Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 52 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Moderne elektrische Lokomotiven.
In der letzten Sitzung des Vereins deutscher Maschineningenieure hielt Regierungsbauführer Tischbein von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft einen Vortrag über: Moderne elektrische Lokomotiven.
Die günstigen Erfahrungen, welche die Einführung der Elektrizität als motorische Kraft bei den Strassenbahnen zeitigte, führten
bald auf den Gedanken, auch dem Eisenbahnbetriebe die Elektrizität nutzbar zu machen. Bei den Eisenbahnen liegen jedoch die
Verhältnisse wesentlich anders als bei den Strassenbahnen; es ist dies eine Folge des Umstandes, dass die Eisenbahnen einen
wesentlichen Teil ihrer Aufgabe in der Beförderung von Gütern finden. Die Verschiedenheit der hierzu verwandten Fahrzeuge,
sowie die wesentlich beschränkte Beaufsichtigung lassen es als unthunlich erscheinen, an eine durchgängige Einführung von
Motorwagen für den Transport von Gütern zu denken. Hieraus folgt aber, dass man bei den Eisenbahnen auf das der Dampflokomotive
entsprechende Organ zur Fortbewegung, auf die elektrisch bethätigte Lokomotive zurückgreifen musste. Die elektrischen Lokomotiven
können unterschieden werden in solche für Normal- und solche für Schmalspur. Dann aber kann man sie auch unterscheiden in
solche, die ihren gesamten Strom aus einer den Schienenweg begleitenden Zuleitung entnehmen, ferner in solche mit Akkumulatorenbetrieb
und endlich in solche mit gemischtem Betrieb.
Es scheint, als ob für normalspurige Bahnen diese letztere Type besonders in Aufnahme kommt.
Der Vortragende kam schliesslich zu folgendem Ergebnis:
Zum Betriebe elektrischer Lokomotiven auf Vollbahngeleisen wird man die oberirdische Stromzuführung dann wählen, wenn es sich
um einen häufigen Verkehr über längere oder kürzere Strecken handelt. Liegt die Aufgabe der Lokomotive hauptsächlich in der
Erledigung des Rangierdienstes, und hat man es mit vielen Geleiskreuzungen und Weichen auf verhältnismässig kleinem Raume
zu thun, so empfiehlt es sich, zur Erhöhung der Bewegungsfähigkeit der Lokomotive und zur Vereinfachung der Anlage der Oberleitung
neben der Stromzuführung aus dieser auch noch eine Stromentnahme aus einer mitgeführten Akkumulatorenbatterie zu gestatten.
Ist schliesslich der Verkehr auf der zu durchfahrenden Strecke ein geringer, und die Strecke selbst eine lange, und ist eine
elektrische Zentrale mit überschüssiger Kraft vorhanden, oder zum mindesten eine Naturkraft zum Betriebe des Generators für
den Ladestrom verfügbar, dann wird man zur Wahl einer Akkumulatorenlokomotive gelangen.
Ein wirtschaftlicher Vergleich zwischen der Dampflokomotive und der elektrischen Lokomotive fällt durchaus zu Gunsten der
letzteren aus. Zunächst sprechen für die elektrische Lokomotive die Ersparnisse bei der Beschaffung der Lokomotive; hierzu
kommen dann noch wesentliche Ersparnisse bei den Beschaffungs- und den Unterhaltungskosten des Oberbaues der Bahn. Diese drei
Ersparnisse wiegen schon an sich reichlich die Kosten für die elektrische Oberleitung auf. Es kommt ausserdem noch in Betracht, dass die elektrische Lokomotive nur einen Bedienungsmann
erfordert, und dass der Bau von Wasserstationen, Pumpen, Feuer- und Reinigungsgruben in Fortfall kommt. Schliesslich ist der
elektrische Betrieb um deswillen wirtschaftlicher, weil er kontinuierlicher verläuft, als der Dampfbetrieb.
Bücherschau.
Zum Wesen der Erfindung. Von Ewald Rasch, Oberingenieur am Bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg. Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben
von Rud. Virchow. Neue Folge. Heft 324. Hamburg 1899. Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vorm. J. E. Richter). Preis 80 M.
