Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 355 |
Download: | XML |
Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Die Spiritusjacht.
Auf Anregung Kaiser Wilhelm II., der sich in hervorragender Weise für die
Entwickelung der Spiritusindustrie des Deutschen Reiches interessiert, werden, wie
verlautet, die beiden grösseren Schiffahrtsgesellschaften, die Hamburg-Amerika-Linie und der Norddeutsche Lloyd, Versuche mit Spiritusheizung bei ihren Hilfs- und
Hafenfahrzeugen machen.
Der Spiritusmotor ist nicht neu, wie überhaupt Spiritus als Beheizungsmaterial von
Maschinen – man denke nur an die reizenden Modelldampfmaschinen, bei denen noch
niemand auf die Idee gekommen ist, sie mit Petroleum treiben zu wollen – und hat vor
der Petroleum- oder Masutheizung, die bei kleineren Wasserfahrzeugen als sehr
energische Konkurrentin der Kohlenfeuerung auftritt, mancherlei voraus, so
namentlich Reinlichkeit und Geruchlosigkeit, Dinge, welche beim Betrieb von
Luxusfahrzeugen, Jachten sehr erheblich ins Gewicht fallen. Der Preis für Spiritus
ist allerdings ein etwas höherer, der sonach bei Gebrauchsfahrzeugen in Berechnung
zu setzen ist, doch scheinen der grosse Petroleumring, die Standard Oil Company und ihr deutsches Tochterinstitut, die Deutsch-Amerikanische Petroleumgesellschaft, dafür
Sorge zu tragen, dass das Petroleum steigt. In Dänemark haben sie das durch die Danske Petrol-Selskab, einem Ableger der deutschen,
bereits in dem Masse fertig bekommen, dass 50 kg Petroleum in losem Zustande dort
9,50 M. kosten gegen 4,90 M. in Hamburg; da haben sie das Heft noch nicht wie in
Dänemark in Händen, woselbst die Händler den selbständigen Import und Handel
aufgaben.
Der Wassersport weist nun darauf hin, dass die Zeit da
ist, in der Jachten und ähnliche Fahrzeuge gebaut wevden können, bei welchen
Spiritus als Treibmittel, als Beheizungs-, Beleuchtungs- und Kochmaterial in Verwendung treten kann, und
thatsächl-ch steht dieser Einführung nicht das geringste entgegen. Die Einrichtungen
auf einer solchen Jacht, alles nach dem heutigen Stande der einzelnen Gegenstände
angenommen, wären etwa folgende:
Spiritus als Beheizungsmaterial des oder der Wasserrohrkessel irgend eines Systems,
beispielsweise Yarrow, dessen Dampf Parsons'sche Dampfturbinenmaschinen treibt. Die
Kocheinrichtung besteht aus einem transportablen, an Bord festzustellenden
Spiritusgaskochherd mit vier oder mehr Brennstellen, etwa System Schwert. Die Erwärmung der Innenräume besorgt ein
Spiritusgasofen, von welchen es auch bereits verschiedene Konstruktionen gibt, auch
solche, die nur auf den Kochherd gesetzt zu werden brauchen, sowie in ihrer Höhe
verschiebbare. Die Oefen wärmen schnell und erhalten die Wärme gleichmässig, sind
ausserdem regulierbar und – billig; ein ganz neues System mit dem schönen Namen
Alkalor erhält man schon für etwa 40 M. Die Spiritusbeleuchtung durch
Glühlichtlampen ist in steter Zunahme begriffen; das neueste Produkt ist die
Spiritus-Azett-Schwert-Lampe, und für die Jacht können sowohl die Signallaternen wie
die Innenbeleuchtung mit Spiritus gespeist werden.
Oelfeuerung.
Nach einem vor der Institution of Naval Architects
gehaltenen Vortrag soll nach Schiffbau, Nr. 13, der
Vortragende darauf hingewiesen haben, dass auf der Ostsee bereits 300 Schiffe, im
Kaspischen Meer 200 bereits Oelfeuerung besässen, und dass viele grosse Häfen
bereits mit bedeutenden Vorräten von Heizöl versehen seien. Als solche Häfen sind
genannt: London, Hamburg, Singapore, Honkong, Madras, Kolombo, Suez (!), Port
Arthur, Texas, Rangoon, Kalkutta, Bombay, Alexandria, Bankok, Saigon, Yokohama,
Zanzibar, Hankow (!), Adelaide und andere ferne Plätze. Der Zusammenhang der Angaben
ist nicht recht verständlich, denn nach allen diesen angeführten Plätzen geht von
den 200 erwähnten Schiffen des Kaspischen Meeres auch nicht
ein einziges und von den 300 der Ostsee kommen, ausser nach London und
Hamburg, auch nur höchstens ganz vereinzelte an die aufgezählten Plätze.
