Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 419 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Schiffe in Form einer Schraube.
Das von dem amerikanischen Ingenieur James Gresham erfundene Schiff, welches in Fig. 1 im Quer- und Längsschnitte dargestellt erscheint, das erste in dieser Art gebaute Schiff, ein Modellschiff von 17 m Länge,
ist gegenwärtig im Bau begriffen und soll, wie wir der Zeitschrift „Die Reform“ entnehmen, seine erste
Probefahrt noch in diesem Sommer machen; gegenwärtig ist es auf der Werfte zu Newport-News ein Gegenstand des Erstaunens für
alle, die es besichtigen dürfen.
Textabbildung Bd. 315, S. 419
Fig. 1
Das Schiff besteht im wesentlichsten aus zwei Teilen, dem äusseren, durch die Maschinen in schnelle Rotationsbewegung versetzten
Cylinder F, der mit den Schraubenwindungen C–C4 versehen ist und sich somit bei seiner Bewegung seinen Weg durch das Wasser hindurchschraubt und dem inneren, in seiner Schwergewichtslage
verharrenden Cylinder, in welchem sich die Wohnräume und Maschinen befinden und um den sich der äussere Cylinder dreht. Dieser
Cylinder wird durch die Bewegung des äusseren in keiner Weise beeinflusst, auch die schnellste Rotation des äusseren Cylinders
macht sich im inneren nicht bemerkbar.
Auf den ersten Blick könnte man vermuten, man habe es mit einer Art von submarinen Booten zu thun. Das Vorder- und Hinterteil
des Schiffes sind grosse Stahltürme AA1, in welche die Brücken führen, auf denen man das Schiff betreten oder verlassen kann. Um die oberen Teile dieser Räume ziehen
sich vorn und hinten Plattformen EE1, auf denen die Passagiere wie auf einem Deck spazieren gehen können, während die Bemannung den Dienst versieht. In dem Hinterturm
befindet sich das Lotsenrad mit Mastkorb, von dem aus die Fahrt des Schiffes überwacht wird. In dem Vorderturm ist der Platz
für den Auslug. Im rückwärtigen Teile bei den Maschinen liegen die Kabinen und die Salons.
Die Gresham-Schiffe sollen ausser der Bemannung nur Passagiere und Depeschen befördern. Sie sollen auf dem Seewege das sein, was die
Expressgüterzüge auf der Eisenbahn sind, doch dafür alle Bequemlichkeiten der Neuzeit aufzuweisen haben: elektrisches Licht,
elektrische Klingeln, elektrische Signale, die die verschiedenen Teile des Fahrzeuges sofort mit einander in Verbindung bringen.
Wenn das Experiment mit dem ersten Schiffe – wie der Erfinder als sicher voraussetzt
– gelingt, so wird man sofort den Bau eines Schiffes von 200 Fuss (61 m) Länge in Angriff nehmen, das die Ueberfahrt
durch den Atlantischen Ozean machen soll. Der Erfinder ist überzeugt, dass die motorische Kraft seines Schiffes ebenso überraschen
wird, wie seine Konstruktion. Der Motor wird von chemischen Mitteln in Bewegung gesetzt, welche – und das ist das grosse Geheimnis
der Erfindung – die Unterbringung des Brennmaterials auf einem ganz beschränkten Raum ermöglichen.
Der Erfinder glaubt, dass sein Schiff bis 100 Knoten Geschwindigkeit in der Stunde erreichen könnte.
Das Gresham'sche Schraubenschiff hat nun sehr bald Nachbildung gefunden. Die mannigfachsten Vorschläge, wie die Schnelligkeit der Schiffe
gesteigert werden könnte, sind mit einemmal wieder aufgetaucht. Ein von dem Kanadier Knapp erfundenes Rollboot hat, schon seiner eigenartigen Form wegen, eine Zeit hindurch Interesse erregt. Es handelte sich um ein
grosses cylinderförmiges Schiff, dessen Fortbewegung im rechten Winkel zu seiner Längsachse erfolgen sollte und das etwa in
derselben Weise über die Wogen gerollt wurde, wie eine Tonne über die Strasse. Obgleich der genannte Erfinder prophezeite,
dass binnen kurzem Passagier wie Fracht von New-York nach Queenstown und Liverpool
„gerollt“ werden würden, ist das Rollschiff auf mehr oder weniger geschützte Wässer beschränkt geblieben.
