Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, Miszellen, S. 707 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Ueber Elektromotoren für den Antrieb von
Walzenstrassen.
Für den Antrieb von Walzenstrassen kommen meistens nur Drehstrommotoren in Frage, und
zwar aus folgenden Gründen: Der Ein- und Zweiphasenmotor läuft schwer an und
meistens nur unbelastet, ferner ist die Ueberlastungsfähigkeit eine sehr geringe und
der Wirkungsgrad schlechter als beim Drehstrommotor. Die Gleichstrommotoren
verlangen eine grössere Wartung, da die Stromzuführung durch schleifende Bürsten und
einen Kollektor stattfindet. Ausserdem nutzt letzterer schnell ab, woraus sich
ergibt, dass der Gleichstrommotor wie der Ein- und Zweiphasenmotor nicht zum
Dauerbetrieb geeignet ist. Der Drehstrommotor dagegen kann ohne Bürsten ausgestattet
werden, besitzt ein grosses Anzugsmoment und bedarf fast keiner Wartung. Hierzu
kommt noch, dass der Bau des Drehstrommotors ein viel einfacherer als einer der
erstgenannten Motoren ist, so dass man schliesslich, wenn man noch das geringere
Gewicht desselben im Vergleich zu den anderen in Betracht zieht, wohl sagen darf,
dass der Drehstrommotor gewissermassen allen Anforderungen für den Betrieb von
Walzenstrassen am meisten entspricht. Soll der Motor mit voller Last anlaufen, so
ist ein Schleifringanker einem Kurzschlussanker vorzuziehen, da man dann die normale
Anzugskraft um etwa das Dreifache durch Veränderung des Widerstandes im Ankerstrom
erhöhen kann.
Nach der Anlaufperiode kann der Ankerstromkreis durch einen Schalthebel im Anker
selbst kurzgeschlossen werden, so dass dann die Bürsten wieder abgehoben werden
können und die Ankerschaltung somit wieder dem Kurzschlusssystem entspricht. Die
Tourenzahl der Drehstrommotoren nimmt mit steigender Belastung um einige Prozent ab.
Hat nämlich der Anker an seiner Welle keine Arbeit abzugeben, so rotiert derselbe
mit nahezu derselben Geschwindigkeit wie das rotierende Magnetfeld. Bei zunehmender
Belastung jedoch beginnt der Anker zu schlüpfen, d.h. der Anker bleibt etwas zurück
und beginnt zu gleiten. Diese Schlüpfung ist in den Grenzen normaler Belastungen
fast proportional der zunehmenden Belastung. Beträgt die Tourenzahldifferenz bei
halber Belastung etwa 1,5%, so ist sie bei voller Belastung bis etwa 3% angewachsen.
Diese Schlüpfung ergibt allerdings einen geringen Verlust, und ist es daher für den
normalen Betrieb vorzuziehen, Motoren mit einer geringen Schlüpfung zu verwenden.
Berücksichtigt man den hohen Wirkungsgradeiner elektrischen Walzwerksanlage, so
wird selbst ein grosser Schlupf des Antriebsmotors bei momentaner Ueberbelastung
noch gar keine Rolle spielen. Einen Vorteil besitzt dabei diese Schlüpfung dennoch,
da die lebendige Kraft einer Schwungmasse die momentan zu leistende Arbeit
übernehmen kann, wenn die Geschwindigkeit abnimmt. Es folgt hieraus, dass die
Motorleistung nicht unbedingt dem auftretenden Maximalwiderstand zu entsprechen
braucht. Es sollen nun an dieser Stelle nur Motoren mit Schwungmassen berücksichtigt
werden, und zwar wollen wir zunächst untersuchen, in welcher Weise der Motor vom
Schwungrad unterstützt wird und welche Dimensionen für das Schwungrad erforderlich
sind.
Es sind hierzu die verschiedenen Arbeitsperioden in Betracht zu ziehen, und zwar
bestehen dieselben in der Walz- und Erholungsperiode. Die Walzperiode entspricht dem
Zeitraum, in welchem der Motor die erforderliche Arbeit zu leisten hat; während die
Erholungsperiode dem Zeitraum entspricht, in welchem die vom Schwungrad abgegebene
Arbeit wieder vom Motor in das Schwungrad aufgespeichert wird.
