Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, Miszellen, S. 95 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Verunreinigung der Luft durch industrielle Gase.
Die rauchigste Stadt der Welt dürfte die englische Stadt Sheffield sein, deren stets
verdunkelte Atmosphäre in England geradezu sprüchwörtlich geworden ist. Ein mit
hygienischen Versuchen beauftragter Arzt hat an das Gesundheitsamt der Stadt einen
Bericht eingesandt, der die dortigen Verhältnisse veranschaulicht. In Sheffield
werden jährlich 30000000 Centner Kohlen verbraucht auf einer Fläche von etwa 75 qkm.
Nach dem Gehalt der Kohlen an Schwefel werden auf demselben Gebiet in Sheffield
jährlich 750000 Centner Schwefelsäure durch den Regen niedergebracht, d.h. also
20000 Centner auf die Quadratmeile. Wenn man mit diesen Verhältnissen die der Stadt
London vergleicht, deren Atmosphäre ja auch nicht gerade durch ihre Klarheit berühmt
ist, so ergibt sich für London etwa derselbe Kohlenverbrauch wie für Sheffield, aber
auf 235 Quadratmeilen, also auf eine fast 8mal so grosse Fläche vertheilt. Der
Betrag der aus dem Kohlenrauch niedergeschlagenen Schwefelsäure erreicht in London
nur 2800 Centner auf die Quadratmeile. Es ist freilich in Betracht zu ziehen, dass
London wohl für eine Fortschaffung der Rauchmassen durch den Wind günstiger liegt
als Sheffield.
(Eisenzeitung.)
Columbus-Cylinderöl.
Nach einem gutachtlichen Befunde der königl. mechanischtechnischen Versuchsanstalt zu
Berlin-Charlottenburg über eine Probe der Marke „Columbus“-Cylinderöl hat
dasselbe ein specifisches Gewicht bei 20° von 0,8946, einen Flüssigkeitsgrad,
bezogen auf reines Rüböl = 1,15 f. t. Das Oel wurde bei einer annähernd
gleichbleibenden Lagerschalen wärme von 80° untersucht und ergab bei einer
Umfangsgeschwindigkeit von 2,0 m/Sec. einen Reibungscoëfficienten von 0,00382. Bei 0°
war dasselbe dicksalbig. Der Entflammungspunkt liegt bei 291°, der Entzündungspunkt
bei 373°. Beim Erhitzen auf 320° gab das Oel keine Destillationsproducte; Erdöl und
leichtes Theeröl sowie Harz fanden sich nicht, auch war das Cylinderöl säurefrei. Es
ist löslich in absolutem Alkohol sowie bis auf Spuren in Petrolbenzin vom
specifischen Gewicht 0,641.
Die Analysen von dem städtischen Chemiker O. Krüger
hatten ein ähnliches Ergebniss, so dass das Oel als ein sehr reines Mineralöl
angesprochen werden kann.
Die Schulbank von W. Rettig in Berlin.
Diese Schulbank, welche in den meisten Culturstaaten patentirt ist und im Laufe der
letzten Jahre mehrfach zur Einführung gelangte, hat sich bisher als nützlich und
vortheilhaft erwiesen. Die zweckmässigste Form und Einrichtung der Schulbank glaubt
der Oberbaurath Rettig in der Gestaltung seiner
Schulbank in jeder Hinsicht gefunden zu haben.
Rettig's Schulbank ist zweisitzig und lässt sich zum
Zwecke einer gründlichen Saalbodenreinigung ohne Herausnehmen der Tintenfässer
seitlich umlegen. Sie ist mit eigenem Boden versehen und gestattet daher die
Anwendung eines massiven Fussbodens aus Stein und Eisen. Durch die Vermeidung
beweglicher Theile, durch die Anwendung eines gerillten Fussbrettes oder Rostes und
einer selbständigen Lehne für jede Bank, vor allem aber durch die Umlegbarkeit und
den Umstand, dass die Aufstellung der Schulbank, obwohl diese zweisitzig ist, doch
nicht mehr Saalraum erfordert, als eine solche mit mehrsitzigen Bänken, sind die
Forderungen der Schulmänner, Aerzte und Baumeister auf das Zweckmässigste erfüllt.
Wegen ihrer ausserordentlichen Einfachheit ist Rettig's
Schulbank zugleich das billigste unter allen Schulbanksystemen, welche den neueren
Forderungen gerecht zu werden suchen. Von Bedeutung ist der Umstand, dass die Bank
bis auf die Beschlagtheile aus Holz gefertigt ist und dass sie, nach vorheriger
Vereinbarung mit den Patentinhabern, von jedem Tischler in jeder Abmessung
hergestellt werden kann. Der Anfertigung nach ortsüblichen Maassen steht kein
Hinderniss entgegen. Die Beschaffung der Bank seitens der Gemeinden kann auf dem
Wege der öffentlichen Arbeitsvergebung bewirkt werden. Ein Hauptvorzug der Bank
besteht darin, dass deren Aufstellung wesentlich kleinere Schulzimmer erfordert als
die früher im Gebrauch befindlichen mehrsitzigen Schulbänke und hierdurch namentlich
die Einrichtung ländlicher Schulhäuser mit zweisitzigen Bänken leichter ermöglicht
wird. Nähere Angaben ertheilt der Patentträger auf Wunsch (vgl. 1895 297 96).
