Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 310, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 99 |
Download: | XML |
[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Anwendung von mechanischen Motoren für den
Strassenbahnbetrieb.
In der 10. Generalversammlung des Internationalen permanenten Strassenbahnvereines
(Genf 1898) legte Civilingenieur E. A. Ziffer,
Präsident der Bukowinaer Localbahnen, der Versammlung einen ausführlichen Bericht
über den gegenwärtigen Stand der Anwendung von mechanischen Motoren für den
Strassenbahnbetrieb vor, in welchem er zu den folgenden Schlussfolgerungen
gelangte.
Wenn man die fachmännischen Studien und die mit den mechanischen Motoren beim
Strassen- und Kleinbahnbetriebe erzielten Resultate kurz zusammenfasst, so gelangt
man wohl zur Ueberzeugung, dass auf dem Gebiete der mechanischen Betriebsmotore fast
ausnahmslos nicht unerhebliche Verbesserungen zu verzeichnen sind und dass daher
dieselben in der Regel den kostspieligen Pferdebetrieb immer mehr zu verdrängen
geeignet sind.
Die Dampfwagen wurden in letzterer Zeit in Amerika wesentlich verbessert und finden
daher wieder eine grössere Beachtung, namentlich für Seitenlinien von Hauptbahnen
und für Strassenbahnen, bei welchen der Verkehr für den Betrieb mit Dampflocomotiven
und ganzen Zügen nicht gross genug ist, um denselben ertragsfähig zu gestalten und
die localen Verhältnisse die Anwendung anderer Motore und selbst jener für den
elektrischen Betrieb nicht geeignet erscheinen lassen. In diesen Fällen kann der
Dampf wagen empfehlenswerth sein. Von den Dampfmotoren überhaupt hat auch das System
Serpollet mit überhitztem Dampf einige
Verbesserungen und in Folge dessen namentlich in Frankreich auch eine weitere
Verbreitung gefunden, aber trotzdem besitzt dieses System noch einige der bekannten
Uebelstände und Mängel, welche die Société des Générateurs à
Vaporisation instantanée System Serpollet zu
beseitigen bestrebt ist.
Als ein kaum zu vermeidender Nachtheil muss der Umstand angesehen werden, dass der
Kessel gegen die für die Fahrgäste bestimmte Wagenabtheilung gelegen ist und
dieselben von den Verbrennungsgasen und der warmen Luft oder von dem aus den
Cylindern entweichenden Dampf belästigt werden.
Dieses System wäre nach Beseitigung dieser Mängel sodann geeignet, nicht nur den
Strassenbahnen für den Vororteverkehr, sondern auch den Eisenbahnen für den
Nahverkehr, sowohl für die Personen-, Eilgut- und Gepäckbeförderung, als auch für
den Postdienst in ökonomischer Weise gute Dienste zu leisten, doch lässt der
versuchsweise, wenn auch regelmässige Betrieb mit den für diesen Zweck eigens
gebauten Dampfwagen wegen der verhältnissmässig noch zu kurzen Betriebsdauer über
die praktische Verwendbarkeit und den ökonomischen Werth derselben ein
abschliessendes Urtheil noch nicht zu.
Die feuerlose Locomotive hat in den letzten beiden Jahren eine weitere Verbreitung
nicht gefunden, doch sind die Betriebsergebnisse nicht als sehr günstige zu
bezeichnen; sie eignet sich insbesondere für die Vermittelung des Personenverkehrs
in der Umgebung grösserer Städte.
Das in diese Kategorie fallende Heisswassersystem Dodge
oder der sogen. Kinetic-Motor, welches auf einigen Bahnen in Amerika versuchsweise
im Betriebe ist, besitzt nebst den Vorzügen der feuerlosen Locomotive noch jene
grösserer Einfachheit und einen weiteren Vorzug, dass das Fahrzeug als Motorwagen
gleichzeitig 60 Sitzplätze für die Aufnahme der Fahrgäste enthält.