Es sei angenommen, dass der Leerlaufswiderstand der Walzenstrasse und des Motors, als
auch der totale Widerstand der Walzenstrasse in der Arbeitsperiode konstant ist.
Bezeichnet man mit W den totalen Widerstand der
Walzenstrasse, mit P die Umfangskraft des Motors, mit
P' den Teil der lebendigen Kraft des Schwungrades,
welcher durch das Sinken der Tourenzahl frei wird, mit v' die Umfangsgeschwindigkeit bei Leerlauf der Walzenstrasse, mit v'' die Leerlaufsgeschwindigkeit beim Anfang der
Arbeitsperiode, mit v''' die Umfangsgeschwindigkeit am
Ende der Arbeitsperiode, mit v die Tourenzahl des
Motors; so ist allgemein
W=P+P' . . . . . . . . 1)
und hierin
P'=m\frac{dv}{dt} . . . . . . . . 2)
Bei Beginn der Arbeitsperiode sei der Beharrungszustand des Leerlaufes noch nicht
völlig erreicht. Der momentane Wert von v sei v'', also noch etwas kleiner als v' und somit derjenige von P . v sei P'' .
v'', wenn P'' die
Umfangskraft des Motors bei Anfang der Arbeitsperiode bezeichnet. Ist P''' die Umfangskraft am Ende der Arbeitsperiode, so
sind die Werte von v'' und v''' aus P'' . v'' und P'''v''' durch die Dimensionierung
des Motors bekannt.
Die Grösse des Motors ist aber gegeben durch die Gleichung:
P=\frac{P''\,\cdot\,v''\,\cdot\,(v-v''')+P'''\,\cdot\,v'''\,(v''-r)}{v\,(v''-v''')}
. . . . . 3)
und erhält man nun, diesen und den unter 2) angegebenen Wert
in Gleichung 1) eingesetzt
W=\frac{P''v''\,(v-v''')+P'''\,\cdot\,v'''\,\cdot\,(v''-v)}{v\,(v''-v''')}+m\,\frac{dv}{dt}
. . . . . 4)
Hieraus lassen sich die Gleichungen der Kurven für P und
v als Funktionen der Zeit entwickeln, und kann man
für die einzelnen Sekunden die Geschwindigkeitsabnahme der Schwungmasse und die
hierzu gehörige Kraftleistung des Motors in eine Kurve auftragen.
Hiermit wäre die Arbeitsperiode besprochen, und bleibt uns noch die Erholungsperiode.
In dieser ist das Schwungrad durch den Motor wieder von der am Ende der
Arbeitsperiode erreichten Geschwindigkeit v''' auf die
Anfangsgeschwindigkeit v'' zu erhöhen. Der Motor muss
also den konstanten Leerlaufswiderstand der Walzenstrasse P'''' und die Widerstandskraft P', welche die
Trägheit der Schwungmasse der Beschleunigung entgegensetzt, überwinden. Aber auch
hier gilt für jeden Augenblick die Gleichung
P=P'+P'''' . . . . . . . 5)
In dieser Formel hat P' denselben Wert wie in der
Gleichung 1) für die Arbeits- oder Walzperiode.
Für P erhält man eine ähnliche Gleichung wie unter 3),
und zwar:
P=\frac{P'''v'''\,(v'-r)+P''''\,\cdot\,v'\,(v-v''')}{v\,(v'-v''')}
. . . . 6)
Die erhaltenen Werte in Gleichung 5) eingesetzt, ergibt
\frac{P'''v'''\,(v'-v)+P''''\,\cdot\,v'\,(v-v''')}{v\,(v'-v''')}=m\,\frac{dv}{dt}+P''''
. . . . 7)
Hieraus können alsdann, wie für die Arbeitsperiode, die Gleichungen der Kurven für
P und v bestimmt
werden.
