Titel: | [Allgemeines.] |
Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 157 |
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[Allgemeines.]
Allgemeines.
38. Jahresversammlung des Vereins deutscher Gas- und
Wasserfachmänner zu Nürnberg vom 29. Juni bis 2. Juli 1898.
Mit Abbildungen.
Nach den üblichen Begrüssungsreden und nachdem auf Antrag des Vorstands des Vereins
der Erfinder des Gasglühlichts Prof. Dr. Ritter v.
Auer-Welsbach in Anbetracht seiner grossen Verdienste um die Gasindustrie
einstimmig zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt war, wurde in die eigentlichen
Verhandlungen eingetreten.
Zunächst erstattete Director Reissner in Berlin Bericht
über die Commissionsberathung eines Vorschlags von Civilingenieur Grahn in Hannover betreffs Zusammenstellung von
Erfahrungen mit geneigten Retorten und Mittheilungen über die Beziehungen zu den
Patentverhältnissen. Bezüglich des ersten Punktes gab Redner eine Statistik der in
Anwendung befindlichen und im Bau begriffenen Oefen mit schiefliegenden Retorten.
Danach sind auf dem europäischen Continent etwa 1392 im Betrieb, 2655 im Bau, in
England sind 4485 im Betrieb, 2500 im Bau. Was die Patentverhältnisse betrifft, so
ist die Commission der Ansicht, dass der Verein als solcher sich nicht in Patent-
und Musterschutzangelegenheiten einmischen, sondern es dem Einzelnen überlassen
soll, geeignete Maassnahmen zu treffen, wenn er sich durch ein Patent eingeschränkt
fühlt oder den Musterschutz für anfechtbar erachtet. Auch die Einrichtung einer
Controle für Anmeldungen von Patenten und Musterschutz sei nicht zu empfehlen, weil
dazu besondere Patentanwälte angestellt werden müssten.
Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bildete ein Vortrag von Chemiker Dr. Leybold in Hamburg über carburirtes Wassergas. Der
Vortragende gab eine Darstellung der Bemühungen, das nicht leuchtende, blau
brennende Wassergas leuchtend zu machen. Die Herstellung des Wassergases ist
bekanntlich eine amerikanische Erfindung; es hat dorten zuerst Boden gefasst und
sich dort so verbreitet, dass jetzt etwa zwei Drittel aller Gaswerke der
Vereinigten Staaten sich mit der Fabrikation desselben befassen. Während in Amerika
die genannten Gaswerke das Wassergas mit Erdöl und dessen Destillationsproducten
carburiren und das Wassergas als solches abgeben, ist in England nur eine Anstalt in
Liverpool zu verzeichnen, die in gleicher Weise verfährt. Die übrigen Werke in
England fabriciren etwa 8 bis 9 Proc. der gesammten Leuchtgasabgabe an Wassergas und
benutzen es nur als Beimischung zum Kohlengas (Leuchtgas). In Deutschland ist als
erste Stadt, welche eine Wassergasanstalt errichtet hat, Bremen vorgegangen, mit
einer täglichen Production von 15500 cbm; in Berlin und Hamburg befasst man sich
noch mit Vorarbeiten bezüglich der Einführung. Wassergasanstalten auf dem Continente
haben ferner Kopenhagen für etwa 20000, Brüssel für 40000, Rotterdam für 20000 cbm
täglichen Consums.
Die Errichtung von Wassergasanlagen auch in Verbindung mit den Kohlengaswerken
empfiehlt sich besonders wegen der geringen Anlage- und Betriebskosten. Die
Generatoren bedürfen nur eine ganz geringe Bedienungsmannschaft und verursachen
keine schwere Arbeit. Diese Vorzüge begründet Redner näher durch folgende Sätze:
1) Geringe Anlagekosten.
Beispiel: Die Wassergasanlage von Humphreys und Glasgow-London, eingerichtet für eine
tägliche Production von 50000 cbm, kostet sammt Gebäuden 500000 M., eine
Kohlengasanstalt von gleicher Productionsfähigkeit dagegen 2500000 M.
2) Geringere Grösse und Fläche der Apparate.
