Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, Miszellen, S. 447 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Denitriersystem nach Evers.
Abfallsäure aus der Sprengstofftechnik enthält, nachdem sie als ein Gemisch von
reiner, konzentrierter Schwefelsäure und konzentrierter Salpetersäure zum
Denitrieren verwendet ist, nach der Ausschaltung aus dem Nitrierbetrieb neben einer
grösseren Menge von Schwefelsäure noch Salpetersäure und Wasser. Die Zusammensetzung
wechselt je nach dem Nitrierprodukt ausserordentlich, aber eine sehr oft vorhandene
Abfallsäure ist z.B. eine solche von etwa 70 v. H. Schwefelsäure, 12 v. H.
Salpetersäure, 18 v. H. Wasser.
Um nun die Salpetersäure aus dieser Abfallsäure nicht zu verlieren, muss sie von der
Schwefelsäure getrennt werden, hierzu dienen sog. Denitriertürme. In ihnen erfolgt
die Trennung durch Erhitzen auf etwa 150 ° C. Danach läuft die Schwefelsäure Unten
als fertiges Produkt ab, während die Salpetersäure aus dem Denitrierturm in eine
Kondensationsbatterie geleitet wird, Wo sie sich
zu Salpetersäure verdichtet und gleichzeitig die nitrosen Gase zu Salpetersäure
regeneriert werden.
Die bisherigen Apparate bestanden aus einem solchen Denitrierturm, der allgemein
einen eisernen Mantel mit säurefester Steinauskleidung besitzt und in dessen Innerem
kompakte Füllmaterialien, wie Steine, Vollkugeln, Quarz usw. eingebracht sind. Die
Kondensationsbatterie für die Salpetersäure bestand bisher in einer Tourillbatterie
mit anschliessenden Türmen. Mit diesen Apparaten konnte man Schwefelsäure bis etwa
54 ° Bé und Salpetersäure bis etwa 36 ° erzielen, letztere aber nur bei Verwendung
gut wirkender Absorptionsapparate, wie Plattentürme und dergl. Beide Säuren waren
ausserdem gefärbt, so dass sie keine Handelsware darstellten, sondern nur den Wert
von Abfallprodukten hatten. In dieser Beziehung eine grundlegende Aenderung und
Verbesserung eingeführt zu haben, ist das Verdienst von Evers.
Um die Leistung seines Apparates gleich vorwegzunehmen, sei bemerkt, dass mit dem Eversschen Denitrierverfahren die Schwefelsäure 60 ° Bé
stark gewonnen werden kann von durchaus weisser Farbe, so dass sie einer 60 grädigen
Handelsware gleichwertig ist. Die Salpetersäure kann 40° stark gewonnen werden und hat
dann die Farbe etwa von Pilsener Bier, während sie bei 36–37 ° wasserhell ist.
Die Veränderung, welche Evers den bisherigen
Denitriersystemen gibt, sind die folgenden: Er erhitzt zunächst den Turm höher als
bisher, was durch Vorwärmung der eintretenden Luft geschieht. Diese Vorwärmung ist
ausserordentlich geschickt durchgeführt, da zum Teil die Hitze der abfliessenden
Schwefelsäure dafür Verwendung findet. Die weitere Ueberhitzung der Luft geschieht
in einem Koksofen. Der Turm selber ist mit besonderen Füllkörnern gepackt, wobei
besonders die Querwände zu erwähnen sind, welche von aussen nach innen gewölbeartig
zulaufend, die Gase mehrfach zusammenführen und dann wieder ausbreiten, so dass
ausserordentlich gute Mischung stattfindet. Letztere wird noch unterstützt durch
Drehkörper, welche sich im Turm befinden, die nach Art der Segnerschen Räder durch die ablaufende Säure in Drehung versetzt werden
und die Gase durch einen Regen, der von den etageförmigen Tellern dieser Drehkörper
abläuft, hindurchführen.
Für die Salpetersäure ist insofern eine grundlegende Aenderung eingetreten, als nicht
mehr mit Tourills gearbeitet wird. Dieselben werden ersetzt durch eine kompendiös
gebaute Rohrbatterie von acht auf- und absteigenden Strängen, die von oben her mit
dünner Säure berieselt werden und unten das Abzapfen der fertigen Säure gestatten.