Die Versuche können jedoch nicht als abgeschlossen betrachtet werden, doch verspricht
dieses System durch die in Amerika auf mehreren Bahnen durchgeführten
Versuchsfahrten einigen Erfolg, und sind weitere Betriebsresultate noch
abzuwarten.
Die Verbreitung des Press- oder Druckluftbetriebes hat in den letzten Jahren in
Europa – obwohl derselbe mehrfache Vorzüge besitzt – keine nennenswerthen
Fortschritte zu verzeichnen, dagegen werden in Amerika Anstrengungen gemacht, dieses
System durch den Bau von Druckluftlocomotiven insbesondere für Hochbahnen
auszugestalten. Ueber den Werth derselben sind die Meinungen in den Fachkreisen, mit
Rücksicht auf die nicht ausreichenden Erfahrungen, noch getheilt. Der
Druckluftbetrieb besitzt wohl mancherlei gute Eigenschaften und könnte in Folge
dessen auch mit dem ihm ähnlichen Dampfwagenbetrieb concurriren, wenn sich ersterer
ökonomischer gestalten würde.
Der Seilbetrieb kann nicht als vollkommen aufgegeben betrachtet werden; derselbe
findet vielmehr in letzterer Zeit in England, trotz der hohen Anlagekosten, der
raschen Seilabnutzung und der grossen Reibungsverluste, bei schwierigen
Terrainverhältnissen insbesondere wegen seiner grossen Leistungsfähigkeit und des
billigen Betriebes bei sehr starkem Verkehre in vortheilhafter Weise erneute
Anwendung.
Die Gas-, Benzin- und Erdölmotorwagen haben erheblichere Verbesserungen erfahren,
insbesondere sind es aber die in letzter Zeit für Klein- und Strassenbahnen gebauten
Gaslocomotiven, welche einige Beachtung verdienen, die bei grösserer
Leistungsfähigkeit ökonomischer als Gaswagen arbeiten. Insbesondere eignet sich
dieses System für den Tramwaybetrieb kleinerer Städte, da allerorts Gas erhältlich
und die gesammten Einrichtungen einfach und nicht kostspielig sind, ferner auch für
lange Linien mit schwachem Verkehre. Der Gasmotor erregtauch ausserhalb
Deutschlands einiges Interesse, obwohl die unangenehmen Erschütterungen, sowie das
Eindringen der Verbrennungsgase in den Wagen noch nicht als ganz beseitigt anzusehen
sind und hierdurch die Fahrgäste zuweilen belästigt werden.
Der Betrieb von Tramways mit Gasolinmotoren System Hoskins in Amerika ist noch nicht über das Versuchsstadium gekommen.
Die Daimler-Benzinmotorwagen wurden etwas verbessert, doch sind die bei den
württembergischen Staatsbahnen gemachten Erfahrungen über die Verwendung derselben
für den Nahverkehr noch nicht ausreichend genug, um ein entsprechendes Urtheil
abgeben zu können.
Der Motorenbetrieb mittels Acetylengas befindet sich noch im Versuchsstadium.
Der elektrische Betrieb mit seinen verschiedenen gebräuchlichen
Stromzuführungssystemen hat zweifellos mannigfache Verbesserungen erfahren und sind
auch nicht unwesentliche Fortschritte zu verzeichnen, so dass dieser Betrieb in
mancher Beziehung allen anderen Zugkraftsystemen überlegen ist.
Der reine Accumulatorenbetrieb, welcher als das Ideal des elektrischen Betriebes
anzusehen wäre, hat trotz mancher erzielten günstigen Resultate es zur Zeit noch
nicht vermocht, das Versuchsstadium zu überschreiten, doch wird demselben trotz der
kostspieligeren Manipulation und der grösseren Erhaltungskosten erhöhtes Interesse
entgegengebracht und dürfte sonach die Frage des Accumulatorenbetriebes in nicht
allzu langer Zeit der Lösung zugeführt werden.
