Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 323 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Bedeutung der Graphitschmierung in der modernen Maschinentechnik.
Im letzten Jahrzehnt wurden auf dem Gebiete der gesamten Maschinentechnik grosse Anstrengungen gemacht, den wirtschaftlichen
Wirkungsgrad der Maschinen zu steigern; die Dampfmachinenarbeiten heute mit hohen Dampfspannungen und überhitztem Dampf, um nicht hinter ihren Konkurrenten, den Gas- und Petroleummotoren,
welche mit der grössten Wärmeausnutzung arbeiten, zurückzubleiben.
Mit der Entwickelung dieser Maschinen steigerten sich auch die Ansprüche an die Schmierung der bewegenden und treibenden Organe derselben, speziell aber bei Motoren, welche die Wärme als treibende Kraft verwenden, wo die Schmiermaterialien hohen
Spannungen und Hitzegraden u.s.w. ausgesetzt sind und infolge hoher Temperaturen und chemischer Einflüsse nur noch schwer
oder gar nicht mehr standzuhalten vermögen. Da tritt die Frage nach einem geeigneten Schmiermittel an jeden Beteiligten heran.
Hier tritt der Flockengraphit erfolgreich in die Lücke ein.
Es war längst bekannt, dass Graphit bei warmgelaufenen Lagern vorzügliche Dienste leistete; allerdings durfte dieses Mittel
nicht allzu oft angewendet werden, da die Lagerflächen einem starken Verschleiss unterworfen waren. Die Ursache dieses Verschleisses
wurde aber in der Beimengung von Quarzkörnern, die gewöhnlicher Graphit enthält, gefunden, da dieselben, auch wenn sie noch
so fein gemahlen sind, wie Schmirgel auf Lagerflächen wirken. Solcher Graphit kann selbstredend die Reibung nicht aufheben;
dieselbe wird im Gegenteil erhöht und verursacht den raschen Verschleiss der betreffenden Maschinenteile. Versuche, welche
man mit hiesigen und anderen Graphiten nach dieser Richtung hin anstellte, liessen erkennen, dass man nur Graphit von unbedingter
Reinheit, welcher ein schuppen- oder flockenförmiges Gefüge hat, zu Schmierzwecken verwenden kann.
In Amerika ist nun seit einiger Zeit ein Flockengraphit in den Handel gebracht worden, welcher aus den Minen von Ticonderoga
im Staate New York stammt und sich durch seine aussergewöhnliche Reinheit auszeichnet. Die Besitzer dieser Minen erzeugen
aus diesem Rohmaterial, gestützt auf jahrelange reiche Erfahrungen ein Produkt, das alle reibenden Teile aus irgend welchem
Material, mit einem glänzenden spiegelglatten Ueberzug bedeckt, alle Risse und Unebenheiten ausfüllt, die Reibung beseitigt,
keine Erhitzung und kein Anfressen der Metalle aufkommen lässt. Professor
Thurston vom Stevens – Institute in Hoboken hat mit diesem Flockengraphit und mit Schmierölen eingehende Versuche gemacht und die
glänzendsten Resultate erzielt. Es wird hiernach empfohlen, bei Lagern von Schiffswellen, Lokomotiv- und Waggonachsen und
schweren Transmissionen eine Mischung von 15 % Graphit mit Oel oder Fett anzuwenden, während man zum Schmieren von Dampfcylindern
reinen Graphit benutzen soll. Auf den Flussdampfern in Amerika wird Graphit mit Wasser zu einem Brei gerührt durch Schmierbüchsen
in die Cylinder eingeführt, ein Vorgang, der besonders zu beachten ist, wenn Maschinen mit Oberflächenkondensation arbeiten,
und wenn man den Abdampf oder das Kesselspeisewasser frei von Oel halten will. Ueber die Anwendung von Graphit bei Lokomotiven
liegen folgende interessante Thatsachen vor: Ein Lokomotivführer der Wheeling- and Erie-See-Eisenbahn führte im Juni 1897
eine fünfachsige Verbundgüterzugslokomotive mit Cylindern von 483 bezw. 660 mm Durchmesser. Die Maschine, die einen schweren
Güterzug zu schleppen hatte, durchfuhr eine Strecke von
4518 km und gebrauchte dabei 4,26 l Schmieröl, dem im ganzen 0,907 kg Flockengraphit beigemengt war, der Oelverbrauch
betrug demnach per 1000 km nur 0,943 l, während nach den Bestimmungen der dortigen Eisenbahndirektion 3,53 l verbraucht werden.
