Titel: | [Kleinere Mitteilungen.] |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 184 |
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[Kleinere Mitteilungen.]
[Kleinere Mitteilungen.]
Zuschriften an die Redaktion.
(Unter Verantwortlichkeit der Einsender.)
Bei dem Durchlesen des 6. Heftes vom 11. November Ihres geschätzten Journals finde
ich einen Aufsatz von J. Hübers in Charlottenburg,
betitelt: „Beitrag zur technischen Thermodynamik“, der, um Irrtümer zu
vermeiden, nicht ganz widersprochen bleiben darf. Leider verbietet es mir meine
Zeit, auf die ganze Abhandlung näher einzugehen und kann ich deshalb nur das
hauptsächlich in die Augen fallende richtig stellen. Auf S. 94 heisst es unter:
„Die Zustandsgleichung der Gase“:
„Ebenso wie das Mariotte-Gay-Lussac'sche Gesetz gilt
auch die aus diesem Gesetz abgeleitete Zustandsgieichung der Gase \frac{v\,.\,p}{T}=const=R nur für
die sogen. vollkommenen Gase u.s.w.“
Dieses Gesetz ist nun zwar so lange richtig, wenn man die Körperlichkeit der
Gasmolekel ausser Betracht lässt, zieht man letztere hinzu, so erleidet die
vorgenannte Zustandsgleichung auch eine Aenderung dahin, dass, wenn man das
Molekularvolumen des Gases mit x bezeichnet, diese
Gleichung lautet:
\frac{(v-x)\,p}{T}=R.
Meines Wissens ist diese Gleichung zuerst von van der
Waals gebracht, hat jedoch von demselben Autor sowie von Amagat, R. Mewes u.a. noch eine weitere Aenderung
erfahren, auf die einzugehen hier zu weit führen würde.
J. Hübers multipliziert dann die Mariotte-Gay-Lussac'sche Zustandsgleichung beiderseits mit dem
Atomgewicht. Hiergegen ist auch im allgemeinen nichts einzuwenden, wenn nur im
Verlaufe der weiteren Entwickelung diese Atomgewichte richtig eingesetzt wären.
Richtiger wäre in diesem Fall auch die Einsetzung der Molekulargewichte gewesen, um
nicht mit den alten Aequivalentzahlen zu operieren, die nach jeder Richtung hin
unbequem sind und leicht zu Irrtümern Veranlassung geben.
Ich sagte vorhin, die von Herrn Hübers benutzten
Atomgewichte seien falsch und ich will den Beweis der Wahrheit sofort antreten.
Herr Hübers berechnet das Atomgewicht einfach nach dem
Mischungsgesetz, was aus seiner Rechnung mit der atmosphärischen Luft klar
hervorgeht und für diese auch richtig ist; seine Atomgewichtsermittelung jedoch für
Kohlensäure, Wasserdampf und Ammoniak ist unrichtig, denn das Atomgewicht für CO2 ist nicht
\frac{11,97+2\,.\,15,96}{3}=14,63,
denn in diesem Fall müssten sich ja 3 Atome CO2 bilden, was nicht möglich ist, sondern es bilden
sich in diesem Fall 2 Atome oder 1 Molekel CO2, da
der Kohlenstoff in diesem Fall vierwertig ist.
Wenn sich nun aber durch Verbindung von 2 Atomen Sauerstoff mit 1 Atom Kohlenstoff 2
Atome Kohlensäure bilden, so ist das Atomgewicht der Kohlensäure
\frac{11,97+2\,.\,15,96}{2}=\sim\,21,95.
Die Gaskonstante für CO2 ist nun nach Regnault 19,20, demnach das Produkt aus der
Gaskonstante mit dem Atomgewicht für Kohlensäure
19,20 . 21,95 = 421,44,
also ebenfalls annähernd dem Wärmeäquivalent.
Dieses Produkt ergibt sich auch annähernd bei Wasserdampf und Ammoniak unter
Benutzung der richtigen Atomgewichte.
Die Schlussfolgerungen, die Herr Hübers aus der
Benutzung der unrichtigen Atomgewichte zieht, fallen hiermit natürlich
ebenfalls.
Hochachtungsvoll
H. Voss.
Halle a. S., 22. November 1899.
Dass die Gleichung \frac{v\,p}{T}=R nur so lange richtig ist, als man die Körperlichkeit
der Gasmoleküle ausser Betracht lässt, ist in der Abhandlung bei der Betrachtung
über das Mariott'sche Gesetz bereits angegeben. Es
heisst in diesem Sinne auf S. 94:
„Das Mariotte'sche Gesetz insbesondere und damit die
Isotherme als Kompressions- und Expansionskurve würde nur dann vollkommen
richtig sein, wenn die Gase unkörperlich wären.“
Für die in Rede stehenden Berechnungen habe ich der einfacheren, unmittelbar aus dem
Mariotte-Gay-Lussac'schen Gesetz abgeleiteten Form
der Zustandsgleichung den Vorzug gegeben, weil dieselbe meiner Meinung nach
vollkommen genügt, sobald nur die Bedingungen angegeben sind, unter denen die
Gleichung richtig ist.