Der elektrische Betrieb mit oberirdischer Stromzuführung ist das am meisten
verbreitete, billigste und auch erprobteste System, welches auch vom technischen
Standpunkte empfehlenswerth ist und betreffs der Leistungsfähigkeit vom
Accumulatorenbetriebe nicht übertroffen werden kann. Die noch immer bestehenden
ästhetischen Bedenken treten nicht mehr so entschieden in den Vordergrund und man
gewöhnt sich nach und nach an die mitunter recht starke Beeinträchtigung des
Strassenbildes.
Der elektrische Betrieb mit unterirdischer Stromzuführung im offenen Schlitzkanal hat
neuerdings Fortschritte gemacht und findet immer mehr Anhänger, so dass, trotz der
grösseren Anlage- und Erhaltungskosten und der öfter auftretenden Verkehrsstörungen,
eine weitere Verbreitung dieses Systems, welches aber nicht überall den gehegten
Erwartungen entsprochen hat, in Aussicht gestellt werden darf. Wiewohl die Meinungen
über den Werth der unterirdischen Stromzuführung nicht übereinstimmen, so muss doch
hervorgehoben werden, dass die mit dem Systeme der Firma Siemens und Halske in Budapest gemachten Erfahrungen – insbesondere mit
ihrem verbesserten Systeme – günstige Ergebnisse lieferten.
Der sogen. gemischte Betrieb, Accumulatoren in Verbindung mit oberirdischer
Stromzuführung, findet immer mehr Anwendung und verdient sowohl vom technischen als
auch vom wirthschaftlichen Standpunkte überall dort besondere Beachtung, wo die
oberirdische Stromzuführung zur Ausführung nicht zugelassen wird. Ueberdies bildet
dieses gemischte System den zweckmässigsten Uebergang zur seinerzeitigen Einrichtung
des reinen Accumulatorenbetriebes.
Die Verbindung der oberirdischen Stromzuführung mit der unterirdischen ist weniger
empfehlenswerth als die Combination mit Accumulatoren, da die Nachtheile der
unterirdischen Stromzuführung nicht durch andere Vorzüge ausgeglichen werden; auch
fehlen noch genügende Erfahrungsresultate. Ueberdies ist bei Einführung des reinen
Accumulatorenbetriebes oder zukünftiger anderer Systeme der Schlitzkanal eine
verlorene Ausgabe.
Das Theilleitersystem (geschlossener Theilleiterkanal) bietet die Schwierigkeit,
einen im Strassenpflaster eingebetteten Kanal entsprechend zu verschliessen, dass er
vor Feuchtigkeit genügend geschützt werde, wodurch daher auch die Betriebssicherheit
einigermaassen beeinträchtigt wird; doch ist man eifrig bemüht, die geschlossenen
unterirdischen Stromzuführungssysteme zu verbessern. Die bisherigen Fortschritte
dieser Construction lassen kaum daran zweifeln, dass dem Principe des
Theilleitersystem es eine Zukunft vorbehalten ist.
Das Dreischienen-(Mittelschienen-)System ist in seiner Herstellung billiger als
andere elektrische Betriebssysteme; es eignet sich ganz besonders für Bahnen mit
eigenem Bahnkörper, vornehmlich aber für Hoch- und Untergrundbahnen, hat sich bisher
in der Praxis bewährt und wird auch – bei ausser Zweifel stehenden Vervollkommnungen
– weitere Verbreitung finden.
Die Frage, welches der mechanischen Motoren- und Betriebssysteme sich zur Anwendung
sowohl für die Anlage, als für den Betrieb der Klein- und Strassenbahnen aus
technischen und wirthschaftlichen Rücksichten am meisten empfehlen würde, kann auf
Grund der vorliegenden Erfahrungen einer Lösung kaum zugeführt werden; der
Berichterstatter will es geradezu als eine Vermessenheit ansehen, wenn man für alle
Fälle gültige Schlussfolgerungen ziehen wollte. Man muss vielmehr zu der Erkenntniss
gelangen, dass diese Frage mit Rücksichtnahme auf alle wohlerwogenen localen Bau-
und Betriebsverhältnisse nur fallweise von fachmännischer Seite beurtheilt werden
kann.