Diese Rohrstränge sind nun gefüllt mit eigentümlich konstruierten sog. Bündelrohren,
deren Wirkung darauf beruht, dass eine Reihe von möglichst dünnwandigen Rohren dicht
aneinander gelegt sind, aber an dem einen Ende so ausgebildet sind, dass sämtliche
aussen an der Peripherie liegenden Rohre des Rohrbündels eine leichte Neigung nach
innen bekommen, d.h. nach dem Zentrum des Rohrbündels zu, während diejenigen Rohre,
die im Zentrum liegen, eine leichte Neigung nach der Peripherie hin bekommen. Das
Ergebnis dieser Konstruktion ist sofort einzusehen: Der durch das Rohrbündel gehende
Gasstrom wird in zwei Teile zerlegt; der Kern wird an die Aussenseite, d.h. also an
das umhüllende Tonrohr des Rohrstranges geworfen, und der Teil des Gasstromes, der
bisher an der Aussenwand entlang strich, wird ins Innere geworfen. In Abständen von
je 80 cm befindet sich ein neues Rohrbündel, so dass also innerhalb der genannten
Entfernung jedesmal der ganze Gasstrom durcheinander geworfen wird. Dadurch wird
nicht nur die Luftkühlung des umhüllenden Rohrstranges bis zum äussersten
ausgenutzt, sondern gerade die Mischung der salpetersauren und salpetrigsauren Gase
bewirkt die lebhafteste Oxydation der niederen Stickstoffsäure. An diese Rohrbündel
schliessen sich je nach Grösse der Anlage zwei bis vier Türme, in denen die
Regeneration oder die Absorption zu Ende geführt wird. Der erstere derselben enthält
wieder die Eversschen Drehkörper, welche ähnlich
konstruiert sind wie diejenigen im Denitrierturm; die anderen können beliebige
Füllmaterialien erhalten, wobei auch hier der Plattenturm vorzügliche Wirkung
leistet. Die letzten Türme können mit Koks gefüllt werden, wobei aber der neue
Tonkoks der Deutschen Ton- und Steinzeug-Werke
Aktiengesellschaft mit Vorteil verwendet wird, damit jede Reduktion der
Salpetersäure durch Kohlenstoff vermieden wird. Dieser Tonkoks ist dem Gaskoks ganz
ähnlich nachgebildet, besteht aber aus säurefestem Ton und hat dieselbe rauhe,
zerklüftete Oberfläche wie der Koks aus Kohlenstoff. Die Berieselung der Türme und
der Rohrbündelbatterie wird durch ein selbsttätiges Montejus nach Dr. Plath bewerkstelligt, so zwar, dass der letzte Teil
stärker als der erste Teil berieselt wird, damit man in der Lage ist, vorn die
starke Salpetersäure abzuziehen. Farbe und Konzentration sind wie oben
angegeben.
Die aus dem Denitrierturm abfliessende Schwefelsäure dient zunächst zur Vorwärmung
der Zersetzungsluft und wird dann durch Bleischlangen und Kühlkästen auf die
Normaltemperatur abgekühlt und kann entweder weiter konzentriert werden oder zu
sonstigem Gebrauch ohne weiteres dienen.
Der Verlust an Salpetersäure beträgt etwa 0,5 v. H., der Kohlenverbrauch ist, wie
sich in der Praxis ergeben hat, für eine Charge von etwa 9000 kg in 12 Stunden
täglich etwa 320 kg. und die Leistung des Apparates ist etwa 9000 kg in 12
Stunden.
Die Vorteile des Eversschen Denitrierverfahrens liegen
also nicht nur in der grossen Leistungsfähigkeit, sondern auch vor allen Dingen in
der höheren Konzentration und der gegenüber dem älteren Verfahren ausserordentlich
gesteigerten Reinheit der wiedergewonnenen Säuren Die Einrichtungskosten für dieses
Verfahren machen sich durch den erzielten Mehrpreis für die Verwertung der
zurückerhaltenen Säuren in kürzester Zeit bezahlt.
Wasserstands-Glas-Abdichtung mit
„Forcit“-Reformringen.
Eine wesentliche Verbesserung der Befestigung von Wasserstandsgläsern zeigt eine
neuerdings von der Firma Weinhardt & Just, Hannover, in den Handel gebrachte Anordnung. Bei
allen bisherigen Wasserstandsgläsern findet man das Prinzip der Stopfbüchsendichtung
angewendet.
Textabbildung Bd. 320, S. 448
Obige Firma hat durch Benutzung von selbstdichtenden, stulpartig wirkenden konischen
Ringen d und e, die durch
die Ueberwurfmutter b und Stopfbüchsenring c angezogen werden, das Glas a davor geschützt, durch übermässige Pressung und Folgen der
Wärmeausdehnung zersprengt zu werden. Ganz besonders vorteilhaft für Besitzer von
Wasserstandsgläsern mit Abdichtungen von geringerem Gebrauchswert, ist der Umstand,
dass der bisher benutzte Flansch mit geringer Abänderung (Abstechen des kürzeren
Ringendes) verwertet werden kann, so dass die Neuanschaffung sich schliesslich auf
zwei dampfsichere konische Gummidichtungen beschränkt.
Die Einfachheit der Befestigung mit der augenscheinlichen Erhöhung der
Betriebssicherheit wird der Neuheit im grössten und kleinsten Betriebe den
verdienten Eingang sehr erleichtern.