der Patentschrift
gelöst; 3) diese Lösung wird den bezeichneten Geweben imprägnirt; 4) die so
gebildeten Mäntel werden nach Maassgabe der Patentschrift zu Leuchtkörpern in der
Glühhitze umgebildet. Die brennende Frage für die Industrie ist nun: Kann die Deutsche Gasglühlicht-Actiengesellschaft – die jetzige
Inhaberin der Auer'schen Patente – ihre Concurrenten an
der ferneren Herstellung von Glühkörpern für Incandescenzgasbrenner hindern? Die
Frage lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht beantworten. Es kommt natürlich
darauf an, aus welchen Stoffen und in welcher Weise die Glühkörper hergestellt sind,
denn ein Monopol auf alle irgendwie beschaffenen Leuchtkörper hat Dr. Auer bezieh. seine Rechtsnachfolgerin niemals erlangt,
auch nie beansprucht. Man kann die Frage nur in Hinblick auf bestimmte Glühkörper
beantworten und wird dabei naturgemäss diejenigen zu Grunde legen, welche jetzt
hergestellt werden. Denn diese entsprechen den Erfahrungen und dem jetzigen Stande
der Technik; die Industrie fabricirt und vertreibt nur solche Glühkörper, welche
nach dem heutigen Wissen die grösste Lichtemissionsfähigkeit mit der grössten
Widerstandsfähigkeit vereinen. Nach dieser Richtung haben die zahlreichen Processe,
welche die Deutsche Gasglühlicht-Actiengesellschaft
geführt hat, aufklärend gewirkt. Durch die Analysen von Fresenius hat sich herausgestellt, dass sowohl die Patentinhaberin als
sämmtliche Concurrenten derselben die Strümpfe mit Nitraten von Thor- und Ceroxyd
imprägniren, und dass die Mischung durchweg aus etwa 99 Proc. Thoroxyd und 1 Proc.
Ceroxyd mit geringen Abweichungen besteht. Der Grund, weshalb alle Fabrikanten
gerade diese Mischung wählen, ist in den Gründen des Reichsgerichts erwähnt: sie ist
diejenige, welche unbestritten die hellsten und haltbarsten Glühkörper schafft.
Andere Leuchtkörper, d.h. solche, welche mit anderen Nitraten imprägnirt sind oder
bei denen das Mischungsverhältniss von Thor- und Ceroxyd wesentlich differirt, sind
nicht concurrenzfähig und kommen deshalb in der Praxis nicht mehr vor. Deshalb war
das Interesse aller sachverständigen Kreise – abgesehen von der Frage, ob das
Reichsgericht die Auer'schen Patente überhaupt als
rechtsgültig anerkennen würde – vor allem darauf gerichtet, ob diese Patente so
aufrecht erhalten werden würden, dass Glühkörper, welche mit Nitraten von Thor- und
Ceroxyd in einer Mischung von etwa 99 : 1 imprägnirt sind, in ihren Schutzbereich
fallen. Der Laie wird sich wundern, weshalb nur dieser eine Punkt wichtig war, da
die reichsgerichtlichen Gründe doch vier Merkmale aufzählen, die für das Auer'sche Verfahren charakteristisch sind. Der Grund
liegt darin, dass alle anderen Merkmale ausser jenem Kardinalpunkt den Auer'schen Patenten eigentlich nie ernstlich strittig
gemacht worden sind. Auch besteht nirgends ein Zweifel, dass sich alle angeführten
Merkmale bei sämmtlichen Glühkörpern, die von der Auer'schen Concurrenz in den Verkehr gebracht werden, vorfinden: unzweifelhaft
werden bei ihnen Nitrate (und zwar, wie gesagt, aus Thor- und Ceroxyd in einer
Mischung von etwa 99 : 1) gebildet; diese Nitrate werden nach Maassgabe der
Patentschrift gelöst, diese Lösung wird den Geweben imprägnirt, die so gebildeten
Mäntel werden nach Maassgabe der Patentschrift zu Leuchtkörpern in der Glühhitze
umgebildet. Streitig war, wie gesagt, eigentlich nur, ob die Mischung von etwa 99
Proc. Thoroxyd und etwa 1 Proc. Ceroxyd durch die Patente geschützt ist. Diese Frage
ist vom Reichsgericht in ihrer Bedeutung erkannt und mit voller Schärfe beantwortet
worden. Drei Patente kommen in Betracht: das Hauptpatent Nr. 39162 und die
Zusatzpatente Nr. 41945 und Nr. 74745. Durch das letztgenannte Patent ist jene
Mischung unzweifelhaft nicht geschützt, weil das Patentamt dieses Patent nur auf die