Eines geht jedoch aus dem ausführlichen Berichte unstreitig hervor, und zwar, dass
das System der oberirdischen Stromzuführung sowohl in Amerika, als auch in Europa
das am meisten verbreitete, einfachste, wirthschaftlichste und leistungsfähigste
System ist und sich bis jetzt am besten bewährte.
Schliesslich bezeichnet der Vortragende das Motorwagenwesen auf schienenlosen
Fahrstrassen und Fahrwegen als eine werthvolle Ergänzung und Vervollständigung der
gegenwärtigen Local- und Kleinbahnen, das berufen ist, eine fühlbare Lücke
auszufüllen, zu einer gedeihlichen Fortentwickelung der bestehenden Verkehrsmittel
beizutragen und auf den Personen- und Güterverkehr einen segensreichen Einfluss
auszuüben.
Motorwagenausstellung in Düsseldorf.
Der Mitteleuropäische Motorwagenverein Berlin hatte für die Zeit vom 17. bis 24.
September 1898 sein Hauptquartier in Düsseldorf aufgeschlagen. Während der
Ausstellung fanden täglich Rundfahrten statt, an welchen sich auch das Publicum
betheiligen konnte.
Als Hauptaussteller trat die Allgemeine
Motorwagengesellschaft Berlin auf, welche sechs Fahrzeuge zur Ausstellung
brachte. Es waren dies: ein 6pferdiger Daimler-Phaëton, ein 4pferdiger
Daimler-Victoriawagen, ein 2pferdiger sogen. Benz'scher
Velowagen, ferner ein elektrischer Phaëton der Pope Mfg.
Comp. Diese amerikanische Construction stellt sich als ein elegantes
Motorfahrzeug dar, bei welchem auch der kritischste Beobachter nur wenig aussetzen
dürfte; an Stelle des geräuschvollen Explosionsmotors tritt bei demselben der sanfte
Elektromotor auf, welcher geräuschlos dem Wagen eine massige Schnelligkeit zu
ertheilen vermag. Als wunder Punkt ist bei diesen elektrische* Fahrzeugen zu
bezeichnen, dass grosse Schnelligkeiten in Folge der schweren Batterien
ausgeschlossen sind, und was noch schlimmer ist, dass es unmöglich ist, mehr als
etwa 60 km mit denselben ohne Neuladung zurückzulegen. Aus diesem Grunde ist ein
solches Fahrzeug für grössere Strecken nicht gut zu gebrauchen.
F. Lutzmann in Dessau hatte einen zweisitzigen
Motorwagen mit einer Maschine von 3 ausgestellt, der durch seine leichte
Bauart überraschte (D. p. J. 1898 310 * 93).
Die französische Motorwagenfabrik De Dietrich und Co.
war durch einen sechssitzigen Jagdwagen vertreten. An der Form erkannte man sofort
die französische Bauart, wie sie bisher von deutschen Constructeuren noch nicht
angenommen worden ist.
Die Fahrzeugfabrik Eisenach stellte einen elektrischen
Accumulatorenwagen ujd einen kleinen Wagen mit Benzinmotor aus, von welchen der
erstere sich durch eine niedrige und bequeme Form auszeichnete.
Cudell und Co. in Aachen hatte zwei Motordreiräder ihres
neuesten 1898/99-Modells (nähere Beschreibung siehe D. p.
J. 1896 299 * 179), einen Anhängepersonenwagen,
einen Anhängegepäckwagen, ein Motorboot und ihre Dreiradmotoren System Dion und Bouton (D. p. J.