3) Lohnendere Verwendung des eigenen Koks, welcher durch die Umwandlung in Leuchtgas
einen besseren Preis erzielt, als wenn man ihn zum Heizen verkauft. Dies ergibt für
Kohlengaswerke somit eine bessere Ausnutzung der Kohle, da aus 100 k Kohle sich
ausser dem Kohlengas noch etwa 135 cbm nicht leuchtenden Wassergases erzeugen
lassen, eine Menge, die, mit Oeldampf carburirt, auf 180 cbm steigt.
4) Oel als Erdöl ist ein besseres Carburirungsmittel als Cannelkohle, die häufig den
Nachtheil hat, einen schlechten Koks zu liefern.
Als weitere Vorzüge gibt Redner noch die leichte Möglichkeit einer Ausgleichung
grosser Tagesconsumschwankungen an, wie sie insbesondere in England und im Norden
Deutschlands durch die Nebel bedingt werden, da man den Wassergaserzeuger
(Generator) über Nacht stillstehen lassen und nur nach ½stündigem Heissblasen sofort
wieder Gas machen kann. Auch bei Arbeiter streiken ist die Wassergasanlage von
ausserordentlichem Werth, was daraus erhellt, dass schwere Arbeit nicht nöthig ist
und eine Tagesproduction von 170000 cbm durch 24 Mann bewältigt werden kann, während
eine gleiche Lieferung an Kohlengas 340 Mann erfordert haben (Erfahrungen der Gas-
und Wassergaswerke in Belfast).
Bei Wassergaswerken fehlen Nebenproducte fast vollständig, eine Herauswaschung von
Ammoniak mittels Skrubbern ist daher nicht nothwendig; dieser Theil der Gasanlagen
fällt also von vornherein fort, gereinigt wird in England mit Kalk, es kann aber
auch durch die gewöhnliche Reinigungsmasse geschehen. Bei der Fabrikation von mit
Oel carburirtem Wassergas entstehen etwa 10 bis 12 Proc. des vergasten Oeles an
Theer. Schwefelverbindungensind im Wassergas nur in sehr geringen Mengen
vorhanden, man hat es daher in der Hand, den Schwefelgehalt im Leuchtgas durch
Beimischung von Wassergas entsprechend herabzudrücken.
Als Nachtheil der Wassergasbenutzung wird im Allgemeinen der hohe Gehalt an dem
giftigen Kohlenoxydgas angesehen. Zur vergleichenden Uebersicht gibt Redner folgende
Zahlen an:
Oelgas
2
bis
4
Proc.
Kohlenoxyd
Cannelgas
4
„
6
„
„
Steinkohlengas
8
„
10
„
„
Braunkohlengas
25
„
„
Holzgas
30
„
40
„
„
Blau brennendes Wassergas
40
„
50
„
„
Carburirtes Wassergas
26
„
30
„
„
(mit Oel auf eine Leuchtkraft von 25 H.-Fl.
gebracht.)
20 Proc. Wassergas zum
Steinkohlen-gas gemischt, für gewöhnliche Ver-hältnisse höchste
Beimischung
erhöhen den Kohlen-oxydgehalt von 9 auf13
Proc.
In dem bekanntlich mit sehr rigorosen gesundheitspolizeilichen Bestimmungen
ausgestatteten England nimmt man von dieser Thatsache keine Notiz und so hofft
Redner, dass auch in Deutschland der Einführung von gesundheitspolizeilicher Seite
keine Schwierigkeiten gemacht werden.
Redner empfiehlt die Einführung von Wassergashilfsanlagen auch den Werken, welchen
bei gesteigertem Consum eine Ausdehnung der Kohlengasanlage wegen Platzmangels nicht
mehr möglich ist.
Der Vortragende berichtet ferner über Carburirversuche, die er in einer
Wassergasanlage in Brüssel mit deutschen Oelsorten angestellt hat. Er brachte das
Gas auf 15 bis 16 HK. Dabei hat die Dauer des Heissblasens 3 Minuten, die des
Gasmachens 6 Minuten betragen; das Schlacken erfolgte zweimal täglich. Zur Vergasung
bezw. Zersetzung des schweren Oeles war mehr Hitze, also mehr Koks erforderlich als
beim leichten Oel. Der Arbeitslohn berechnet sich bei einer von der Kohlengasanstalt
getrennt errichteten Wassergasanlage für 50000 cbm zu 61 M. 90 Pf. (14 Arbeiter),
auf 10000 cbm kommen somit 1 M. 25 Pf. an Arbeitslohn, wobei der gebrauchte Koks vor
das Gebäude geliefert angenommen ist.
