Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 242 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Eine Sprech- und Diktiermaschine.
Als eine Sprech- und Diktiermaschine darf die neueste dem Edison'schen Phonographen gegebene Form bezeichnet werden. Jetzt erst erscheint dieser bisher nur zu allerhand Scherzen benutzte
Apparat, der das auf seiner Walze Fixierte in allen Fällen höchst verzerrt wiedergab, wahrhaft praktisch in verschiedenen
Richtungen, und wenn nicht alle Anzeichen trügen, so wird er sich in der Welt der Bureaux und Kontors schneller einführen,
als seiner Zeit die Schreibmaschine, und gleich letzterer dort ein unerlässliches Inventarstück werden.
Das „Graphophon“, wie sich der neue Apparat mit dem unerlässlichen griechischen Namen nennt, also wörtlich übertragen „Schreibtöner“, unterscheidet sich von dem älteren Edison'schen Phonographen nicht so viel, wie die genaue Umkehr des Namens vermuten lässt. Im wesentlichen ist der neue Apparat erheblich
kleiner und mit Einrichtungen versehen, um ihn auf dem Fleck anzuhalten bezw. Uhrwerk oder Elektromotor auszuschalten, um
seine Geschwindigkeit schnell in weiten Grenzen zu vergrössern oder zu verringern und um die Aufnahmewalze mit dem geringsten
Zeitverlust einzulegen oder zuentfernen. Diese Walze ist der wichtigste und entscheidende Zug des neuen Apparats, sie hat ihn auch patentierungsfähig gemacht;
denn sie besteht aus einer besonderen Masse, welche gerade die richtige Plastizität besitzt, d.h. weder zu hart noch zu weich
ist, um die von dem vibrierenden Stift am Sprechtrichter ausgeführten Schwingungen bezw. Stiche gegen die Walze getreu aufzunehmen
und festzuhalten. Edison benutzte als Ueberzug seiner Walze anfänglich Zinnfolien, später kam Wachs in Anwendung. Beides hat sich nicht bewährt. Die
Zinnfolie hielt die vom Stift gemachten Vertiefungen ungenügend fest, namentlich die flacheren unter ihnen, wodurch bei der
Reproduktion manche Töne schnell unklar wurden, ja häufig schon bei der ersten Reproduktion versagten oder undeutlich waren.
Das Wachs gab beim ersten Abhören Klangfarbe und Stimme viel besser wieder, aber seiner Weichheit entsprechend nutzte es sich
schnell ab und war für Wiederholungen unverwendbar. Eine gute Eigenschaft besass das Wachs. Die vollgeschriebene Walze durfte
nur über einer hin und her geführten Spirituslampe schnell in Drehung versetzt werden, um wiederholte Benutzung zu erlauben.
Die neue Masse des „Graphophon“ sieht dunkelbraun aus und hat die Konsistenz etwa wie recht harte Seife. Ihre Herstellung ist das Geheimnis des Erfinders. Sie wird zu cylindrischen
Hohlwalzen von etwa 12 bis 15 cm Länge und etwa ½ cm Wandstärke geformt und in dieser Gestalt auf den Stahlcylinder des Apparates,
auf den sie genau passt, aufgeschoben. Eine solche Walze, „Graphophoncylinder“, kostet 1,50 M. Sie fasst 1200 Silben und kann bis 150mal zur Aufnahme neuer Tonschrift benutzt werden. Um die vollgeschriebene
Walze für den nächsten Gebrauch herzurichten, wird sie „abrasiert“, wie der Erfinder sagt, abgedreht, wie wir sagen würden. In Wirklichkeit dringt der „Saphirstift“ der Membran nur sehr flach in die Walze ein, so dass abrasieren wohl der zutreffendere Ausdruck ist. Diese Arbeit besorgt
ein kleiner Apparat (Support), der mit dem Hauptapparat geliefert wird. Die abrasierte dünne Schicht der Masse fällt dabei
in feinen weissen Drehspänen ab.
