Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 128 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Ein neuer Deckenstein.
Wir entnehmen darüber der Allgemeinen Rundschau der
Bauindustrie das Nachstehende:
Die Nachfrage nach Deckensteinen zu einer massiven horizontalen Decke wird von Jahr
zu Jahr grösser. Leider können derartige Steine nicht in genügender Menge produziert
werden, weil erstens fast alle bisher bestehenden breitliegenden Systeme nur auf
kleinen Pressen Verwendung finden können und zwar auch nur wieder in solchen
Ziegeleien, wo sich das Rohmaterial dazu eignet, zweitens ergeben jene Systeme den
grossen Nachteil, dass durch einen Schnitt immer nur ein Stein erzeugt werden kann.
Dieser Uebelstand lässt sich auch nicht beseitigen, weil infolge der Breite des
Stranges eine Einrichtung mit zwei nebeneinander laufenden Strängen unmöglich
gemacht wird. Da in Anbetracht der Länge der zur Herstellung von Steinen
erforderlichen Zeit die Quantität der produzierten Objekte viel zu gering ausfällt,
so hat dieser Umstand notwendig eine Steigerung des Preises zur Folge, trotzdem der
Gewinn für den Fabrikanten sich nur gering gestaltet. Ueber die Leichtigkeit der
Ausführung und Tragfähigkeit von breitliegenden, geradlinigen Massivdecken werden
oft keine günstigen Urteile gefällt. Während der Herstellung einer solchen Decke
gehen häufig so viele Klagen ein und werden so mannigfache Bedenken erhoben, dass
das Vertrauen zu diesem System gar sehr erschüttert wird. Jene Deckensteine sind
sämtlich hohl und ihre Wände porös und nur durch Cementmörtel zwischen den Fugen
wird die Haltbarkeit der Decke erreicht. Ohne Verwendung von Bindemitteln, durch
blosse Aneinanderreihung der Steine würde die Errichtung der Decke unausführbar
sein, da fast immer nur eine Nute in den bis jetzt bestehenden Steinen vorgesehen
war, wodurch natürlich der Zusammenhang sehr lose wird. –
Aus Anlass dieser erwiesenen Mängel hat sich der Ziegeleibesitzer Franz Albrecht in Pfiffelbach bemüht, einen Stein ohne
genannte Nachteile herzustellen, was ihm auch gelungen ist.
In einfacher und doch sinnreicher Weise hat er einen Deckenstein konstruiert „mit
mehreren in der Höhe angeordneten und längs parallel laufenden Nuten, worauf ihm
patentamtlicher Gebrauchsmusterschutz gewährt worden ist. Diese Steine lassen
sich bedeutend billiger herstellen, da infolge der neuen Konstruktion auf einen
Schnitt sich drei Steine fertigen lassen. Die Beschaffenheit und Bauart dieser
Steine verbürgen eine sichere Tragfähigkeit, da dieselben nicht nur aneinander
liegen, sondern thatsächlich von zwei Seiten mit drei Nuten und ebensoviel erhöhten
Stellen ineinander greifen. Die Kappen können bei Verwendung von solchen Steinen mit
Sicherheit bis zu 3 m ausgedehnt werden.
Textabbildung Bd. 313, S. 127
Durch die Möglichkeit, dass zwei und drei Stränge von diesen Steinen aus der
Mundstücksöffnung austreten können, ist es nun jedem Ziegeleibesitzer, bei dem sich
das Rohmaterial dazu eignet, geboten, auch auf grossen Pressen derartige
Deckensteine zu fabrizieren, dieselben können aus diesem Grunde bedeutend billiger
hergestellt werden als breitliegende Deckensteine. Auch können die neuen Steine im
Ofen auf allen Stellen eingesetzt werden, was aber bei den breitliegenden
Deckensteinen nicht der Fall war.