Schubert's Universalmaasstab (D. R. G. M.).
Textabbildung Bd. 305, S. 96
Unter diesem Namen wird von der Firma Berliner
Maassstabfabrik Oskar Schubert und Co. in Berlin ein praktischer Maasstab
in den Handel gebracht, der auch auf Winkel von 10 bis 170° als Schmiege einstellbar
ist, um Polygone aufzureissen, Kreisausschnitte als Bruchtheile des ganzen Kreises
aufzutragen, Schrägen an Balken auszuschneiden u.s.w., er macht also Schmiegen,
Transporteure, 60°-Winkel und ähnliche Hilfsmittel überflüssig. Das Princip des
Maasstabes entspricht dem des sogen. Sinussatzes. Dementsprechend ist auf den beiden
letzten Gliedern eine Scala aufgetragen (wie der lange Schenkel der Figur zeigt).
Die nach diesem Satze berechneten und aufgerissenen Zahlen geben den jeweilig zu
bestimmenden Winkel an. Will man z.B. einen rechten Winkel zwischen den beiden
Gliedern einstellen, wie in der Zeichnung dargestellt, so bringt man den Th eil
strich 90 dem auf dem unteren wagerechten Glied markirten Pfeil gegenüber, bei einem
Winkel von 60° die Zahl 60 der Scala, im allgemeinen die dem gewünschten Winkel
entsprechende Zahl. Selbstverständlich lässt sich auch umgekehrt an jedem Gegenstand
jeder Winkel bequem durch die Schmiege einstellen und an der Scala absehen. An den
beiden letzten Gliedern des Universalmaasstabes sind drehbare Spitzen angebracht,
welche denselben als Zirkel verwenden lassen. Dreht man diese Spitzen nach den
Seiten, so kann man denselben als Innen- und Aussentaster verwenden, und lässt sich
das Maass der Spitzen mit Hilfe desselben Maasstabes ablesen. Beim Messen laufender
Meter lässt sich durch Drehen der Endspitze nach der Aussenseite des Maasstabes der
gemessene Meter mit der Spitze anreissen. Die Maasstäbe werden zur Langfeststellung
mit und ohne Federn geliefert.
Das Brummen der Dampfkessel.
Ueber dasselbe äussert sich Eggers in Kraft und Licht folgendermaassen:
„Obwohl der kleine Uebelstand meistens kaum mehr als einen Schönheitsfehler
bedeutet, sind doch Fälle vorgekommen, in denen das Brummen zum Heulen wurde und
eine solche Heftigkeit annahm, dass sich zweimal ein Heizrohr lockerte und
hinausflog und in der Nachbarschaft ein Fenster zersprang. Bei Flammrohrkesseln
kann das Brummen durch Einbauten in die Flammrohre beseitigt werden und tritt
überhaupt nicht auf, wenn der Rost so gleichmässig mit Brennmaterial bedeckt
ist, dass keine Kohlenlücken entstehen. Ein brummender Kessel wird in der Regel
auch mangelhaft bedient werden; der Heizer kann anderseits dazu beitragen, dass
dieser Umstand nicht eintritt. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass der Vorgang
mit der Construction des Kessels zusammenhängt und dass er durch Luftströmungen
hervorgerufen wird, welche Gegenstände in Vibration versetzen und zum Tönen
bringen. Das Geräusch kann vermieden werden, wenn diese tönenden
Luftschwingungen eine Unterbrechung erleiden oder gezwungen werden, mit
Gegenständen in Berührung zu treten, welche nicht in Vibration zu versetzen
sind. Das Heulen selbst entsteht auf der Rostfläche und entwickelt sich in den
Zügen, Flamm- oder Heizrohren des Kessels. Auf die Ausbildung des heulenden
Tones hat die Gestaltung der Feuerbrücke, die Kesselmauerung und die Bauart des
Kessels wesentlichen Einfluss; Locomobilkessel, Heizrohr- und Flammrohrkessel
zeigen das Heulen am häufigsten, bei Siederohrkesseln mit Zwischenfeuerung tritt
es fast nie auf. Sehr wichtig sind die Eigenschaften des Brennmaterials; je
weniger schlackenbildend die Kohle ist, desto häufiger wird die Erscheinung des
Heulens auftreten.“
Auslaugung von Beton als Ursache der Bildung eines
gefährlichen Kesselsteines.