Die praktische Benutzung des „Graphophon“ ist nun vom Erfinder wie folgt gedacht, und nicht bloss gedacht, sondern in Amerika in zahlreichen Fällen schon bestens erprobt
und als äusserst vorteilhaft befunden: Der jetzt bestenfalls zur Beschleunigung seiner Korrespondenz auf das Diktieren an
einen Stenographen angewiesene, mit Arbeit überladene Chef eines Bureaus oder Kontors spricht sein Diktat in beliebigem Tempo
in das angemessen schnell bewegte Graphophon hinein, ohne jede besondere Anstrengung, selbst halblaute Sprache genügt, – und
darf sicher sein, dass die Walze jeden Ton einschliesslich leisen Räusperns, festhält. Der Hohlcylinder wird dann herausgenommen,
vorausgesetzt, dass der Bequemlichkeit halber noch ein zweiter Apparat vorhanden ist, und in diesen eingelegt. Die mit dem
Abschreiben beauftragte Person setzt sich alsdann neben den Apparat, nimmt das Hörrohr ans Ohr, befestigt es dort in derselben
Weise, wie unsere Telephondamen dies
gewohnt sind, und hat nun beide Hände zum Schreiben frei. Wird der Apparat mit geringerer Geschwindigkeit als vorher bei der
Aufnahme in Bewegung gesetzt, so diktiert er der schreibenden Person ins Ohr. Arbeitet er noch zu schnell, so kann mit einem
Druck das Tempo verringert werden. Ebenso leicht ist die Vergleichung des Geschriebenen mit dem Diktat durch Zurückdrehen
der Walze unter zeitweiliger Entfernung des Saphirstiftes, beides auch durch einen einzigen Druck ausführbar.
Es scheint ganz unzweifelhaft, dass diese Methode der Arbeitserleichterung für die Vorstände grosser Verwaltungen und Geschäfte
bei weitem jeder anderen bisher befolgten vorzuziehen und dass viel grössere Bürgschaft für die Richtigkeit der Niederschrift
gegeben ist, als wenn ein Stenogramm erst in Kursivschrift umgesetzt werden muss.
Die Einführung des „Graphophon“ hat eine amerikanische Gesellschaft in die Hand genommen, der alle damit in Amerika gemachten Erfahrungen so geläufig sind,
dass der Apparat eines tadellosen Funktionierens von Anfang an sicher ist. Ein Kontorapparat kostet etwa 250 M.
Von einer zweiten praktischen Verwendung des Phonographen in seiner verbesserten Form verlautet aus Kopenhagen. Dort soll
ein dänischer Ingenieur das schon lange als ausführbar bekannte, aber noch nicht in geschickter Form gelöste Problem, Phonograph
und Telephon zu vereinigen, glücklich gelöst haben, so dass die patentierte neue Anordnung als wahrhaft praktisch gelten kann.
Das Wesen des Telephons besteht bekanntlich darin, dass die beim Hineinsprechen in der Membran erzeugten Schallschwingungen
nach ihrer Umsetzung in magnetische, elektrische und wiederum in magnetische Schwingungen ganz in derselben Art in der Membran
des Hörrohrs reproduziert werden, folglich auch dieselben Töne erzeugen. Diese Schwingungen der Membran des Hörrohrs aber
können genau wie beim Phonographen durch einen federnden Stift auf eine Walze übertragen und hier festgehalten werden. Die
neue Erfindung löst diese Aufgabe in angeblich vollkommener und einfacher Form. Wer sich des neuen Apparats zur Verbesserung
seines Telephons bedient, hat künftig, wenn er ausgeht, nur den Apparat einzustellen und darf sicher sein, dass er heimkehrend
aufgeschrieben findet, was inzwischen in sein Telephon hineingesprochen worden ist. Um es abzuhören, hat er die Walze auf
den Anfangspunkt zurückzudrehen und dann aufs neue laufen zu lassen, während er das Hörrohr ans Ohr legt. Natürlich wird man
seiner oben auseinandergesetzten Vorzüge halber sich auch in diesem Falle wohl ausschliesslich des Graphophons bedienen.
