Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 387 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Die konstruktive Entwickelung der Seefeuer.
Der verstorbene Geheime Baurat Veitmeyer, der fast 50 Jahre lang bei dem Ausbau der deutschen Küstenbefeuerung an hervorragender Stelle beteiligt gewesen ist, hat
bei seinem am 3. Februar 1899 erfolgten Ableben ein die Konstruktion der Leuchtfeuer und Leuchtapparate behandelndes Werk
zurückgelassen. Dieses wird nunmehr unter Mitwirkung der Hinterbliebenen und des Vortragenden in allernächster Zeit im Verlage
der bekannten Verlagsfirma R. Oldenbourg in München der Oeffentlichkeit übergeben werden und eine Lücke unserer vaterländischen Litteratur wirksam ausfüllen.
In der am 22. Mai d. J. abgehaltenen Versammlung des Vereins deutscher Ingenieure hielt Regierungsrat Geitel über diesen Gegenstand einen Vortrag, dem wir das Nachstehende entnehmen. Obgleich die Feuertelegraphie, d. i. das Geben
von Feuersignalen, so alt ist wie die Geschichte der Menschheit, so kannte das griechische Altertum, das nur Tages- und Küstenfahrt
betrieb, Leuchtfeuer im modernen Sinne nicht. Der erste historisch beglaubigte Leuchtturm ist der Pharus von Alexandrien,
dessen Name als Bezeichnung des Begriffs „Leuchtturm“ in die lateinischen Sprachen übergegangen ist. Die Römer haben zahlreiche Leuchtfeuer errichtet; diese gingen aber bis auf
wenige in den Stürmen der Völkerwanderung unter. Von allgemeinem Interesse sind die Türme auf Cordouan und auf Eddystone.
Der erste von Winstanley in den Jahren 1696 bis 1698 auf Eddystone erbaute Turm wurde samt seinem Eigentümer im Jahre 1703 ein Raub des Sturmes. Der
folgende, von Rudyerd 1709 erbaute Turm brannte im Jahre 1755 ab. Der von Smeaton in den Jahren
1756 bis 1759 erbaute Turm trotzte den Elementen, wurde jedoch im Jahre 1882 durch den jetzigen, von Sir Douglass erbauten, ersetzt.
Das Altertum kannte nur Holz als Befeuerungsmaterial. Es folgten dann Kerzen, Oellampen und Steinkohlen; in neuerer Zeit tritt
noch das Gas und das elektrische Licht hinzu. Letzteres ist auch hier das Licht der Zukunft. Eine wesentliche Vervollkommnung
wurde durch die Anbringung von Reflektoren erzielt, deren theoretisch richtige Form, die parabolische, man allmählich erkannte.
Jedoch war eine richtige Ausnutzung der Vorteile der Parabolspiegel um deswillen noch nicht zu erreichen, weil die frei brennenden
Flammen vor den Reflektoren, also nicht in dessen Brennpunkt, angebracht werden mussten, da sie andernfalls die Spiegelflächen
durch Russansatz unwirksam gemacht haben würden. Erst die Erfindung Argand's, der Lampe mit doppeltem Luftzug und Glascylinder (1785), ermöglichte eine richtige Ausnutzung der Parabolreflektoren.
Die grösste Vervollkommnung verdankt aber das gesamte Leuchtfeuerwesen dem im Jahre
1819 in das Bureau des Phares berufenen Franzosen Fresnel, der die lichtbrechende Linse einführte.Hierdurch wurde nicht nur die Leuchtkraft wesentlich erhöht, sondern man ist durch geeignete Konstruktion und Anordnung der
Linsen im stände, das nach der Landseite fallende, also ungenutzte Licht, noch vorn auf die See und in besonders stark zu
beleuchtendem Winkel zu werfen. Um die weitere Ausbildung der Ideen Fresnel's hat sich vor allen Thomas Stevenson verdient gemacht.