Man hat also mit der verhältnismässig geringen Menge Graphit eine beträchtliche Ersparnis an Oel erzielt. Dabei waren die
aufeinander arbeitenden Flächen der Cylinder und Schieber spiegelglatt und frei von jeder Anfressung.
Einer anderen Mitteilung zufolge hat ein Lokomotivführer ein heissgelaufenes Achsenlager mit Flockengraphit behandelt, dadurch
gelang es demselben, nicht nur die Lokomotive betriebsfähig zu erhalten, sondern es konnte sogar eine Verspätung von 6 Minuten
wieder eingebracht werden, ohne dass das Lager zu besonderen Befürchtungen Anlass gab. Die letzte Strecke auf dieser Fahrt
von 80,5 km wurde bei zweimaligem Anhalten in 61 Minuten zurückgelegt. Aehnliche Beispiele liegen noch viele vor; es dürfte
zu weit führen, dieselben alle citieren zu wollen. Ganz besonderer Beachtung dürfte Flockengraphit bei Kompressoren wert sein,
da durch die während der Verdichtung frei werdende Kompressionswärme die Schmieröle vergast werden und Explosionen verursachen,
die oft den Tod des Maschinisten und erheblichen Schaden an Maschinen und Gebäuden zur Folge haben.
Die Bedeutung der Graphitschmierung ist nicht allein in der grossen Ersparnis an Schmiermaterialien zu suchen, sondern vielmehr
in seiner ausserordentlichen Schmierfähigkeit und Unveränderlichkeit bei jedem Hitzegrad, sowie darin, dass die Maschine in
ihrer Arbeit nicht, oder nur wenig beeinträchtigt wird und somit ein längerer Stillstand durch Warmlaufen, Reparatur u.s.w.
nahezu ausgeschlossen ist. Beim Ankauf des Flockengraphits ist jedoch die grösste Vorsicht zu beachten, da durch Anwendung
ungeeigneter Ware, die es genug im Handel gibt, nicht allein der eigentliche Wert der Graphitschmierung zum Schaden der Interessenten
in den Hintergrund gedrängt wird, sondern auch ungeahnter Materialschaden verursacht werden kann. Mit Vorteil verwendet man
zur Graphitschmierung Dixon's Ticonderoga-Flockengraphit, welcher in jedem technischen Geschäfte zu haben ist. Die Generalvertretung hat die Firma Persicaner und Co. in Berlin in Händen.
Die deutsche und die amerikanische Maschinenindustrie.
In der am 24. April d. Js. abgehaltenen Versammlung des Vereins deutscher Maschineningenieure hielt Eisenbahnbauinspektor
Unger einen Vortrag über das Thema: „Kann die deutsche Maschinenindustrie von der amerikanischen lernen?“ Wir entnehmen demselben das Nachstehende:
Seitdem im Jahre 1876 die Amerikaner durch Veranstaltung ihrer ersten Weltausstellung die Hundertjahrfeier ihrer Unabhängigkeitserklärung
begingen, haben sich die Verhältnisse des Maschinenbaues nicht unwesentlich geändert. Deutschland, dessen Ausstellungsobjekte
damals sich das harte Urteil Geheimrats Reuleaux:
„Billig und schlecht“ zuzogen, hat seitdem gewaltige erfolgreiche Anstrengungen gemacht. Nicht minder gross aber sind die Erfolge, welche inzwischen
die amerikanische Industrie gemacht hat, besonders auch im Vergleich zu England, dem Mutterlande des Maschinenbaues. Ueberall
führen sich die Werkzeugmaschinen amerikanischen Systems ein. Bei uns in Deutschland sind bereits mehrere grosse Gesellschaften
thätig, um die Fabrikation amerikanischer Maschinen hier bei uns in Deutschland zu betreiben und auf diese Weise den Abfluss
eines erheblichen Teiles unseres Nationalvermögens in das Ausland zu verhüten.
Nach dieser Richtung ist in erster Linie die Garvin-Gesellschaft zu nennen, die in Berlin eine Niederlage besitzt und demnächst in Reinickendorf bei Berlin mit der Fabrikation beginnen wird.
Trotz der hohen Arbeitslöhne, trotz der hohen Transportkosten und trotz der Eingangszölle vermag der amerikanische Werkzeugmaschinenbau
mit dem deutschen wirksam zu konkurrieren. Es hat dieses seinen Grund in der auf das Aeusserste ausgedehnten Arbeitsteilung,
der weitestgehenden Verwendung der Maschinen- an Stelle der Handarbeit und in der weitest gehenden Spezialisirung der Fabrikation.
