Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 52 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Wirkungen moderner Geschosse aus schweren Schiffsgeschützen.
Die Wirkungen von Geschossen, deren Sprengladung sich aus explosiblen Nitraten
zusammensetzen, sind als enorme bekannt, aber diese Geschosse haben die unangenehme
Eigenschaft, nicht zuverlässig zu sein, in den Geschützrohren zu krepieren und dann
das eigene Material und Personal zu vernichten, ohne dem Gegner zu schaden. Dänemark
wollte für seine Marine solche wirksamen Geschosse einführen, und eine umfassende
Probe wurde im Herbst 1901 angeordnet, deren Ergebnisse nunmehr vorliegen und die
mit dem fast augenblicklichen Verlust eines der beiden zu den Prüfungen gestellten
Schiffe – ziemlich verblüffend – geendet haben. Man beabsichtigte auf dem Panzer
„Skjold“ 30 Geschosse mit neuen Sprenggranaten, auf dem Kanonenboot
„Moen“ 20 zu proben. „Skjold“ ist erst am 5. September 1896 vom
Stapel gelaufen, 2180 t gross, am Gürtel, an den Türmen mit Stahlpanzer geschützt
und mit einem 25 cm Hinterlader, drei 12 cm, vier 4,7 cm Schnellladern armiert. Das
Schiff repräsentiert einen Wert von etwa 4 Millionen Mark. „Moen“ dagegen
hatte keinen Wert mehr, war 27 Jahre alt, aus Eisen gebaut, ohne Panzerschutz und
führte einen 25 cm Vorderlader von Armstrong, vier Revolverkanonen bei einer
Wasserverdrängung von 410 t. Die Proben sollten mit den 25 cm-Geschützen beider
Schiffe gemacht werden. Diese wurden ausserhalb des Forts Middelgraad bei Kopenhagen
im nördlichen Fahrwasser, 400 m voneinander entfernt, vor Anker gelegt, hatten Dampf
auf, und „Moen“ begann zu feuern. Die 20 Geschosse, deren jedes mit 25 kg
Pikrinsäure gefüllt war, befanden sich in der Pulverkammer unter dem 25 cm-Geschütz,
woselbst auch 600 kg Pulver für die Kartuschen untergebracht waren. Nachdem das
Geschütz geladen war, verliess es die Mannschaft, begab sich auf den „Skjold“
und dort hinter die Panzerung, ein. Beweis, dass das Vertrauen zu den Granaten kein
hervorragend grosses war. Die Entzündung der Ladung erfolgte elektrisch vom
„Skjold“ aus. Zwei Granaten hatten gut funktioniert, die Zuschauer auf
„Skjold“ verliessen teilweise die Deckungen; da
flog beim dritten Schuss das ganze Vorschiff des „Moen“ unter gewaltiger
Detonation in die Luft, das Hinterschiff sank sofort, ein Hagel von Eisen und
Holzteilen kam bis zum „Skjold“ herüber, verletzte aber niemand.
Durch Taucher wurde festgestellt, dass das ganze Vorschiff nebst dem 25 cm-Geschütz
in Atome zersplittert war. Wahrscheinlich krepierte die Granate im Rohr und es
erfolgte die Explosion der noch übrigen 17 Geschosse und der 600 kg Pulver. Die
Maschine war völlig zerstört, die Kessel sollen explodiert sein.
Bahnräumer.
S. 819 Bd. 316 enthält unter den kleineren Mitteilungen eine Beschreibung der
Schutzvorrichtung für Strassenbahnwagen von Wilson und
Bennet, deren Prinzip im Gegensatz zu den
meisten anderen Vorrichtungen dieser Art darin besteht, dass der im Wege liegende
Körper zunächst gegen einen Fühler stösst und diesen zurückdrängt. Dabei senkt sich,
bethätigt durch den Fühler, eine Art Schaufel nieder und nimmt den Körper auf.
Eine Vorrichtung dieser Art ist indessen bereits im Jahre 1894 von mir ausgeführt
worden, worüber das nachfolgende amtliche Versuchsprotokoll Auskunft gibt:
„Auf Veranlassung der Polizeiverwaltung unterzogen die Unterzeichneten heute
vormittag die von Herrn Direktor Haedicke in Siegen
erfundene Schutz- und Fangvorrichtung für Schienenwagen einer eingehenden
Besichtigung und Prüfung.
Es waren an den Endseiten eines Wagens der elektrischen Strassenbahn zwei
verschiedene Schutz- und Fangvorrichtungen nach beiliegender Zeichnung
angebracht.
Eine mit sehr dünner Gaze bekleidete Puppe von der Grösse eines etwa
zwölfjährigen Kindes diente als Versuchsobjekt. Die Puppe wurde in den
verschiedensten Lagen (liegend sowie stehend, in der Längs- und Querrichtung der
Schienen, zwischen den Geleisen, auf und neben denselben, auch während der
Vorbeifahrt des Wagens vom Strassendamm in die Schienen gestossen) der
Thätigkeit des Apparates ausgesetzt, zum Teil war die Fahrgeschwindigkeit eine
gemässigte, zum Teil eine volle.