Von grosser Wichtigkeit ist auch die verschiedene Lichtgestaltung, die Charakteristik der Feuer. Durch diese sind die heutigen
Leuchtfeuer im stände, den Schiffer nicht nur vor Klippen und Untiefen rechtzeitig zu warnen, sondern sie geben dem Schiffer
schon von weitem ihren Namen zu erkennen, so dass dieser sich, falls er sein Besteck nicht hat auf dem Laufenden erhalten
können, sich zu orientieren vermag.
Im Gegensatz zu den Leuchtfeuern früherer Jahrhunderte bildet der moderne Leuchtturmapparat das Produkt der gesteigerten wissenschaftlichen
Erkenntnis der Naturgesetze.
Zuschriften an die Redaktion.
(Unter Verantwortlichkeit der Einsender.)
Grundlagen zur Fluglehre.
Es seien zwei Cylinder A und B übereinander angeordnet, durch eine Zwischenwand ab getrennt, in welcher sich eine Klappe k befindet. Der Cylinder A ist oben offen. In jedem Cylinder bewege sich ein Kolben C und D, deren Querschnitte c und d seien. Beide Kolben sind durch ein Gestänge fest miteinander verbunden und sei das Gewicht beider Kolben und des Gestänges
gleich Q.
Die Ausgangsstellung der Bewegung sei der Art, dass der Kolben C bei gg festgehalten werde, so dass er über dem Cylinder A zu stehen kommt und der Cylinder A mit der äusseren Atmosphäre kommuniziert. Die Klappe k ist geschlossen und der Raum zwischen dem Kolben D und der Zwischenwand ab kommuniziert ebenfalls mit der äusseren Atmosphäre.
Wird nun C freigelassen, so wird das Gewicht Q beide Kolben so lange nach abwärts bewegen, bis die unter dem Kolben C abgesperrte Luft jene Spannung p erreicht hat, dass pc = Q wird; es sei dies bei der Stellung hh, wobei der untere Kolben D die Stellung jj einnimmt.
Wird nun die Kommunikation des Raumes jjab zwischen Kolben D und der Zwischenwand ab mit der äusseren Atmosphäre abgesperrt und die Klappe k geöffnet, so werden beide Kolben eine andere Gleichgewichtslage einnehmen und sei dies bei h1h1 resp. j1j1. Ist die Spannung der Luft zwischen beiden Kolben nun p1, so wird p1 (c – d) = Q sein müssen. Wie ersichtlich, wird p1
> p, weil p=\frac{Q}{c} und p_1=\frac{Q}{c-d}. Während früher der ganze Querschnitt c das Gewicht Q trug, trägt jetzt nur das Ringstück c – d, die Differenz beider Kolbenflächen, das Gewicht Q. Auch unterliegt es keinem Zweifel, dass beide Kolben nach abwärts gesunken sein müssen, da die höhere Spannung p1 zwischen dem Kolben C und der Zwischenwand
ab nur durch eine Verkleinerung dieses Raumes ermöglicht wird.
Wenn nun die Klappe k geschlossen und die Kommunikation des Raumes j1j1ab mit der äusseren Atmosphäre wieder hergestellt wird, so werden beide Kolben eine neue Gleichgewichtslage anstreben müssen
und hierbei die nun wieder unter dem Kolben C eingesperrte Luft die Spannung p2 erhalten. Es trägt jetzt wieder der ganze Querschnitt c, daher wird p_2=\frac{Q}{c} d.i. p2 = p, der Kolben C wird daher wieder die Stellung hh einnehmen müssen. Dieses Spiel kann nun fortgesetzt werden durch abwechselndes Schliessen und Oeffnen der Klappe k und Unterbrechung und Herstellung der Kommunikation mit der äusseren Atmosphäre, wobei der Kolben C immer zwischen hh und h1h1 hin und her gehen wird.
Textabbildung Bd. 315, S. 388
Zieht man jedoch die unvermeidlichen Arbeitsverluste – Reibung, Wärmeausstrahlung, Undichtigkeit der Kolbenliederung – in
Rechnung, so ist es klar, dass diese Arbeitsverluste sich nur in der Weise geltend machen können, dass p2 nicht mehr p erreicht, sondern kleiner als p wird, der Kolben C wird dann nicht mehr bis
hh gehoben, sondern bereits etwas tiefer seine Gleichgewichtslage finden. Da dies bei jedem Kolbenspiel eintritt, so wird in
Kürze der Kolben C auf der Zwischenwand ab aufsitzen, die Bewegung somit aufhören und auch dieses Perpetuum mobile zu seinen Vätern versammelt sein.
