Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 159 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Die Vorteile des elektrischen Betriebes gegenüber dem
Dampfbetrieb auf unseren Eisenbahnen.
Der Grund, warum der Dampf heute den Fernverkehr beherrscht, während die Elektrizität
dabei so gut wie gar nicht in Betracht kommt, liegt nicht in der thatsächlichen
Ueberlegenheit des Dampfes, sondern hauptsächlich in dem Umstand, dass der Betrieb
mittels Dampfes viel älter ist als derjenige mittels Elektrizität. Ersterer hat sich
eine Art Monopol errungen, weshalb eine Umwandlung ganz erhebliche Schwierigkeiten
zu überwältigen haben würde.
G. Schellenberg schreibt in der Frankfurter Zeitung, dass die Umwandlung trotzdem nur eine Frage der Zeit
sein dürfe, da der elektrische Betrieb dem Dampfbetrieb gegenüber solch behütende
Vorteile bietet, dass schliesslich alle mit dem Uebergang verbundenen
Schwierigkeiten zurücktreten müssen.
Wie aus Berlin gemeldet wurde, hat sich dort eine Studien-Gesellschaft für elektrische Schnellbahnen gegründet, die für die
Umgestaltung des ganzen Eisenbahnbetriebes von Bedeutung werden könnte. Die
Gesichtspunkte, die bei der Konkurrenz zwischen Dampf und Elektrizität auf dem
Gebiet des Verkehrs in Frage kommen, wird mancher Leser mit Interesse den folgenden
Darlegungen entnehmen, in welchen die hauptsächlichsten Punkte, in denen die
Elektrizität dem Dampf überlegen ist, einer kurzen Betrachtung unterzogen werden,
nämlich 1. man kann schneller fahren, 2. man kann häufiger fahren, 3. man kann
grössere Steigungen überwinden, 4. man kann schärfere Kurven nehmen.
In erster Linie kann bei elektrischem Betrieb die Fahrgeschwindigkeit erhöht werden,
während bei Dampfbetrieb eine wesentliche Steigerung der gegenwärtigen
Zugsgeschwindigkeit so gut wie ausgeschlossen ist. Unsere gewöhnlichen Züge fahren
etwa 50 bis 60 km in der Stunde, Schnellzüge 70 bis 80 km, gelegentlich auch bis 100
km, darüber hinaus aber nur in Ausnahmefällen. 100 km in der Stunde dürften bei
Dampfbetrieb als Geschwindigkeitsgrenze betrachtet werden, und zwar nicht einmal
allgemein, sondern nur bei vorzüglichem Streckenbau, bei besonders konstruierten
Lokomotiven und beim Vorhandensein noch anderer günstiger Umstände. Der Grund liegt
im Wesen der Dampfmaschine selbst. Bei jeder Dampfmaschine haben wir zunächst eine
hin und her gehende Bewegung, die erst in eine rotierende umgesetzt wird. Die Folge
davon ist eine ständige Verlegung des Schwerpunkts, wodurch ein gewisses Pendeln der
Maschine, das sogen. „Schlingern“ hervorgerufen wird, und dieses kann bei zu
grosser Geschwindigkeit leicht zu einer Entgleisung führen. Beim Elektromotor
dagegen haben wir keine hin und her gehende, sondern von vornherein rotierende
Bewegung. In diesem fundamentalen Unterschied zwischen Dampfmaschine und
Elektromotor liegt es begründet, dass man unter sonst gleichen Umständen bei
elektrischem Betrieb ohne Gefahr Geschwindigkeiten anwenden kann, die bei
Dampfbetrieb zum mindesten bedenklich sind. Wenn man auch nicht gleich so weit gehen will, wie die
Firma Ganz und Co. in Budapest, die bei ihrem schon auf
der Frankfurter Elektrischen Ausstellung aufgestellten Projekt einer elektrischen
Verbindung zwischen Wien und Budapest eine Geschwindigkeit von über 200 km
vorgesehen hat, so kann man doch 100 km, d.h. diejenige Geschwindigkeit, die bei
Dampfbetrieb nur vereinzelt angewandt werden kann, als Normalgeschwindigkeit des
elektrischen Betriebes für alle Züge zur Anwendung bringen.
Auch indirekt kann bei elektrischem Betrieb die Geschwindigkeit erhöht werden, indem
man nämlich die Fahrzeit dadurch verkürzt, dass man grössere Strecken, ohne
anzuhalten, durchfährt. Dies ist möglich, weil das Wasserfassen der Lokomotive bezw.
der Austausch derselben in Wegfall kommt. Schiemann
will in seinem vor 2 Jahren erschienenen Buch „Die elektrischen Fernschnellbahnen
der Zukunft“ sogar so grosse Strecken wie von Berlin nach Köln (ca. 600 km)
in einem Atem durchfahren.
