Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, Miszellen, S. 33 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Dreischraubenschiffe und Vielschraubenschiffe.
Nach Erfindung der Schraube als Schiffspropeller, und nachdem sich dieses Treibmittel
bewährt hatte, lag es nahe, statt eines Propeller in Richtung der Kiellinie der
Schiffe zwei gleiche oder ähnliche Treiber, zu beiden Seiten des Kiels, anzuordnen,
und es erstand das Zweischrauben- oder Zwillingsschraubenschiff. Die Kriegsmarine
nahm diese Konstruktion zuerst an, obgleich bei anderen Neuerungen sich die
Handelsflotte ihnen leichter zuneigt,und zwar aus Gründen, die einerseits in
der Konkurrenz, andererseits aber darin zu suchen sind, dass für den etwaigen
Verlust von Geld, bei der Handelsmarine der Staatsbürger, der Privatmann, bei der
Kriegsmarine die Regierung und ihre Leiter verantwortlich sind. So wurden
beispielsweise die Compound- und Triplemaschinen, dann ferner die Wasserrohrkessel
früher von der Handelsmarine angenommen als von der Kriegsmarine. Die
Zweischraubenschiffe in der Handelsmarine tauchten erst auf, als die Wettfahrten
über den Atlantischen Ozean begannen, die bis heute noch nicht abgeschlossen sind, und zu denen
bislang nur Zwillingsschraubenschiffe benutzt werden. Deutschland steht, was den
Rekord anbelangt, mit den Schiffen Kaiser Wilhelm der
Grosse des Norddeutschen Lloyd und Deutschland der Hamburg-Amerika-Linie unbestritten an der Tete und wird seinen Platz auch
behaupten, denn der Lloyd lässt beim Vulkan, Bredow bei Stettin, zwei neue Schnelldampfer
bauen, bestimmt, alle existierenden Konkurrenten auf diesem Gebiete zu schlagen. Der
erste Doppelschraubenschnelldampfer der deutschen Handelsmarine war die Auguste Viktoria der Hamburg-Amerika-Linie, die damals noch den Namen Hamburg amerikanische Paketfahrt-Aktiengesellschaft führte. Das Schiff
baute der Vulkan, und es lief 1889 vom Stapel. Der Lloyd entschloss sich erst später, dieses System
anzunehmen; sein erster Zweischraubendampfer in Fahrt ist der von England
eingetauschte H. H. Meyer. In der britischen
Kriegsmarine ist das älteste noch vorhandene grössere Zweischraubenschiff der
ehemalige Kasemattpanzer Penelope, gegenwärtig
schwimmendes Gefängnis vor Kapstadt, abgelaufen 1867. In der preussischen Flotte gab
es keine solche Schiffe, in der deutschen Marine ist das Panzerkanonenboot Wespe, abgelaufen auf der Weserwerft Geestemünde am 16. Juli 1876, das älteste Kriegsfahrzeug dieser
Art.
Die Konstruktion von Schiffen oder Fahrzeugen mit drei Propellern ist ebenfalls von
Schiffsingenieuren der Kriegsmarine zuerst praktisch durchgeführt;
Dreischraubenschiffe besitzt die Handelsmarine nur in einem Exemplar, dem Dampfer
Poltawa der Freiwilligen Flotte Russlands im
Schwarzen Meer. Welche Gedanken die ersten Konstrukteure von Dreischraubenschiffen
zur Empfehlung dieser Anordnung geleitet haben, mag dahinstehen; die ersten Schiffe
dieser Art erhielt Italien in seinen vier Torpedokreuzern Goito, Montebello, Monzambano, Tripoli, aus den Jahren 1886 bis 1888
stammend, 814 bis 870 t deplacierende Fahrzeuge, die aber nicht den Erwartungen
entsprochen zu haben scheinen, denn Italien gerade hat seitdem keine
Dreischraubenschiffe seiner Marine einverleibt. Der leitende Gedanke der späteren
Schiffbauingenieure bei Anordnung von drei Schrauben war nicht sowohl der allgemein
geltende, hohe Schnelligkeit zu erreichen, als vielmehr der, mittels der drei
Propeller und der drei vorhandenen, sie treibenden Maschinen die Möglichkeit in der
Hand zu haben, je nach den Umständen die drei Maschinen einzeln laufen lassen zu
können und ökonomisch zu fahren. Die ersten Dreischraubenschiffe nach den genannten
Italienern erschienen fast gleichzeitig in Deutschland, Frankreich und in den
Vereinigten Staaten von Nordamerika. Es waren das der geschützte Kreuzer Kaiserin Augusta, 6290 t Deplacement, abgelaufen auf
der Germaniawerft, Gaarden bei Kiel (F. Krupp), am 15. Januar 1892, das erste
Dreischraubenschiff, das, zur Eröffnung der Columbian World Fair zu Chicago 1893
nach New York geschickt, den Atlantic kreuzte. In Frankreich lief der Panzerkreuzer
Dupuis de Lôme, 6406 t gross, der 1895 gelegentlich
der Eröffnung des Kaiser Wilhelm-Kanals in Kiel erschien, am 27. Oktober 1890 im
Arsenal zu Brest ab, wurde aber erst 1894 in Dienst gestellt. In den Vereinigten
Staaten kam der geschützte Kreuzer Columbia von 7375 t
Wasserverdrängung, der ebenfalls 1895 in der Kieler Förde den Festlichkeiten
beiwohnte, und über dessen Konstruktion eine ganze Litteratur entstand, am 26. Juli
1892 bei Cramp and Sons, Philadelphia, zu Wasser.