Daraus ergibt sich die Frage: Für welche Schiffe sind denn eigentlich die Vorräte
beschafft, beispielsweise in Hankow und Bankok, wohin Seedampfer nicht gelangen
können?
Es scheint doch die Annahme zu weit gegriffen, dass in allen den vielen Plätzen für
die wenigen Seedampfer, welche bis jetzt für flüssige Heizung eingerichtet sind,
bedeutende Niederlagen errichtet würden, sicherlich aber ist das nicht geschehen im
Hinblick auf die 500 Dampfer in der Ostsee und im Kaspischen Meer. Die Entdeckung
von Naphthaquellen in Aegypten unfern des Roten Meeres soll auf Wahrheit beruhen, so
dass England, falls das zutrifft, im Besitz solcher sich befindet, obwohl Aegypten
eigentlich dem Khedive oder noch eigentlicher dem Sultan gehört.
Die Andrew Carnegie-Stiftung für wissenschaftliche Forschung.
Die goldene Andrew Carnegie-Denkmünze für 1902 wurde durch den Vorstandsrat des Iron and Steel Institute Englands dem Dr. J. A. Mathews von New York zuerkannt und zwar für
Untersuchungen, welche derselbe im verflossenen Jahr als Empfänger der Stiftung für
wissenschaftliche Forschung ausführte. Die Denkmünze ist nach dem Entwurf von G. W. de Saulles an der königl.
Münze geprägt.
Ihr erster Empfänger, Dr. Mathews, wurde bereits früher
zum Mitglied der Abteilung für die Förderung wissenschaftlicher Forschung an der
Columbia-Hochschule in New York ernannt, an welcher er unter Leitung von Prof. H. M. Howe thätig war.
Für das laufende Jahr ist die Andrew Carnegie-Stiftung für
wissenschaftliche Forschung vom Vorstandsrat des Iron and Steel Institute, jedesmal in Höhe von 2000 M., folgenden sechs
Bewerbern zuerkannt worden:
Octave Boudouard in Paris, 30 Jahre alt. Derselbe
veröffentlichte bereits 32 selbständige Abhandlungen und 4 Bücher, letztere als
Mitarbeiter von Prof. Le Chatelier; er ist
Hilfsprofessor der Chemie an der Hochschule Frankreichs und empfing bereits in
Frankreich für angestellte Untersuchungen bronzene und silberne Denkmünzen.
William Campbell in New York, 25 Jahre alt. Derselbe
veröffentlichte Vorträge, gehalten vor dem Verein der
Mechanical Engineers, der amerikanischen Chemischen
Gesellschaft und dem Franklin Institute. Er
besuchte die Durham-Hochschule und erhielt eine
Stiftung an der königl. Bergbauschule in London, welche im Jahre 1851 anlässlich der
Ausstellung vom König geschaffen wurde. Zur Zeit ist derselbe unter Prof. H. M. Howe an der Columbia-Hochschule thätig.
Alfred Campion in Cooper's Hill (London), 27 Jahre alt,
Mitglied des Iron and Steel Institute. Derselbe war für
die Stahlgesellschaft Schottlands thätig und hat bereits Vorträge für verschiedene
Gesellschaften in Glasgow geschrieben.
Percy Longumir in Manchester, 25 Jahre alt, besuchte die
Hochschule zu Sheffield, beschäftigte sich mit Giesserei und schrieb mehrere
Abhandlungen über diesen Gegenstand.
Ernst Schott in Berlin, 26 Jahre alt, studierte unter
Prof.
Ledebur in Freiberg und ist zur Zeit Assistent an der königl. Versuchsanstalt
Charlottenburg. Derselbe veröffentlichte bereits eine Anzahl selbständiger
Abhandlungen.
Friedrich Heinrich Wigham in Wakefield, 32 Jahre alt.
Derselbe ist Mitglied des Iron and Steel Instmtute und
Leiter der Stahlwerke von Georg Cradock and Co.,
er schrieb – im Verein mit Stead – eine Abhandlung für
das Iron and Steel Institute über Stahl zur Herstellung von Draht.
Es darf uns nur freuen, dass auch ein deutscher Ingenieur sich erfolgreich beworben
hat.
E. A.
Bücherschau.
Entwickelung und Anwendung der Dampfüberhitzung. Mit Berücksichtigung der Aussichten auf deren Einführung in den Bergwerksbetrieben zusammengestellt von Ingenieur Stach, Lehrer an der Bergschule in Bochum. Gelsenkirchen. Karl Bertenburg.