Verfasser behandelt in dem knappen Rahmen eines am Bayerischen Gewerbemuseum im Winsersemester 1897/98 gehaltenen Vortrags
die Grundgesetze, die sich aus der Mechanik der Erfinderthätigkeit herausschälen lassen und gibt einige selbständige Gesichtspunkte
bei Zergliederung dieser für das Industrierecht und die Propädeutik der Erfindung bedeutsamen Materie. Verfasser schlägt eine
Realdefinition der Schöpfung, des genus proximum der Erfindung, vor und sieht den Wesensunterschied
(differentia specifica) zwischen Künstler-, Entdecker- und Erfinderthätigkeit lediglich in dem Effekt dieses im letzten
Grunde kombinatorischen Schaffens. Der technische Fortschritt finde seine Begründung durch eine stete Differenzierung der
Aufgabe und Lösungsmittel – ein biologisches Prinzip, das, wie neuerdings Hertwig hervorhebt, auch auf soziale Probleme anwendbar ist.
Zuschrift an die Redaktion.
(Unter Verantwortlichkeit des Einsenders.)
Etwas verspätet las ich im 3. Hefte des 314. Bandes vom 21. Oktober 1899 eine Bemerkung des Herrn W. Müller-Cannstatt (in dessen Artikel über die Turbinia), nach welcher die Tagespresse Notizen bringe, dass ein Ingenieur Trossin in Hamburg Patente für eine Bleiturbine erhalten habe; Zeitungsberichten nach hätte ich mich über diese Erfindung günstig
geäussert. Gestatten Sie mir, hierzu eine kurze Berichtigung einzusenden.
Ich habe – aus ähnlichen Gründen, wie sie Herr Müller-Cannstatt erwähnt – dem Erfinder (der seine Ideen übrigens schon vor mehreren Jahren ausgearbeitet hatte) seiner Zeit erklärt,
dass die theoretische Grundlage seines Projektes, vom rein mechanischen Standpunkte aus, zwar keinen logischen Fehler erkennen lasse, dass aber
eine nach diesem Projekte erbaute Turbine praktisch absolut unbrauchbar sein würde. Eine Maschine, in welcher dauernd geschmolzenes Blei als Arbeitsübertrager thätig sein solle,
müsse in allen wesentlichen Teilen stets eine so hohe Temperatur haben, dass niemals irgendwo Blei bis zum Erstarrungspunkte
abgekühlt werden könne. Da die Schmelztemperatur dieses Metalles bei etwa 330° liegt, so müssen alle Wege des Metalles, die
Ventile, Schaufelräder u.s.w. dauernd auf mindestens 350 bis 400° gehalten werden und da dies nur möglich ist, wenn die Maschine
dauernd von aussen erhitzt wird, so wird die Aussentemperatur noch viel höher sein müssen, d.h. die Maschine wird in Rotglut arbeiten müssen. Dass es kein Material gibt, welchem man dies dauernd zumuten kann, braucht kaum erwähnt zu werden. Selbstverständlich würden
bei einer solchen Maschine die unvermeidlichen Arbeitsverluste durch Wärmeabgabe nach aussen hin sehr gross sein; die Bedienung
der Turbine wäre nicht nur der enormen Hitze wegen, sondern auch, weil der Raum stets von Bleidämpfen angefüllt sein würde,
eine fast unmögliche. Auch der Ersatz des Bleies durch Quecksilber würde kaum möglich sein; die Notwendigkeit der Erhitzung
der Maschine fiele zwar fort, aber das Quecksilber würde – abgesehen von seiner Neigung mit Fetten, Oelen u. dgl. zu verschmieren
– natürlich die Temperatur des Betriebsdampfes, d.h. 150 oder 200°, annehmen. Bei diesen Temperaturen beträgt die Spannung
des Quecksilberdampfes bereits etwa 4 bezw. 20 mm, d.h. der Turbinenraum würde – trotz aller etwaigen Abschlussvorrichtungen
u. dgl. – mit grossen Mengen Quecksilberdampf gefüllt sein, der für jeden Menschen tödlich wirken würde. Die Erfindung des
Herrn Trossin ist daher, wie mir scheint, praktisch völlig wertlos.
Mit vorzüglichster Hochachtung
Dr. A. Voller, Professor.
Hamburg, den 19. Dezember 1899.
Eingesandt.