Professor Dr. Paasche hat die amerikanischen einschlägigen Verhältnisse jüngst an Ort und Stelle eingehend geprüft und ermahnte dringend die deutschen
Maschineningenieure, zur Bekämpfung der ihnen drohenden mächtigen amerikanischen Konkurrenz zu deren amerikanischem System
der Arbeitsteilung und der Verwendung der Maschinenarbeit überzugehen. Binnen weniger Jahre haben sich die Vereinigten Staaten
Amerikas von einem Agrarstaate zu einem Industriestaate allerersten Ranges emporgearbeitet, der nicht nur nicht mehr der Schutzzölle
bedarf, sondern erfolgreich den fremden Markt beschreitet.
Vor allem warnte Geheimrat Paasche vor der irrigen Auffassung, dass die amerikanische Industrie durch die angeblich in Amerika herrschende Teuerung auch heute
noch an einer wirksamen Konkurrenz mit Deutschland und dessen billigen Arbeitskräften behindert werde. Die Kosten der Lebensunterhaltung
sind in den letzten Jahren in Nordamerika so erheblich vermindert worden, dass sie zum Teil niedriger sind als bei uns in
Deutschland.
Zum Schlusse ermahnte Geheimrat Paasche die deutschen Ingenieure, die an Wissenschaftlichkeit und Schulung die ersten der Welt seien, ein grösseres Gewicht auf ihre
Ausbildung in wirtschaftlicher Beziehung zu legen.
Friedrich Siemens' Verdienste um die Technik.
Friedrich Siemens wurde 1826 zu Menzendorf geboren, einem in der Nähe Lübecks befindlichen grossen Pachtgute seines Vaters.
Bis zu seinem 16. Lebensjahre besuchte er das Gymnasium zu Lübeck, wonach er, seinem Freiheitsdrange nachgebend, zur See ging.
Nach wenigen Jahren indes gab er das Seemannsleben wieder auf und ging – 1848 – nach England, um sich mit der Einführung der
Telegraphenapparate seines Bruders Werner – des verstorbenen Dr. Werner von Siemens – zu beschäftigen. Da jedoch diesem seinem Unternehmen das in den Händen von Wheatstone und Cooke befindliche Monopol auf elektrische Telegraphie im Wege war, so hatte er nur geringen Erfolg und ergriff deshalb unter seinem
Bruder
Wilhelm – dem verstorbenen Sir William Siemens –, der kurz zuvor das Regenerativprinzip für Dampfmaschinen eingeführt hatte, die Laufbahn eines praktischen Ingenieurs.
Er erfand und verwirklichte die Anwendung des Regenerativprinzips auf Feuerungen, indem er sie in Verbindung mit einer Vergasung
des Brennstoffes auf Oefen übertrug und damit die Erzeugung höchster Temperaturen bei grosser Brennmaterialersparnis erreichte.
Sein Regenerativgasofen hat dann die Erzeugung von Stahl auf offenem Herde, sowie diejenige von Glas in kontinuierlich betriebenen
Wannen ermöglicht.
Vor einigen Jahren führte Friedrich Siemens ein neues Regenerativsystem für Oefen ein, welches er als dasjenige der chemischen Regeneration bezeichnet. Dasselbe hat
sich überaus schnell in allen industriellen Ländern Eingang verschafft. Diese neue Art von Oefen unterscheidet sich von der
ursprünglichen Art dadurch, dass bei jener nur Luftregeneratoren Anwendung finden, während die Gasregeneratoren durch Einrichtungen
ersetzt sind, die einen chemischen Vorgang zur Folge haben. Es wird nämlich ein Teil der heissen Verbrennungsprodukte dadurch in Brenngas umgewandelt, dass sie an Stelle kalter Luft direkt unter
die Roste des Gaserzeugers geleitet werden. Diese neue Anordnung weist viele bedeutungsvolle Vorzüge auf und scheint nicht
allein berufen zu sein den ursprünglichen Siemens-Ofen zu verdrängen, sondern auch eine weit ausgedehntere Anwendung zu ermöglichen.
Friedrich Siemens ist ebenso der Erfinder der Regenerativgasbrenner und -kamine, von denen erstere stark leuchtende Flammen, letztere eine
intensive Wärme geben, Wirkungen, welche zugleich mit einer Ersparnis bis zu ⅔ des früheren Aufwandes an Gas erlangt werden.