Ueber die Preise von Carburirungsölen für das Wassergas macht Redner folgende
Angaben:
Gasöl von Halle
7,00 M.
Schweres Oel von Halle
7,00 „
Gasöl von Messel
8,85 „
Unverzolltes Erdöl
6,00 „
Verzolltes Erdöl
13,50 „
10000 cbm Gas erfordern daher folgende Herstellungskosten:
16 HK-Gas
20 HK-Gas
Unverzolltes Erdöl
37,49 M.
51,80 M.
Verzolltes Erdöl
69,47 „
101,38 „
Gasöl von Halle
40,03 „
56,19 „
Schweres Oel von Halle
42,62 „
59,48 „
Gasöl von Messel
43,65 „
61,80 „
In Deutschland sind nur etwa 5000 bis 6000 t Oel eigner Production verfügbar, dies
würde nur für etwa fünf grössere Anstalten ausreichen. In Kopenhagen benutzt man
trotz des Zolles Erdöl, doch sieht man sich nach einem billigeren Oel um. England,
Belgien und Holland haben keinen Erdölzoll.
Bezüglich der Wassergaserzeugungsapparate berichtet der Vortragende, dass in England
nur Lowe-Apparate im Betrieb sind.
Es folgte nun der Experimentalvortrag Dr. Strache's
von Wien, über die neuesten Fortschritte der Wassergasbeleuchtung.
Redner hat bei seinen Versuchen und Arbeiten das Augenmerk darauf gelenkt, die
Ausbeute an Wassergas aus dem Brennmaterial zu erhöhen und gleichzeitig die directe
Anwendung von Steinkohle oder Braunkohle statt des Koks zu ermöglichen, behufs
Erzielung eines reinlichen und bequemen Betriebes, von einer Gewinnung von
Nebenproducten wie Theer und Ammoniak abzusehen und möglichst alle Bestandtheile des
Brennmaterials glatt in Wassergas umzusetzen.
Der Apparat (Fig. 1) besteht aus einem mit zwei
Gasaustrittsöffnungen o1 und o2
versehenen Schachtofen g, der mit Chamotte ausgemauert
ist, aus dem Steuerventil s, welches den alternirenden
Verschluss der Austrittsöffnungen o1 und o2 ermöglicht, und aus dem Generator r.
Textabbildung Bd. 309, S. 157
Fig. 1.Wassergaserzeugungsapparat.
Durch die Horizontalebene der unteren Austrittsöffnung o1 kann man sich den Generator in zwei
Theile: den Koksraum c und den oberen Theil oder
Kohlenraum k, zerlegt denken. Bei Inbetriebsetzung wird
der ganze Generator mit Koks gefüllt, unten entzündet und durch Einblasen von Luft
zur Weissglut gebracht. Hierbei ist das Steuerventil s
so gestellt, dass die obere Austrittsöffnung o2 verschlossen ist, wodurch das zunächst entstehende
Generatorgas gezwungen wird, durch die untere Oeffnung o1 auszutreten, so dass es den Regenerator
r erreicht, wo es durch einen aus der Oeffnung l eingeblasenen Secundärluftstrom zur Verbrennung
gelangt. Die hierbei entstehende Wärme wird in dem Chamottematerial des Regenerators
aufgespeichert, welches sich oben bis zur Weissglut, unten aber etwas weniger stark
erhitzt. Diese Wärme dient im weiteren Verlauf der Gasbereitung zur Ueberhitzung des
Dampfes, wodurch die Ausbeute an Wassergas aus dem Brennmaterial sich wesentlich
steigert.
Die Verbrennungsgase gelangen aus dem Regenerator bei a
in den Abgaskanal, von wo aus sie zum Schornstein oder zum Winderhitzer geleitet
werden. Hat der Generator und Regenerator die richtige Temperatur erreicht, so
werden die Lufteintrittsöffnung des Generatorssowie die Austrittsöffnung a der Verbrennungsgase aus dem Regenerator, sowie der Secundärwindeintritt
l geschlossen, mit dem Ventil s aber o2 geöffnet, o1 geschlossen. Bei t
bringt man nun die Kohle als Ersatz des während des Warmblasens verbrannten Kokses
ein.