Es dürfte daher wohl nun die Zeit gekommen sein, dass die so grosse Nachfrage
nach einem vollkommenen Deckenstein vollständig gedeckt werden wird, und dass
massive geradlinige Decken deshalb mehr und mehr Anklang finden werden.
Von diesen hochstehenden neuen Deckensteinen werden im Verhältnis ⅓ Steine mehr auf 1
qm gebraucht, was aber wieder dadurch Ausgleich findet, dass die Steine fast die
Hälfte billiger im Einkauf sind, als alle breitliegenden Massivdeckensteine.
Die erste elektrische Vollbahn in der Schweiz.
Ueber die elektrische Vollbahn Burgdorf-Thun, deren Eröffnung unlängst stattgefunden,
teilt die Schweizer Bauzeitung folgende Einzelheiten
mit: Die Bahn Burgdorf-Thun ist, mit Ausnahme der nur 4 km langen Linie
Chavornay-Orbe, die erste Normalbahn der Schweiz, die durch elektrische Motorwagen
betrieben wird. Sie benutzt bis zur Station Hasle das Geleise der Emmenthalbahn, von
dort zweigt sie links ab und mündet in das von der „Biglen“ durchflossene
reizvolle und fruchtbare Seitenthal mit den Ortschaften: Schaf hausen, Bigenthai,
Walkringen und Biglen, um über Gröss-Höchstetten in Konolfingen die Linie
Bern-Luzern der Jura-Simplonbahn zu berühren. Vom Bahnhof Konolfingen, der beide
Linien bedient, folgt die neue Bahn zuerst dem Laufe des Kiesenbaches und erreicht
über Stalden, Diessbach, Brenzikofen, Heimberg und Steffisburg den Bahnhof Thun der
Schweizerischen Zentralbahn.
Die elektrische Energie zum Betrieb der Bahn liefert das Kanderwerk bei Spiez am
Thunersee in der Form von Dreiphasenwechselstrom mit einer Spannung von 15000 Volt.
Bis nach Thun wird die Leitung von eisernen Gittermasten und von Thun bis Burgdorf
von hölzernen, ausserhalb des Bahnkörpers befindlichen Masten getragen. 14
Transformatorenstationen, mit einer Höchstleistung von 450 Kilo-Watt ermässigen die
Spannung von 15000 auf 750 Volt Drehstrom, der für den Betrieb direkt verwendet
wird. Die Kontaktleitung besteht aus zwei hart gezogenen Kupferdrähten von 8 mm
Durchmesser; die Schienen bilden den dritten Leiter.
Das Rollmaterial der Bahn besteht zur Zeit aus sechs Automobilwagen von 32 t Gewicht
und einer entsprechenden Zahl von Anhängewagen. Die Automobilwagen haben 66
Sitzplätze. An jeden Automobilwagen kann auch auf der stärksten Steigung ein
gewöhnlicher Wagen von 55 Sitzplätzen II. und III. Klasse oder von 70 Sitzplätzen
III. Klasse angehängt werden. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt durchweg 36 km in der
Stunde. Sämtliche Wagen sind mit Hand- und Westinghousebremse ausgerüstet und
elektrisch beleuchtet. Die Automobilwagen haben elektrische Heizung, die
Anhängewagen Dampf- und elektrische Heizung.
Für den Güterverkehr sind zwei elektrische Lokomotiven vorhanden, deren jede auf den
stärksten Steigungen (25%) 100 t befördern kann. Jede dieser Lokomotiven hat zwei
Motoren von je 150 ; sie können entweder mit einer Geschwindigkeit von 18
oder einer solchen von 36 km in der Stunde fahren.
