Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 209 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Mechanische Heizvorrichtung für Lokomotiven.
Bekanntlich können bei Dampfkesselfeuerungen mechanische Vorrichtungen zum Beschicken
des Rostes, was die Regelmässigkeit der Brennstoffzuführung und die
Wirtschaftlichkeit des Verbrauches anbelangt, von grossem Werte sein, namentlich
dort, wo es sich um eine stetig gleichbleibende Dampferzeugung handelt. Weniger
günstig erweist sich natürlich die Anwendung mechanischer Beschickungsvorrichtungen
für solche Kesselanlagen, welche ungleich in Anspruch genommen sind. Zuvörderst wohl
deshalb, zum Teile aber auch wegen der beengten Raumverhältnisse hat man bisher
wenig darauf geachtet, derartige Anordnungen
an Lokomotiven anzubringen, die ja bei der Thal- oder Bergfahrt, beim Anhalten
oder Anfahren, während der Aufenthalte auf den Stationen oder bei voller Fahrt auf
offener Strecke u.s.w. immer wieder andere Mengen oder auch gar keinen Dampf
verbrauchen. In Europa wenigstens sind, wie es scheint, überhaupt noch keine
ernstlichen Versuche mit einschlägigen Hilfseinrichtungen auf Lokomotiven angestellt
worden, wohl aber in Amerika, allein auch da nur ganz selten und vereinzelt. In der
That lassen sich auf Lokomotiven in Anbetracht des schwankenden Dampfbedarfes
Beschickungsvorrichtungen überhaupt nur dann verwenden, wenn sie so eingerichtet
sind, dass die Geschwindigkeit, mit der die selbstthätigen Brennstoffzuführungen
aufeinander folgen oder die Menge des Heizmaterials bei den einzelnen Beschickungen
dem jeweiligen Erfordernisse einigermassen angepasst werden kann.
Textabbildung Bd. 317, S. 210
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 317, S. 210
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 317, S. 210
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 317, S. 210
Fig. 4.
Vor kurzem wurden nun wieder in den Vereinigten Staaten
mit einem der in Rede stehenden, ausschliesslich für Lokomotiven bestimmten
Feuerungsapparaten Versuche vorgenommen, welche nach Mitteilung der Railroad Gazette zu befriedigenden Erfolgen geführt
haben, indem sie betreffs des Heizstoffes gegenüber der sorgsamsten Handfeuerung
noch immer einen Minderverbrauch von 10 bis 20 % erzielen liessen, während gegenüber
der gewöhnlichen, ohne besondere Sorgfalt durchgeführten Handbedienung der Feuerung
20 bis 50 % Ersparnisse festgestellt werden konnten. Diese Proben sind während einer
ziemlich langen Zeitperiode gleichmässig angestellt worden und zwar sowohl auf
einfachen Lokomotiven als auf Compoundmaschinen, desgleichen sowohl bei Personen-
als bei Lastzügen und endlich auf sehr langen Linien sowohl als auf ganz kurzen
Strecken, so dass die Endergebnisse Durchschnittswerte darstellen, die allen
möglichen Eisenbahnbetriebsverhältnissen Rechnung tragen. Aus diesem Grund wird
sonach die betreffende, in Fig. 1 bis 4 ersichtlich gemachte, von Kincaid entworfene und bei J. H. Day und Cie.
ausgeführte Vorrichtung von seiten der interessierten Eisenbahnbetriebsingenieure
gewiss einige Beachtung verdienen. Dieselbe besteht aus zwei Hauptteilen, nämlich
aus der Kohlenschüttung mit dem Blechtrichter a, den
zwei Schneckenspindeln s1 und s2 und
dem ⋃-förmigen langgestreckten Förderkasten k, sodann aus einer kleinen Dampfmaschine mit dem
Kolbencylinder c, dem Verteiler d, der Anschlussmuffe f und dem sonstigen
Zubehör.