Der fundamentale Irrtum des Erfinders liegt darin, dass er voraussetzt, die expandierende Luft wird den Kolben C bis in seine Ausgangsstellung gg zurücktreiben. Das ist unmöglich,
C kann nur bis hh gehoben werden, denn die expandierende Luft kann kein grösseres Arbeitsvermögen äussern, als ihr durch die Komprimierung
verliehen wurde. Das Arbeitsvermögen, welches dem Gewichte Q entspricht, ist durch dieses Gewicht stets gebunden, kann daher nie frei, nie wirksam werden, es darf daher nicht weiter
in Rechnung gezogen werden und ist daher der Ausgangspunkt des eigentlichen Spieles des Apparates nicht gg, sondern hh, über welche Linie der Kolben C auch theoretisch nie hinausgehoben werden kann. Wenn der Erfinder glaubt, die expandierende Luft werde wie eine gespannte
Feder wirken und den Kolben C über hh hinaus wegschleudern, so ist dies ein Irrtum, denn auch eine Feder kann das nicht, auch eine Feder würde den Kolben C nicht über hh heben und jeder simple Versuch mit einer Spiralfeder wird ihn überzeugen, dass auch eine Feder kein grösseres Arbeitsvermögen
äussern kann, als ihr durch das Zusammendrücken erteilt wurde.
Aber selbst den Fall angenommen, die Arbeitsverluste würden durch einen kleinen Kraftmotor wieder kompensiert, so würde doch
die Flugmaschine des Erfinders sehr wenig verlockend sein.
Nach seiner Annahme ist c = 1017 cm2, d = 308 cm2Es wurden zwei Kolben zu je 154 cm2 angenommen, was dasselbe ist., Q = 1000 kg, die Höhe der Cylinder A und B ist gleich 100 cm. Der Abstand der Linie hh von ab sei h, der Abstand der Linie h1h1 von ab sei h1, und die bezüglichen Spannungen der Luft p und p1. Es ist dann
p=\frac{Q}{c}+1=\frac{1000}{1017}+1\,\sim\,2\mbox{ at}
und
phx = 1 . 100x,
da, wenn der Kolben am oberen Rande des 100 cm hohen Cylinders
A steht, die Spannung der Luft in demselben gleich
1 ist.
Es ist daher
h=100\,\left(\frac{1}{p}\right)^{\frac{1}{x}}=100\,\left(\frac{1}{2}\right)^{\frac{1}{1,41}}=61,2\mbox{ cm.}
Ebenso ergibt sich
p_1=\frac{Q}{c-d}+1=\frac{1000}{1017-308}+1=2,41\mbox{ at}
h_1=h\,\left(\frac{p}{p_1}\right)^{\frac{1}{x}}=61,2\,\left(\frac{2}{2,41}\right)^{\frac{1}{1,41}}=53,5\mbox{ cm.}
Der Kolbenhub dieser Maschine würde daher 61,2 – 53,5 = 7,7 cm betragen. Da das bewegte Gewicht 1000 kg beträgt, so ist die
Arbeit pro Hub 77 mkg. Nimmt man günstigen Falles an, dass in der Sekunde 6 Hübe gemacht werden können, so ergibt dies eine
sekundliche Leistung von 462 mkg = 6,2 PS. Zu dem Gewicht von 1000 kg noch den Hilfsmotor samt Brennstoff mit 300 kg, gibt
\frac{1300}{6,2}=210 kg
Gewicht des Motors pro Pferdekraft, eine Leistung, die so schlecht ist, dass die Idee dieses Motors von Haus aus verworfen werden muss.
Weiss, Artillerie-Ingenieur.
–––––
Replik von F. Heinz, Sarajevo. Herr Ingenieur Weiss berechnet die Kolbenhubhöhe mit bloss 7,7 cm, die ich in D. p. J. 1900 315 292 mit einem 18 mal grösseren Betrage, nämlich mit 140 cm berechnet habe.