Nimmt man als maximale Leistung des Motors etwa die 1½fache normale
Motorbeanspruchung an, und nimmt die Dauer der Arbeits- oder Walzperiode, sowie den
Schlupf des Motors, also die Abnahme der Geschwindigkeit durch Wachsen der Belastung
gleich gross, so ergibt sich, dass bei kurzen Pausen zwischen zwei Stichen, also bei
geringer Erholungsperiode, ein Motor mit einer grossen Leistung und ein leichtes
Schwungrad den Anforderungen des Betriebes genügt. Dagegen ersieht man, dass bei
langen Ruhepausen zwischen zwei Stichen ein schwacher Motor und ein schweres
Schwungrad gewählt werden muss.
Wird die Motorleistung und der Schlupf gleich gross angenommen, und die Dauer der
Arbeitsperioden verschiedenartig gewählt, so findet man, dass die als konstant
angenommenen genannten Grössen, sowie die aus der Kurve hervorgehenden
erforderlichen Schwungmassen sich proportional mit der Dauer der Arbeitsperiode
vergrössern, und somit für lange Arbeitszeiten grosse Schwungmassen und für die
Erholungsperioden grössere Pausen benötigt werden.
Nimmt man an, dass die Dauer der Arbeitsperioden, sowie die Motorleistung gleich
gross sind und der Schlupf verschiedenartig ist, so ergibt sich, dass die zugehörige
Schwungmasse um so grösser wird, je weniger Schlüpfung zugelassen ist. Es sei noch
bemerkt, dass man den Wirkungsgrad der Motoren in sehr weiten Grenzen als fast
konstant annehmen darf, da derselbe höchstens nur bis auf etwa 0,85 sinken wird.
Aus obiger Betrachtung sind die Reversierwalzenstrassen ausgeschlossen, da dieselben
ganz anderen Betriebsbedingungen unterworfen sind.
S. H.
Bücherschau.
Tafeln zur Bestimmung der
Drainröhrenweite für zehn verschiedene Wasserführungen nebst kurzgefasster
Anleitung zur Röhrendrainage für Kulturtechniker und Landwirte von Chr. Nielsen, Diplomingenieur, Oberlehrer der
Grossherzoglichen Landwirtschafts- und Ackerbauschule in Varel a. d. Jade. Mit 3
Tafeln. Braunschweig 1901. Friedr. Vieweg und Sohn.
Das vorliegende Werkchen über Röhrendrainage verdankt seine Entstehung dem Bestreben,
die vom Verfasser entworfenen und der neuen (vierten) Auflage von Dr. Dünkelberg's Wiesenbau einverleibten graphischen Tafeln zur Ermittelung von
Drainröhrenweiten auch selbständig der Oeffentlichkeit zu übergeben. Wenn
daher auch in einem angehängten zweiten Teil eine kurzgefasste Anleitung zur Ausführung der Röhrendrainage vervollständigend und den
Wert des Schriftchens erhöhend beigefügt ist, so liegt doch dessen Schwerpunkt in
den graphischen Tafeln selbst und ihrer wissenschaftlichen Begründung.
Entsprechendder örtlich sehr verschiedenen jährlichen Niederschlagshöhe, welche
von 40 cm (im Ural) bis zu 146 cm (im Schwarzwald) wechselt, hat Verfasser unter
Festhaltung der konventionellen Forderung, dass die überflüssige Wassermenge im
Frühjahr in 14 Tagen aus dem Boden entfernt werde, die Tafeln so eingerichtet, dass
sie direkt verwendbar sind für sekundlich und pro Hektar abzuführende Wassermengen
von 0,45 l bis zu 1,35 l. Verfasser legt seinen Tafeln die Prony-Eytelwein'sche Geschwindigkeitsformel
v=3,59\,k\sqrt{\frac{dh}{2+d}} zu Grunde, wo k ein vom Röhrendurchmesser d abhängiger Koeffizient und h das
prozentische Gefälle der Leitung bedeutet. Sehr übersichtlich, weil in genügend
grossem Massstab entworfen, ergeben sich aus den zwei ersten Tafeln die Beziehungen
und Werte zwischen der entwässerten Fläche, der Wassergeschwindigkeit im
Röhrenstrang, dem prozentischen Gefälle und dem Röhrendurchmesser, unter
Voraussetzung der Vincent'schen Zahl von 0,756 l
abzuführenden Wassers pro Sekunde und pro Hektar.