Was nun die Behauptung anbelangt, die von mir in die Gleichung \frac{v\,p}{T}\mbox{ At}=R\mbox{ At} At für
Kohlensäure, Wasserdampf und Ammoniak eingeführten Zahlen, die den
Atomgewichten der einfachen Gase entsprechen, seien unrichtig, so ist dieselbe sehr
leicht zu widerlegen.
Allerdings berechne ich das Atomgewicht einfach nach dem Mischungsgesetz, und es ist
dieses nicht allein für Luft, wie Herr Voss angibt,
sondern auch für Kohlensäure, Wasserdampf und Ammoniak vollkommen richtig.
Nach der Berechnung des Wertes \frac{v\,p}{T}\mbox{ At}=R\mbox{ At} At für Luft heisst es in der
Abhandlung:
„Es soll hier nochmals hervorgehoben werden, dass diese Gleichung \left(\frac{v\,p}{T}\mbox{ At}=R\mbox{ At}\right) nur
in so weit vollkommen richtig ist, als bei einer Wärmezuführung oder
Wärmeabführung die ganze Wärme für die Zustandsänderung des Gases selbst (also
lediglich für die Aenderung von v, p und T) verwendet wird, und zwischen den einzelnen
Atomen keine Kräfte bestehen.“
Nun bestehen aber zwischen den Atomen, aus denen die Moleküle der Kohlensäure, des
Wasserdampfes oder des Ammoniaks gebildet werden, chemische Kräfte. Durch die Zufuhr
von Wärme werden diese Kräfte allmählich überwunden und aufgehoben, bis dieselben bei einer für jedes Gas bestimmten Temperatur
gleich Null gesetzt werden können. Die Gase sind sodann bei jener hohen
Temperatur, für welche erst die Gleichung gilt, nicht mehr
als chemische Verbindungen anzusehen, sondern als Gasgemenge, die in allem
den für die vollkommenen Gase bestehenden Gesetzen gehorchen, und für welche
infolgedessen die Berechnung der dem Atomgewicht der einfachen Gase entsprechenden
Zahl, ebenso wie bei der Luft nach dem Mischungsgesetz zu geschehen hat.
Die Regnault'sche Spannungsreihe zeigt, dass beim
Wasserdampf die Spannung um so schneller wächst, je höher die Temperaturen werden,
so dass also auch \frac{v\,p}{T} mit steigender Temperatur immer grössere Werte annimmt
und zwar so lange, bis nicht mehr von überhitztem Wasserdampf, sondern von einem
Gemenge aus Wasserstoff und Sauerstoff die Rede ist.
Die von Herrn Voss für das Atomgewicht der Kohlensäure
berechnete Zahl 21,95 steht in keinerlei Beziehung zu diesem Atomgewicht. Diese Zahl
ist selbst für das spezifische Gewicht bei den in Rede stehenden hohen Temperaturen
falsch. Es ist unrichtig, dass sich durch Verbindung von 2 Atomen Sauerstoff mit 1
Atom Kohlenstoff 2 (!) Atome oder 1 Molekül Kohlensäure bilden.
Es bilden sich nicht 2 Atome oder 1 Molekül CO2, sondern es bildet sich vielmehr 1 aus 3 Atomen bestehendes Molekül CO2.
Dass nun das aus 3 Atomen zusammengesetzte Molekül einen kleineren Rauminhalt besitzt
als die Summe der Atome der einfachen Gase vor Eingang der Verbindung, das eben ist
eine Folge der bei der Verbindung auftretenden chemischen Kräfte und liegt gerade
darin der Grund, weshalb bei diesen Gasen die Werte \frac{v\,p}{T} At kleiner ausfallen
und auch ausfallen müssen, als bei den einfachen Gasen.
Sobald die bestehenden chemischen Kräfte durch Wärmezufuhr aufgehoben sind, muss
fernerhin auch die Berechnung des Volumens oder der Spannung nach dem
Mischungsgesetz erfolgen.
Charlottenburg, den 6. Dezember 1899.
Jos. Hübers.
Eingesandt.
Zur Frage der Dampfturbinen.
Anknüpfend an die interessante Mitteilung betreffend die „Turbinia“ und die
Trossin'sche Turbine (D. p.
J. 1899 314 46) scheint mir die des Erwärmens
wert zu sein, dass ich schon im Sommer des Jahres 1898 die Absicht hatte, die Lavall'sche Turbine in der Richtung abzuändern, dass in
die Düsen neben dem Dampf auch zerstäubtes Kesselwasser eingeführt wird, um – wenn
man sich so ausdrücken kann – den Dampf zu beschweren und auf diese Weise auch bei
kleineren Umlaufsgeschwindigkeiten einen günstigen Nutzeffekt herbeizuführen.
Mangel an materiellen Mitteln hat mich verhindert, einen derart gebauten Motor
auszuführen, und es soll durch diese Mitteilung der Priorität der Erfindung des
Herrn Trossin, der übrigens Blei und nicht Wasser zur
Beschwerung verwenden will, in keiner Weise präjudiziert, dagegen interessierten
Firmen Anlass geboten werden, die Beschwerung mit Wasser zu versuchen. Ich glaube
übrigens seither eine viel rationellere Lösung der Aufgabe gefunden zu haben, über
welche ich mir eine Mitteilung vorbehalte, wenn es mir abermals nicht gelingt, die
betreffende Konstruktion zur Ausführung zu bringen.
W. Marek, Wien.