Das Gas wird nun folgendermaassen erzeugt: Bei a lässt
man Dampf in den Regenerator ein, die Chamottesteine überhitzen ihn, bei o2 tritt er zur
Steinkohle, welche in den Generator eingebracht worden ist. Der überhitzte Dampf
vergast und verkokt die Kohle. Der entstehende Koks erfüllt nach Maassgabe des
Verbrauchs den Koksraum und bildet eine glühende Schichte (c), durch welche die Vergasungsproducte, auch Theer und Ammoniak, gemischt
auf dem Wasserdampf streichen und wo sie in Wasserstoff, Kohlenstoff und Stickstoff
zerlegt werden, während der Wasserdampf durch den glühenden Koks in Wassergas
umgesetzt wird.
Die Wassergasbereitung mittels des Strache'schen
Apparates zerfällt sonach in drei Processe:
1) Die Vergasung und Verkokung der Steinkohle.
2) Zersetzung der Vergasungsproducte in Kohlenstoff, Wasserstoff und wenig
Stickstoff.
3) Umsetzung des Wasserdampfes und Kokses in Wassergas.
Im Ganzen werden aus 100 k Steinkohle je nach der Grösse der Generatoren 75 bis 100
cbm Wassergas erhalten, welches sich durch einen höheren Wasserstoffgehalt, als wie
es gewöhnliches Wassergas besitzt, auszeichnet. Hierbei ist die Zersetzung des
Theers nahezu vollkommen, beim Waschen des Gases in Skrubbern nimmt das Wasser keine
Theerbestandtheile auf, dagegen wird durch die Zerlegung entstandener Russ
abgeschieden, ferner ist die Zerlegung des Ammoniaks eine genügende, denn im
Skrubberwasser ist Ammoniak nicht durch den Geruch nachweisbar.
Der Steinkohlenverbrauch beträgt etwa 0,8 k für 1 cbm Wassergas in Apparaten mit 50
cbm Leistung; der Vortragende hofft aber den Kohlenverbrauch bei grossen Apparaten
mit etwa 500 cbm Leistungsfähigkeit auf 0,5 k für 1 cbm Wassergas herabdrücken zu
können. Die Anbringung eines Ausgleichbehälters hinter dem Skrubber zur Aufnahme der
einmaligen Gasproduction und Erzielung eines continuirlichen Gasstromes beim
Durchstreichen der Reiniger, empfiehlt Strache nur für
die grösseren Anlagen, wo die Anlagekosten nicht mehr wesentlich in Betracht kommen;
bei kleineren Apparaten empfiehlt er die Anbringung der Reiniger hinter dem Hauptgasbehälter, so dass das Gas von den
Reinigern direct zur Consumstelle gelangt. Als verunreinigende Bestandtheile kommen
für Wassergas insbesondere suspendirte Kieselsäure und eine gasförmige
Eisenverbindung in Betracht. Die erste führt zu Verstopfungen der Rohrleitungen und
Brenner und ist durch geeignete Beschickung der Skrubber zu entfernen, letztere wird
durch ein nicht näher genanntes Mittel, sowie durch Schwefelsäure (Verbrauch 1 k für
100 cbm Gas) beseitigt, da sie die Verwendung des Gases als Auer-Licht stört. Der
Vortragende macht hieran anschliessend darauf aufmerksam, dass gereinigtes Wassergas
nicht mit blanken Eisenflächen in Berührung kommen darf, da eine weitere Aufnahme an
Eisen erfolgen kann, neue Rohre müssen daher verzinkt oder getheert sein. Alte
Rohrleitungen, die schon längere Zeit zur Fortleitung von Leuchtgas gedient
haben, und die im Inneren mit Eisenoxyden und Schwefeleisen überzogen sind, können
nach den Erfahrungen Strache's für Wassergas benutzt
werden. Der Vortragende kommt nunmehr auf die Parfümirung des an sich geruchlosen
Wassergases zu sprechen und empfiehlt an Stelle des zu theueren Merkaptans das nach
Jahoda's Verfahren billiger herzustellende
Carbylamin in 50procentiger Goncentration zu verwenden.
Auf die kalte Carburirung des Wassergases mittels Benzols ging Strache flüchtig ein, erwähnte kurz die Carburirung
durch Mineralöle in der Hitze nach System Humphreys und Glasgow und zeigte die von
ihm construirten Wassergasglühlichtbrenner, die in fünf verschiedenen Grossen zu 25,
50, 80, 120 und 150 Kerzen Leuchtkraft hergestellt werden.