Das Ganze ist auf der Lokomotivbrücke zwischen Führer- und Heizerstand senkrecht vor
der Feuerthür t angebracht und kann im Falle des
Untauglichwerdens, damit der Raum unverzüglich wieder für die Durchführung der
Handfeuerung verfügbar wird, angeblich in weniger als 1 Minute beseitigt und auf den
Tender verladen werden. Im Bodenteile des Blechtrichters a befinden sich die in den Trichterwänden gelagerten beiden
Schneckenspindeln s1
und s2, auf deren nach
rückwärts vorstehenden Wellenenden je ein Zahnrad sitzt, das als sogen. Sperr- oder
Schaltrad dient und in welches deshalb bei richtiger Normallage des Trichters eine
federnde Schieberklaue eingreift. Die in den Trichter geworfene Kohle gelangt schon
in Anbetracht des von den Trichterwänden gegebenen Fallwinkels auf und zwischen die
Schneckengänge der Spindeln s1 und s2 und
von da zu einem Ausschnitte a1 (Fig. 2 und 4) des Trichterbodens, von wo sie in den Förderkasten k fallen, dessen Mundstück in den Heizraum
hineinragt. Der Oberteil dieser Anordnung kann übrigens, da er in einer Wiege
lagert, mittels einer Handhabe seitlich aufgekippt werden, wie es die Fig. 2 und 4
darstellen, wenn es aus irgend einem Grunde, beispielsweise fürs Anheizen, nötig
ist, den Weg zur Feuerbüchse vorübergehend frei zu machen.
Während der richtigen Arbeitslage, wie sie Fig. 1 oder
3 kennzeichnet, wird die beim Bodenausschnitt a1 in den Förderkasten
h fallende Kohle durch ein Blechprisma b (Fig. 3), das auf der
aus dem Cylinder c vorstehenden, in den Kasten h hineinreichenden Kolbenstange der Dampfmaschine
sitzt, von rückwärts nach vorwärts geschoben, und also durch die Thür t in die Feuerbüchse geworfen; hier fällt sie auf den
kegelförmig gebogenen Zerstreuer u (Fig. 3 und 4), der in
diesem Augenblick vermittelst einer Knagge vom Kolben etwas nach abwärts geschnellt
wird, so dass er den Heizstoff über den Rost gleichmässig auswirft. Bei der in Fig. 3 ersichtlich gemachten äussersten Lage des
Kolbens ist die Trichteröffnung a1 durch den Blechkopf b
des Kolbens verschlossen, weil dieser denselben Querschnitt besitzt wie der lichte
Raum des Förderkastens h und dieselbe Länge hat wie die
Trichteröffnung a; bei der zweiten Endstellung befindet
sich hingegen die Vorderwand von b gerade am inneren
Rand von a, so dass nach jedesmaligem Einziehen des
Kolbens auch wieder Kohle durch a in den Kasten h fällt, die dann beim nächsten Vorgehen des Kolbens
wieder in die Feuerbüchse geschoben wird. Um die allfällige Ansammlung zu grosser
Kohlenstaubmengen zwischen dem Kolbenkopf b und der an
h stossenden Vorderwand des Dampfcylinders c hintanzuhalten, befindet sich in der Seitenwand des
Förderkastens ein Schlitz i, wo der Staub durch die mit
den Kolbenbewegungen verbundenen Luftstösse ins Freie getrieben wird. Die hin und
her gehende Bewegung des Kolbens wirkt auch auf zwei Winkelhaken derart ein, dass
die letzteren die weiter oben erwähnten Schiebklauen hochheben, welche in die
Schalträdchen der beiden Schneckenspindeln s1 und s2 eingreifen. Auf diese Weise werden bei jedem
Kolbengang, d. i. beim Hingang wie beim Rückgang, die beiden Schneckenspindeln – und
zwar gegeneinander – um einen Zahn ihres Schaltrades weiter gerückt, so dass sich
die Kohle im Trichter unausgesetzt gegen die Oeffnung a
nachschiebt.