Ferner sind ihm viele Erfindungen zu verdanken, welche mit der Glasindustrie im Zusammenhang stehen. Er besass fünf Fabriken
in Sachsen und Böhmen mit über 4000 Arbeiter, von denen seine drei Glasfabriken in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden
sind. Noch heute ist
Friedrich Siemens Vorsitzender des Aufsichtsrats derselben. Während seine vornehmsten Leistungen auf dem Gebiet der Erfindungen und der Industrie
zu suchen sind, hat er sich gleichermassen durch fachwissenschaftliche Forschung ausgezeichnet, deren Ergebnisse in Broschüren
niedergelegt wurden und Gegenstand von Vorträgen in wissenschaftlichen Gesellschaften bildeten. Unter anderen möge hier erinnert
werden an: „Erwärmung durch Strahlung“,
„Verteilung von Licht und Wärme“, „Abkühlung von Glas“,
„Dissociation und Verbrennung“, alles Gegenstände, die er sowohl aus theoretischen wie praktischen Gesichtspunkten behandelt hat.
Am 23. April 1900 wurde Friedrich Siemens der Titel eines Doktor-Ingenieurs Ehrenhalber von der technischen Hochschule zu Dresden verliehen. In dem Doktordiplom werden
die unvergänglichen Verdienste hervorgehoben, welche Friedrich Siemens durch die Erfindungen des Regenerativofens zur Erzeugung hoher Temperaturen, des Wannenofens zum Einschmelzen von Glas, des
Regenerativbrenners zur Herstellung stark leuchtender Flammen und durch die Erfindung der chemischen Regeneration der Wärme
der Flammengase hocherhitzter Oefen sich erworben hat.
Bücherschau.
Ueber die Neueinrichtungen für Elektrotechnik und allgemeine technische Physik an der Universität Göttingen. Mit einer Antwort auf die von Prof. Slaby in der Sitzung des preussischen Herrenhauses vom 30. März 1900 gehaltenen Rede von Geheimrat Prof. Dr. F. Klein in Göttingen. Leipzig. B. G. Teubner. 1900. 23 S.
Das Schriftchen, das in den beteiligten Kreisen berechtigtes Aufsehen erregen wird, enthält zunächst einen Wiederabdruck eines
Aufsatzes, der im Dezember vorigen Jahres in der Physikalischen Zeitschrift (Leipzig, Hirzel) erschienen ist und in welchem dargelegt wird, wie sich in Göttingen gewisse Ergänzungen des herkömmlichen
physikalischen Unterrichts nach technischer Seite mit Hilfe weitgehender Unterstützung von seiten hervorragender Grossindustrieller
haben durchführen lassen. Neuerdings hat nun Slaby in der Sitzung des preussischen Herrenhauses vom 30. März besagte Einrichtungen einer ziemlich ungünstigen Kritik unterzogen.
Hierauf antwortet der Verfasser in zusammenhängender Weise. Nachdem er bisher durchaus für das, was man die Emanzipation der
technischen Hochschulen nennen könnte, eingetreten ist, sieht er
sich nunmehr veranlasst, daneben für die Selbständigkeit und das Selbstbestimmungsrecht der Universitäten zu plädieren. Dadurch
gewinnt die Diskussion eine über die Bedeutung des Einzelfalles weit hinausgehende allgemeine Bedeutung.
Von dem bekannten Werk „Schnellbetrieb“ von A. Riedler, Ingenieur, derzeit Rektor der königl. Technischen Hochschule zu Berlin, sind als Sonderabdrücke erschienen:
1.Maschinentechnische Neuerungen im Dienste der Städtischen Schwemmkanalisationen und Fabrikentwässerungen. 44 S. Grossfolio mit 79 Abbildungen im Text. Preis geh. 2 M.
2.Neuere unterirdische Wasserhaltungsmaschinen für Bergwerke. 22 S. mit 28 Abbildungen im Text. – Presspumpmaschinen zur Erzeugung von Kraftwasser für hydraulische Kraftübertragung. 81
S. Grossfolio mit
166 Abbildungen im Text. Preis geh. 4 M.
3.Neuere Wasserwerkspumpmaschinen für Städtische Wasserversorgungsanlagen. 99 S. mit 251 Abbildungen im Text. – Pumpmaschinen für Fabriks- und landwirtschaftliche Betriebe. 29 S. Grossfolio mit 67
Abbildungen im Text. Preis geh. 4 M.
4.„Expresspumpen“ mit unmittelbarem elektrischen Antrieb. 46 S. mit 73 Abbildungen im Text. – Vergleiche zwischen
„Expresspumpen“ und gewöhnlichen Pumpen. 28 S. mit 55 Abbildungen im Text. – „Expresspumpen“ mit unmittelbarem Antrieb durch Dampfmaschinen. 30 S. mit 48 Abbildungen im Text. Preis geh. 4 M.