Textabbildung Bd. 315, S. 419
Fig. 2
Inzwischen ist nun – gleichfalls in Kanada – eine neue, nicht minder eigenartige Bootkonstruktion ausgeführt worden, die nach
Scientific American die in Fig. 2 wiedergegebene Form besitzt. Das Schiff besteht, wie Uhland's Wochenschrift nach dieser Quelle berichtet, aus einem zigarrenförmigen, stählernen Rumpf, der auf etwa ein Drittel seiner Länge von einem
äusseren sich drehenden Cylinder umschlossen wird. Der zigarrenförmige Teil des Schiffes enthält die Maschine zur Erzeugung
der treibenden Kraft und Raum für die Schiffsmannschaft; der äussere Cylinder, der als Propeller dient, ist mit vorspringenden
Metallplatten versehen, die, wie die Abbildungen zeigen, in Schneckenlinie um ihn herumgeführt sind. Der äussere Cylinder
dreht sich auf dem inneren Cylinder, wobei die Reibung zwischen beiden durch Anwendung sorgfältig konstruierter Kugellager
möglichst verringert wird. Der äussere Cylinder wird durch ein 30 cm im Durchmesser haltendes Triebrad in Bewegung gesetzt,
welches in einem wasserdichten Gehäuse arbeitet und mit einer umlaufenden, auf der inneren Seite des äusseren Cylinders befindlichen
Zahnstange in Eingriff steht. Das Schiff erhält seine motorische Kraft durch eine 4 PS-Gasolinmaschine. Um jede rotierende
Bewegung des inneren Cylinders zu verhindern, ist er mit einem etwa 30 cm tiefen Kiel versehen. Bei der geringen Tiefe des Kiels und seinem Gewichte von nur
120 engl. Pfand wird es vielleicht Schwierigkeit bereiten, das Schiff auf ebenem Kiele zu erhalten, und dürfte es
bei der Zigarrenform des Fahrzeugs angebracht erscheinen, den sogen. Bulbkiel der Rennjachten bei demselben zu verwenden.
Ausser den Aufenthaltsräumen im Inneren des Schiffsrumpfes ist an jedem Ende des Schiffes ein Deck vorhanden, das durch ausfallende
Sülls gegen überschlagende Wellen geschützt ist; die Verbindung zwischen den beiden Decks wird durch eine Brücke über dem
sich drehenden Cylinder hergestellt.
Der Erbauer dieses Schiffes, welches gegenwärtig zu Probefahrten benutzt wird, ist
Walter Dean in Toronto, Kanada.
Wie ein Vergleich mit dem Gresham'schen Schiffe lehrt, beruhen beide Erfindungen auf demselben Prinzipe – einer in der Richtung der Längsachse rotierenden Schraube.
Selbstthätiges Rückstauventil kombiniert mit Absperrschieber für Abwässerkanäle.
Einer der folgenschwersten Uebelstände, welcher sich sowohl bei älteren, wie bei fast allen erst in neuerer Zeit angelegten
Kanalisationen zeigt, ist der Mangel einer geeigneten, absolut sicheren Absperrvorrichtung gegen den Rücktritt der Abwässer
aus den Strassenkanälen in die tiefliegenden Räume der Häuser, bei eintretender grosser Inanspruchnahme der Kanäle. Der Uebelstand
tritt hauptsächlich zu Tage bei plötzlich eintretenden starken Regengüssen, Hochwasser u.s.w.
