Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, Miszellen, S. 528 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Neuere Hochspannungsisolatoren.
Bei einem rationell gebauten Hochspannungsisolator müsste die Durchschlagspannung
derjenigen Spannung gleich sein, bei der ein Ueberschlagen der Entladung in Form von
Lichtbogen oder Knallfunken auftritt. Ist diese Bedingung erfüllt, so können wir von
einer vollkommenen Ausnutzung des Materials sprechen. Da jedoch die
Oberflächenisolation von der Witterung abhängt und namentlich durch Feuchtigkeit,
Staub usw. stark heruntergesetzt wird, so wird in der Regel die
Durchschlagsfestigkeit wesentlich höher ausfallen, als die Isolationsfestigkeit
gegen Oberflächenentladungen. Bei Isolationsproben, die meistens unter Traufe
vorgenommen werden, schlägt ein Lichtbogen je nach der Bauart der Isolatoren bei
30000 bis 60000 Volt und höher über; durchschlagen wird indes ein guter Isolator bei
einer Spannung unter 100000 Volt wohl selten.
Massgebend für die Durchschlagsfestigkeit eines Isolators ist neben der Stärke und
Güte des Porzellans vor allen Dingen die Beschaffenheit der Glasur. Hat diese
Sprünge, so wird der Isolator namentlich bei wechselnder Temperatur (infolge des
Stromüberganges) leicht durchschlagen. Da die Glasur zu der Durchschlagsfestigkeit
am meisten beiträgt, „am meisten trägt“, wie man zu sagen pflegt, so werden
neuerdings Hochspannungsisolatoren aus einzelnen Stücken so zusammengebaut, dass sie
mehrere Schichten Glasur erhalten. Dieses Verfahren ist noch insofern von Vorteil,
als dicke Porzellanschichten schwer genügend homogen herzustellen sind.
Die Firma Thomas and Sons Company in Ohio (Vereinigte
Staaten) stellt ihre Hochspannungsisolatoren aus einzelnen Teilen her, die für sich
getrocknet, gebrannt und nachträglich mit einer Glasmasse zusammengekittet werden.
Die bekannte Firma Bock schlägt bei der Herstellung
ihrer vorzüglichen Hochspannungsisolatoren neuerdings ein Verfahren ein, welches in
Fig. 1 schematisch dargestellt ist. Der dort
angegebene Isolator besteht aus drei Teilen, deren gegenseitige Lage durch die
Vorsprünge a, b gesichert wird. Der innere Teil trägt
das Gewinde zur Befestigung der Isolatorstütze. Die Rille c dient zur Aufnahme des Liniendrahtes. Die Teile A, B, C werden einzeln getrocknet und gebrannt. Nachdem sie sich abgekühlt
haben, werden sie in die in Fig. 1 veranschaulichte
Lage gebracht; die Zwischenräume werden bis m mit
fester Glasurmasse gefüllt. Ist dies geschehen, so wird das Ganze der intensiven
Glühhitze in einem Ofen ausgesetzt. Die Glasur schmilzt und füllt die Zwischenräume
S vollständig aus. Das Eindringen von Feuchtigkeit
ist bei diesem Verfahren unmöglich.
Eine Methode, die sich von dem Bock-Verfahren nur wenig
unterscheidet, ist in Fig. 2 und 3 veranschaulicht. Der Isolator (Fig. 2), besteht aus zwei Teilen, die bei dem Prozess
der Vereinigung in die aus Fig. 3 ersichtliche Lage
gebracht werden. g ist die Glasurmasse. Wird das Ganze
der intensiven Glühhitze ausgesetzt, so schmilzt die Glasur, der Teil A sinkt und nimmt die Lage A (Fig. 3) an. Bei diesem, wie dem vorher
geschilderten Verfahren können feine Luftbläschen in der Glasur zurückbleiben. Diese
schaden aber nicht weiter, da die Luft, wie bekannt, ein guter Isolator ist.
Da die Isolatoren im Betriebe häufig wechselnden Temperaturen ausgesetzt sind, so
erscheint es zweckmässig, die Glasur so zu wählen, dass ihr
Wärmeausdehnungskoeffizient demjenigen des Porzellans gleich ist. Sind beide
wesentlich voneinander verschieden, so bekommt die Glasur Sprünge, die die
Durchschlagsfestigkeit des Isolators beeinträchtigen. Aus diesem Grunde ziehen
manche Fabrikanten ein anderes als das vorgeschilderte Verfahren vor. Die einzelnen
Isolatorteile werden innen und aussen mit Glasur versehen und mit einem Gemenge aus
Glyzerin und Gips verkittet. Ein anderes Verfahren ist Rudolf Gaertner patentiert worden. Einen hiernach gebauten Isolator stellt
die Fig. 4 dar. Dieser besteht aus zwei Teilen, die
innen und aussen mit Glasur versehen und so zusammengepasst sind, dass im Körper des
Isolators eine dünne Luftschicht zurückbleibt. Der Liniendraht ist von der Stütze
durch vier Glasurschichten getrennt.
Textabbildung Bd. 320, S. 528
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 320, S. 528
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 320, S. 528
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 320, S. 528
Fig. 4.
Die Vielteilung der Isolatoren gewährt noch den Vorteil, dass die einzelnen Teile auf
ihre Durchschlagsfestigkeit besonders geprüft werden können. Die Praxis hat gelehrt,
dass man unter 40000 Volt mit zwei Teilen vollständig auskommt, bei höheren
Spannungen aber nicht mehr als drei Teile benötigt.
Die Prüfung der Hochspannungsisolatoren ist von der grössten Wichtigkeit. Als
Prüfspannung nimmt man in der Regel die doppelte Betriebsspannung. Ob diese genügt,
um allen Zufälligkeiten des praktischen Betriebes zu begegnen, ist zur Zeit noch
nicht entschieden. An den Niagarafällen wird bei der Prüfung der
Durchschlagsfestigkeit wie folgt verfahren: Der Isolator wird umgedreht und in eine
mit wenig Salzwasser gefüllte Pfanne gestellt. Ferner wird Salzwasser in die zur
Aufnahme der Stütze bestimmte Höhlung eingegossen. Ein Pol des
Hochspannungstransformators wird jetzt in die Pfanne, der andere in die Höhlung
eingetaucht. Bei genügender Spannung geht der Strom unter kräftigen
Feuererscheinungen durch. Bei etwas höherer Spannung wird der Isolator
durchschlagen. Die Prüfung der Oberflächenisolation wird in der Regel unter Traufe
vorgenommen.
(Engineering.)