Seither sind die Ansichten über den Wert der drei Schrauben bei Kriegsschiffen
augenscheinlich auseinander gegangen. Italien hat, wie erwähnt, das System
aufgegeben. In den Vereinigten Staaten ist mit Columbia
nur noch Minneapolis, ein Schwesterschiff, abgelaufen
bei Cramp am 12. August 1893, als Schiff dieser Art
gefolgt; alle späteren Schiffe aller Klassen haben zwei Schrauben erhalten. England
hat überhaupt kein Schiff mit drei Propellern in seiner Marine. Es blieben von den
Staaten, welche die ersten Dreischraubenschiffe auf die Werften legten, Deutschland
und Frankreich bei diesem System; Deutschland hat es für Schlachtschiffe und grosse
Kreuzer als einziges angenommen, denn seither sind nicht weniger als zehn
Linienschiffe, acht grosse Kreuzer aufgelegt worden, von denen sechs Linienschiffe –
Kaiser Friedrich III., Kaiser Wilhelm II., Kaiser
Wilhelm der Grosse, Kaiser Karl der Grosse, Kaiser Barbarossa, Witteisbach
– und sieben grosse Kreuzer – Fürst Bixmarck, Prinz
Heinrich, Freya, Hertha, Viktoria Luise, Hansa, Vineta – vom Stapel
gelaufen sind. Die recht verspätete Fertigstellung von Vineta und Viktoria Luise ist darauf
zurückzuführen, dass man den fünf zuletzt genannten Schiffen Wasserrohrkessel
verschiedener Systeme gab, um die Typen zu erproben; mit der Maschinenkonstruktion
hat die Verspätung nichts zu thun. In Frankreich ist man auch zu der Konstruktion
der Dreischraubenschiffe übergegangen, wenn auch nicht so entschieden wie in der
Marine des Deutschen Reiches. Wenngleich man das System anscheinend bevorzugt,
werden doch noch Zweischraubenschiffe in der Klasse der Linienschiffe gebaut. Seit
Dupuis de Lôme sind vierzehn Panzerkreuzer von 7700
bis über 12000 t Deplacement, fünf Panzerdeckkreuzer von 4000 bis 8300 t und zehn
Schlachtschiffe auf Stapel gelegt, die drei Schrauben erhalten; das letzte
Zweischraubenlinienschiff, Carnot, lief am 13. Juli
1894 vom Stapel.
Während Italien und die Vereinigten Staaten von Nordamerika Dreischraubenschiffe
nicht bauen, hat sich Russland den Anschauungen Deutschlands und Frankreichs
zugewandt, doch will es scheinen, dass die dortige Marinebehörde noch zu keinem
Entschluss hat kommen können, denn es werden, bunt durcheinander, Schlachtschiffe
und grosse Kreuzer mit zwei und drei Propellern gebaut und auf auswärtigen Werften
bestellt. Das erste russische Dreischraubenschiff war der mächtige, 12200 t grosse
Panzerkreuzer Rossia, abgelaufen am 12. Mai 1896.
Seitdem sind drei 6630 t grosse geschützte Kreuzer, ferner Gromoboy, Schwester von Rossia und die
Schlachtschiffe Peresswjat, Pobjeda und Osslabja vom Stapel gelaufen, auch Caesarewitsch, im Bau zu la Sayne bei Toulon, erhält
drei Schrauben. Vier später begonnene Schlachtschiffe aber werden nur zwei Propeller
besitzen. Das wären alle vorhandenen Dreischraubenschiffe, und es ergibt sich aus
der Zusammenstellung, dass in neuester Zeit nur zwei Staaten sich dieser
Konstruktion entschieden zugewandt haben, Deutschland und Frankreich, dass ein
dritter Staat, Russland, schwankend in der Entscheidung über Annahme der
Konstruktion ist, und dass zwei Staaten, Italien und die Vereinigten Staaten, das
System nach anfänglicher Einführung verworfen haben. Alle anderen Marinen, darunter
England als führende Seemacht und Japan als später herrschende in Ostasien, sind
beim Zwillingsschraubensystem geblieben, ebenso wie alle Handelsmarinen aller
Länder.