Um demselben zu begegnen, baute man früher vielfach feste Abschlussschieber mit Spindel in die Leitungen ein, doch stellte
sich bald heraus, dass das Wasser sehr häufig so unerwartet und plötzlich kam, dass, wenn der Schieber geschlossen werden
sollte, die Kellerräume längst überflutet waren, auch funktionierte der schwere eiserne Schieber zu schwerfällig und auch
nicht immer sicher, weil er einrostete und weil die Nute, in welcher der Schieber geht, sehr bald vollständig versandete.
Textabbildung Bd. 315, S. 420
Alsdann schaltete man eiserne Klappen in die Hauskanäle ein, welche sich durch den Gegendruck des Stauwassers selbstthätig
schliessen sollten, doch erwiesen sich auch diese nicht nur als völlig unzuverlässig und undicht, sondern sie bildeten geradezu
eine Gefährdung für den Hauskanal, indem sie Papier und feste Bestandteile wegen ihrer Schwere oder durch Festrosten zurückhielten
und so zu Verstopfung und Reparaturen führten. Mit Klappen aus anderen Metallen (Messing, Aluminium u.s.w.), welche nicht
rosten, hat man keine besseren Erfahrungen gemacht.
Eine selbstthätige Klappe, welche sich bisher als gut und sicher funktionierend bewährt hat, ist die unter D. R. P. Nr. 71776
stehende Behn'sche Schwimmklappe (durch H. Feldtmann in Hamburg vertrieben).
Dieselbe ist aus Hartgummi, innen hohl und an der unteren Seite gewölbt, so dass sie den Abfluss von Papier und sonstigen
Bestandteilen in keiner Weise gefährdet. Die Dichtung derselben erfolgt durch den einvulkanisierten Rand der Klappen aus Para-Weichgummi
gegen einen genau abgedrehten Messingring als Ventilsitz. Falls also bei dieser Klappe nicht durch Dazwischentreten anderer
fester Körper die Funktion gehindert oder gestört wird, schliesst dieselbe absolut dicht.
Eine Verbesserung dieses Ventils gegenüber der früheren Ausführung (s. D. p. J. 1897 * 306 80) besteht darin, dass dem selbsthätigen Ventil ein von Hand zu stellender Absperrschieber angefügt wurde.
Vorstehende Zeichnung zeigt beide Teile kombiniert in einem Rohre angebracht. Der Absperrschieber, von konischer Form und
in vier Führungen laufend, ist sehr leicht und schnell von Hand zu schliessen, weil seine Konstruktion ausserordentlich einfach
ist. Die Dichtung desselben erfolgt durch konisch eingelassene Dreikantgummileisten gegen die emaillierte Wand. Ein geringer
Druck von oben schliesst den Schieber hermetischab. Das ganze Rohr ist innen emailliert, hat ausser der Hartgummiplatte, welche gegen jeden Einfluss des Kanalinhaltes wie
auch gegen heisse Dämpfe immun ist, nur Messingarmatur; Festsetzen durch Einrosten ist daher ausgeschlossen. Die Zugstange
ist auch aus Messing.
Ein Verschlammen oder Versanden des Ventiles ist nicht zu befürchten, weil dasselbe zwei Zwischengefälle hat, ausserdem aber
auch in geneigter Richtung eingebaut werden kann.
Rauchloses Feuerungsmaterial.