Neben dem elektrischen ist auch noch Dampfbetrieb in Aussicht genommen und man
glaubt, dass diese von grosser Umsicht zeugende Massregel sich in der Zukunft
bewähren wird. Denn einerseits ist die Elektrizität allein immer noch vielfachen
Zufälligkeiten und Störungen ausgesetzt und es wird Zeiten geben, in welchen man
über diese Reserve, die ja von der Emmenthalbahn leicht zu beschaffen ist, froh sein
wird; andererseits aber war dadurch die Möglichkeit gegeben, die Anlage nicht auf
den Höchstverbrauch von Elektrizität einrichten zu müssen, was die Kosten bedeutend
erhöht hätte. In Zeiten grossen Verkehrs, wie sie etwa bei Festen und an Sonntagen
vorkommen, kann der Dampf der Elektrizität helfend zur Seite stehen. Aus diesem
Grunde ist neben der elektrischen Heizung auch noch die Dampfheizung für die
Anhängewagen eingerichtet.
Zwischen Burgdorf und Thun sind 13 Zwischenstationen eingeschaltet. Da die Linie 41
km lang ist, so beträgt die mittlere Entfernung von Station zu Station etwa 3 km und
es wird somit bei der Zuggeschwindigkeit von 36 km durchschnittlich alle 5 Minuten
angehalten. Die Aufnahmegebäude sind einfach, aber hübsch und praktisch ausgeführt.
Sämtliche Stationen sind elektrisch beleuchtet.
Das Luzerner Tagblatt schreibt über das neue
Unternehmen: „Wir haben letzten Sonntag die Bahn von Burgdorf bis Konolfingen
befahren und können als Augen- und Ohrenzeugen nur konstatieren, dass jedermann,
Techniker und Laien, sowohl von der Bahn als solcher, wie von dem ruhigen,
äusserst angenehmen Betrieb sehr befriedigt waren. Ohne Zweifel gehört dem
elektrischen Eisenbahnbetrieb die Zukunft, und wir wüssten auf die Fragen,
einerseits ob Dampf- oder elektrischer Betrieb eingeführt werden soll,
andererseits ob eine Voll- oder Nebenbahn zu bauen sei, keinen besseren Rat als
den, die Burgdorf-Thunbahn zu studieren. Diese Bahn hat in der Schweiz eine
grosse Bresche geschossen, und wer Nebenbahnen bauen will, sollte nicht
versäumen, die Burgdorf-Thunbahn zu besehen. Wir hörten letzten Sonntag des
öftern die Idee äussern, es sei absolut notwendig, auch die anderen Teile der
Emmenthalbahn, die Strecke Solothurn-Burgdorf und Hasle-Langnau für den
elektrischen Betrieb einzurichten.
Bücherschau.
Das Eisenbahnbauwesen für
Bahnmeister und Bauaufseher als Anleitung für den praktischen Dienst und zur
Vorbereitung für das Bahnmeisterexamen gemeinfasslich dargestellt von weil. A. J. Susemihl, grossherz. Mecklenburg-Schwerin'schem
Baumeister, Vorsteher der Hinterpommerschen Eisenbahnbauinspektion zu Stargard.
Sechste umgearbeitete Auflage. Nach des Verfassers Tode weiter bearbeitet und
herausgegeben von Ernst Schubert, königl. preussischer
Eisenbahndirektor. Wiesbaden. J. F. Bergmann 1899. Preis 7,20 M., geb. 8 M.
Wie es denn überhaupt in der Litteratur gewisse Lieblinge gibt, die vermöge ihrer
Form oder ihres Inhaltes immer wieder von Generation zu Generation gelesen und zur
Belehrung benutzt werden, so finden sich derartige, allzeit gesuchte Bücher auch in
technischen Fächern und die Zahl ihrer Auflagen bildet den ziffernlässigen Nachweis
ihres Wertes für die Leserwelt. Zu diesen, im Gebiete des Eisenbahnwesens übrigens
nur selten vorkommenden Lieblingsbüchern zählt die oben angeführte für Bahnmeister,
Bauaufseher oder sonstige im Bahnerhaltungsdienste thätige Beamten bestimmte
Anleitung über das Bauwesen der Eisenbahnen. Wie dieses Buch in seiner jüngsten
Anordnung uns vorliegt, zerfällt dasselbe in zwei Abteilungen, wovon die erste 187
Seiten umfasst und mit 68 Abbildungen im Text sowie mit 3 lithographierten Tafeln
ausgestattet ist. Der hierauf gearbeitete Unterrichtsstoff erstreckt sich auf die
Hilfsfächer, nämlich auf Arithmetik, Algebra, Trigonometrie und Stereometrie, ferner
auf Physik, Mechanik, Feldmesskunst, Baumaterialienlehre und Baukonstruktionslehre.