Im Jahre 1898 tauchte ein Fahrzeug mit neun Propellern auf und erregte bedeutendes
Aufsehen. Es war das die Turbinia, ein Modellfahrzeug
mit Turbinenmaschinen, konstruiert von Parsons, das in
England durch seine über 32 Meilen Schnelligkeit in der Stunde die Augen der
Marinekreise auf sich zog. Es hatte neun Schrauben, die an drei Wellen sassen, und
man erhoffte von der Konstruktion wie von der Dampfturbine nicht weniger als einen
Umschwung im Maschinenwesen der Schiffe. Es wurden schon damals Zweifel laut, ob
dieselbe verblüffende Leistung sich auch bei grösseren Fahrzeugen wie bei der 42 t
deplacierenden Turbinia ergeben würde, und der
erschreckend hohe Kohlenverbrauch bei schneller Fahrt fiel auch schwer ins Gewicht.
Es entstanden aber doch in England die Torpedobootzerstörer Viper und Cobra von 390 t Wasserverdrängung,
die ebenfalls mit Turbinenmaschinen versehen wurden, und an vier Wellen acht
Propeller – alle zweiflügelig – besitzen. Die Fahrzeuge haben sehr hohe
Geschwindigkeiten, bis 35 MeilenMeile zu 1852
m., zwar erreicht, aber der Torpedobootzerstörer Albatross, mit Tripleexpansionsmaschinen versehen, kam
auf fast die gleiche Leistung, und bei 31,5 Meilen Fahrt brauchte Albatross in der Stunde 17474 Pfund (engl.) Kohle gegen
19864 Pfund bei Viper. Das wäre in 5 Stunden eine
Kohlenersparnis von 5,422 t1 Pfund engl. = 0,453
kg gerechnet. Deutsche
Marine-Rundschau,. Bei 33,8 Meilen Fahrt und 10300 PS brauchte
Viper am 6. September 1900 in der Stokes Bay für
die Pferdekraft und Stunde 1,12 kg. Das wären in 5 Stunden 57,22 t. Der Verbrauch
war also für ein so kleines Fahrzeug ein abnormer, so dass es fraglich erscheint, ob
die Turbinenmaschinen überhaupt zur Einführung, selbst bei kleinen Fahrzeugen,
gelangen. Jedenfalls kann von einem Umschwung im Maschinenwesen keine Rede sein, da
die Vorteile, das geringere Gewicht der Maschinen, reichlich durch den grösseren
Kohlenverbrauch aufgewogen werden. Uebrigens wurden Dampfturbinenmaschinen für
Torpedofahrzeuge bereits im Jahre 1890 in Deutschland geprobt und besprochenImmaterialgüter,
Jahrgang 1890., so dass eine „Erfindung“ englischerseits
nicht vorliegt.
Die Vorteile der Turbinen sind sehr in die Augen fallend und lassen sich kurz in
folgenden Punkten zusammenfassen: 1. Etwa um die Hälfte geringeres Gewicht. 2.
Geringerer Aufstellungsraum. 3. Bequemere Bedienung. Es ist aber sehr fraglich, ob
diese Vorteile aufgewogen werden durch den Nachteil des grösseren Kohlenverbrauchs.
Jedenfalls ist das nicht der Fall in „allen“ Lagen, in welche ein Fahrzeug
dieser Art kommen kann, und daher dürften allzu sanguinische Hoffnungen der Anhänger
der Turbinenmaschinen sich in nächster Zeit kaum verwirklichen. Ein eigenartiges
Schiff ist der kürzlich aus den Listen der russischen Schwarze-Meer-Flotte
gestrichene Transportdampfer Opyt mit drei Schrauben.
Er ist 71,6 m lang, 46,6 m breit und hat ein Deplacement von 3920 t. Das Schiff hat
demnach Flunderform und besitzt, obgleich bereits 1880 vom Stapel gelaufen,
ungewöhnlich starke Maschinen von 10500 PS. Dieses übrigens sehr selten verwandte
Fahrzeug war einst unter dem Namen Livadia in allen
Marinebaukreisen bekannt und als Zarenjacht nach Plänen des Admirals Popoff gebaut, erwies sich aber mit ihrem elliptischen
linsenförmigen Körper als völlige Fehlkonstruktion.
