Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 36 |
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Kleinere
Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Erzeugung von Röhren und Stangen aus duktilen
Metallen.
In der am 29. November v. J. abgehaltenen Versammlung des Vereins deutscher
Maschineningenieure in Berlin hielt Fabrikbesitzer Otto
Weiss einen Vortrag über die Erzeugung von Röhren und Stangen verschiedener
Querschnitte aus duktilen Metallen mittels hydraulischer Presse.
Dieses Verfahren kennzeichnet sich unter den zahlreichen modernen Fortschritten der
Metallverarbeitung als eine epochemachende Neuerung, die noch vor wenigen Jahren zu
den Unmöglichkeiten gerechnet worden wäre. Das Wesentliche derselben besteht in der
Massenherstellung von Profilen, die nach den bisherigen Methoden des Walzens,
Ziehens u.s.w. nicht zu erzielen waren, und die an Kompliziertheit alles bisher
Erreichbare weit hinter sich lassen.
Wenn die Nutzbarmachung des plastischen Charakters duktiler Metalle zum Pressen von
Röhren und komplizierteren Querschnittsformen erst in der neuesten Zeit praktische
Formen angenommen hat, so ist dieses in erster Linie eine Folge des Umstandes, dass
die Metalle in früheren Zeiten nicht in der Reinheit, Zähigkeit und Festigkeit
hergestellt werden konnten, wie dies jetzt möglich ist, und weil die bisher
erreichbare Widerstandsfähigkeit der Stahl- und Eisensorten für den Bau der
ausserordentlich stark beanspruchten Pressen bis in die neueste Zeit nicht genügte.
Die verarbeiteten Metalle sind hauptsächlich Messing, Kupfer, Deltametall und Blei.
Mit den drei erstgenannten Metallen hat der bekannte Erfinder des Deltametalls, Alexander Dick in Düsseldorf, ausserordentliche
Resultate erzielt, jedoch erst dann, nachdem er eingehende Versuche über das
Verhalten und den Zustand von Metallen unter Druck bei hoher Temperatur angestellt
hatte.
Das von Dick befolgte Prinzip ist das bei der
Herstellung von Bleirohren und Stangen bereits angewendete, demzufolge das erwärmte
Metall mittels hohen Druckes durch eine Matrize gepresst wird. Jenes geschieht
jedoch bei verhältnismässig niedriger Temperatur, während bei der Verwendung von
Deltametall, Kupfer, Messing u.s.w. hohe Hitzegrade anzuwenden sind. Die zu
überwindenden Schwierigkeiten waren demnach folgende:
1. Erhaltung der hohen Temperatur und der Elastizität des Metalls während des
Pressprozesses.
2. Herstellung eines auch bei den hohen Hitzegraden widerstandsfähigen
Presscylinders.
3. Verhinderung des Rücktretens des heissen elastischen Metalls zwischen
Cylinderwandung und Stempel.
Die unter 1 und 2 genannten Bedingungen wurden dadurch erfüllt, dass der
Presscylinder aus Stahlrohren und schlecht wärmeleitenden Zwischenwänden hergestellt
wurde, wodurch im Inneren hohe Temperatur beibehalten wurde, während der Druck im
wesentlichen von den äusseren, kälteren Rohren aufgenommen wird. Besondere Sorgfalt
erfordert auch die Herstellung der Matrizen, zu welchen naturharter Stahl verwendet
wird. Vor Beginn der Arbeit wird der Presscylinder im Inneren erhitzt, um die rasche
Abkühlung der ersten Füllung zu verhindern; dieses ist jedoch bei fortgesetztem
Pressen nicht mehr nötig, da der Cylinder dann rotwarm bleibt. Um zu verhindern,
dass das heisse Metall sich zwischen Cylinder und Stempel hindurchdrückt, wird auf
das Metall eine gewölbte Stahlplatte gelegt, die sich beim Druck ausdehnt und auf
diese Weise den Cylinder nach hinten abdichtet.
Neuerdings werden statt des flüssigen Metalls in Coquillen gegossene Bolzen in
rotwarmem Zustande eingesetzt, wodurch die quantitative Leistung der Presse
wesentlich erhöht wird, da hierbei die für das Erstarren des Metalls erforderliche
Zeit gespart wird. Die Oberflächen der gepressten Stanzen und Profile sind völlig
glatt und brauchen, auch bei den kompliziertesten Profilen, keiner weiteren
Bearbeitung unterworfen zu werden. Die Festigkeit des Materials wird durch den zur
Anwendung gelangenden hohen Druck noch sehr gesteigert.
Die Firma Julius Pintsch benutzt bereits eine grosse
Anzahl dieser aus Deltametall u.s.w. hergestellten Profile, die mit Recht das
Erstaunen der Fachleute erregten.