Die vorliegende Schrift behandelt, wie der erweiterte Titel erkennen lässt, die Frage
der Dampfüberhitzung in ihrer Beziehung zu den Bergwerksbetrieben und wendet sich
dabei mehr an den Industriellen als an den Konstrukteur. Ueber den Inhalt sei hier
das Folgende bemerkt.
Die Einleitung behandelt die Eigenschaften des überhitzten Dampfes und die Geschichte
der Anwendung der Dampfüberhitzung.
Auf S. 8 unterläuft dem Verfasser ein kleiner Irrtum, wenn er das bekannte Gesetz für
die Zustandsänderung der Gase:
\frac{p\,\cdot\,v}{T}=\frac{p_1\,v_1}{T_1}=\mbox{Konstante}
das Gay-Lussac'sche Gesetz nennt.
Gay-Lussac hat auf Grund seiner Versuche das
bekannte Gesetz von der Volumenänderung der Gase bei konstantem Druck aufgestellt, welches nur ein spezieller Fall des obigen
allgemeinen Grundgesetzes ist und in der entsprechenden Fassung lautet:
\frac{v}{T}=\frac{v_1}{T_1}=\mbox{Konstante}; oder \frac{v}{v_1}=\frac{T}{T_1}.
Zu bemängeln ist es ferner, wenn der Verfasser auf S. 9 in Beziehung zu der bekannten
Zeuner'schen Gleichung für überhitzten Dampf:
p . v = BT – Cpn
bemerkt: „Da die Spannung (bei der Ueberhitzung im Kessel)
konstant bleibt, zeigt diese Gleichung, dass das spezifische Volumen proportional der absoluten Temperatur T
ist.“
Allerdings wird die erwähnte Gleichung für konstante Spannung linear zwischen v und T und kann durch
eine Gerade dargestellt werden, daraus folgt aber nur, dass die Volumenänderungen proportional den Aenderungen der absoluten Temperatur sind. Die vom Verfasser gewählte
Ausdrucksweise wäre nur richtig, wenn, wie beim Gay-Lussac'schen Gesetz, für T = 0 auch v = 0 wäre, was aber bei der Zeuner'schen Gleichung nicht zutrifft.
Etwas zu weit lässt sich der Verfasser durch seinen Enthusiasmus bei der
Wertschätzung der Dampfüberhitzung fortreissen, wenn er auf S. 18 bemerkt, dass
durch eine zweicylindrige Compound-Maschine mit Kondensation 22 % der dem Rost des
Kessels zugeführten Wärme in Arbeit umgesetzt und abgegeben werden können. Selbst
wenn man einen für heutige Verhältnisse ausserordentlich günstigen Verbrauch von nur
0,5 kg bester Steinkohle für eine effektive Pferdestärkenstunde annimmt, erhält man
immer erst 16 bis 17 % Ausnutzung; es sind schon sehr günstige Betriebe, die 12 bis
14°/o Ausnutzung ergeben.
Im I. Teile geht der Verfasser näher auf diejenigen Vorteile ein, die der Bergbau
durch Anwendung überhitzten Dampfes erzielen könnte. Die warme Befürwortung der
Einführung überhitzten Dampfes in Bergwerksbetrieben ist gewiss gerechtfertigt, doch
liegen die Verhältnisse insbesondere für die Betriebe unter Tage nicht günstig.
Es wird nicht immer gelingen, den vom Verfasser angenommenen Temperaturverlust von
nur 0,1 % pro laufenden Meter Leitung zu erreichen; auch darf bei der Beurteilung
nicht die Erhöhung der Anlagekosten vernachlässigt werden, die besonders bei nur
geringer Ersparnis an Betriebskosten sehr empfindlich einwirken kann. Schon bei den
üblichen Dampfbetrieben werden die Ersparnisse an Betriebskosten durch Verzinsung
und Amortisation des erhöhten Anlagekapitals stark geschmälert. Wenn der Verfasser
auf S. 27 berechnet, dass durch die Einführung der Ueberhitzung auf sämtlichen
niederrheinisch-westfälischen Zechen bei einer Kohlenersparnis von 15 % eine
jährliche Ersparnis von 3 Millionen M. erzielt werden könnten, so fehlt auch hier
die Berücksichtigung des Anlagekapitals.
Nicht recht verständlich ist es, warum der überhitzte Dampf bei Fördermaschinen eher
grössere Expansionen zulassen sollte wie Sattdampf (S. 21). Wenn durch Einstellung
grösserer Expansionen die Seile zu schlagen beginnen, so erklärt sich das durch die
zunehmende Unregelmässigkeit der Kurbeldrehung infolge des stärker wechselnden
Dampfdruckes auf den Kolben; hieran kann durch die Einführung überhitzten Dampfes
nichts geändert werden, hier hilft nur eine Vergrösserung der rotierenden
Massen, also eine Verkleinerung des Ungleichförmigkeitsgrades.