Der Admiral Popoff hat ausser der Livadia der russischen Flotte im Schwarzen Meer noch
zwei absonderliche Fahrzeuge, nach ihm Popowken
genannt, mit vier und sechs Wellen und ebenso vielen Propellern geschenkt. Es sind
das die Panzer Vizeadmiral Popoff und Nowgorod von 2500 und 3550 t Deplacement. Sie haben die Form kreisförmiger
Linsen, tauchen nur 4,1 m bei 30,8 und 36,6 m Durchmesser und stammen aus der Mitte
der 70er Jahre. In der Mitte steht ein schwer gepanzerter Turm, in welchem Popoff zwei 11-Zöller, Nowgorod zwei 12-Zöller Hinterlader tragen. Die Zahl der Kiele ist doppelt
so gross wie die der Schrauben, Nowgorod besitzt also
12 Kiele. Die Schnelligkeit dieser Fahrzeuge ist gering, und sie sind vielfach
Gegenstand des Spottes geworden. Mit Unrecht, denn als Küstenverteidiger, und als
solche sind sie konstruiert, haben sie ihre Stärke einmal in ihrer schweren
Artillerie hinter mächtigem Panzerschutz mit Beherrschung des ganzen Horizonts,
ihrer geringen Zielfläche, grossen Drehfähigkeit, dann in dem geringen Tiefgang, und
endlich sind Rammstösse gegen sie wirkungslos. Ihre geringe Seetüchtigkeit teilen
sie mit den Monitors, die heute noch zahreiche Anhänger in allen Marinen
besitzen.
Die Zwei- und Dreischraubenschiffe werden die Schiffe der Zukunft bleiben, und zwar
wird man auch kleine Fahrzeuge nach diesem bewährten Systeme bauen. Dass die
Turbinenmaschinen oder gar die mit Elektrizität betriebenen eine Grundänderung nach
dieser Richtung hin bewirken, ist vorderhand kaum zu befürchten.
F. E.
Die neue 16zöllige (40,5 cm) Küstenkanone der Vereinigten
Staaten von Nordamerika.
Das Kaliber der Hauptgeschütze auf den Schlachtschiffen der Vereinigten Staaten ist
von dem bei Gründung der neuen Flotte 1889 angenommenen 33 cm auf 30,5 cm bei den
neuesten Schiffen heruntergegangen. Beiläufig sei bemerkt, dass von 47 Schuss der
33-cm, welche bei der Vernichtung des spanischen Geschwaders Cerveras vor San Jago de Cuba die Panzer „Oregon“ und „Indiana“
abgaben – kein Treffer erzielt wurde. In der
Küstenartillerie ist man dagegen mit den Kalibern in die Höhe gegangen, wie es die
Konstruktion des 40,5-cm zeigt. Das Geschütz wurde im Watervliet-Arsenal zu New York
als erstes von achtzehn herzustellenden gebaut, ist ein Mantelringrohr von 49 Fuss
29/10 Zoll (15
m) Länge, im Hinterstück von 5 Fuss (1,52 m) Durchmesser, und soll allen bisher
existierenden Geschützen an Leistungsfähigkeit weit überlegen sein. Scientific American, Bd. 83 Nr. 13, behauptet
wenigstens, dass diese Ueberlegenheit vorhanden ist, zieht jedoch zum Vergleich
Geschütze heran, deren Herstellung viele Jahre zurückliegt und gibt zudem Zahlen,
die der Richtigkeit entbehren.
Das amerikanische Rohr soll, nach den Angaben, Geschosse von 1075 kg mit 700 m
Anfangsgeschwindigkeit und 26800 mt Totalenergie feuern und mit 40° Elevation eine
Schussweite von 20,978 englische Meilen oder 33 km erreichen, wobei die Scheitelhöhe
der Flugbahn auf 9300 m berechnet ist. Man vergleicht damit ein Resultat eines
Krupp-Geschützes, und das genannte Blatt führt an, dass im Jahre 1892 in Gegenwart
des deutschen Kaisers ein 28-cm-Geschütz von Krupp auf
dem Schiessplatz zu Meppen eine Schussweite von rund 20200 m bei einer Scheitelhöhe
der Flugbahn von 6230 m erschossen habe. Hier liegt ein Irrtum vor, denn das
Geschütz, welches zu Meppen am 20. April 1893 – nicht 1892 – in Gegenwart des
Kaisers eine Schussweite von 20235 m bei 6335 m Flugbahnhöhe thatsächlich erreichte,
war ein 24-cm von 40 Kaliber Rohrlänge. Weiter vergleicht das amerikanische Blatt
das neue Geschütz mit dem italienischen 45-cm, dem französischen 42-cm und dem
englischen 41,3-cm. Derartige Vergleiche sind anscheinend wohl deshalb angeführt, um
die Leistungen der eigenen Kanone ganz besonders günstig darzustellen. Der 45-cm
Italiens ist ein Vorderlader und wird noch in vier
Exemplaren auf dem Panzer „Duilio“ geführt, der
zudem demnächst neu bestückt wird. Die Franzosen haben den 42-cm auf der Marine
abgeschafft, und der englische 41,3-cm ist ebenfalls nur in vier Exemplaren noch
vertreten, nämlich in je zwei auf „Sans Par eil“
und „Benbow“, die zudem auch bald neuere
Geschütze erhalten.