Eine Eigentümlichkeit hat das letztere, die der Erwähnung wert ist, obgleich sie der praktischen Nutzbarkeit in der beschriebenen
Form in keiner Weise abträglich ist. Die Stärke des Tones, mit dem in den Aufgabeapparat hineingesprochen ist, tönt im Abnahmeapparat
dem Schreibenden ganz unverändert ins Ohr, aber nicht ebenso die Höhe oder Tiefe des Tones. Hierfür gilt als Regel, dass dieselbe
Tonhöhe nur wieder herausschallt, wenn der Walze die gleiche Geschwindigkeit gegeben wird, wie bei der Aufnahme. Da letzteres
nicht möglich ist, wenn nach dem Diktat der Walze geschrieben werden soll, so ist der Ton ungleich tiefer, der langsameren
Bewegung und der damit zusammenhängenden Verlängerung der Schallwellen entsprechend.So kann es kommen, dass im Diskant Hineingesprochenes von der schreibenden Person im Alt vernommen wird oder eine mittelhohe
Männerstimme dann im tiefsten Bass aus dem Apparat herausspricht, aber die Klangfarbe bleibt dabei so vollständig erhalten,
dass man bekannte Stimmen trotz Veränderung ihrer Höhe sofort wiedererkennt. Diese Eigentümlichkeit des Apparates kann im
weiteren zu manchen nützlichen Verwendungen desselben führen und Aufschlüsse über die Natur der verschiedenen Schallwellen
liefern, wovon wir jetzt noch sehr wenig wissen.
(Frkf. Ztg.)
Rotationsmotor System Thomann.
Bekanntlich ist die Technik schon seit vielen Jahren bemüht, einen praktischen Motor zu konstruieren, bei welchem der hin
und her gehende Arbeitskolben durch einen, sich im Kreise kontinuierlich vorwärts bewegenden Kolben ersetzt wird. Es sind
auch die mannigfachsten Konstruktionen erdacht und patentiert worden, wie dies die Patentregister der verschiedenen Staaten
ergeben. Dass aber die bisherigen Konstruktionen den Anforderungen, welche an einen Rotationsmotor gestellt werden, nicht
entsprochen haben, dürfte daraus hervorgehen, dass die auf die bisherigen Konstruktionen von Rotationsmotoren genommenen Patente
schon nach kurzer Zeit fallen gelassen wurden.
Der Thomann'sche Rotationsmotor, welcher in beistehender Figur in der Gesamtansicht nach einer photographischen Aufnahme dargestellt
ist, soll nach einer uns von Ingenieur R. Schmehlik in Berlin gemachten Mitteilung den an einen Rotationsmotor gestellten Anforderungen entsprechen.
Textabbildung Bd. 315, S. 243
In der Figur bedeutet a die Fundamentplatte, e das Schwungrad, h den Regulator, g den Anschluss für die Dampfleitung und i die Verteilung des Dampfes auf die beiden Motorhälften. Der Motor ist als doppelter Compoundmotor ausgebildet, arbeitet mit
Expansion und veränderbarer Füllung. Die auf der Motorwelle d sitzende Kolbenscheibe, welche das Innere des Gehäuses c und b teilt, dient gleichzeitig als Verteilungsschieber für das Kraftmedium. Die Füllung kann durch einen aussen am Gehäuse angebrachten
Hebel k verändert werden. Die Motorwelle d lagert einerseits in dem Motorgehäuse, andererseits in dem Lager f. Es ist eine besondere Zentriervorrichtung für die Motorwelle angebracht, so dass dieselbe niemals eine exzentrische Lagerung
erhalten kann. Durch besondere Einrichtungen im Inneren des Motors werden Undichtheiten des Motors verhindert.