Der Beimischung von Acetylen zum Wassergas redet Strache
nicht das Wort.
Bezüglich des Preises des Wassergaslichtes im Vergleich mit anderen Beleuchtungsarten
und deren Kohlenverbrauch geben folgende Tabellen Aufschluss.
Tabelle I.
Kosten verschiedener Beleuchtungsarten in grossen Städten für
1000 HK/Std.:
Elektrisches Glühlicht
3,57
Kilo-Watt
zu
60
=
214,2
Pf.
Offenes Steinkohlengaslicht
9,1
cbm
„
17
=
154,7
„
Acetylen
0,7
„
„
175
=
122,5
„
Elektrisches Bogenlicht
1,7
Kilo-Watt
„
60
=
60,0
„
Steinkohlengas-Auer-Licht
2,1
cbm
„
17
=
35,7
„
Wassergas-Auer-Licht
1,3
„
„
7
=
9,1
„
Tabelle II.
Verbrauch an Kohle bei verschiedenen Beleuchtungsarten für 1000
HK/Std.:
Offenes Steinkohlengaslicht
9,1
cbm
zu
3,3
k
=
30,0
k
Acetylen
0,7
„
„
33,0
„
=
23,0
„
Elektrisches Glühlicht
3,57
Kilo-Watt
„
3,0
„
=
11,0
„
Steinkohlengas-Auer-Licht
2,1
cbm
„
3,3
„
=
7,0
„
Elektrisches Bogenlicht
1,0
Kilo-Watt
„
3,0
„
=
3,0
„
Wassergas-Auer-Licht
1,3
cbm
„
0,8
„
=
1,1
„
Sanitäre Vorzüge des Wassergases gegenüber anderen
Beleuchtungsarten.
Tabelle I.
Wärmeentwickelung für 1000 HK/Std.
Offenes Steinkohlen- gaslicht
9,1
cbm
zu
5000
=
45500
W.-E.
Steinkohlengas-Auer- Licht
2,1
„
„
5000
=
10500
„
Acetylen
0,7
„
„
12000
=
8400
„
Wassergas-Auer- Licht
1,3
„
„
2500
=
3250
„
Elektrisches Glüh- licht
3,57
Kilo-Watt
„
830
=
2970
„
Elektrisches Bogen- licht
1,0
„
„
830
=
830
„
Tabelle II.
Kohlensäureentwickelung verschiedener Beleuchtungsarten für 1000
HK/Std.:
Offenes Steinkohlengaslicht
9,0
cbm
zu
0,53
cbm
CO2
=
4,82
cbm
Acetylen
0,7
„
„
2,00
„
„
=
1,40
„
Steinkohlengas-Auer-Licht
2,1
„
„
0,53
„
„
=
1,11
„
Wassergas-Auer-Licht
1,3
„
„
0,39
„
„
=
0,51
„
Tabelle III.
Sauerstoffverbrauch bei verschiedenen Beleuchtungsarten für 1000
HK/Std.:
Offenes Steinkohlengaslicht
9,1
cbm
zu
1,22
cbm
O
=
11,1
cbm
Steinkohlengas-Auer-Licht
2,1
„
„
1,22
„
„
=
2,6
„
Acetylen
0,7
„
„
2,50
„
„
=
1,8
„
Wassergas-Auer-Licht
1,3
„
„
0,47
„
„
=
0,6
„
Abgesehen von der Billigkeit des Wassergas-Auer-Lichtes gegenüber allen anderen
Beleuchtungsarten kommtder Vortragende bezüglich, der übrigen Vorzüge zu folgender
Zusammenfassung:
1) Die schöne reinweisse Farbe des Lichtes, ohne jeden Stich ins Grünliche und
höherer Glanz desselben (vortheilhafter Unterschied von
Steinkohlengas-Auer-Licht).
2) Geringere Wärmeentwickelung bei gleichen Lichtintensitäten.
3) Die geringere Kohlensäureentwickelung und der geringere Sauerstoff verbrauch der
Leuchtflammen bedingen eine geringere Luftverschlechterung.
4) Die absolute Rauch- und Russlosigkeit der Wassergasflammen.
5) Das Zurückschlagen der Brenner im Auer-Licht ist ausgeschlossen, weil nicht wie
beim Steinkohlengas zur Entleuchtung Luft zugeführt werden muss.
