Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 691 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Federndes Wagenrad für Eisenbahn- oder Kleinbahnwagen, Lastwagen, Motorwagen u.s.w.
Die Vervollkommnung unserer Verkehrsmittel, insbesondere diejenige der Wagen, hängt
in der Hauptsache von der Bewältigung an sich einfacher technischer Aufgaben ab,
deren Lösung erst eine gedeihliche Entwickelung ermöglicht und einleitet.
Insb!sondere hat sich dies bei den Zweirädern bewahrheitet; denn der heute so
allgemein verbreitete Fahrradsport und die Verwendung des Fahrrades für
Verkehrszwecke wäre in so grossem Massstabe, wie dies thatsächlich jetzt bereits der
Fall ist, gar nicht möglich gewesen, wenn nicht durch die Erfindung des äusserst
elastischen Hohlgummireifens den Stössen auf nicht vollkommen ebener Bahn mit Erfolg
begegnet worden wäre. Erst dadurch wurde der Verkehr des Zweirades auf der
gewöhnlichen Landstrasse, ja selbst auf holpriger bezw. steiniger Bahn frei. Die
Federkraft des Reifens gestattet ausserdem, da durch geeignete Uebersetzungen die
Kraftübertragung für schnellste Fahrt sich bemessen lässt, selbst unsere Blitzzüge
an Schnelligkeit zu übertreffen.
Der wahre Grund für diesen ausserordentlichen Fortschritt liegt in der Einführung der
Federkraft für die Fortbewegungsweise des Zweirades, d.h. in der Nachahmung des
Bewegungsprinzips des tierischen Organismus, in welchem alle Fortbewegungsorgane auf
Federung frühen bezw. geformt und gebaut sind.
Textabbildung Bd. 317, S. 691
Fig. 1.
Als nun im Anschluss an die glänzende Entwickelung der Fahrradindustrie auch wieder
mit dem Bau von Kraftwagen von verschiedenen Maschinenfabriken vorgegangen wurde,
lag es natürlich nahe, den Dunlop-Reifen auch für die durch Maschinenkraft
betriebenen Kraftfahrzeuge zu verwenden. Solange es sich nur um Motorwagen für
Personenverkehr handelte und demnach das Wagengewicht nebst Belastung nicht sehr
gross wurde, vermochte der Gummihohlreifen auch noch den höheren Ansprüchen,
welche hinsichtlich der Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit an ihn gestellt wurden,
zu genügen, während der Gummireifen bei den Lastwagen und Kleinbahnwagen, von
Eisenbahnwagen selbstverständlich ganz abgesehen, nicht mehr ausreichte.
Infolgedessen haben die Konstrukteure zu leistungsfähigerem Material greifen und
Mittel und Wege finden müssen, welche den Ersatz des Gummis durch den haltbareren
und ebenso federkräftigen Stahlreifen, da dieser allein noch den gesteigerten
Anforderungen gerecht zu werden vermag, ermöglichen. Die Lösung dieses rein
technischen Problems ist durch das federnde Wagenrad der Firma Fabrik für Strassen- und Kleinbahnwagen Gustav Tobler &
Co., G. m. b. H., Berlin NW. 40, bewirkt worden. Der eigentliche Anlass zur
Konstruktion des Tobler'schen Rades war von vornherein
nicht die Absicht, ein federndes Rad zum Ersatz für Gummihohlreifen herzustellen,
sondern vielmehr das Bestreben, einen Lastwagen zu bauen, welcher sowohl auf
Schienen als auch auf jeder Strasse gebraucht werden kann. Es ist nämlich
gelegentlich der jährlichen Hauptversammlungen des „Vereins Deutscher
Strassenbahn- und Kleinbahn-Verwaltungen“ mehrfach über die Herstellung
eines Wagens verhandelt worden, welcher ebenso gut als Anhängewagen in elektrischen
bezw. Dampfbetrieben wie auch als einfacher Lastwagen auf jeder gewöhnlichen
Strasse, Chaussee u.s.w. zu verwenden ist. Zur Zeit der V. Hauptversammlung jenes
Vereins zu Elberfeld im Jahre 1899 war man sogar bereit, eine Prämie für die
Konstruktion eines derartigen, wirklich brauchbaren Wagens auszusetzen.
Zur Durchführung eines derartigen vereinigten Bahn- und Wagenverkehrs ist das Tobler'sche federnde Wagenrad wohl geeignet. Fig. 1 veranschaulicht einen mit solchen
Rädern ausgerüsteten Wagen, der für eine Tragfähigkeit von 5000 kg eingerichtet
ist. Der Wagen besteht aus einem gewöhnlichen Güterwagenkasten, unter welchem zwei
sich leicht drehende Trucks angebracht sind. In der Mitte der beiden Untergestelle
sind Eisen angeordnet, in die man einen Balken von 100 qmm, der als Deichselstange
dient, hineinschieben kann. Wenn man den einen oder anderen der beiden Trucks durch
eine Verriegelung feststellt und die Deichselstange in den lose stehenden
hineinschiebt, so hat man einen gewöhnlichen Lastwagen, den man dank der an ihm
vorgesehenen, besonders konstruierten und in Fig.