Der zweite, 284 Druckseiten umfassende und mit 284 Abbildungen im Text nebst 5
lithographierten Tabellen ausgestattete Teil ist lediglich dem eigentlichen
Eisenbahnbau gewidmet und nur noch durch ein Eingangskapitel über die
Entwickelungsgeschichte der Eisenbahnen erweitert, sowie durch einen Auszug aus den
Normen für den Bau und die Ausrüstung der Haupteisenbahnen Deutschlands. In beiden
Teilen sind sämtliche Berechnungen natürlich nur auf elementarem Wege durchgeführt
und bei den einzelnen Disziplinen werden stets neben allen wichtigen Grund- und
Lehrsätzen gleich auch die praktischen Verwertungen in den Vordergrund gerückt. Der
Gebrauch des Buches erfährt eine willkommene Förderung durch übersichtliche
Sachregister, die jedem der beiden Teile beigefügt sind. In Anbetracht der
fortwährenden Weiterentwickelung aller Zweige des Eisenbahnwesens bedurfte schon die
im Jahre 1892 erschienene fünfte Auflage eine bedeutende Erweiterung bezw.
Vervollständigung namentlich der zweiten Abteilung, um sie mit dem Oberbaustande der
Bahnen in zeitgemässen Einklang zu bringen. In der letzten, sechsten Auflage ist nun
gleichfalls den allerneuesten Wandlungen durch eine teilweise Umarbeitung der
naturwissenschaftlichen Kapitel und durch die Vorführung aller am Oberbau der
grossen Bahnen Deutschlands und Oesterreichs bis zur jüngsten Zeit eingeführten
Neuerungen und Verbesserungen wieder gewissenhaft Rechnung getragen worden. Stil und
Sprache sind kurz und klar und alle Darlegungen leichtfasslich gehalten, weshalb das
auch in typographischer Beziehung zu lobende Werk alle Eignung besitzt, der sich
gestellten Aufgabe als Unterrichtsbuch bestens zu entsprechen.
Zuschrift an die Redaktion.
(Unter Verantwortlichkeit des Einsenders.)
Zwei elektrolytische Zinkbestimmungsmethoden.
In den jüngsten Erörterungen (D. p. J. 1899 312 95) lässt Herr Dr. F.
Peters den ersten und zweiten Punkt meiner Entgegnung (a. a. O.) insofern
unberührt, als bereits früher gebrachte Mitteilungen in nur anderer Form wiederholt
werden.
Nachdem ich im Punkte 3 die Identifizierung meiner zweiten Methode mit der Luckow's mit Berechtigung zurückgewiesen habe, zieht
Herr Dr. Peters diesmal die interessante, aber ganz
andere Zwecke verfolgende Arbeit von F. Mylius und O. Fromm (Zeitschrift für
anorganische Chemie, 1895 S. 144) zur Rettung seiner Behauptungen
heran.
Zum Schlusse sei noch die Frage gestellt: warum Herr Dr. Peters in seinem elektroanalytischen Abschnitt seines Buches, 2. Bd. 2.
Abteil., der angewandten Elektrochemie nicht die geringste Andeutung über eine
Methode elektroanalytischer Zinkfällung aus freie Mineralsäure enthaltendem
Elektrolyten bringt und hierüber auch in den bekannten Lehrbüchern über
Elektroanalyse nichts zu finden ist?
Dr. H. Paweck, Leoben.