Das früher durchaus harmlose Kesselspeisewasser einer Maschinenfabrik, ein von Natur
sehr weiches und reines Flusswasser, hatte (nach einer Mittheilung aus dem
chemisch-technischen Laboratorium von Dr. Hundeshagen
und Dr. Philip in Stuttgart in Giessler's Baumaterialienkunde) von einem gewissen Zeitpunkt ab seine
Beschaffenheit dermaassen geändert, dass es in wenigen Wochen die Bildung eines sehr
harten, dichten Kesselsteines und das Durchbrennen der Feuerplatte des betreffenden
Dampfkessels verursachte.
Der Kesselstein, eine etwa 5,5 mm starke, etwas gewölbte Platte, bestand aus einer
harten, festen, grauweissen Masse, die, ähnlich dem Fasergyps, eine
stengelig-krystallinische Structur neben undeutlicher, aber regelmässiger Schichtung
zeigte und folgende Zusammensetzung besass:
Feuchtigkeit
0,30
Proc.
Gebundenes Wasser und Spur organischer
Sub- stanz
21,87
„
CalciumoxydMagnesiumoxyd
67,200,78
„„
als Hydrate und zumTheil mit
Kieselsäureverbunden.
Calciumcarbonat
7,50
„
Calciumsulfat
0,28
„
Aluminiumoxyd
0,40
„
Eisenoxyd
0,16
„
Kieselsäure, löslich
1,40
„
vorwiegend mit Cal-cium- u. Magnesium-oxyd
verbunden.
Thonige Substanz und Spur Sand
0,11
„
Dieser Kesselstein bestand demnach vorwiegend (etwa 88,5 Proc.) aus Calciumoxydhydrat
und konnte nur aus einem Wasser entstanden sein, das beträchtliche Mengen freien
Kalks enthielt. Die Untersuchung einer Probe des Speisewassers ergab bei sonst
verhältnissmässiger Reinheit desselben einen Gehalt von etwa 60 mg Calciumoxydhydrat
auf das Liter. Da eine Verunreinigung des Wassers durch technische Betriebe
ausgeschlossen war, konnte einzig der Umstand zur Erklärung dienen, dass der Kessel
seit Kurzem aus einem neu erstellten betonirten Kanal gespeist wurde, dessen
Cementmaterial noch bedeutende Mengen Kalk an das Wasser abgab. – Das Kalkhydrat hat
bekanntlich die Eigenschaft, sich in Wasser um so weniger zu lösen, je heisser das
Wasser ist, und besitzt daher, wenn es im Speisewasser enthalten ist, die fatale
Neigung, gerade an den heissesten Stellen der Kesselwandungen in harten Krusten
anzukrystallisiren.
Leitung für Naturgas in Nordamerika.
Die Philadelphia Natural Gas Company baut eben die
längste Gasleitung der Welt aus, welche nach dem Polytechnischen Centralblatt ein Netz von 160 km Gesammtlänge darstellen
wird. Mit einem Aufwand von 8 Millionen Mark ist die 160 km lange neue Leitung von
1000 Arbeitern quer durch die Gasfelder West-Virginiens gebaut worden.
Zunächst wurde das Pittsburger Ende fertig gestellt, indem man hier einen 915 mm
weiten Rohrstrang mit einem Kostenaufwand von 4 Millionen Mark auf einer Strecke von
22,5 km verlegt hat. Die Kostspieligkeit der Anlage wurde bedingt durch die Grösse
der Rohre und dadurch, dass man diese 1,2 m tief verlegt hat. In der zweiten
Strecke, welche nur 8 km lang ist, liegen Rohre von 500 mm Durchmesser. Die letzte
Strecke ist 130 km lang und musste über die Gebirge West-Virginiens zu den
Gasquellen der Wetzel und Tyler Counties geführt werden. Sie führt in südwestlicher
Richtung über Waynesburg, Pa., und kreuzt die Baltimore and Ohio Railroad bei
Littleton in West-Virginien.
Bedeutende Schwierigkeiten bereitete das Verlegen der gewaltigen Rohre in den
gebirgigen Gegenden, weil man die schweren Stücke nur auf eigens für diesen Zweck
angelegten Wegen fortschaffen konnte.
Gegenwärtig sind schon über 77 km dieser Riesenleitung in Verwendung, indem man das
Gas der Quellen von Greene County hineingeleitet hat.
Die genannte Firma hat neuerdings eine Gasquelle in West-Virginien erbohrt, in
welcher das Gas unter einem Druck von 300 Pfund stand.
Uebertroffen wird die beschriebene Anlage aber durch die demnächst zur Ausführung
kommende Erdölleitung von Michailowo nach Batum. Die Länge derselben wird 228 km
sein, die Kosten sind auf 5195000 Rubel veranschlagt.