Der II. und III. Teil behandelt die Ueberhitzerkonstruktionen. Die bildlichen
Darstellungen sind fast ausschliesslich den Preisverzeichnissen und sonstigen
Drucksachen der ausführenden Firmen entnommen, doch genügen sie für den vorliegenden
Zweck vollständig, da sich das Buch, wie schon bemerkt, an Industrielle und
Betriebsbeamte, nicht aber an den Konstrukteur wendet.,
Es werden alle wichtigen Konstruktionen besprochen und auch Versuchsergebnisse
mitgeteilt, welche den Vorteil der Ueberhitzung nachweisen, und die den
Interessenten daher gewiss sehr willkommen sein werden.
Auf S. 144 führt der Verfasser auch die in D. p. J. 1899
veröffentlichte Arbeit des Unterzeichneten über Dampfüberhitzung an und bemerkt
dabei, dass von den dort behandelten Konstruktionen mehrere bereits vollständig
verlassen sind. Als Beweis hierfür werden der Ueberhitzer von Gehre, der Doppelüberhitzer von Dürr, der Ueberhitzer von C. Budil und der
Ueberhitzer für Lokomobilen von R. Wolf angegeben.
Was nun den Ueberhitzer von Gehre betrifft, so befindet
sich der Verfasser in einem sehr bedenklichen Irrtum; er denkt gewiss an den alten
Ueberhitzer von Gehre, der in den Fuchs eingebaut
wurde. Dieser Ueberhitzer wurde aber in der erwähnten Arbeit mit keinem Worte berücksichtigt. Dagegen ist der Kessel mit
Ueberhitzer System Gehre nach den neuesten Ausführungen
der Rather Röhrenkesselfabrik und der Sächsischen Maschinenfabrik vorm. R. Hartmann in
Chemnitz behandelt und in den Fig. 61 bis 65 deutlich dargestellt worden. Die
Figuren weisen auch eine jede Verwechselung ausschliessende Unterschrift auf. Es ist
daher nur auf grobe Unkenntnis oder ein sehr oberflächliches Studium zurückzuführen,
wenn der Verfasser diese beiden völlig verschiedenen Konstruktionen miteinander
identifizieren konnte.
Der an zweiter Stelle angeführte Doppelüberhitzer von Dürr wird auch heute noch für Schiffskessel ausschliesslich in der in
meiner Arbeit beschriebenen Weise gebaut. Nur für Landkessel hat die Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik etwa seit Mitte
1898 ein neues System eingeführt, das aber bei der Fertigstellung meiner Arbeit noch
nicht berücksichtigt werden konnte, weil mir von der betreffenden Firma auf meine
Anfrage nur Konstruktionszeichnungen über Doppelüberhitzer zugestellt werden
konnten. Uebrigens wird der Ueberhitzer mit Doppelröhren auch heute noch unter
besonderen Verhältnissen gebaut.
Der an dritter Stelle genannte Ueberhitzer von Budil
wurde bereits in meiner Arbeit als eine sehr mangelhafte Konstruktion kritisiert;
auch wurde hervorgehoben, dass über Ausführungen noch nichts bekannt geworden
sei.
Schliesslich ist der Verfasser nicht vollständig orientiert, wenn er von der an
vierter Stelle genannten Konstruktion von R. Wolf
behauptet, sie sei noch nicht spruchreif. Dem Verfasser sind jedenfalls die Versuche
unbekannt geblieben, die Prof. Lewicki in Dresden an
einer R. Wolf'schen Heissdampflokomobile ausführte und
die ein sehr günstiges Resultat ergaben. (D. p. J. 1901
316 * 642.)
Im IV. Teile seines Buches behandelt der Verfasser die Schmierfrage; im V. Teile die
Stopfbüchsenpackung von Endruweit aus galvanischem
Metallpapier. Es wäre zweckmässig gewesen, wenn der Verfasser neben dieser Packung
auch noch andere für Heissdampf erprobte Packungen erwähnt hätte, da der Interessent
gerade in dieser Beziehung eine Auswahl wünscht. Der VI. Teil behandelt die
Rohrisolation und der VII. Teil endlich die Temperaturmesser.
Als Anhang ist noch eine Zusammenstellung der in den Jahren 1898 bis 1900 inklusive
erteilten Deutschen Reichspatente für Dampfüberhitzer und ein Litteraturnachweis
beigegeben.
Abgesehen von den hier erwähnten Mängeln, dürfte das Buch im allgemeinen für den in
Aussicht genommenen Leserkreis völlig ausreichen, um Auskunft über die wichtigsten
Fragen der Dampfüberhitzung zu geben. Die Ausstattung des Buches seitens des
Verlages ist eine gute.
Herre.