Für die Laufbahn als Eisenbahnbetriebsingenieur bei Maschinen- oder Werkstätteninspektionen, sowie als maschinentechnischer Eisenbahnsekretär dürfen nur solche Bewerber angenommen werden, welche die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst erworben,
sowie mindestens 2 Jahre in einem Maschinenbauhandwerk oder in einer Eisenbahnhauptwerkstätte praktisch und mit gutem Erfolge
gearbeitet haben, welche ferner das Reifezeugnis einer anerkannten Preussischen Höheren Maschinenbauschule besitzen. Bei der Annahme für den Werkmeisterdienst sind diejenigen Bewerber vorzugsweise zu berücksichtigen, welche neben der vorgeschriebenen handwerksmässigen Ausbildung
und praktischen Beschäftigung in Werkstätten das Reifezeugnis der anerkannten Preussischen Maschinenbauschulen besitzen. Zu diesen in Preussen anerkannten Lehranstalten gehören auch die Königlichen Vereinigten Maschinenbauschulen zu Dortmund, die häuptsächlich die Ausbildung von Maschinen- und Elektrotechnikern, sowie von Betriebsbeamten für die Privatindustrie
bezwecken. Betreffs des Beginns ihrer neuen Lehrkurse im Frühjahr 1900 verweisen wir auf die Anzeige in der heutigen Nummer.
Auskunftei der Redaktion.
Dexellehren haben keineswegs die Bestimmung – etwa wie die Spurerweiterungs- oder wie die Ueberhöhungslehren – lediglich beim Kurvenlegen benutzt zu werden, sondern dienen im allgemeinen dazu, die genau gleichmässige Herstellung der
geneigten Auflageflächen an den hölzernen Querschwellen des Eisenbahnoberbaues für die Schienenfüsse oder Schienenunterlagsplatten
zu ermöglichen. Die Lehre gibt die Neigung an, welche das mittels der Dexel oder der Hobelmaschine herzustellende Auflager
besitzen soll, damit der Schienenstrang gegen das Geleismittel die entsprechende Stellung erhält. Diese geneigte Lage der
Schiene hat zuförderst die seitlich wirkenden Kräfte, welche beim Passieren der Fahrzeuge ausgeübt werden, aufzuheben bezw.
dem Umkippen der Schiene entgegen zu wirken, anderenfalls hat sie den Zweck, eine bessere Uebereinstimmung der Schienengleitfläche
mit der konischen Lauffläche der Räder zu vermitteln.
Es gibt zweierlei Dexellehren; solche für Schwellen ohne und mit Unterlagsplatten. Diese beiden Formen und Abmessungen sind, abgesehen von geringen Abweichungen, allgemein verbreitet. Zu
bemerken bleibt, dass von beiden vorgedachten Lehrengattungen auch solche erzeugt werden, bei denen die Plattenneigung durch
irgend eine Stellschraubenanordnung sich innerhalb bestimmter Grenzen regulieren lässt. Derartige regulierbare Dexellehren sind jedoch selten begehrt.
Eine das ganze Gebiet des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen umfassende Vereinbarung für eine Normal-Dexellehre gibt es nicht, doch wird die Neigung stets nur zwischen 1 : 20 bis 1 : 16 angenommen, Verhältnisse, die nur empirisch gewählt
worden sind, obwohl es allerdings nicht an Versuchen gefehlt hat, theoretische Feststellungen zu gewinnen. Letztere bleiben
übrigens für alle Fälle ungenau, weil die massgebenden Faktoren, nämlich der Raddruck bei den verschiedenen Fahrzeugen und
die Fahrgeschwindigkeit der Züge niemals dieselben bleiben. Der Neigungswinkel würde sonach für jeden Zug und fast für jedes
einzelne Fahrzeug ein anderer sein sollen. Neuester Zeit hat sich namentlich der Gebrauch des Verhältnisses 1 : 20 sehr verallgemeint.
In der Regel besitzt jede einzelne Eisenbahnverwaltung ihre festgesetzte Normal-Dexellehre und kann diesfalls näheres auch nur seitens dieser Verwaltungen erhalten werden. Die von der
Bahnbehörde getroffenen Festsetzungen beschränken sich übrigens in der Regel nur auf die Plattendistanz, ihre Dimensionierung
und Neigung; aussergewöhnlichermassen wohl auch auf die Regulierbarkeit der Platten und die Grenzen für die Regulierung. Hinsichtlich
der leichten zweckmässigen, dauerhaften und handlichen Ausführung ist jedoch dem Lieferanten stets freie Hand gelassen.
Seitdem die Verwendung von Unterlagsplatten sich mehrt, welche keilförmigen Querschnitt haben, und sonach die Notwendigkeit
des schiefen Dexelns der Schwellen ersparen, ist das Bedürfnis nach Dexellehren im gleichen Masse geringer geworden bezw.
im Abnehmen begriffen.
Speziallitteratur über Dexeln, Dexellehren, Dexelmaschinen findet sich u.a. in den Jahrgängen 1862, 1871, 1879, 1880, 1887
des Organs für die Fortschritte des Eisenbahnwesens.