1898 308 * 215) ausgestellt. Der geringen Entfernung
wegen – 80 km – hatte die Firma Cudell und Co. die
sämmtlich genannten Ausstellungsgegenstände per Landstrasse zur Ausstellung
geschafft. Zu diesem Zwecke wurden der Anhängepersonenwagen und der Anhängelastwagen
mit Motoren und Ausstellungsgegenständen befrachtet, hinter die Cudell'schen Motordreiräder gespannt und in etwa 3
Stunden von Aachen nach Düsseldorf gefahren. Ein Beweis für die Zugkraft dieses
Motordreirades wurde dadurch an den Tag gelegt, dass das etwa 6 m lange und 1½ m
breite Motorboot, welches mit Zubehörtheilen und Befrachtung über 300 k wiegt, auf
zwei gewöhnliche Dreiräder gepackt und mittels Motordreirades nach Düsseldorf
transportirt wurde. Die Fahrt wurde ohne Unfall in etwa 3½ Stunden ausgeführt.
Am 22. September wurde eine Fahrt nach Essen unternommen, an welcher sich etwa acht
Fahrzeuge betheiligten; die elektrischen Fahrzeuge mussten aus den angegebenen
Gründen zurückbleiben. Die Fahrt ging, trotz streckenweise sehr schlechten Weges,
glatt von statten, und kamen die Fahrzeuge nahezu gleichzeitig (in etwa 3 Stunden)
in Essen an. Die Route war: Düsseldorf-Duisburg-Mülheim-Essen. Bei der am 24.
September ausgeführten Fahrt betheiligten sich: zwei Daimler-Wagen, ein Wagen von
Lutzmann und zwei Motordreiräder von Cudell und Co. Die Abfahrt von Düsseldorf erfolgte um 8
Uhr Vormittags, um 10½ Uhr wurde Cöln erreicht, von wo um 2 Uhr wieder abgefahren
wurde, um gegen 4 Uhr in Bonn anzukommen.
Von hier aus wurde, trotzdem kein Rennen vorgesehen war, eine kleine
Distanzfahrt unternommen. Die Abfahrt erfolgte gegen 4 Uhr, die Ankunft in Coblenz
gegen 7 Uhr. Zuerst erreichte das Cudell'sche
Motordreirad das Ziel, alsdann die beiden Daimler-Motorwagen und zuletzt der Wagen
von Lutzmann.
-h.
Fahrbare elektrische Beleuchtungseinrichtungen.
Die württemb. Eisenbahnverwaltung hat neuerdings eine weitere fahrbare elektrische
Beleuchtungsanlage angeschafft. Die beiden Anlagen, von denen eine in Stuttgart, die
andere in Ulm sich befindet, dienen zur Beleuchtung mittels Bogenlampen bei
nächtlichen Unfällen, Aufräumungsarbeiten, dringenden Strecken- und sonstigen
Bauarbeiten, auch in Tunnels, bei besonderen Verladegeschäften(Militärverladung),
zur Beförderung grosser Menschenmassen aus Anlass von Festen und ähnlichen Anlässen.
Die Einrichtungen sind auf Güterwagen untergebracht, auf welchen sie ohne weiteres
an die Verwendungsstelle gefahren und in Betrieb gesetzt werden können. Ausserdem
sitzen die Einrichtungen auf Strassenfuhrwerksrädern, so dass sie, falls sie in
nächster Nähe des Bahnplanums selbst nicht verwendet werden sollen, mit Pferden
abgefahren und an einem beliebigen Ort aufgestellt werden können. Sie besitzen die
erforderlichen Dampf- und Dynamomaschinen, Dampfkessel sammt Wasser- und
Kohlenvorrathsbehälter, Kabel, Masten u.s.w., sowie je 6 Bogenlampen.
Conferenz der Delegirten kaufmännischer und gewerblicher
Vereine Deutschlands in Leipzig am 3. und 4. October 1898.
Das Bestreben, den „unlauteren Wettbewerb“ energisch zu bekämpfen, war
Veranlassung zum Zusammentritt der in der Ueberschrift bezeichneten Conferenz.