5.Kompressoren. Neuere Maschinen zur Verdichtung von Luft und Gas. 53 S. mit 118 Abbildungen im Text. – „Expresskompressoren“ mit rückläufigen Druckventilen. 23 S. mit 50 Abbildungen im Text. – Gebläsemaschinen für Hochöfen und Stahlwerke. 50 S. mit
274 Abbildungen im Text. Preis geh. 4 M. München und Leipzig. Verlag von R. Oldenbourg. 1900.
Haftpflicht der Kraftfahrzeuge
(Automobile, Motorwagen). Vortrag, gehalten in der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 11. November 1899 vom Syndikus Professor Dr. Karl Hilse. Stenogramm mit Anmerkungen. 43 S. Berlin
1900. M. Krayn, Fischer's technologischer Verlag. Preis 1,50 M.
Der Vortragende weist an der Hand von Beispielen nach, dass der Motorwagenbetrieb gefährlicher ist als der Betrieb von Fahrzeugen,
die durch Muskelkräfte bewegt werden; es müsse daher den Automobilen in vermögensrechtlicher Hinsicht vom Gesetzgeber eine
Ausnahmestellung angewiesen werden, etwa durch Gleichstellung mit den ein Geleise benutzenden Bannfahrzeugen. Die zeitgemässe
Frage verdient allseitiges Interesse.
Zuschriften an die Redaktion.
(Unter Verantwortlichkeit der Einsender.)
Leider kommt mir infolge äusserer Umstände Heft 13 Ihres geschätzten Journals erst jetzt zu Gesicht, in welchem Herr P. K. v. Engelmeyer-Moskau in einem seiner geistvollen Kolloquien über „Allgemeine Fragen der Technik“ meine kleine Arbeit „Zum Wesen der Erfindung“ einer eingehenderen Besprechung unterzieht.
Ich darf hierbei vielleicht auf eine kleine Flüchtigkeit aufmerksam machen.
Herr v. Engelmeyer glaubt, dass ich der Kapp'schen Hypothese des „organisierenden Prinzips“ huldige und spricht hierüber sein Bedauern aus. Ein gerechter Anlass hierzu ist jedoch nicht gegeben.
Meinem Eingehen auf die Kapp'sche Hypothese (S. 22 ff.) liegt im Gegensatz dazu die deutliche Absicht zu Grunde, den Trugschluss aufzudecken, der zu der
Annahme des mystischen „organisierenden Weltprinzips“
(Kapp, du Prel) geführt hat.
Ich habe mich bemüht, den Nachweis zu führen, dass der – auf den ersten Blick hin frappierenden – Aehnlichkeit zwischen einem
organischen Element und dem mechanischen Analogon kein geheimnisvolles Mysterium, sondern ein rein mechanistisches Prinzip
zu Grunde liegt.
Das Band, welches das mechanische Element mit dem organischen Pseudo-Analogon locker und rein äusserlich verknüpft, ist sehr
nüchterner Art: Es ist der Zweck. Eine Verkennung meines Standpunktes scheint mir bei eingehenderer Prüfung meiner diesbezüglichen Ausführungen
nicht gut möglich (cf. S. 32).
„In der That beschränkt sich die Aehnlichkeit einer “Organprojektion“ mit ihrem Vorbild nur in der Uebereinstimmung des Zweckes, der Aufgabe. Wird diese Aufgabe im Laufe der Zeit eine andere, so verschwindet auch die – auf den ersten Blick recht verblüffend wirkende
– Aehnlichkeit zwischen Organprojektion und Vorbild.
Und gerade hieran scheint Kapp hartnäckig vorbeigesehen zu haben!“
Ich hoffe hierdurch die Befürchtungen Herrn v. Engelmeyer's zu zerstreuen, dass es in meiner Absicht liegen könne, spiritualistisch verworrene Hypothesen in mechanistisch klare Probleme
hineinzutragen.
Jedenfalls stehe ich der Kapp'schen Hypothese als Gegner gegenüber.
Z. Z. Berlin, den 27. April 1900.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ewald Rasch.
Es freut mich ungemein, dass sich Herr Rasch geäussert hat. Einen kräftigen Gegner zu haben, ist wahre Freude für einen Kampflustigen. Solcher Streit gereicht zum Wohle
der Sache. Du choc des opinions jaillit la vérité.
P. K. von Engelmeyer.