Als das Wichtigste an der ganzen Anordnung darf jedoch die Reguliervorrichtung
bezeichnet werden, insofern eben sie allein es ist, was die geschilderte mechanische
Beschickung für Lokomotiven geeignet macht. Dieselbe besteht einfach aus drei im
Verteiler d (Fig. 1 und
2) vorhandenen Dampfventile, mit welchen sich die
Menge des in den Cylinder c gelangenden Dampfes
regulieren lässt. Die drei zu diesen Ventilen gehörenden, mit Knöpfen versehenen
Zugstangen v (Fig. 1 und
2), welche herausgezogen oder hineingedrückt
werden müssen, um das betreffende Zuströmungsrohr zum Cylinder zu öffnen oder zu
verschliessen, befinden sich an der linken Seitenwand des Dampfverteilers d und werden vom Heizer gehandhabt. Ist nur einer der
Knöpfe v gezogen, so bewegt sich der Kolben der
Dampfmaschine mit seiner geringsten Geschwindigkeit; letztere steigert sich ums
doppelte, wenn zwei Ventile geöffnet sind und wird zum Maximum, sobald alle drei
Ventile in Thätigkeit gesetzt sind. Mit der Geschwindigkeit des Kolbens erhöht sich
natürlich auch die Drehgeschwindigkeit der beiden Schneckenspindeln im
Kohlentrichter, sowie die Zahl der Beschickungen und endlich auch die
Wurfgeschwindigkeit, mit der das Heizmaterial in die Feuerbüchse gelangt. Es wird
also durch die Kolbengeschwindigkeit auch die örtliche Verteilung des Brennstoffes
auf den Rost mitreguliert werden können, weil bei langsamem Kolbengang die Kohle
vorwiegend zunächst der Vorderwand der Feuerbüchse zur Verteilung gelangt, bei
schnellem Gang hingegen bis zum äussersten Rostende nach rückwärts geworfen
wird.
Es erübrigt schliesslich noch zu bemerken, dass die Heizthür t der Feuerbüchse während der Thätigkeit der mechanischen
Beschickungsvorrichtung gegen aussen stets abgeschlossen bleibt, indem der Schieber
t1 (Fig. 2 und 4) über den
Förderkasten k eingeklappt ist. Dieser Schieber lässt
sich aber, wie es in Fig. 4 dargestellt erscheint,
leicht mit der Hand hochheben, wenn es notwendig wird, mit dem Schürhaken Schlacken
aufzureissen oder sonst eine Nachhilfe in der Feuerbüchse vorzunehmen.
Die Entwickelung der elektrischen Eisenbahnen in Frankreich.
Wie der weiter unten wiedergegebene, auf Grund der seit 1893 gepflogenen Erhebungen
des Fachblattes Industrie électrique zusammengestellte
Ausweis ersehen lässt, haben die elektrischen Eisenbahnbetriebe während den letzten
Jahren auch in Frankreich einen unausgesetzten raschen Aufschwung genommen. Im Jahre
1890 war es die Gesellschaft Industrie électrique,
welche in Clermont-Ferrand die erste dem öffentlichen
Verkehr gewidmete elektrische Strassenbahnlinie Frankreichs in Betrieb setzte. Diese
Anlage hatte noch eine geschlitzte Rohrleitung als Stromzuführung nach der ältesten
Siemens und Halske'schen Anordnung mit
Kontaktschiffchen als Stromabnehmer. Von diesem Jahre an ist bekanntlich die
Entwickelungskurve der elektrischen Eisenbahnen am ganzen europäischen Kontinent im
Ansteigen begriffen und hierin hat auch Frankreich, wie die Tabelle ersehen lässt,
gleichen Schritt gehalten. Der bedeutendste Aufschwung fällt dort jedoch in das
Ausstellungsjahr 1900, wo die Länge der elektrisch betriebenen Bahnen von 752,8 km
auf 1486,3 km gewachsen ist, also nahezu sich verdoppelt hat. Noch auffälliger
erscheint in diesem Jahre die Vermehrung der Leistungsfähigkeit der
Elektrizitätswerke, welche eine Steigerung von 28308 Kilo-Watt auf 64383 Kilo-Watt
aufweist, was sich aus dem Umstand erklärt, dass mehrere neue Bahnen bei der Anlage
ihrer Zentralen gleich von vornherein für die voraussichtlich baldige Erweiterung
ihres Netzes Vorsorge getroffen haben oder dass für fusionierte Linien neue
leistungsfähigere Werke errichtet worden sind. Am wesentlichsten mögen jedoch diese
Ziffern dadurch günstig beeinflusst worden sein, dass man 1901 auch die elektrisch
betriebenen Strecken und Einrichtungen der in Paris einmündenden Vollbahnen in den
statistischen Ausweis mit aufnahm.