6) Die Glühkörper können bei Benutzung von Wassergas aus stärkerem Garn hergestellt
werden, der Strumpf wird ferner bei der grösseren Hitze härter, die Glühkörper sind
daher dauerhafter.
7) Das Wassergas-Auer-Licht kann ohne Cylinder gebrannt werden, was der Vortragende
durch Vorzeigung solcher Flammen bewies.
8) Die geringere Explosionsfähigkeit des Wassergases. – Entsprechende Demonstrationen
mit Gas, Wassergas und Acetylengasluftgemischen wurden vorgenommen. – Ein Gemisch
von Luft und Gas entzündet sich, wenn mindestens darin enthalten sind: 3 Proc.
Acetylen, 6 Proc. Steinkohlengas oder 11 Proc. Wassergas.
Nachdem der Vortragende noch den einen Nachtheil, die höhere Giftigkeit des
Wassergases, erwähnt und die starke Parfümirung des an sich bekanntlich geruchlosen
Wassergases als Kennzeichen und Vorbeugungsmittel empfohlen hatte, erwähnte derselbe
noch die Verwendung des Gases in Laboratorien, für Gasmotorenbetrieb, Gasbahnen und
die verschiedensten industriellen und Heizzwecke.
An den Vortrag, den wir hier ziemlich vollständig wiedergegeben haben, schloss sich
eine Discussion nicht an. Das Schlusswort bezüglich der Wassergasfrage hatte Bunte, welcher die Verwendung von Wassergas zur Heizung
und Beleuchtung ebenfalls befürwortet.
Liebetanz in Düsseldorf berichtete alsdann über den
Stand und Zukunft der Acetylenbeleuchtung und ihr Verhältniss zur
Steinkohlenbeleuchtung, doch boten die Ausführungen des Vortragenden nichts
Neues.
Den Schluss der Tagesordnung für die Verhandlungen des Gasfaches bildete ein
Experimentalvortrag Bunte's über flüssige Luft (D. p. J. 1897 303 40) unter
Assistenz von Dr. Sieder. Bunte brachte als Einleitung
Allgemeines über die Verflüssigung der Gase und beschrieb den Linde'schen Apparat an Hand einer Skizze, wie sie Fig. 2 veranschaulicht.
Die Wirkung dieses Apparates beruht auf der Abkühlung, welche die Luft beim
Ausströmen von einem höheren auf einen niedrigeren Druck in Folge der Leistung von
innerer Arbeit erleidet. Diese Abkühlung beträgt bei gewöhnlicher Temperatur
ungefähr 0,25° für 1 at Druckdifferenz, ist also selbst bei sehr grossen
Druckdifferenzen zu klein, um bei einmaliger Ausströmung eine Verflüssigung der Luft
herbeizuführen, welche bekanntlich erst unterhalb – 140°, der kritischen Temperatur
der Luft, eintreten kann, unter atmosphärischem Druck aber erst bei – 191°, dem
Siedepunkt der flüssigen Luft, stattfindet. Es werden deshalb die Wirkungen beliebig
vieler Ausströmungen in der Weise vereinigt, dass jede vorhergehende zur Vorkühlung
der Luft vor der nachfolgenden dient. Dies wird durch Anwendung des
Gegenstromprincips erreicht, welches in zwei langen, in einander gesteckten und zu
einer Spirale aufgewundenen Rohren zu sehr vollkommener Wirkung gelangt. Die
comprimirte Luft durchfliesst das innere Rohr der senkrecht aufgestellten
Doppelspirale von oben nach unten, strömt am unteren Ende durch ein Ventil auf
niedrigeren Druck aus und kehrt dann durch den ringförmigen Raum zwischen dem
inneren und äusseren Rohr nach oben zurück, wobei sie die durch die Ausströmung
gewonnene Abkühlung auf die das innere Rohr durchfliessende comprimirte Luft
überträgt. Hierdurch wird bewirkt, dass die Temperaturen vor und nach der
Ausströmung fortwährend sinken, bis die Verflüssigungstemperatur erreicht ist, und
ein Theil der ausströmenden Luft sich im flüssigen Zustand in einem am unteren Ende
des Gegenstromapparates angebrachten Gefäss sammelt.
Textabbildung Bd. 309, S. 159
Fig. 2.Linde's Apparat zur Erzeugung flüssiger Luft.