Fast noch wünschenswerter als grössere Geschwindigkeit scheint uns grössere
Häufigkeit der Züge. Wohl verkehrt an den einzelnen Stationen eine Menge von Zügen,
aber wenn man eine nur halbwegs grössere Reise unternehmen will, so erfordert das
ein längeres Studium des Fahrtenplans, um den passenden Zug herauszuwählen,
hauptsächlich weil die Anschlüsse so ganz verschieden sind. Als die grösste
Errungenschaft auf dem Gebiet des Verkehrs würde die Abschaffung des
Eisenbahnfahrplans erscheinen; eine einfache Routenkarte müsste ausreichen.
Vorbildlich sind in dieser Hinsicht die Trambahnen. Würde man aber so viele Züge
fahren lassen, so können dieselben naturgemäss nur klein sein, und vor jeden Wagen
eine eigene Lokomotive spannen, das würde den Betrieb über die Massen verteuern.
Ganz anders liegt die Sache bei elektrischem Betrieb. Hier ist jeder Wagen
automobil, und Züge, die nur aus einem Wagen bestehen, fahren ebenso rationell wie
solche aus zehn und mehr Wagen.
Dass man bei elektrischem Betrieb leichter grössere Steigungen bewältigen kann, ist
unschwer nachzuweisen. Die Vorwärtsbewegung des Zuges ist die Folge der Reibung der
Triebräder der Lokomotive und der Schienen. Würde hier keine Reibung stattfinden, so
würden sich die Räder bloss drehen, ohne von der Stelle zu kommen. Die Reibung
zwischen den Wagen und den Schienen muss durch die Reibung zwischen Lokomotive und
Schienen überwunden werden. Bei Steigungen ist ausserdem der nach abwärts ziehende
Teil des Zugsgewichts zu bewältigen. Aus diesem Grund baut man die
Gebirgslokomotiven möglichst schwer. Bei elektrischem Betrieb stellt sich die Sache
viel einfacher. Hier besitzt jeder Wagen, ja jede Achse ihren Motor; infolgedessen
kann das gesamte Zugsgewicht als Adhäsionsgewicht ausgenutzt werden. Ganz eng
hiermit ist der oben an vierter Stelle genannte Punkt verbunden. Um nämlich das
Gewicht der Lokomotive möglichst vollständig ausnutzen zu können, versteift man die
Räder miteinander. Damit verzichtet man aber auf die Möglichkeit, Kurven, deren
Radius unter einen gewissen Grenzwert gesunken, befahren zu können. Und doch häufen
sich gerade bei Gebirgsbahnen mit den Steigungen auch die Kuryen. Neuerdings baut
man daher auch viercylindrige Lokomotiven mit Drehgestellen. Die leichte
Beweglichkeit, die hier nur durch komplizierte Mechanismen erreicht wird, ist beim
elektrischen Antrieb einer jeden Achse ohne weiteres vorhanden.
Damit sind die Vorteile des elektrischen Betriebes gegenüber dem Dampfbetrieb noch
lange nicht erschöpft, so wenig wie mit den im folgenden aufgezählten
Schwierigkeiten diese alle erwähnt sind. Es ist eben nicht der Zweck dieser Zeilen,
einen in allen Einzelheiten ausgearbeiteten Plan des künftigen elektrischen
Betriebes zu geben – das wäre denn doch noch etwas zu verfrüht –, es sollen vielmehr
bloss einige allgemeine Ideen mitgeteilt werden, die sich nach und nach Bahn brechen
müssen, um den elektrischen Betrieb zu ermöglichen. Wenn wir nun in folgendem kurz
skizzieren, wie wir uns diesen ungefähr denken, so ergeben sich dabei gleichzeitig
die wesentlichsten Schwierigkeiten ohne weiteres.