Der Vortragende besprach auch eingehend unter Vorlage von Arbeitsstücken das Pressen
von Patronenhülsen aus Messing und Deltametall – bekanntlich das Verdienst des
Kommerzienrats Lorenz in Karlsruhe.
Des weiteren folgte, eine Besprechung der Fabrikation der Bleiröhren, die bereits im
Jahre 1666 zur Zeit des grossen Brandes der Stadt London bei der dortigen
Wasserleitung in Benutzung – allerdings in gelötetem Zustande – standen.
Wie Fabrikbesitzer Paul Hoppe im Laufe der Diskussion
hervorhob, sind Bleirohre bereits bei den alten (kriechen für Wasserleitungen in
Benutzung gewesen, vielleicht auch Bronzerohre.
Der Vortragende besprach schliesslich an der Hand von Zeichnungen
Bleirohrpressen verschiedener Systeme, von Hoppe, Huber
u.s.w., sowie seine eigene Konstruktion und die Pressen zur Herstellung von
Bleimänteln für Kabel.
Das vom Vortragenden behandelte Gebiet der Maschinentechnik weist allerdings
ausserordentlich hervorragende Fortschritte auf, bietet jedoch für den Konstrukteur
noch manche zu lösende interessante und schwierige Aufgabe.
Bücherschau.
Die Dampfmaschinen. Ein Handbuch
für Entwurf u.s.w. für Praxis und Schule bearbeitet von Herm. Haeder. Fünfte Auflage. Duisburg. Selbstverlag von H. Haeder und
Kommissionsverlag von L. Schwann, Düsseldorf. 576 S. 2100 Abbildungen.
Das in Taschenbuchformat gehaltene Werkchen enthält alle für den Konstrukteur
notwendigen Angaben in sachgemässer Kürze und übersichtlicher Anordnung
zusammengestellt. Für den Praktiker ist es zu einem kaum entbehrlichen Hilfsmittel
geworden, dem Studierenden bietet es eine leicht fassliche Sammlung von
Erfahrungswerten, welche die theoretischen Vorträge glücklich ergänzt.
Berechnung und Bau hoher
Schornsteine. Vortrag, gehalten im Sachs. Bezirksverein deutscher
Ingenieure am 28. April 1896 von P. Bastine. Leipzig.
Verlag von Arthur Felix. 138 S. 50 Abbildungen.
In dem auf den ersten 17 Seiten wiedergegebenen Vortrag werden die Beziehungen
zwischen Winddruck und Windgeschwindigkeit, die Wirkung des Druckes auf rechtwinklig
und auf schiefwinklig getroffene Flächen besprochen und die auf elementarer
Grundlage sich aufbauende Berechnung der Schornsteine sowie einige Erfahrungsregeln
für das Entwerfen derselben angegeben. Der grössere Teil des Buches ist alsdann der
Durchführung von 12 Rechnungsbeispielen für verschiedene Schornsteinhöhen und
-durchmesser gewidmet. Das bei voller Wissenschaftlichkeit für die Bedürfnisse der
Praxis geschriebene Buch dürfte eine freundliche Aufnahme in Praxis und Schule
finden.
Handbuch der deutschen
Normalprofile. Nach der fünften Ausgabe des deutschen Normalprofilbuches
zusammengestellt und berechnet von E. Schultz. Essen.
Verlag von G. D. Baedeker. 54 S. Format 23 : 8½ cm.
Das für den Konstruktionstisch bestimmte Büchlein enthält die Hauptdaten der
deutschen Normalprofile mit Berücksichtigung sowohl der älteren wie der für
Schiffsbauzwecke neu aufgestellten Profile in einem handlichen Format. Eine Anzahl
Tabellen, so u.a. die Trägheits- und Widerstandsmomente für die wagerechte und
senkrechte Achse, soweit sie nicht im Normalprofilbuche enthalten waren, ist neu
berechnet. Ferner sind als Anhang aus des Verfassers „Vierstelligen
mathematischen Tabellen“ die für weitere Berechnungen notwendigen
Zahlentafeln zusammengestellt.
Ueber künstliche Kälteerzeugung und
Kälteindustrie von Gottlieb Behrend, Ingenieur
in Hamburg. Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J. F. Richter). Sammlung
gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von Rud. Virchow. Heft 297.
In diesem Heftchen wird mit dem Zustande des Weltalls begonnen, das Wesen der Wärme,
das Aufeinanderwirken von Materie und Aether, das Verhältnis von Wärme und Arbeit zu
einander besprochen und dann übergegangen zu verschiedenen Maschinensystemen, zur
Kälteerzeugung, sowie zur Verwendung der erzeugten Kälte für verschiedene Zwecke.
Die Besprechung der Erzeugung sehr tiefer Temperaturen, der Verflüssigung der Luft
und Gase, sowie die physikalischen und chemischen Resultate dabei bilden den Schluss
des Heftes.