Da die Kälteleistung des Apparates von der Differenz der Drucke (p2 – p1) vor und nach der
Ausströmung, die Compressionsarbeit dagegen von dem Verhältniss derselben Drucke
\left(\frac{p_2}{p_1}\right) abhängt, so muss die Differenz
gross, das Verhältniss klein gewählt werden. In der Maschine wird deshalb der
grössere Theil der Kälte durch das Ausströmen eines Luftquantums von etwa 200 at auf
einen Druck p1
producirt, für welchen \left(\frac{p_2}{p_1}\right) nicht grösser
als 10 – 15 ist, während p2 – p1
ungefähr 180 at beträgt. Nur das zum Füllen und Nachfüllen erforderliche kleinere
Luftquantum wird aus der Atmosphäre in jenen Kreislauf bei p1 eingeführt und verlässt denselben
wieder theils als Flüssigkeit, theils im Gegenstromapparate als Gas unter
atmosphärischem Druck.
Die wichtigsten Theile der Maschine sind der zweicylindrige Luftcompressor und der
Gegenstromapparat. Ersterer ist für Riemenantrieb eingerichtet und eignet sich
besonders für den Antrieb mittels Elektromotors. Letzterer besteht aus einer durch
Ineinanderstecken vondrei Kupferrohren hergestellten dreifachen Spirale. Der oben erwähnte
Kreislauf der Luft findet in der Weise statt, dass comprimirte Luft von etwa 200 at
von oben nach unten das innerste Rohr durchläuft, am unteren Ende durch ein Ventil
a auf einen Druck von etwa 16 at ausströmt, durch
den ringförmigen Raum zwischen innerstem und mittlerem Rohr nach oben zurückkehrt
und nun von dem kleineren Cylinder d des
Luftcompressors wieder auf einen Druck von 200 at gebracht wird, um den Kreislauf
von Neuem zu beginnen. Der grössere Cylinder e des
Compressors pumpt ein kleineres Luftquantum aus der Atmosphäre in die Saugleitung
des kleineren Cylinders, also auf 16 at. Eine gleiche Luftmenge muss daher den
Kreislauf an einer anderen Stelle verlassen, damit die Drucke constant bleiben. Dies
geschieht am unteren Ende des Gegenstromapparates gleich nach der Ausströmung von
200 auf 16 at, indem dort durch ein zweites Ventil b
eine regulirbare Luftmenge von 16 auf 1 at ausströmt. Ein Theil der letzteren wird
hierbei, nachdem der Apparat durch 1½- bis 2stündiges Arbeiten bis zur
Verflüssigungstemperatur herabgekühlt ist, flüssig und sammelt sich in einer am
unteren Ende des Gegenstromapparates angebrachten doppelwandigen Glasflasche c, sogen. Dewar'sches
Gefäss, bei welcher der Zwischenraum zwischen den beiden Wänden möglichst vollkommen
evacuirt ist. Dieses Vacuum bildet einen so wirksamen Schutz gegen den Wärmezutritt
aus der Umgebung, dass eine weitere Isolation nicht erforderlich ist, die Flasche
also ganz frei sichtbar angebracht werden kann. Mittels eines bis auf den Boden der
Flasche eintauchenden Röhrchens kann die Flüssigkeit durch das Hähnchen h abgelassen werden. Der nicht verflüssigte Theil der
durch das zweite Ventil ausgetretenen Luftmenge verlässt den Apparat, indem er durch
den Raum zwischen dem mittleren und dem äussersten Rohr der Spirale in die
Atmosphäre ausströmt.
In die Saugleitung des Niederdruckcylinders wird fortwährend etwas Wasser
eingespritzt, um die schädlichen Räume auszufüllen und die Endtemperatur der
Compression zu erniedrigen. Dieses Wasser, sowie der in der angesaugten Luft
enthaltene Dampf müssen möglichst vollkommen beseitigt werden, um Verstopfungen der
inneren Spirale durch Eis vorzubeugen. Dies wird erreicht erstens durch einen
Wasserabscheider f, der das mechanisch mitgerissene
Wasser zurückhält, zweitens durch eine Spirale g aus
eisernen Rohren, welche – vermittelst einer Kältemischung aus Eis und Chlorcalcium
auf einige Grade unter Null abgekühlt – die in der hochcomprimirten Luft enthaltenen
geringen Mengen Wasserdampf bis auf Spuren ausfriert.