Textabbildung Bd. 317, S. 51
Fig. 1.
In allen Fällen funktionierte der Apparat als Fänger in der erwarteten Weise; er
nahm die Puppe auf bezw. schob sie vor sich her und zwar so, dass die hinter dem
Fänger liegende Holzschwelle (Bahnräumer) auch nicht in einem einzigen Falle
Kontusionen des Versuchsobjektes verursachte. Die sehr dünne und empfindliche
Hülle der Puppe zeigte zwar in zwei Fällen (einmal beim Aufrechtstehen) kleinere
Risse, indessen war die unter der Gazehülle befindliche Leinenhaut der Puppe
stets unverletzt geblieben. In einem Falle, als die Puppe neben den Schienen
lag, wurde dieselbe von dem Fänger auf den Strassendamm geworfen.
Von den beiden Fängern erwies sich nach dem allgemeinen Urteil der Unterzeichneten
die neuere Konstruktion (mit der
Stossstange in der Mitte) als leichter funktionierend und bequemer in der
Handhabung.“ (Unterschriften.)
Textabbildung Bd. 317, S. 52
Fig. 2.
Wie die Systemskizze (Fig. 1) ergibt, unterscheiden
sich die beiden Vorrichtungen nur leicht in der Art der Verbindung zwischen Fühler
und Schaufel. Die früheren Ausführungen habe ich einfacher nach der Fig. 2 gestaltet, wobei nur die Handhabung bei der
Rückstellung des Apparates etwas unbequemer ist.
Hermann Haedicke.
Deutschlands Elektrizitätswerke.
Am 1. April 1901 bestanden in Deutschland nach Angabe von R.
Lüders in Görlitz 768 Elektrizitätswerke gegenüber 652 im Jahre vorher. Die
Anlagekosten für diese Werke betragen im Durchschnitt 1628 M. pro Kilo-Watt oder
1212 M. pro Pferdekraft. Das Gesamtkapital, welches in deutschen Elektrizitätswerken
festgelegt ist, die die erzeugte Elektrizität für Beleuchtung und für Kraft an
dritte Betriebe abgeben, beträgt – die elektrischen Strassenbahnen ausgeschlossen –
über 540 Millionen Mark. 81,3 % der Werke erzeugen ausschliesslich Gleichstrom.
Preisaufgabe.
Für das Jahr 1902 hat der Verein Deutscher
Maschineningenieure eine Preisaufgabe, die sogen. Beuth-Aufgabe, ausgeschrieben, betreffend Entwurf einer Vorrichtung für einen Flusshafen zum Entladen von 24000 t
Kohle innerhalb 24 Stunden aus Eisenbahnwagen mit Seitenentladung in
Flussschiffe.
Für eingehende preiswürdige Lösungen werden nach Ermessen des Preisrichterausschusses
des Vereins goldene Beuth-Medaillen gegeben; für die beste von ihnen ausserdem ein
Geldpreis von 1700 M. mit der Verpflichtung für den Verfasser, innerhalb zweier
Jahre eine auf wenigstens 3 Monate auszudehnende Studienreise anzutreten, 4 Wochen
vor ihrem Antritt beim Vorstand die Auszahlung des Preises zu beantragen, einen
Reiseplan einzureichen, etwaige Aufträge des Vereins entgegenzunehmen und auf der
Reise auszuführen, die erfolgte Rückkehr dem Vorstande unverzüglich anzuzeigen
und 6 Wochen später einen Reisebericht nebst Skizzen vorzulegen.
Die wichtigsten der für das Preisausschreiben massgebenden Bedingungen sind
folgende:
1. Die Beteiligung steht auch Fachgenossen, die nicht Vereinsmitglieder sind, frei,
jedoch mit der Beschränkung, dass die Bewerber das 30. Lebensjahr zur Zeit der
Bekanntmachung der Aufgabe noch nicht vollendet oder die zweite Prüfung für den
Staatsdienst im Maschinenbaufache noch nicht abgelegt und zur Zeit der Ablieferung
der Aufgabe die Mitgliedschaft des Vereins erlangt haben.
2. Die Arbeiten sind mit einem Kennwort versehen bis zum 6.
Oktober 1902, mittags 12 Uhr, an den Vorstand des Vereins Deutscher Maschineningenieure, zu Händen des Herrn Geheimen
Kommissionsrat Glaser, Berlin S. W., Lindenstrasse 80,
unter Beifügung eines gleichartig gezeichneten verschlossenen Briefumschlags
einzusenden, der den Namen und den Wohnort des Verfassers enthält. Ist der Bewerber
ein Regierungsbauführer und wünscht er, dass seine Bearbeitung der Preisaufgabe zur
Annahme als häusliche Probearbeit für die zweite Staatsprüfung im
Maschinenbaufache
a) dem königl. preussischen Minister der öffentlichen Arbeiten,
b) dem königl. sächsischen Finanzministerium oder
c) dem grossherzogl. hessischen Ministerium der Finanzen seitens des Vereins
eingereicht werde, so hat er auf der Aussenseite des Briefumschlages einen
dahingehenden Wunsch zu vermerken.