Eine der beiden Berechnungen kann also unmöglich stimmen.
Es lässt sich denn auch richtig in Herrn Ingenieur Weiss' Berechnung ohne sonderliche Schwierigkeit ein nicht unbedeutender Fehler nachweisen, wenn wir für die von Herrn Ingenieur
Weiss ermittelten Höhen von 61,2 und 53,5 cm des Kolbens C in h und h1 die Grösse der eingeschlossenen Expansivkraft der Luft berechnen, welche bei Gleichgewicht in h 1000 kg und in h1 rund 1400 kg betragen muss.
Wird die gewöhnliche atmosphärische Luft im Cylinder A durch den Kolben C um 50 cm, also bis zur Hälfte ihres früheren Volumens zusammengepresst, dann beträgt die Expansivkraft der Luft 1017 ×
1,033 = 1050 kg, d. i. gleich 1 at Ueberdruck.
In einer Höhe h des Kolbens C von 61,2 cm, in welcher die Luft nicht bis zu diesem Betrage von 50 cm, sondern nur um den Betrag von 100 – 61,2= 38,8 cm,
also nur bis zu 0,388 ihres früheren Volumens zusammengepresst ist, ist der Druck der Expansivkraft der Luft entsprechend
geringer als 1050 kg und zwar beträgt derselbe nur den \frac{388}{500}=0,779\mbox{sten} Teil, d. i. also 1050 × 0,776 = 815 kg.
Die Expansivkraft der Luft von 815 kg vermag aber selbstredend dem Kolbengewichte von
1000 kg nicht das Gleichgewicht zu halten.
In einer Höhe h1 des Kolbens C von 53,5 cm ist die Luft nicht bis auf 1 at Ueberdruck zusammengepresst, ihre Expansivkraft ist daher auch in dieser Höhe
geringer als 1050 kg und zwar beträgt sie in diesem Falle den (100-53,5=46,5\,:)\frac{465}{500}=0,93\mbox{sten} Teil, d. i. 1050 × 0,930 = 976 kg.
Dieser Expansivkraft von 976 kg im Cylinder A wirkt jedoch das Kolbengewicht und die Expansivkraft der Luft im Cylinder B mit rund 1400 kg entgegen, so dass also auch in diesem Falle kein Gleichgewicht besteht.
Durch Herrn Ingenieur Weiss' Berechnungsart ergeben sich also, wie aus Vorstehendem hervorgeht, thatsächlich ganz bedeutende Fehler, woraus sich ergibt,
dass die berechnete Kolbenhubhöhe von 7,7 cm vollkommen unrichtig und die Berechnungsart zur Berechnung der Kolbenhubhöhe
in dem vorgeführten Falle überhaupt nicht anwendbar ist.
Der eigentliche Kern in Herrn Ingenieur Weiss' Ausführungen liegt aber in der Behauptung, dass das Arbeitsvermögen der gepressten Luft, welches dem Gewichte Q entspricht, unwirksam ist.
In dieser Beziehung vertrete ich die vollständig entgegengesetzte Meinung, nämlich die, dass auch das Arbeitsvermögen der
gepressten Luft, welches dem Gewicht Q entspricht, ja zur Wirksamkeit gelangt und daher in Rechnung zu ziehen ist.
Dass die angeführte Behauptung des Herrn Ingenieur Weiss den Thatsachen nicht entspricht, geht zum Teil schon daraus hervor, dass er von derselben ausgehend für die Ermittelung der
Kolbenhubhöhe eine Berechnungsart anwendet, die, wie wir gesehen haben, zu völlig unrichtigen und daher zu ganz unbrauchbaren
Ergebnissen führt.
Nachdem aber das Vorstehende allein schon hinreicht, die Argumente des Herrn Ingenieur Weiss ganz im allgemeinen genügend zu entkräften, so kann vielleicht von einer eingehenderen Widerlegung der Behauptung desselben,
dass das dem Gewichte Q entsprechende Arbeitsvermögen der gepressten Luft unwirksam ist, vorläufig abgesehen werden.