Die Vermehrung der Antriebwagen entspricht in den Jahren 1900 auf 1901 so ziemlich
der Zunahme der Bahnlänge, doch ist diese Zunahme gegenüber jener vom Jahre 1890 auf
1900 etwas weniger günstig, insofern anfangs 1900 auf einen Antriebwagen im
Durchschnitt nur je 581 m Bahnlänge, anfangs 1901 hingegen je 642 m Bahnlänge
entfallen sind.
Die Industrie électrique ergänzt ihre allgemeine Tabelle
noch durch die Bemerkung, dass in Frankreich zur Zeit fast überall als
Betriebsströme für Traktionszwecke lediglich Gleichströme von 500 Volt benutzt werden, und dass bei den grösseren
Unternehmungen oder für Liniennetze, die unter einer gemeinsamen Verwaltung
zusammengezogen worden sind, die Erzeugung des Stromes – wie bereits erwähnt – in
Elektrizitätswerke von grosser Leistungsfähigkeit zentralisiert sind. Diese Werke,
wie beispielsweise Moulineause, Asnières, Vitry u.a.m.
erzeugen Dreiphasenströme von 5000 bis 5500 Volt (mit 25 Perioden pro Sekunde),
welche sie zur angemessenen Umwandlung an die passend verteilten Unterstationen
entsenden. Sehr häufig sind grosse Speicherbatterien als Buffer und Aushilfe in
Verwendung.
Verzeichnis der elektrischen Eisenbahnen in Frankreich von 1893
bis 1901.
1893
1894
1895
1896
1897
1898
1899
1900
1901
Gesamtlängen der Linien in km
37,4
41,4
96,3
152
279,3
396,8
487,5
752,8
1486,3
Für die Zugförderung benutzte Kilo-Watt
1525
1796
3610
4490
8756
15158
18718
28308
64383
Gesamtzahl der Antreibwagen
20
29
152
225
432
664
759
1295
2425
Linien mit oberirdischer Stromzuführung
2
4
7
11
19
36
42
56
76
Linien mit unterirdischer Stromzuführung
0
0
0
0
1
1
2
3
6
Linien mit einer dritten Schiene als Stromzuführung
1
1
1
1
1
1
1
1
4
Mit Speicherbatterien betriebene Linien
2
2
3
4
5
4
6
6
8
Mit gemischtem Betriebe (Speicherbatterien und Trolley)
0
0
0
0
0
2
4
4
6
Mit gemischtem Betriebe (Trolley und unterirdisch)
0
0
0
0
0
0
1
2
2
Mit gemischtem Betriebe (Trolley und Oberflächenkontakt)
0
0
0
0
0
0
0
0
7
Unter den im Verzeichnis ausgewiesenen Bahnen befinden sich auch vier Bergbahnen,
nämlich die Zahnradbahn auf die Salève, dann jene auf
den Mont-Dore und je eine solche in Cauterets und Chamounix.
L. K.
Panama- oder Nicaragua-Kanal.
Nach dem Engineering haben die Vereinigten Staaten den
Hay-Pauncefote-Vertrag, betreffend den Nicaragua-Kanal, derartig geändert, dass
England ihn nicht anerkannt hat. Diese Gelegenheit hat die Panama-Gesellschaft benutzt, um in Amerika für ihr Unternehmen Stimmung zu
machen. Die Gesellschaft möchte das ganze Unternehmen gerne für 436000000 M. an die
Vereinigten Staaten verkaufen und hatte einen ihrer Direktoren, M. Hutin, mit dem Abschluss dieses Geschäftes
beauftragt. In Amerika war jedoch die Entscheidung für den Kanal über Nicaragua
gefallen und M. Hutin erzielte nur ein Angebot von
160000000 M.
Dass unter solchen Umständen unmöglich eine Einigung erzielt werden konnte, lässt
sich einsehen, doch beschloss die Gesellschaft in einer stürmischen Sitzung,
die zu Anfang des Monats Januar in Paris abgehalten wurde, und in der M. Hutin sein Amt niederlegte, die Verhandlungen nicht
aufzugeben.