Textabbildung Bd. 316, S. 35
16zöllige (40,5 cm) Küstenkanone der Vereinigten Staaten.
Höhe des Geschosses 1,62 m,
Eindringungstiefe in Schmiedeeisen nach Krupp'scher
Formel berechnet s=\sqrt[4]{2\,r}\,(10\,e)^3\,1,076\mbox{ m}
(s = Durchschlagsvermögen, 2 r Kaliber in cm, e
Energie des Geschosses pr c2 in mt).
Wenn man die Geschütze anderer Staaten zum Vergleich mit dem amerikanischen
heranziehen will, muss man natürlich neuere und neueste wählen. Auf der Chicagoer
Ausstellung stand beispielsweise ein Geschütz von Krupp, das derselbe den Vereinigten Staaten zum Geschenk gemacht hat, das in
Leistungen die angeführten bereits weit hinter sich lässt und denen des
amerikanischen Rohres nahekommt. Es ist ein 42-cm von33 Kaliber oder 14 m
Länge, 122,4 t Gewicht. Es feuert mit 604 m Anfangsgeschwindigkeit Geschosse von
1100 kg. Aber dieses Geschütz ist längst übertroffen. Krupp hat 40-cm-Rohre von 40 Kaliber oder 16 m Länge, 132000 kg Gewicht
gebaut, die mit 720 m Anfangsgeschwindigkeit eine Totalenergie von 19552 mt bei 740
kg Geschossgewicht erreichen, bei Geschossen von 1050 kg und 630 m
Anfangsgeschwindigkeit es aber auf 21241 mt Energie brachten. Das waren
Konstruktionen vom Jahre 1889, heute sind auch sie weit überholt. Armstrong's schwerstes Geschütz hat 43 cm Kaliber,
wiegt 140000 kg und verfeuert ein 907 kg schweres Geschoss mit 741 m
Anfangsgeschwindigkeit und 25394 mt Totalenergie.
Die französische Geschützfabrik Canet, jetzt Schneider-Canet, stellt in letzter Zeit als schwerstes
Geschütz den 30,5-cm her und zwar bis zu 45 Kaliber oder 13,725 m Rohrlänge, dessen
Totalenergie bei 850 m Anfangsgeschwindigkeit 300 kg Geschossgewicht auf 11770 mt
berechnet wird, und zwar bei einem Rohrgewicht von 46 t, wogegen das amerikanische
Rohr 80,740 t schwer ist. Der ältere 37-cm-Canet von
128,3 t Rohrgewicht, 50 Kaliber oder 18,5 m Länge, soll mit 800 in
Anfangsgeschwindigkeit 620 kg schwere Geschosse mit 20227 mt Energie feuern, doch
ist dem Verfasser nicht bekannt, ob und wo ein derartiges Geschütz steht. Die
Hafenverteidigung von New York, für welche, wie erwähnt, die achtzehn 40-cm bestimmt
sind, ist schwierig und erfordert, wenn sie gut sein soll, sehr grosse Mittel.
Zahlreiche Forts und Batterien sind vorhanden. Auch eine Batterie von
Dynamitgeschützen ist gebaut, und neuerdings werden 50 Unterseeboote verlangt. Ob
die neuen 40-cm gerade Idealgeschütze sind, lässt sich bestreiten; sie sind
unhandlich, brauchen grosse Aufstellungsräume, also sehr umfassenden Schutz
derselben, sind teuer und feuern langsam. Als eines der neuesten wirksamsten
Geschütze, dem diese Mängel weit weniger anhaften und dessen Leistungen gegen alle
Ziele als genügend anzusehen sind, dürfte der 30,5-cm der Vickers and Maxim Gun Comp. Barrow, Marke IX sein, Drahtgeschütze, deren
neueste Laffetierung es erlauben, in 40 Sekunden einen Schuss abzugeben. Eine
Ueberlegenheit der 40,5-cm-Kanone der Vereinigten Staaten über die neuesten
Erzeugnisse dieser Art der grossen Geschützbauanstalten Europas ist nicht erkennbar.
Die mangelhaften Ausführungen des Scientific American
beweisen sie keineswegs.