2–5
abgebildeten Räder ohne weiteres aus den Schienen herauslenken und auf jeder
gewöhnlichen Strasse, Chaussee u.s.w. benutzen kann. Da der Wagen für eine Spurweite
von 1435 mm eingerichtet ist, so dürfte er sogar als Durchgangsgüterwagen für
Kleinbahnen u.s.w. brauchbar sein, zumal da zur Verhütung etwaigen Herausspringens
an den Weichenstellen der unten näher zu beschreibende federnde Spurkranz sich sehr
leicht verriegeln lässt und dadurch allen Bedenken, welche etwa die Eisenbahnbehörde
gegen die Zulassung des neuen Wagens erheben könnte, von vornherein begegnet
würde.
Textabbildung Bd. 317, S. 692
Fig. 2.
So wichtig auch die doppelte Verwendbarkeit des neuen Rades erscheinen mag, so dürfte
doch der Hauptwert des Rades in der durch die Konstruktion so einfach ermöglichten
Federung des Spurkranzes bezw. bei etwas abgeänderter Konstruktion des vollen
Radkranzes selbst liegen, und gerade bei schweren Lastwagen das Rad einen vollen
Ersatz des bei leichter gebauten Wagen durch nichts zu übertreffenden Gummireifens
bieten. Die beiden an sich von einander kaum abweichenden Radkonstruktionen sind in
den Fig.
3–5
schematisch in Ansicht und Schnitt dargestellt.
Der Radkörper besteht aus zwei Teilen; der eine Teil mit dem Kranz a und den Armen b trägt
auf seiner Nabe c den anderen Teil mit dem Kranz a', Armen b' und Nabe c'. In der Nähe der Nabe werden Verbindungsschrauben
durch je zwei einander gegenüberliegende Arme bb'
gezogen. Zwischen den Armen (Fig. 3) werden von den
dicht zusammenliegenden Nabenteilen Vertiefungen oder Pfannen fg gebildet, in welche hinein sich Schraubenfedern e legen. Zwischen den beiden Radkranzhälften a und af liegt ein loser
flacher Ring d, an welchem zur Aufnahme der äusseren
Federenden dienende Pfannen g durch Bolzen befestigt
sind. Die Federn e werden ohne starre Befestigung
der Enden in diese Pfannen mit Spannung eingesetzt, so dass sie schon im
unbelasteten Rade etwas gespannt sind. Den Ring d
umschliesst lose, lediglich von den beiden Kranzhälften a und d seitlich geführt, der federnde Kranz.
Bei der Ausführungsform nach Fig. 4 ist dies ein
glatter Ring d' bei derjenigen nach Fig. 5 ein Ring D mit verbreiterter Lauffläche D'.
Das in Fig. 4
dargestellte Rad ist insbesondere für solche Fahrzeuge bestimmt, welche, wie bereits
oben ausführlich auseinandergesetzt worden ist, sowohl auf Schienen als auch auf
gewöhnlichen Fahrbahnen zu laufen haben. Bei der Bewegung auf Schienen rollt auf den
letzteren der Radkranz a oder a', während der ringsum gleichmässig vorstehende Ring d' als Spurkranz dient. Bei der Bewegung auf
gewöhnlicher Fahrbahn tritt der Ring d' an der den
Boden berührenden Stelle zurück. Einen mit diesen Rädern ausgerüsteten Wagen kann
man ohne weiteres von Schienen auf die Strasse und umgekehrt laufen lassen, ohne an
den Rädern irgend welche Massnahmen oder Veränderungen treffen zu müssen.
Textabbildung Bd. 317, S. 692
Der Ring D des Rades nach Fig. 5 hat aussen eine
Verbreiterung D', welche verschiedenartig ausgebildet
sein kann und z.B. für glatte Fahrbahnen zweckmässig eine Bekleidung zur Vermehrung
der Reibung erhält. An der gerade den Boden berührenden Stelle tritt auch hier der
Ring oder Reifen dem Federdruck entgegen zurück und sichert dadurch eine stossfreie
Bewegung des Wagens. Dass dies für Motorwagen und Lastwagen von ausserordentlicher
Bedeutung ist, braucht wohl nach den allgemeinen Bemerkungen am Anfang dieses
Artikels hier nicht nochmals besonders begründet und dargelegt zu werden. Jedenfalls
stellt die Verlegung der Federung des Wagens in den direkt beanspruchten Wagenteil,
in das Wagenrad, eine höchst wichtige und beachtenswerte Neuerung dar, da dadurch
der Ersatz des Gummis durch die Federkraft der widerstandsfähigeren stählernen
Spiralfedern in konstruktiv einfacher und technisch leicht durchführbarer Weise
ermöglicht worden ist. Die Räder haben sich bei den bis jetzt gelieferten Wagen gut
bewährt und den an sie gestellten Anforderungen entsprochen.
Rudolf Mewes.
Bücherschau.
Tabelle zur Bestimmung der Gasausbeute aus Calciumkarbid. Von Dr. O. Frölich. Halle a. S. Carl Marhold.
Frölich stellte als erster 1898 eine Tabelle zur
Bestimmung der Gasausbeute aus Calciumkarbid auf, wie er auch die erste Anleitung zu
dieser Arbeit gab. Da sich aber mit der Zeit der Gebrauch eingebürgert hat, nicht
die Reinheit des Karbids, sondern die Literzahl des Gases, für das kg des zu
untersuchenden Karbids bei 760 mm Luftdruck und 15° Temperatur zu bestimmen, passte
jene erste Tabelle nicht mehr und Frölich hat, indem er
die Tabelle von Dr. Hammerschmidt in ausgedehnterer
Weise berechnete, die vorliegende Tabelle aufgestellt. Sie enthält auf einem steifen
Blatte die Formeln und Notizen, die zur Berechnung nötig sind.
Lbtz.