Die Neue Panama-Gesellschaft hat. schon viel geleistet
und endgültige Beweise ihrer Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit gegeben, auch steht
für sie andererseits fast alles auf dem Spiel, denn, wie die Dinge liegen, wird sich
schwerlich ein anderer Käufer finden als die Vereinigten Staaten. Hier steht einmal
der Senator Morgan mit einem grossen Anhang, sodann
auch die Besitzerin des Nicaragua-Unternehmens, eine amerikanische Gesellschaft, dem Panama-Unternehmen – in Hand einer fremden und ausländischen Gesellschaft – feindlich
gegenüber. Die Regierung der Vereinigten Staaten berücksichtigt wohl in erster Linie
die Geldfrage, und hier liegen die Verhältnisse annähernd wie die folgende
Zusammenstellung sie gibt:
Einzelheiten
Nicaragua-Kanal nachMenocal'sEntwurf
Panama-Kanalnach tech-nischemAusschussvon 1899
Vergleichs-zahlen
km
v. H. derGesamt-länge
km
v. H.
Panama-v. H. derNicaragua-Länge
Mehr bezw.Wenigerv. H.
Länge des eigent- lichen Kanals
45000
16,4
47500
63,8
105,54
+ 5,54
Länge des schon vor- handenen Wasser- weges
280000
83,6
26900
36,2
11,76
– 88,24
Gesamtlänge
25000
100,0
74400
100,0
27,20
– 82,80
Anzahl der Schleusen
3m
–
4m
–
133,33
+ 33,33
Mittlerer Hub
10,27
33⅓
7,82
25,0
70,00
– 30,00
Gesamthub über
33,55
–
31,26
–
93,18
– 6,82
Kosten bis zur Voll- endung
Mill. M 600
–
Mill. M420
–
–
–
Ankauf
–
–
160
–
–
–
Den Anforderungen der Handelsmarine entspricht jedenfalls der kürzere Weg durch den
Panama-Kanal, ebenso die 6,82 v. H. weniger Hub, dagegen kommen die 5,54 v. H.
grössere Länge im Kunstweg kaum in Betracht.
Vom militärischen Standpunkt ist der Panama-Kanal einem Handstreich eher verfallen
wie der von Nicaragua.
Was die Kosten der Ausführung anbelangt, so ist die Summe für den Nicaragua-Kanal
viel zu sehr auf Schätzung begründet. Die erste Schätzung von Menocal setzte die Gesamtkosten auf 240 Millionen Mark
fest, der erste gemischte Prüfungsausschuss gelangte zu der Summe von 400 Millionen
Mark und jetzt ist man zu der Summe des französischen Ausschusses von 1872 gelangt,
von 600 Millionen, aber, wie gesagt, liegen auch hier nur angenäherte Zahlen vor.
Beim Panama-Kanal sind bis jetzt 1200 Millionen Mark verbraucht. Davon sind 240
Millionen in brauchbare und ausgeführte Arbeit umgesetzt (wenn dieselbe für 160
Millionen zu erstehen ist, sollte Amerika zugreifen) und die Berechnung der noch
auszuführenden Arbeiten auf 420 Millionen Mark gründet sich auf langjährige
Erfahrung einer mit Grund und Boden vertrauten Körperschaft tüchtiger
Ingenieure.
Nach welcher Seite die Entscheidung der Vereinigten Staaten fällt, muss abgewartet
werden, ausgeschlossen wäre ja immer noch nicht, dass der Panama-Kanal unter
europäischer Aufsicht ausgeführt würde, was bei den politischen Neigungen, welche
die Vereinigten Staaten zur Zeit zur Schau tragen, noch immer am zweckmässigsten
sein würde, namentlich wenn es gelänge, für diesen Wasserweg die völlige Neutralität
durchzusetzen.
E. A.
Sehvorrichtungen für Unterseeboote.