In England wird, wie wir den Technischen Blättern des deutschen polytechnischen Vereins in Böhmen entnehmen, in neuester Zeit
ein Produkt in Vertrieb gesetzt, das aus 93 % Steinkohlenstaub und 7 % eines Gemenges von Holzteer und Aetzkalk bestehen soll
und zu bestimmten Heizanlagen, die keinen Rauch entwickeln sollen, verwendet wird. Die Engländer nennen es rauchlose Kohle. Im weichen Zustande geknetet und sodann in Formen gebracht, in denen es erhärtet, kommt es in zweifacher Form in den Handel:
1. für industrielle Zwecke als durchlochte Briketts (10 Pfund schwer); 2. für häusliche Zwecke als linsenförmiger Kuchen (140
Stück auf 100 Pfund). Die Briketts haben in London heute den Preis von 21 Shillings per Tonne; dieser Preis muss bedeutend
herabgemindert werden, falls eine grössere Einbürgerung ermöglicht werden soll. Die kommissionellen Versuche zeigten, dass
dieses Material auf gewöhnlichen Rosten, als auch auf offenen Kohlenbecken fast rauchlos verbrennt. Der Brand gleicht einem Koksfeuer von ausserordentlich lebhaftem Glänze, aus dem lange weisse und blaue Flammen
emporzüngeln. Die entwickelte Hitze ist intensiv; 1 Pfund dieses Materials
(450 g) soll 14 Pfund Wasser verdampfen. Die Rückstände, Asche u.s.w. betragen 3
%.
Bücherschau.
Linienführung der Eisenbahnen und sonstigen Verkehrswege von Franz Kreuter, ordentl. Professor der Ingenieurwissenschaften an der königl. Bayerischen Technischen Hochschule in München. Wiesbaden 1900.
C. W. Kreidel's Verlag. Preis
7,50 M.
Dieses mit 80 Abbildungen ausgestattete und – um es kurz zu sagen – vorzügliche Werk enthält auf 204 Druckseiten alles, was die Wesenheit des durch den Titel gekennzeichneten Ingenieurgebietes bildet und
noch eine Menge des trefflichsten Zubehörs mehr. Das Buch verdient daher seines nebst dem Grundsätzlichen einen Schatz von
praktischen Erfahrungen umfassenden, ebenso reichen als gediegenen Inhaltes willen jedem Tracierungsingenieur, namentlich
aber jenen Eisenbahnbauingenieuren, welche selbstthätig zu arbeiten haben oder an leitenden Stellen stehen, als wertvoller Belehrungs- und Nachschlagebehelf
wärmstens empfohlen zu werden. Es erübrigt nur noch, rühmend hervorzuheben, dass sich der Autor bei Behandlung seines Stoffes
– was das Sachliche anbelangt – von jedem beengenden Partikularismus freizuhalten verstanden hat. Im Sprachlichen gilt dies
allerdings nicht, denn die älteren, hergebrachten Fachausdrücke sind bereits durch neue ersetzt oder mindestens in die Klammer
verbannt, ein Umstand, der allerdings vielfach als ein weiterer Vorzug des Buches angesehen werden wird. Ob aber diese jetzt
in der technischen Litteratur so eifrig betriebene Ausmerzung des in Fleisch und Blut übergegangenen fachlichen Sprachgebrauches
wirklich einen Vorteil für die betreffenden Litteraturen bedeute, muss mindestens von denjenigen angezweifelt werden, die,
wie der Schreiber dieser Zeilen, Gelegenheit haben zu beobachten, wie ungern sich Leser mit einem technischen Buche beschäftigen,
das ihnen ungeläufige Benennungen und Ausdrücke benutzt. Zu solchen Lesern zählen so ziemlich alle der älteren Schule angehörigen
Fachgenossen, die – nebenbei bemerkt – den bücherkaufenden Hauptteil bilden, dann alle Interessenten unter den vielen Millionen
Deutschen, welche in Oesterreich-Ungarn, in der Schweiz, in Russland, in Amerika, in den Kolonien u.s.w. wohnen und sich ihren
fachlitterarischen Bedarf aus dem Mutterlande decken. Folgedessen besitzt also der gedachte sprachliche Partikularismus die
ausgesprochene Eignung, nicht nur den buchhändlerischen Erfolgen, sondern – was mehr sagen will – dem Einflüsse unserer Litteratur
im Auslande Abbruch zu leisten, abgesehen von der Einbusse bezw. Erschwerung, die sie dabei hinsichtlich der Uebertragung
in fremde Sprachen erleidet.
L. K.