Die Tafel III enthält zehn Leisten, welche, auf Tafel I und II passend gelegt, die
entsprechenden Beziehungen und Werte für sekundliche Wasserabführung von 0,45 l bis
1,35 l liefern.
Die Schrift dürfte für den praktisch thätigen Kulturtechniker oder Landwirt ein
wertvolles Hilfsmittel darstellen; die Ausstattung ist tadellos.
W.
Mitteilungen über Forschungsarbeiten
auf dem Gebiete des Ingenieurwesens, insbesondere aus den Laboratorien der
technischen Hochschulen. Herausgegeben vom Verein
deutscher Ingenieure. Heft 1. Berlin 1901. Kommissionsverlag von Julius
Springer.
Der Verein deutscher Ingenieure hat sich die
dankenswerte Aufgabe gestellt, die Ergebnisse technischer Forschungsarbeiten dem
Ingenieur in handlicher Form und zu billigem Preis zugänglich zu machen. Zu diesem
Zweck sollen die zunächst in der Zeitschrift des Vereins zu veröffentlichenden
Arbeiten nach Bedarf ergänzt und erweitert, als Sonderabdruck herausgegeben werden,
wobei die Zeitschrift einen erheblichen Teil der Kosten selbst trägt. Das
vorliegende erste Heft enthält „Berichte über neuere Forschungsarbeiten von Bach“, veröffentlicht in den Jahren 1900 und
1901, mit folgendem Inhalt: Unterschied der Elastizität von Hartguss und
gewöhnlichem Gusseisen. Zur Frage der Proportionalität zwischen Dehnungen und
Spannungen bei Sandstein. Festigkeit und Dehnung der Bronze, abhängig von der
Temperatur. Arbeitsvermögen und Elastizität von hochwertigem Gusseisen.
Druckfestigkeit hochwertigen Gusseisens, Zugfestigkeit desselben, abhängig von der
Temperatur. Temperaturverhältnisse im Inneren eines Lokomobilkessels während der
Anheizperiode.
Das im Interesse der Allgemeinheit begonnene Unternehmen verdient allseitige
Anerkennung.
Die Wärmeausnutzung bei der
Dampfmaschine. Von W. Lynen, Prof. an der
technischen Hochschule in Aachen. Berlin 1901. Julius Springer. 59 S. 8° mit 54
Figuren.
Der Verfasser bespricht in gedrängter Kürze die neuzeitlichen Fortschritte in der
Wärmeausnutzung bei Dampfanlagen und hebt insbesondere den wirtschaftlichen Vorteil
der mit überhitztem Dampf betriebenen Maschinen hervor, die gegenüber den mit
gesättigtem Dampf gespeisten Maschinen in den Kohlenkosten Ersparnisse von 10 bis
15% ergeben sollen, so dass zur Zeit in Deutschland durch die bestehenden
Ueberhitzeranlagen jährlich 7 bis 10 Millionen Mark an Nationalvermögen erspart
werden.
Um das eigenartige Verhalten der Wärme bei Arbeitsvorgängen auch Nichtfachleuten
verständlich zu machen, wird dieselbe nicht wie gewöhnlich zeichnerisch, sondern mit
direkter Benutzung der hierher gehörigen Formeln plastisch und zwar durch eine in
verschiedenen Münzsorten ausgeprägte Silbermenge dargestellt – die Wärme sonach als
ein Körper betrachtet, der über die wichtigsten Fragen aus dem Dampfmaschinenbetrieb
sofort klaren Aufschluss gibt. Hierbei sind die Wärmeverluste entsprechend
berücksichtigt.
Beachtenswerte Angaben über die vorteilhafteste Verwendung des Auspuffdampfes werden
manchem Leser, dem dieser Gegenstand bisher fern gelegen hat, eine willkommene
Zugabe sein, wie überhaupt der Inhalt des Buches dem Verständnis von Personen, die
mit Dampfmaschinen zu thun haben und doch keine Maschineningenieure sind,
allenthalben angepasst ist. Diesen besonders kann das Studium des sehr zeitgemässen
Werkchens bestens empfohlen werden.
Chemnitz.
Fr. Freytag.