Ende 1899 machte das grösste aller Unterseeboote, der Franzose „Gustave Zédé“,
seine erste Probefahrt mit Erfolg –
viele erfolglose, teilweise mit, schweren Havarien verbundene, waren
vorausgegangen. Das Ergebnis der Uebungen bildet den Anfang des Enthusiasmus, den
man in Frankreich für unterseeische Fahrzeuge hegt und der sich darin bethätigt,
dass nicht nur die Marineleitung es sich angelegen sein lässt, der neuesten Seewaffe
durch Bau zahlreicher Fahrzeuge Aufmerksamkeit zuzuwenden, sondern dass sich auch
das grosse Publikum insofern in dieser Frage thätig gezeigt hat, als es auf
Veranlassung des Pariser Matin die Geldmittel für die
beiden Boote „Français“ und „Algérien“ in kurzer Zeit aufbrachte. Der
grosse Marineenthusiast Lockroy, der auch eine Zeit
Marineminister war und später auf seinen Informationsreisen die Etablissements
Deutschlands besucht hat, von denen er ungefähr den Eindruck erhielt, den die auf
Cato's Betreiben nach Beendigung des zweiten
punischen Krieges an Karthago geschickte Römergesandtschaft von den Arsenalen
Karthagos gehabt haben mag – nahm sich, nach den Erfolgen des „Gustave Zédé“,
der Unterseeboote warm an. Er hatte Erfolg und namentlich betonte er im Parlament
und anderswo: „Früher war das Unterseeboot blind, jetzt aber kann es sehen.“
– Diese Behauptung, selbst wenn sie nur sehr relativ aufgefasst wird und sich das
„Sehen“ nur unter besonders günstigen Verhältnissen durchführen liesse,
hat dazu geführt, sich um, wie man wohl sagen darf – die „Augen des
Unterseebootes“ zu kümmern. Natürlich wird, wie bei allen Einrichtungen der
unterseeischen Fahrzeuge, auch über diesen Punkt ein möglichst dichtes Dunkel
gebreitet, und es kann auch heute keineswegs behauptet werden, dass man die
Sehvorrichtungen der Unterseeboote Frankreichs oder einer anderen Macht, welche
solche Fahrzeuge beschafft hat und sie vielleicht auch im Kriege zu verwenden
beabsichtigt, genügend kennt. Jedenfalls aber weiss man, dass davon abgesehen ist,
das Wasser unterdder Oberfläche um das Boot herum oder vor dem operierenden Boot her
erleuchten zu wollen – soweit es sich um Unterseefahrzeuge für Kriegszwecke handelt.
Diesem System Sehweiten zu schaffen, scheint gänzlich aufgegeben zu sein. Vor
einigen Jahren hatte man zu Tauchversuchen mit dem „Goubet“ einen
Journalisten zugezogen, natürlich zu dem Zweck, Reklame für das vom Konstrukteur der
Marine angebotene Fahrzeug zu machen. Er that das auch und beschrieb die Sicherheit
des Unter- und Auftauchens und die Behaglichkeit im Innern des Bootes. Fahren that
es zwar nicht, Torpedos lanciert wurden ebensowenig wie andere Thätigkeiten
entwickelt, aber eins konstatierte er – es war absolut nichts zu sehen wie graue
Masse. Die Unterwasserbeleuchtung kann wohl für Taucherboote in Anwendung kommen,
die den Zweck haben unter der Oberfläche Gegenstände zu suchen, Arbeiten irgend
welcher Art zu verrichten, aber nicht an operierenden Kriegsfahrzeugen. Daher ist
die Annahme vollberechtigt, dass alle die Sehvorrichtungen, welche bis heute in
Gebrauch genommen wurden und die zu einigen Ergebnissen nicht ganz absprechender
Natur geführt haben, optische Instrumente sind, bei welchen
Linsensysteme aus Glaslinsen die Hauptrolle spielen, und welche nur dann ihren
Zweck erfüllen können, wenn sie sich teilweise ausser Wasser, über der
Oberfläche befinden. – Damit ist eigentlich schon gesagt, wie wenig
zuverlässig solche Apparate sein müssen, denn einmal ist Wasser nass, und nasse
Linsen können kein deutliches Bild geben, zweitens wird selbst bei ruhigster See das
auftauchende Unterseeboot nicht ganz ruhig liegen, und endlich ist bei der
geringsten Bewegung der Wasseroberfläche die Brauchbarkeit gänzlich in Frage
gestellt.