Jeder Cylinder des Compressors ist mit einem Sicherheitsventile versehen, welches bei
Ueberschreitung des höchsten zulässigen Betriebsdruckes abbläst. Alle unter Druck
stehenden Theile des Apparates sind auf mindestens den anderthalbfachen Betrag des
höchsten im Betriebe vorkommenden Druckes mit Wasser gepresst.
Die Isolirung des Gegenstromapparates gegen Wärmeaufnahme aus der Umgebung geschieht
in wirksamer Weise durch rohe Schafwolle, welche fest in den Holzmantel eingepresst
wird.
Dr. Sieder hatte mehrere Liter frisch bereiteter
flüssiger Luft direct aus München mitgebracht, da ein Luftverflüssigungsapparat
nicht zur Verfügung war. Mit dieser, einer wasserhellen, wegen der raschen
Verdunstung in den Flaschen fortwährend perlenden, bläulich schimmernden Flüssigkeit
wurden von Bunte eine Reihe interessanter Versuche
vorgenommen. In die flüssige Luft eingetauchte Rosen, Gummischläuche u.s.w. gefroren
sofort und stellten eine glasharte, spröde, mit dem Hammer leicht zertrümmerbare
Masse dar. Mittels des Apparats gelingt es auch unter Benutzung der
verschiedenartigen Factoren, unter denen sich Sauerstoff und Stickstoff verflüssigen
lassen, eine mit Sauerstoff angereicherte Flüssigkeit zu erhalten, die bis zu 50
Proc. an Sauerstoff enthalten kann. Diese Flüssigkeit ist technisch verwendbar.
Setzt man z.B. auf einen mit flüssiger Luft zur Hälfte angefüllten Glaskolben einen
Gummistopfen, der ein Gasleitungsröhrchen enthält und verbindet letzteres mit einer
gewöhnlichen Gasgebläselampe, so erhält man beim geringsten Schütteln des Kolbens
eine continuirliche Gebläseflamme, deren Hitze so gross ist, dass man an einen
dünnen Platindraht eine Perle anschmelzen kann. Bringt man die flüssige Luft auf
Baumwolle oder Kohle, so erhält man ein leicht entzündliches, wie Schiessbaumwolle
oder Pulver verpuffendes Gemisch. Letztere Eigenschaften will Linde technisch zur Herstellung von Sprengstoffen
verwerthen, deren Vortheile darin liegen, dass sie am Gebrauchsort und nur zum
unmittelbaren Gebrauch hergestellt werden können, denn die mit der flüssigen
Sauerstoffluft und Baumwolle oder Kohle bereiteten Mischungen haben nur
sprengstoffähnliche Eigenschaften, solange sie mit der Flüssigkeit durchtränkt sind,
ist letztere verdampft, was verhältnissmässig rasch vor sich geht, so bleiben
gewöhnliche Baumwolle oder Kohle zurück.
Diese von Bunte vorgeführten Versuche erregten
allgemeines Interesse.
Die übrige Zeit der Verhandlungen war dem Wasserfach gewidmet, doch schloss sich an
den Congress der Gas- und Wasserfachmänner ein solcher der Acetylenfachmänner an,
der im Wesentlichen neue Gesichtspunkte nicht bot, und bei dem die Referenten
Rechtsanwalt Grünschild und Ingenieur Herzfeldt sich vorzugsweise mit den
Polizeiverordnungen, betreffend die Aufstellung und den Betrieb von
Acetylengasapparaten, beschäftigten, Verordnungen, mit deren Inhalt man sich
allerdings nicht immer ganz einverstanden erklären kann.
Bujard.
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Festschrift zur 39. Hauptversammlung
des Vereins deutscher Ingenieure, Chemnitz 1898. Mit einer Karte von
Chemnitz und Umgebung, einem Stadtplan mit Angabe der Fabriken, einer geologischen
Karte und einem Kabelplan, sowie 252 Abbildungen im Text. Gewidmet vom Chemnitzer
Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure. 416 S. Text.
Von dieser Festschrift ist eine Anzahl zur Verfügung geblieben, die denjenigen, denen
es nicht vergönnt war, an dem Feste theilzunehmen, einen willkommenen Ersatz bieten
wird. Der gewerbreiche Ort birgt genug Bemerkenswerthes und ist in anschaulicher
Weise geschildert und durch Abbildungen vorgeführt.