Der hier dargestellte Motor leistet etwa 15 PS; er beansprucht mit dem Regulator und mit dem Schwungrade einen Raum von etwa
1 m Höhe und ¾ qm Grundfläche.
Als besondere Vorteile des Motors werden bezeichnet:
1. Es sind bei demselben nur dem Kreise angehörende Kurven vorhanden, so dass die Motorteile ohne besondere Hilfsmittel auf
der Drehbank bearbeitet werden können.
2. Er kann auch mit einer Umschaltvorrichtung ausgestattet werden, die es ermöglicht, ihn rechts und links laufen zu lassen,
was ihn besonders geeignet macht für Schiffe, Strassenbahnen u.s.w.
3. Er kann nicht allein mit Dampf, sondern auch mit Druckluft betrieben werden und kann in allen Grössen ausgeführt werden.
Ebenso eignet er sich als Kleinmotor für den Grossbetrieb, genau so wie der Elektromotor, indem man ihn als Kleinmotor ausführt,
an die gemeinschaftliche Druck- oder Dampfleitung anschliesst und mit der zu treibenden Maschine direkt kuppelt.
4. Ebenso vorteilhaft lässt er sich mit einer Dynamomaschine direkt kuppeln und in verschiedenen anderen Fällen rationell
anwenden.
Elektrotechnisches aus dem Altertum.
Das Alte Testament und auch die Erzählungen über gewisse Künste heidnischer Priester, namentlich ägyptischer, griechischer
und römischer, enthalten vieles Wunderbare, was der modern Denkende für mythisch zu erklären versucht ist, und was dennoch,
von den anhaftenden Uebertreibungen und Missverständnissen befreit, ohne Zweifel einen ganz realen Kern in sich schliesst,
wenn man sich mit dem Gedanken vertraut macht, dass jene alten, gelehrten Priesterkasten im Besitz gewisser Kenntnisse über
elektrische und magnetische Erscheinungen gewesen sind. Die Berliner Technische Rundschau brachte nun jüngst eine ganze Sammlung sehr interessanter Betrachtungen der als Wunder oder Zaubereien bezeichneten Begebenheiten
vorchristlicher Zeit, die, vom Standpunkte unserer heutigen Naturerkenntnis betrachtet, vieles von ihrem Wunderbaren verlieren
und meist eine einfache, zutreffende Erklärung finden können.
So geht aus verschiedenen Stellen der heiligen Schrift (z.B. 2. Sam. 6,6) hervor, dass es lebensgefährlich war, der Bundeslade
zu nahe zu kommen, aus welcher der Herr in Gestalt einer Flamme herausfuhr. Deshalb musste auch die Bundeslade bei einem Aufbruch
von den Priestern sorgsam in den Vorhang des Allerheiligsten und in zwei andere Decken eingehüllt werden, ehe die Leviten
vom Geschlecht Kahath herantreten durften, um sie fortzutragen (4. Moses 4, 5), und aus dem gleichen Grunde musste selbst
der Hohepriester am grossen Versöhnungstage den Gnadenstuhl erst in eine Rauchwolke einhüllen, ehe er ihm nahte. Aus diesen
Stellen und aus der von Moses gegebenen Beschreibung der Bundeslade folgert deshalb schon der bekannte Physiker
Lichtenberg, dass die Bundeslade eine Art Leydener Flasche gewesen sei, welche durch verständnisvolle Benutzung der Luftelektrizität und
mittels rings um die Stiftshütte aufgestellter und durch goldene Ketten untereinander und mit der Lade verbundener hoher Stangen
geladen werden konnte. Diese letzteren waren mit goldenen Spitzen versehen und wurden später durch zahlreiche goldene Stangen
auf dem Tempel dache ersetzt. Auch in anderen Ländern benutzte man die Luftelektrizität im Tempeldienst, um der unwissenden
Menge das Walten einer Gottheit glaublich zu machen. Dieses bezeugen uns durchaus glaubhafte Schriftsteller, wie Livius, Pausanias, Lucius Piso und
Plinius. Freilich haben sie selbst keine Ahnung von dem Wesen der mitgeteilten Erscheinung gehabt. In Rom war es der gelehrte Priesterkönig