Diese optischen Apparate, die man kurzhin mit dem Sammelnamen Periskope bezeichnen
kann, mit welcher Bezeichnung das erste derartige Instrument erschien, sind seit
einer Reihe von Jahren als Sehvorrichtungen für Unterseeboote bekannt, doch hat man
ihren Leistungen, ausser in Frankreich und in neuester Zeit auch in Italien,
allgemeines Misstrauen entgegengebracht, trotz aller Lobpreisungen, welche meistens
ihren Ursprung in Tagesblättern gehabt haben dürften und von ihnen in Form von
Notizen auf die Fachpresse übergingen. Jedenfalls wurden alle diese Konstruktionen
als ein geheimnisvolles Gebiet angesehen, und nur mit Vorsicht wagte man sich daran,
unter Anziehung von Quellen, Angaben über die einzelnen interessierenden Objekte zu
machen. Da kommt die Revue industrielle und bringt am
18. Januar 1902 einen Aufsatz: „La vision dans les
bateaux sousmarins et les submersibles“, in welchem sie nicht
weniger als – sechs solcher Sehvorrichtungen beschreibt und von dreien derselben
auch Zeichnungen bringt, die an Einfachheit nichts zu wünschen übrig lassen, und aus
denen man entnehmen kann, dass die „Augen“ der Unterseeboote noch recht
schwach sind, denn so einfach ist die Lösung der Angelegenheit denn doch nicht. Die
sechs Vorrichtungen, welche das Blatt anführt, sind folgende:
1. Lunette de Drzewiecki.
2. Périscope du colonel Mangin.
3. Périscope du commandant Darrieus.
4. Lunette de M. Romazzotti.
5. Lunette de M. M. Garnier et
Romazzotti.
6. Lunette de Daveling et
Violette.
Der Drzewiecki'schen Konstruktion wird von allen der
Vorzug gegeben. „Ce système, d'une grande simplicité, est
peut-être le meilleur.“ Einfach ist es allerdings, so einfach,
dass die Brauchbarkeit doch sehr in Frage gestellt werden darf. Hier die
Originalbeschreibung: „Elle est compose d'un tube ayant à chaque extrémité un prisme droit à
réflexion totale. La lunette coulisse dans un presse-étoupe. On peut donc la
faire rentrer ou sortir du navive et, de plus, en la faisant tourner autour
de son axe, on parcourt tout l'horizon.“ – Das ist eine sehr
dürftige Beschreibung – Skizze fehlt. Es wird noch bemerkt, dass das Instrument nur
5 cm Durchmesser (!) habe und dass man nur mit einem Auge durch dasselbe sehen
könne, mithin eine Art drehbaren Fernrohrs mit Bilderreflexion nach unten. An dieser
besten Sehvorrichtung aber hat man in Frankreich
auch Aussetzungen zu machen, denn in der Schlussbetrachtung des Aufsatzes heisst es:
„Wir glauben, dass das praktischste Instrument das mit den zwei Prismen von
Drzewiecki ist, wenn man ihm bei 50 cm Länge 15
cm Durchmesser (des Objektivs. D. V.) geben könnte. Der Gesichtswinkel würde
dann 18° etwa betragen (gegen 4° jetzt) und das würde genügen. Um die Achse
drehbar würde man den Horizont absuchen können und zwar mit beiden Augen durch
den Apparat sehend.“ Die Bilder sollen klar und in natürlicher Grösse sein.