Zur rationellen Durchführung des elektrischen Betriebes ist vor allen Dingen die
vollständige Trennung des Fern- und Lokalverkehrs notwendig, für die durchaus
getrennte Geleisanlagen erforderlich sind. Sollen die Züge in kurzen Zwischenräumen
und gleichen Abständen aufeinander folgen, so müssen sie unbedingt dieselbe
Geschwindigkeit besitzen, an den gleichen Stationen halten und gleichen Aufenthalt
haben. Im Fernverkehr treffen wir etwa alle 100 km eine Station. Dazwischen arbeitet
auf getrenntem Schienennetz der Lokalverkehr; hier könnten wir uns neben den
eigentlichen Lokalzügen auch beschleunigte Züge, die nicht auf jeder Station halten,
denken. Wie wir nebenbei bemerken, erläutert Schiemann
in der angeführten Broschüre auch einen Plan, wie das Ein- und Aussteigen während
der Fahrt bewerkstelligt werden kann. Angenommen der Fernzug fahre von A nach Z. Die
Reisenden, die auf der Station B aussteigen wollen, nehmen im letzten Wagen Platz;
kurz vor Station B wird dieser Wagen losgekuppelt und fährt auf einem Nebengeleis in
die Station ein. Auf einem anderen Nebengeleis lauert im Hinterhalt schon der Wagen
mit den Passagieren, die in den Fernzug einsteigen wollen. Sowie dieser
vorübergesaust ist, jagt ihm der Einzelwagen nach, holt ihn ein, kuppelt sich mit
ihm während der Fahrt, etwa auf magnetische Weise. Er nimmt dann die Passagiere auf,
die in C aussteigen wollen, wo er wieder den Fernzug verlässt, um dann wieder mit
einem Zug entgegengesetzter Richtung in ähnlicher Weise zurückzufahren. Die Sache
klingt etwas phantastisch und wir wollen uns auch nicht für sie ins Zeug legen; aber
darauf wollen wir doch aufmerksam machen, dass man das Gesagte nicht mit dem
Massstab des Dampfbetriebes messen darf. Bei elektrischem Betrieb ist eben manches
möglich, was bei Dampfbetrieb unmöglich ist.
Den elektrischen Betrieb selbst denken wir uns in der Weise, dass längs der Bahnlinie
in geeigneten Abständen, etwa alle 50 km, grosse Elektrizitätswerke mit Dampf- oder,
wo es angeht, mit Wasserbetrieb angelegt werden. Der elektrische Strom würde auf
einer Mittelschiene durch Schleif bürsten abgenommen, in die Motoren geleitet und
durch die Räder und Schienen wieder zur Dynamomaschine zurückgeführt werden. Die Art
der Stromzuführung schliesst alle Niveauübergänge, die glücklicherweise schon jetzt
mehr und mehr zum Verschwinden gebracht werden, aus. Nicht verhehlen wollen wir,
dass die Bewältigung des Güterverkehrs, das Einschieben der Güterzüge in die
regelmässigen Personenzüge gewisse Schwierigkeiten macht. Würden wir bereits
Vorschläge zu machen haben, so würden wir sagen, man beschränke die Zahl der
Personenzüge während der Nacht auf die Hälfte und ersetze die ausgefallenen durch
Güterzüge.
Einen Einwand gegen das elektrische System wollen wir doch nicht unerwähnt lassen,
die Behauptung, im Falle einer Mobilmachung sei der elektrische Betrieb nicht
leistungsfähig genug. Wir glauben das nicht. Wenn man nur bei der Anlage den
Speiseleitungen genügende Dimensionen gibt, so lassen sich genügende
Elektrizitätsmengen zuführen. Hält man die eigenen Elektrizitätswerke nicht für
ausreichend, so kann von vornherein darauf Rücksicht genommen werden, in solchen
Ausnahmefällen andere, etwa städtische Elektrizitätswerke zu Hilfe zu ziehen.
Es lässt sich natürlich noch vieles für und wider den elektrischen Betrieb sagen. Für
uns überwiegt das Für. Freilich darf man nicht glauben, dass die Sache so schnell
kommen werde; dafür sind die Kosten der Umwandlung, die selbstverständlich gleich
für ein grösseres Gebiet durchgeführt werden müsste, viel zu hoch. Dass sie aber
wohl zu erwägen ist, daran wird niemand zweifeln, der die Vorteile und Nachteile der
beiden Betriebsarten unparteiisch gegeneinander abwägt.
–h.
Bücherschau.
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Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine rationelle Verwertung der in den Gewerben und
in der Industrie so häufig und so massenhaft auftretenden Abfallstoffe von
ausserordentlicher Wichtigkeit ist.
Während wir nicht selten wahrnehmen, dass diese oder jene Abfallstoffe sich in einer
geradezu belästigenden, den dauernden Fortbetrieb dieses oder jenes Industriezweiges
erschwerenden Quantität anhäufen, sehen wir aber auch, wie die rationelle
Aufarbeitung und Verwertung solcher Abfälle entweder den allgemeinen
Produktionsgewinn wesentlich erhöht oder sogar eine eigene, selbständige Rente
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gehoben, welcher der Neuzeit und ihren Erfahrungen entspricht. Das überaus
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