Numa, welcher den Blitzgott in Gestalt einer bläulichen Flamme im Tempel erscheinen liess und das Opfer auf geheimnisvolle Weise
mit seinem „vom Himmel herabgelockten Feuer“ entzündete. In dem von ihm erbauten und dem unverlöschlichen Feuer geweihten Vestatempel waltete der geheimnisvolle Orden
der jungfräulichen Vestalinnen. „Sie erzeugten,“ so berichtet der Grammatiker Festus, „das heilige Feuer durch Reiben und Schlagen einer aus gewisser Materie gefertigten Tafel und fingen es mittels eines metallenen,
mit einer Spitze versehenen Kegels auf, als ein dem Uneingeweihten Verborgenes.“
Plutarch erzählt uns weiter, dass „die Vestalin das Feuer in zwei nicht grossen Fässern, von denen das eine offen und leer, das andere voll und verschlossen
sei, zum Altar trage, ohne dass jemand das Gefäss, worin es verborgen, bei Anzündung des Altars zu sehen bekomme.“ Diese Beschreibung passt sehr wohl auf einen unserem bekannten Elektrophor verwandten elektrischen Apparat.
Die bekannte Ueberlieferung, dass Apollo seinen Tempel zu Delphi mit Blitzen gegen die Perser und später (278 v. Chr.) gegen
die Kelten verteidigt habe, dürfen wir nicht für eine lächerliche Legende halten, denn das Heiligtum blieb ja in beiden Fällen
unangetastet. Sie wird uns vielmehr ohne weiteres verständlich, wenn wir annehmen, dass die Priester zu Delphi einige elektrische
Batterien besassen, welche sie, wie neuere Untersuchungen wahrscheinlich gemacht haben, durch Auffangestangen mit Luftelektrizität
oder mit Reibungselektrizität zu laden verstanden.
Dass aber diese elektrischen Tempelkünste auch für die ausübenden Künstler gefährlich werden konnten, dafür bietet uns Tullus Hostilius ein lehrreiches Beispiel: er wollte es dem berühmten Elektriker Numa gleichthun, verfuhr aber dabei ungeschickt und „ward vom Blitz erschlagen“, wie die Sage berichtet. Es erging ihm also, wie es dem Prof.
Richmann in St. Petersburg am 6. August 1753 widerfuhr, welcher auf dem Dache seines Hauses eine Auffangestange befestigt hatte, diemit einem elektrischen Glockenspiel in seiner Studierstube in Verbindung stand. Als nun ein Gewitter heranzog, eilte Richmann mit dem Gehilfen Sokolow nach seinem Zimmer, wo das Glockenspiel in vollem Gange war. Voll Freude über das herrliche Gelingen seines Versuches sprang
Richmann hinzu, um die Sache in der Nähe betrachten zu können. Da fuhr mit einem furchtbaren Donnerschlage ein Feuerball nach seinem
vorgebeugten Kopfe und tötete ihn auf der Stelle.
Dem Aristoteles war auch die Magnetnadel bereits bekannt, denn er schrieb eine (leider verlorene) Schrift über den Magnet. Im Altertum stand
der Magnetismus, wie noch heute in China, ebenfalls im Dienste der wunderbedürftigen Hierarchie. Im Serapium zu Alexandria,
erzählt uns Credenus, wurde ein altertümliches Götterbild durch magnetische Kraft schwebend erhalten, und in einem Dianatempel hing nach Kassiodor ein eiserner Cupido, ohne an einem Bande gehalten zu werden. Bei Lucian findet sich ferner folgende Stelle: „Ich erzähle, was die altertümliche Bildsäule des Apollo in meiner Gegenwart that. Die Priester hoben sie in die Luft, sie
aber liess dieselben unten und wurde allein von der Luft getragen.“ Zu Theben in Böotien wurden alle 9 Jahre die „Daphne-Ephorien“ zu Ehren des Apollo gefeiert. Dabei wurde eine grosse, eiserne Kugel, wie Proclus schreibt, umhergetragen, an welcher viele kleine Kugeln hingen, wodurch das Planetensystem veranschaulicht werden sollte.