Der Ingenieur Drzewiecki ist Russe und sein Auftreten
in Frankreich datiert von Anfang der 90er Jahre. Er hatte einen eigenen
Lancierapparat für Fischtorpedos konstruiert, der in erster Linie dazu bestimmt war,
die Torpedos unterseeischer Fahrzeuge aussenbords bis zur Lancierung in einem
horizontalen Rahmen mittels eigenartiger, klauenähnlicher Vorrichtungen
festzuhalten. Der geschützte kleine Kreuzer „Surcouf“, in Deutschland bekannt
durch seine Anwesenheit in Kiel 1895, gelegentlich der Einweihung des Kaiser
Wilhelm-Kanals, und das erste und einzige französische Kriegsschiff, das diesen
Kanal befahren hat, erprobte die Apparate Drzewiecki's
im Jahre 1894 eingehend. Und die Proben müssen gut ausgefallen sein, denn obwohl nur
Franzosen sich um die für Konstruktion von Unterseebooten ausgeschriebenen Preise,
die 1897 zur Verteilung kamen, bewerben durften, erhielt der russische Ingenieur,
wie der Franzose Laubeuf, der Konstrukteur des
„Narval“, 5000 Franken, indem man den ersten Preis von 10000 Franken
nicht zur Verteilung gelangen liess, sondern ihn unter die beiden Genannten
ritterlich teilte.
Was die anderen Sehinstrumente anbelangt, so ist eigentlich wenig von ihnen zu sagen;
sie sind sich sehr ähnlich. Das Mangin'sche Periskop
ist 1 m lang, hat 80 cm Durchmesser und gibt verkleinerte, verzerrte Bilder; das des
Kommandanten Darrieus, der als Leutnant mehrere (?)
Unterseeboote kommandiert haben soll, ist dem Drzewiecki'schen Apparat sehr ähnlich, jedoch sind die Linsen anders
angeordnet, der Gesichtswinkel ist nur 4°, auch mit ihm kann der Horizont abgesucht
werden, die Länge beträgt 1 m, der Durchmesser 30 cm.
Romazzotti hat die Pläne für „Gustave Zédé“
geliefert. Es liegt sonach nahe, dass dieses Boot auch seinen Apparat erprobt hat;
Genaues darüber weiss man nicht. Einen zweiten Apparat hat er mit Garnier konstruiert, der somit als eine Verbesserung
wohl angesprochen werden kann. Die Apparate sollen 20° Gesichtswinkel besitzen und
40° Gesichtsfeld, bei 30 cm Durchmesser 1 m Länge. Die Vorrichtungen der
Schiffsfähnriche Daveling und Violette, von denen 1899 grosses Aufheben gemacht wurde, sind nach Revue industrielle eine Abart der Vorrichtungen Garnier und Romazzotti, von 50 cm Durchmesser, 3,5 m
Länge. Die Bilder sollen klein ausfallen, und das Blatt glaubt, es werde unmöglich
sein, diesen Apparat während eines Manövers zu dirigieren. Andererseits aber ist ein
Meter nur ein geringes Mass, und das Dirigieren aller dieser Apparate hat sicher
seine grossen Schwierigkeiten, die sich erst in ernster Aktion zeigen und übersehen
lassen werden. In Italien ist eine Sehvorrichtung von den Ingenieuren Busso und Laurent, eine
andere von Albrizzi konstruiert und in Gebrauch
genommen. Ueber die Konstruktion fehlen Details, nur wird gesagt, es seien
„verbesserte Periskops“ mit klaren Bildern, grossem Gesichtswinkel.
Endlich sei noch des submarinen Fernrohres von Malachowski gedacht, einer Sehvorrichtung zum Aufsuchen von Gegenständen
auf dem Meeresgrunde, die zwar nicht, wie eingangs erwähnt, für Kriegsfahrzeuge in
Betracht kommt, von der man sich jedoch viel versprach und die bisher praktisch noch
nicht angewandt ist.
Eingesandt.
Die uns zugegangene Broschüre über die Akademie für Sozial-
und Handelswissenschaften zu Frankfurt a. M. enthält u.a. einen Bericht
über die Eröffnung und das erste Semester, das Programm des Sommersemesters 1902,
sowie die für die Besucher der Akademie wichtigen Mitteilungen. Der Lehrkörper
besteht zur Zeit aus 8 etatsmässigen Dozenten und 14 Dozenten im Nebenamt; ausserdem
haben Professoren der benachbarten Universitäten ihre Mitwirkung zugesagt bezw.
während des verflossenen Wintersemesters gewährt. Die Teilnehmerzahl an den
Vorlesungen und Uebungen betrug 549 Personen, darunter 53 Frauen.