Zahlreich war der ergangenen Einladung entsprochen worden; unter den
Conferenztheilnehmern überwog das Element der Handelstreibenden, und Handwerker
bildeten die Minderzahl; rein technische Betriebe waren so gut wie nicht vertreten.
Eine stärkere Betheiligung von dieser Seite wäre angebracht gewesen, denn auch die
Industrie weist manche Geschäftspraktiken auf, die nur zu oft die Grenze des Unlauteren streifen und eine Eindämmung wünschenswerth
erscheinen lassen. Zum Beispiel die Frage des Submissionswesens, das Abwendigmachen
von fachmännischen Arbeitskräften, das Unterbieten in Anschlägen von Bau-,
Installationskosten u.a. in.
Die aufgestellte Tagesordnung für die Conferenz umfasste eine Reihe von Vorträgen mit
Discussion, sowie Berathung und Beschlussfassung über die von Leipzig beantragte
Begründung eines Deutschen Bundes für Handel und
Gewerbe. Derselbe solle dazu berufen sein, alle diejenigen kaufmännischen
und gewerblichen Vereinigungen Deutschlands, welche das Unwesen im Handel und
Gewerbe bekämpfen und für die Hebung des Handels und Gewerbes eintreten, unter
Wahrung ihrer Selbständigkeit zu einer Gemeinschaft zusammenfassen, um die
gemeinsamen rechtlichen Interessen der Handels- und Gewerbetreibenden auch gemeinsam
vertreten zu können.
Der erste Vortrag behandelte das Gesetz zur Bekämpfung des
unlauteren Wettbewerbes. Referenten A.
Werbeck-Hamburg und Dr. Leo-Leipzig. Ersterer
erörterte das Thema mehr von praktischen Gesichtspunkten, letzterer beleuchtete das
Gesetz vom juristischen Standpunkt. Nach einer eingehenden Aussprache, die in der
Betonung der Notwendigkeit einer Abänderung und Erweiterung des Schutzgesetzes vom
27. Mai 1896 gipfelte, beschloss die Versammlung, eine Commission zu wählen, die
Material sammelt und eine gründliche Umgestaltung des Gesetzes vorbereitet.
Technische Fragen wurden bei der Erörterung dieses Themas nicht berührt.
Die unlautere Reclamepresse bildete das Thema der
nächsten Vorträge von H. Pilz-Leipzig und Jacobsen-Hamburg. Beide Referenten bekämpften das Wesen
der unlauteren Zeitungsannoncen, das von einem Theil der Presse gepflegt würde. Das
sei ein Krebsschaden für das solide Erwerbsleben, gegen den das Gesetz zur
Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs leider keine Handhabe zur Unterdrückung biete.
Die Versammlung fasste deshalb eine Resolution dahingehend, das angezogene Gesetz
bedürfe der Erweiterung, dass in ihm auch marktschreierische
„Uebertreibungen“ verboten werden. Ferner sei die „unlautere
Reclamepresse“ zu überwachen und gegen dieselbe als Verbreiterin der Reclame
mit allen zu Gebote stehenden Mitteln einzuschreiten.
Der letzte Vortrag betraf das Grosskapital im
Detailhandel, worüber F. W. Bargmann-Hambuirg
und H. Geest-Leipzig referirten. Diese lediglich den
Detaillistenstand berührende Frage erübrigt an dieser Stelle wohl der
Ausführung.
Das Hauptinteresse der Conferenztheilnehmer concentrirte sich naturgemäss auf
die beantragte Gründung eines Bundes. Nachdem Zirrgiebel-Leipzig die Motive zur Verwirklichung des
vorliegenden Planes eingehend aus einander gesetzt hatte, trat die Versammlung in
die Berathung und in Beschlussfassung dieses Antrages ein. Die Versammlung sprach
sich generell gegen die sofortige Gründung eines Bundes für Handel und Gewerbe aus,
erachtete aber die Schaffung einer, die Interessen der Erwerbsstände schützenden
Gemeinschaft für nothwendig und beauftragte einen Ausschuss mit der Vorbereitung
dieses Planes.