Krupp hat zur Armierung der neuesten in Bau gelegten
Schlachtschiffe 28-cm-Schnelllader gebaut, Geschütze, die in Frankreich starke
Beachtung finden und auf die der frühere Marineminister Lockroy hinweist. Allerdings ist Lockroy ein
begeisterter Anhänger der jeune école des Admirals Aube, und dürfte eigentlich für so schwere Geschütze überhaupt nicht
schwärmen. Jedenfalls hat Krupp im 28-cm-Schnelllader
wieder ein hervorragendes Geschütz geliefert, wenn auch die Feuergeschwindigkeit,
trotz der Bezeichnung „Schnelllader“, nicht höher sein dürfte, als die des
angeführten 30,5-cm-Drahtgeschützes von Vickers.
F. E.
Bücherschau.
Ueber Stellung, Ziel und Wesen der
systematischen Getriebelehre von J. Torka.
Berlin. Rudolf Mewes.
Im Gegensatz zu den Arbeiten von Reuleaux, Burmester
u.a. über die Getriebelehre geht Torka in seinem Buche
über die „Grundlage der Getriebelehre. Eine Geometrie der Bewegung“ von den
einfachsten Grundelementen aus und schafft neben der „Phoronomie“, welche
bisher als das einzige Bindeglied zwischen der „reinen Mathematik“ und der
„Mechanik“ galt, ein ganz neues und, soweit sich aus dem vorliegenden
ersten Heft erkennen lässt, für die Entwickelung der Mechanik und Mathematik recht
fruchtbares Bindeglied. Ein kurzer Ueberblick über den vom Verfasser eingeschlagenen
Weg dürfte mit Rücksicht hierauf für weite Kreise von Interesse sein.
Bei der von Torka aufgestellten neuen geometrischen
Disziplin wird von folgenden Grundgedanken ausgegangen. Die Elemente der Algebra und
die der Geometrie (im weitesten Sinne, also Raumlehre) sind die einfachsten; denn
erstere haben nur eine (Teilbarkeit) und letztere nur
zwei (Teilbarkeit und Ausdehnung) Eigenschaften,
welche zur scharfen Definition derselben nicht nur benutzbar, sondern auch hierzu
vollständig ausreichend sind. An diese abstrakten Begriffe werden nun eben solche
angegliedert, welche aber drei und nicht mehr Eigenschaften zugewiesen erhalten, indem zu
den obigen Elementeneigenschaften der Teilbarkeit und
der Ausdehnung nur noch die Eigenschaft der Ortsänderung hinzugefügt ist. Hier beginnt also schon
die Systematisierung bezw. Abgrenzung der Elemente der Abstraktion auf
mathematischem Gebiete.
Fasst man demgegenüber die Elemente der heutigen Phoronomie scharf ins Auge, so
erkennt man leicht, dass dieselben nicht bloss die obengenannten Eigenschaften der
Teilbarkeit, der Ausdehnung und der Ortsänderung zugewiesen erhalten haben, sondern dass ihnen
auch noch die Eigenschaften der bekannten Begriffe: Masse, Kraft, Zeit,
Geschwindigkeit und Beschleunigung eigen sind. Zu diesen Elementen mussten die
ersten Mechaniker, welche sich mit der Weltmechanik beschäftigten, greifen, weil
materielle Punkte oder Punkte, in denen die Gesamtmassen der Weltkörper vereinigt
gedacht werden können, die Elemente ihrer Mechanik bildeten. Es waren hierzu berufen
astronomische Mathematiker, welche sich als Realisten
dem „unbekannten Schöpfer der Welten“ in einer gewissen Weise oppositionell
gegenüber zu stellen bemühten, oder als Idealisten, wie
Kepler in dem „Mysterium“ höchste und letzte
Wahrheit, ihm von Gott selbst geoffenbart, sah, bei Auffindung der Gesetze des
Weltsystems die Gedanken Gottes nachzudenken überzeugt waren. Diese Faustnaturen des
Realismus und Idealismus sind es gewesen, welche auch die grundlegenden Ideen für
die dynamischen Verhältnisse der terrestrischen Massenkörper klar gelegt haben. Ein
Baustein gliederte sich an den anderen, bis schliesslich die Erkenntnis Platz
gegriffen hat, dass das Gebiet des sogen. „Weltproblems“ viel leichter zu
behandeln sei, als dasjenige der dynamisch zu behandelnden Probleme der
terrestrischen Massenkörper.
Die Fundamentalgleichungen der Hydraulik und der Festigkeitslehre, vom dynamischen
Gesichtspunkte aus betrachtet, können von den Mathematikern der Jetztzeit nicht
allgemein gelöst werden. Zulässige Annäherungen müssen gemacht werden, wenn man der
in Rede stehenden Materie überhaupt etwas näher kommen will. Die durch die gemachten
Annäherungen hervorgerufenen Fehler müssen dann durch Erfahrungskoeffizienten,
soweit es möglich ist, wieder ausgeglichen werden, um mit der Praxis ungefähr
übereinstimmende Resultate zu erhalten. Das wirklich Richtige steht, vom
mathematischen Standpunkte aus, noch in weiter, weiter Ferne.