Aus allen diesen Erzählungen geht hervor, dass sich die Priester sehr wohl darauf verstanden, armierte Magnetsteine oder starke
künstliche Magnete so anzubringen und zu benutzen, dass sie dadurch das Staunen der wundersüchtigen, unwissenden Menge erregten,
(Berl. A.-Z.)
Bücherschau.
Equilibre des Systèmes chimiques par J. Willard Gibbs, Professeur au Collège Yale à Newhaven, traduit par Henry le Chatelier, Ingénieur en chef des mines, Professeur au Collège de France.
Professor Le Chatelier am Collège de France hat in diesem Werke einige kurze aber wertvolle Arbeiten des verdienten amerikanischen Mathematikers
und Chemikers J. W. Gibbs, die er schon
1876 der Connecticut Akademie unterbreitete, ins Französische übersetzt.
Ohne auf eine Analyse dieser Arbeiten einzugehen, wollen wir doch die Kapitelüberschriften angeben, um ein Bild von dem vom
Verfasser eingeschlagenen Weg zu geben:
Ueber Gleichgewicht und Stabilität, Gleichgewichtsbedingungen verschiedener in Berührung miteinander tretender Substanzen
in den Fällen, in welchen dieselben weder der Schwerkraft noch elektrischen oder Torsionskräften oder Kapillarspannungen ausgesetzt
sind. 1. Bedingungen für das Gleichgewicht gleichartiger Teile des ursprünglich existierenden Systems. II. Bedingungen für
die Bildung von anfänglich im System nicht existierender Massen. Ueber die Zustandsgleichungen. Potentiale. Ueber die Koexistenz
der Phasen der Materie. Ableitung der inneren Stabilität eines gleichartigen Fluidums aus der Zustandsgleichung. Ueber geometrische
Darstellung von I. Flächen, auf denen die Zusammensetzung des dargestellten Körpers konstant ist, II. von Flächen und Kurven,
auf denen die Zusammensetzung veränderlich, Druck und Temperatur aber konstant sind. Ueber den Wert der Potentiale in dem
Falle, dass einer der Konstituenten in sehr geringer Menge vertreten ist. Beitrag zur Kenntnis des molekularen Aufbaues der
Körper. Gleichgewichtsbedingungen ungleichartiger Massen unter dem Einflüsse der Schwerkraft. Behandlung letzteren Problems
unter der Voraussetzung unveränderlicher elementarer Volumina. Zustandsgleichung vollkommener Gase und von Gemengen solcher
Gase. Schlussfolgerungen aus den Potentialen fester und flüssiger Körper. Ueber Gasgemenge umwandelbarer Konstituenten.
Es wird kaum notwendig sein, den Wert dieser Arbeit besonders hervorzuheben, der Name
Gibbs, als erster Aufsteller des Gesetzes der Phasen, das von Gelehrten wie Van der Waals, Bakkhuis, Roozeboom, Schreinemakers, Stortenbaker und W. Bancroft interpretiert und Ausgangspunkt einer Reihe von hervorragenden Arbeiten wurde, die auf Anwendung der Thermodynamik auf chemische
Phänomene beruhen, ist Bürge genug für die Wichtigkeit derselben.
Den deutschen Chemikern ist Prof. Gibbs übrigens auch durch Ostwald's Werke über theoretische Chemie bekannt.
Das Buch ist in einem ausgezeichneten klaren Französisch von Prof. Le Chatelier übersetzt.