Die übrigen Berathungsgegenstände waren unwesentlicher Natur.
Bücherschau.
Vorlesungen über technische
Mechanik von Dr. Aug. Föppl. Dritter Band:
Festigkeitslehre. Leipzig. Verlag von B. G. Teubner. 472 S. 70 Abbildungen.
Mit diesem dritten Bande beginnt der Verfasser mit der Herausgabe eines auf vier
Bände berechneten Werkes über technische Mechanik, welches sich an seine an der
Münchener Technischen Hochschule gehaltenen Vorträge eng anschliessen und diese in
einzelnen Theilen ergänzen soll. Für das Studium des Buches wird die Vorbildung
einer vollklassigen Mittelschule vorausgesetzt; ausser dem Studirenden der
Technischen Hochschule soll das Buch auch dem Universitätsmathematiker zur
Einführung in die Wissensgebiete des Ingenieurs dienen.
Die Dynamik der Systeme starrer
Körper von Edward John Routh, autorisirte
deutsche Ausgabe von Adolf Schepp. Erster Band: Die
Elemente. Leipzig. Verlag von B. G. Teubner. 472 S. und 57 Figuren.
Dieses in England und in den englisch redenden Ländern seit Jahren allgemein
verbreitete und bereits in sechs Auflagen erschienene allgemeine, normale Lehrbuch
der Mechanik kann einer ernsten Beachtung seitens unseres deutschen Leserkreises nur
aufs wärmste empfohlen werden. Die Durchsicht des vorliegenden Bandes lässt uns
überzeugt erkennen, dass wir es mit einem Werke der ausgeprägtesten Eigenart zu thun
haben, welches für jeden, der sich nicht auf die abstracten Principien beschränken
will, sondern die Anwendung der Principien auf concrete Probleme erfassen möchte,
von der weitgehendsten Bedeutung sein muss.
Das von A. Schepp aus dem Englischen übersetzte Buch ist
von Prof. Dr. F. Klein und Dr. Liebmann in Göttingen durchgegangen sowie mit Vorwort und Anhang versehen
worden.
Müller-Pouillet'sLehrbuch der Physik und Meteorologie. Neunte Auflage von
Dr. Leop. Pfaundler, unter Mitwirkung von Dr. Otto Lummer. Zweiter Band, erste Abtheilung.
Braunschweig. Verlag von Vieweg und Sohn. 1192 S. 2000 Holzschnitte und 12
Tafeln.
Es wäre überflüssig, ein Wort zum Lobe dieses in der neunten Auflage erscheinenden
Werkes zu sagen; dasselbe gibt insbesondere denjenigen Interessenten, welche keine
Gelegenheit haben, akademische Vorträge mit Experimenten zu besuchen, eine
ausführlichere Beschreibung der Apparate und der damit anzustellenden Versuche, als
in den meisten Compendien zu finden ist; das Verständniss wird durch die grosse
Anzahl Abbildungen im Texte und auf den zum Theil in Farbendruck hergestellten
Tafeln wirksam unterstützt. Die erste Abtheilung enthält nur die Lehre vom Licht,
welche darin in einer zum Theil ganz neuen Darstellung eine erschöpfende Behandlung
erfährt.
Zweiter Band, zweite Abtheilung. 760 S. 2981 Abbildungen und
13 Tafeln.
Diese Abtheilung umfasst die Wärmelehre; sie ist in sorgfältiger Weise durch
Neubearbeitungen und Ergänzungen auf den heutigen Stand der Wissenschaft geführt und
reiht sich der vorbesprochenen ersten Abtheilung des zweiten Bandes würdig an.
Da der dritte Band schon früher erschienen ist, so findet mit dem Erscheinen dieser
Abtheilung die neunte Auflage des Lehrbuches ihren Abschluss.