Eine wesentliche Förderung der Mathematik ist daher durchaus erforderlich, wenn die
terrestrische Mechanik weitere Fortschritte machen soll. Nun ist aber die Förderung
der Mathematik mit der Förderung der mechanischen Wahrheiten bis jetzt fast
gleichzeitig erfolgt, so dass beiden ein gewisser gemeinschaftlicher Grundgedanke
eigen sein muss. Dies trifft auch hier zu; denn die Torka'sche Geometrie vermag für die von mir gegebene Erklärung der
allgemeinen Massenanziehung durch Schwerkraft bezw. Wärmeausstrahlung die durchaus
erforderliche mathematische Behandlung zu liefern. Eine unbewusste Ahnung von einem
solchen Zusammenhang finden wir schon bei Kepler, und
wird sich jeder zu eigen gemacht haben, welcher sich mit der Mathematik bis
einschliesslich zur höheren Analysis hinauf beschäftigt hat.
Ein System in der weiteren Entwickelung der unumstösslichen mathematischen Gesetze
ist aber, wie Torka mit Recht betont, durchaus
erforderlich; derselbe sucht daher, da ihm die bisherigen Mathematiker davon
vollständig abgewichen zu sein scheinen, vom mathematischen Standpunkte aus nach den
algebraischen und rein geometrischen Elementen zunächst diejenigen
Wissenschaftszweige in Angriff zu nehmen, deren Elemente der algebraischen Reihe
nach die wenigsten Eigenschaften besitzen und durch
dieselben auch durchaus scharf definiert werden können. Hiernach würde die
Bewegungsgeometrie als „dritte“ mathematische
Disziplin neben der „Algebra“ und „Geometrie von heute“ zu behandeln
sein, während die „Phoronomie“, wenn dabei die Gesetze der Kombinationslehre
nicht ausser acht gelassen werden, erst nach einer grossen Reihe von Bindegliedern,
welche zwischen der „reinen Mathematik“ und der „Mechanik“ liegen, zur
Behandlung gelangen dürfte.
Die Elemente der neuen Torka'schen Geometrie, welche als
„Potenzpunkt“, „Potenzlinie“, „Potenzfläche“ und
„Potenzraum“ bezeichnet werden, stimmen ihrer Gestalt und Ausdehnung nach
mit denen der übrigen geometrischen Wissenschaftszweige vollständig überein; sie
unterscheiden sich von diesen aber ganz wesentlich durch die Eigenschaft der
Orts(ver)änderung. Diese Eigenschaft ist so zu verstehen, dass die Elemente als
solche nicht bloss Spuren gesetzmässig bewegter Gebilde niederer Stufe sind, z.B.
eine Linie die Spur eines bewegten Punktes, eine Fläche die Spur einer bewegten
Linie u.s.w., sondern dass sie gleichzeitig auch noch die Fähigkeit besitzen, die
Gebilde, durch deren Bewegung sie geschaffen sind, stets wieder nach demselben
mathematischen Gesetze zu bewegen. Hiernach ist die Eigenschaft der
Orts(ver)änderung bei den Elementen der Bewegungsgeometrie eine „potenzielle“.
In der Torka'schen Bewegungsgeometrie müssen also
Gebilde, welche nach altgeometrischen Begriffen der Gestalt und Ausdehnung nach
vollständig miteinander übereinstimmen, auch noch ihrer Potenz nach auseinander
gehalten werden. Torka unterscheidet also unendlich
viele „Punkte, Linien, Flächen und Räume verschiedener Potenz“
voneinander.
Ein Punkt, eine Gerade,
eine Ebene und ein Raum nullter
Potenz besitzen nicht die Fähigkeit, einander
zu bewegen; ihnen entsprechen der „Systempunkt“
und die „starren Systeme“. Von dem Systempunkt unterscheidet sich wesentlich
der mit Bewegungspotenz behaftete Punkt, welcher „Hüllpunkt“ heisst.