3. Die Prüfung der eingegangenen Arbeiten und die Zuerkennung der Preise erfolgt
durch einen Preisrichterausschuss; das Ergebnis der Beurteilung wird in der
\frac{\mbox{November}}{\mbox{Dezember}}-Versammlung des Jahres 1902 mitgeteilt.
Die näheren Bedingungen, insbesondere die Einzelheiten der Aufgabe; sind durch Herrn
Geheimen Kommissionsrat Glaser erhältlich.
Bücherschau.
Die Elektrizität, ihre Eigenschaften, Wirkungen und Gesetze. Von A. Gerteis, Ingenieur. Mit 57 Textfiguren und 1 Tafel. Halle a. S. C. O. Lehmann.
Als erster Teil eines dreiteiligen Werkes erschienen, welches die moderne
Starkstromelektrotechnik mit Ausschluss der elektrischen Bahnen zu behandeln hat und
welches sowohl für Techniker, denen die Basis der wissenschaftlichen Ausbildung noch
fehlt wie für den eigentlichen Mann der Praxis, den Monteur, bestimmt ist, war dem
Verfasser die schwierige Aufgabe gestellt, das Wesen, das Wirken und die Gesetze der
Elektrizität mit thunlichster Vermeidung eines ausgedehnten mathematischen Apparates
zu entwickeln und den Leser systematisch in das behandelte Gebiet einzuführen.
Reiche Praxis auf dem in Rede stehenden Gebiet, sowie die Bethätigung als Fachlehrer
befähigten nun den Verfasser in vollem Masse, das angestrebte Ziel zu erreichen, und
erweist der Inhalt, dass sich der Verfasser der grossen Schwierigkeit seiner Aufgabe
voll bewusst war. Mit der Entwickelung der Grundbegriffe beginnend, wird in
lückenloser Form das Wesen, das Wirken und die Gesetze der Elektrizität dem Leser
fasslich nahe gerückt, wobei die Darstellung soweit als angängig kritisch ist und
sich in weitgehende Detaillierung nicht eingelassen wird.
Die Schreibweise ist äusserst glatt und elegant und erhebt das Werk sowohl bezüglich
der Form als der Auswahl des Stoffes den Anspruch auf Originalität. In letzterer
Beziehung scheint jedoch etwas zu weit gegangen zu sein und ist die
Darstellungsweise in manchen Fällen, trotz stetiger Beibehaltung der schönen Form,
nicht ganz dem Wesen des Werkes, das doch nur für Mindergebildete berechnet ist,
angepasst. Eine etwas nüchternere Schreibweise hätte dem sonst so vorzüglichen Werke
eher genutzt als geschadet.
A. P.
Elektrische Wechselströme von Gisbert Kapp. Autorisierte deutsche Ausgabe von Hermann Kaufmann, Ingenieur. Mit zahlreichen in den Text gedruckten Figuren. Dritte verbesserte Auflage. Leipzig 1900. Oskar Leiner.
Die Vorzüge dieses Werkchens, welches ein zusammenhängendes Bild der gesamten
Wechselstromtechnik gibt und die Grundbegriffe des Wechselstromes, die Generatoren,
Transformatoren, Kraftstationen, Motoren, sowie auch die Mehrphasenströme umfasst,
erhellen wohl schon daraus, dass es in rascher Folge in dritter, in Form und
Ausführung gleichgehaltener Auflage erscheinen konnte.
Die Vorzüge der Kapp'schen Schreibweise, Einfachheit und
Klarheit bei knapper Behandlung, haben diesem Werke, wie überhaupt allen Werken des
gleichen Verfassers zum verdienten Erfolge verholfen, der demselben auch bei dieser
dritten Auflage sicher treu bleiben wird. Ein nicht geringer Anteil an dem Erfolg
der deutschen Auflage ist jedoch dem Uebersetzer zuzuschreiben, welcher, sich dem
Geiste des Originales anschmiegend, es in trefflicher Weise verstand, den Inhalt in
einer Weise wiederzugeben, dass die Vorzüge des Originales beibehalten erscheinen,
eine Leistung, welche nicht unterschätzt werden darf, da die deutsche Sprache in
diesem Fall als recht sprödes Werkzeug erscheint, welche sich nur widerwillig der
prägnanten Ausdrucksweise, wie sich solche im Englischen herausgebildet hat,
anpassen lässt. Die gediegene Ausstattung dieses Werkchens seitens der
Verlagshandlung trägt auch das ihrige zur Werterhöhung bei.
A. P.