Mischung von Thoroxyd mit Uranoxyd beschränkt hat. Ebenso wenig fällt sie unter die
durch das Hauptpatent geschützten Mischungen. Es bleibt nur das Zusatzpatent
Nr. 41945 übrig, von dessen Ansprüchen hier Nr. 3 und Nr. 5 in Betracht kommen,
Anspruch 5 lautet in der ihm jetzt vom Reichsgericht gegebenen Fassung: „Bei dem
in Anspruch 3 des Hauptpatentes und bei dem in Anspruch 1 und 3 dieses Patentes
bezeichneten Verfahren für die Erzeugung constant gelben und intensiven Lichtes
eine Beimischung von Ceroxyd zu den dort gedachten Stoffen, wie im vorliegenden
Patent beschrieben.“ Unter diesen Anspruch fällt nach der Begründung jene
Mischung auch nicht. Es bleibt also nur Anspruch 3 übrig, nach dessen Wortlaut
geschützt ist: die Anwendung von aus Thoroxyd bestehenden Glühkörpern, welche nach
den im Anspruch 3 des Hauptpatentes bezeichneten Verfahren hergestellt sind. Hier
wird nur von Glühkörpern gesprochen, welche aus Thoroxyd bestehen, während uns
solche interessiren, bei denen Thoroxyd mit einer
geringen Menge Ceroxyd gemischt ist. Hochbedeutsam sind die Ausführungen, in denen
das Reichsgericht darthut, dass, wenn Anspruch 3 von aus Thoroxyd bestehenden
Glühkörpern spricht, man zur Auslegung dieser Worte auf den Stand der chemischen
Erfahrung und Wissenschaft zur Zeit der Anmeldung des Patentes, d.h. im J. 1886
zurückgehen muss. Das Thoroxyd, welches damals als rein in den Handel kam, war aber,
da man damals die heutigen Trennungsmethoden nicht kannte, nicht absolut rein,
sondern etwas verunreinigt. Folglich ist bei Anspruch 3 an Thoroxyd zu denken,
welches etwas verunreinigt ist. Fraglich könnte sein, ob die Verunreinigung in
Ceroxyd bestehen darf. Auch nach dieser Richtung spricht sich das Reichsgericht aus.
Es weist darauf hin, dass gerade Thor und Cer in Mineralien vereint sind, und weist
insbesondere auf das Monacit hin, aus welchem heute das Thor vorzugsweise gewonnen
wird; folglich, fährt es fort, ist es nichts Anomales, wenn der reinen Thorerde im
J. 1886 noch etwas Cer beigemengt war. Den Schluss aus diesen Ausführungen zieht das
Reichsgericht folgendermaassen: Nach den Ausführungen der von beiden Parteien
angezogenen Autoritäten liefert ganz reines Thoroxyd, das durch etwas Ceroxyd
verunreinigt ist, vorzügliche Leuchtkörper. Ist nun anzunehmen, dass im Durchschnitt
der Fälle das sogen. reine Thoroxyd des Jahres 1886, d.h. das etwas verunreinigte
auch jenes Resultat lieferte, so „wird sich die Folge kaum abweisen lassen, dass
der Schutz des Patentes Nr. 41945 bezüglich des Thoroxydes sich auch auf die
bewusste Beimengung von 1 Proc. Ceroxyd zu absolut reinem Thoroxyd
erstreckt.“ Die hypothetische Ausdrucksweise ist daraus zu erklären, dass,
wie das Reichsgericht sagt, diese Frage „jetzt nicht zur Entscheidung steht“.
Die Auslegung der Patentansprüche soll nämlich nicht im Nichtigkeitsverfahren,
sondern nur in den Patentverletzungsprocessen erfolgen. Zu beachten ist aber, dass
der erste Civilsenat des Reichsgerichts, von dem das Erkenntniss herrührt, auch in
den Patentverletzungsprocessen die höchste Instanz bildet, dass er also mit, Vorstehendem seine Ansicht bereits festgelegt hat.
Auch einen von den Gegnern Auer's in den
Patentverletzungsprocessen vorgebrachten Einwand erledigt das Reichsgericht gleich
in seiner Begründung, indem es darauf hinweist, dass es patentrechtlich unerheblich
ist, ob dem chemisch reinen Thoroxyd etwas Ceroxyd beigemengt wird oder ob man aus
dem Mineral, in welchem Cer und Thor vereinigt sind, ersteres nicht völlig
ausscheidet. Nach diesen Ausführungen fallen alle Glühkörper, welche heute von der
Industrie in den Handel gebracht werden; in den Schutzbereich der Auer'schen Patente. Das ist die praktische Bedeutung
des reichsgerichtlichen Urtheils. (Nach Beilage zur Vossischen Zeitung.)
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