Ein„Hüllpunkt erster Potenz“ ist fähig,
eine Gerade (einen Strahl) nach einer Funktion ersten Grades in einer Urvariablen um
sich selbst in einer Ebene zu drehen; derselbe wird aber auch umgekehrt durch
Drehung eines Strahles in einer Ebene nach einer Funktion ersten Grades als ein
Hüllgebilde geschaffen. – Eine „Gerade erster
Potenz“ ist fähige einen Hüllpunkt auf sich selbst nach einer Funktion
ersten Graues in einer Urvariablen zu verschieben; dabei kann der Hüllpunkt als
solcher eine beliebig hohe Potenz besitzen, wie auch letzterer durch Geraden
verschieden hoher Potenz gesetzmässige geradlinige Bewegungen auszuführen gezwungen
werden kann. – Eine „Ebene erster Potenz“ bewegt
eine Gerade (einen Strahl) in sich selbst nach einer Funktion ersten Grades, was
durch Drehung des Strahles aus um einen endlichen oder um einen unendlich fern
liegenden Punkt (Hüllpunkt) geschehen kann. Andererseits erzeugt ein in einer Ebene nach einer Potenz ersten Grades um einen
Hüllpunkt gedrehter Strahl auch eine „Ebene erster
Potenz“. Dieses Gebilde wird in der synthetischen Geometrie ein Strahlenbüschel erster Ordnung genannt. – In demselben
Verhältnis stehen die „Ebene“ und der „Raum erster Potenz“ zu einander. Hiernach wird
es natürlich auch möglich, Potenzpunkte, Potenzgeraden bezw. Potenzlinien,
Potenzebenen bezw. Potenzflächen, sowie Potenzräume verschieden hohen Grades nicht
nur auseinander zu halten, sondern auch scharf zu definieren.
Auf diese Weise kommt Torka zu den Begriffen der
unendlichen Vielfältigkeit des Punktes, der Linie, der Fläche und des Raumes. Auch
gelangt derselbe hierbei zu geometrischen Konstruktionen von Differentialgleichungen, welche die heutigen Mathematiker zu lösen noch nicht
im stande sind (siehe Gleichung 48 S. 24 des Torka'schen Buches), so dass in Heft V eine Förderung der Lehre von den
Differentialgleichungen und ganz besonders der Lehre von den partiellen
Differentialgleichungen zu erwarten ist. Vorläufig sind im ersten Hefte nur die
Grundzüge der neuen Bewegungsgeometrie gebracht worden, während die Mittel, welche
hierbei die Hauptsache ausmachen und den Gegenstand des zweiten Heftes bilden
werden, nur angedeutet sind.
Auf die Einzelheiten der Entwickelung, deren sachlicher Kern klar zu erkennen ist,
einzugehen, würde hier zu weit führen. Es mag zum Schlusse nur noch hervorgehoben
werden, dass Torka bei der Entwickelung seiner
Bewegungsgeometrie, wie aus den vorstehenden Ausführungen sich wohl ersehen lassen
dürfte, vom Einfacheren zum Zusammengesetzteren in stufenmässiger Folge und
vollständig nach den Gesetzen der Kombinationslehre fortschreitet, nachdem die
Elemente fest und sicher gelegt sind, so dass ein klarer Ueberblick über das weit
verzweigte Gebiet geschaffen wird, den die ausserordentlich knappe Darstellung
wesentlich erleichtert.
Die Weltausstellung in Paris
1900. Mit zahlreichen photographischen Aufnahmen, farbigen Kunstbeilagen
und Plänen; in Verbindung mit Fachleuten herausgegeben von A. J. Meier-Graefe. Paris und Leipzig. F. Krüger.
Mit dem Ende der Weltausstellung hat auch dies bedeutende und vornehm ausgestattete
Werk in der soeben erschienenen 10. Lieferung seinen Abschluss gefunden. In der That
ein interessantes Buch. Wie mancher wird mit Interesse diejenigen Gebiete
nachschlagen, die ihn bei seinem Besuch in Paris besonders fesselten, wird seine
Eindrücke mit dem unparteiischen Urteil der Autoren vergleichen können, während
schöne photographische Illustrationen ihm auf Schritt und Tritt die Situation
lebhaft in die Erinnerung zurückrufen. – Seiner Anlage nach für die gesamte
gebildete Welt bestimmt, bietet das Werk aber auch dem Fachmann des Wertvollen
genug, denn es sind auf jedem Gebiete die deutschen Leistungen mit denen der
verschiedenen Nationen meistens unter Nennung der hervorragenden Firmen verglichen.
Ein systematisches Verzeichnis macht das Auffinden jeden Zweiges leicht. Ueber das
im Werke Gebotene gibt die Einteilung den besten Aufschluss:
1. Rahmen der Ausstellung.
2. Architektur der Ausstellung.
3. Im Inneren der fremden Paläste.
4. Maschinen, Hüttenwesen und Elektrizität.
5. Die Kunst auf der Ausstellung.
6. Das künstlerische Gewerbe auf der Ausstellung.
7. Die Textilindustrie.
8. Chemie, Erzeugnisse für Kunst, Litteratur und Wissenschaft.
9. Transport- und Ingenieurwesen. Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie.
10. Heer und Marine. Handelsschiffahrt. Kolonien. Statistik der Ausstellung.
Wir empfehlen das wertvoll und prächtig ausgestattete Werk bestens.
Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung (A. Kröner)
Stuttgart.
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.