Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 607 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
[Kleinere Mittheilungen.]
Bücherschau.
Ausländische Dampfturbinenliteratur.
Die Entwicklung der ersten, praktisch brauchbaren Dampfturbinensysteme geschah im
Auslande. In Schweden hat de Laval sowohl die
einstufige Ueberdruckturbine (für Milchzentrifugen), als auch die einstufige
Druckturbine zuerst ausgebildet. Der Engländer Parsons
brachte die vielstufige Ueberdruckturbine hervor. Heute ist die ganze industrielle
Welt an dem Wettkampf dieser neuartigen Wärmekraftmaschine mit ihren älteren
Geschwistern beteiligt. Die deutsche Literatur zeugt davon redlich ihr Teil, welche
deshalb in diesem Journal bereits gewürdigt worden ist.D. p. J. 1904, Bd. 319, S. 191 und 718, ebenso S. 429 ds. Bds. Es
erscheint nicht unzweckmässig, zur Vervollständigung auch die fremdsprachigen Bücher
über Dampfturbinen namhaft zu machen und zu besprechen; denn die technische
Literatur des Auslandes fördert im allgemeinen wie im besonderen das Verständnis für
seine Art, in technischen Angelegenheiten zu denken und zu schaffen, und kann
denjenigen als Vorbereitungsmittel dienen, welche die Tätigkeit und die Werke des
Auslandes aus eigener Anschauung kennen lernen wollen. Zugleich gilt allgemein das
sinngemäss übertragene Wort: Um so gewaltiger wird ein Strom, je mehr ergiebige
Quellen zusammenfliessen.
The Steam Turbine. By R. M. Neilson. London, 1904. Longmans, Green and Co.
Dritte Auflage. 294 S. 212 Fig.
Das Buch hat in verhältnismässig rascher Folge drei Auflagen erlebt. Es eignet sich
für eine allgemeine Orientierung über die industriellen Dampfturbinensysteme mit
besonderer Berücksichtigung der Parsons-Turbine. Der
Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, auch die kleinen Einzelheiten zu erörtern,
welche für den praktischen Erfolg oder Misserfolg der Dampfturbine mitbestimmend
sind. Leider hat der Verfasser dabei mehr schematische Bilder als gediegene
Einzelkonstruktionen geboten.
Die einleitenden Kapitel behandeln Allgemeines und Geschichtliches der Dampfturbine.
Im dritten Kapitel wird der Werdegang der Parsons-Turbine entwickelt. Dann folgen einige allgemein gehaltene Kapitel:
Vergleich zwischen der Dampfturbine einerseits und der Wasserturbine und
Kolbendampfmaschine anderseits, Schaufelung und Geschwindigkeiten, Entropie und
Temperatur-Entropie-Diagramme, welch letztere zur thermischen Beurteilung einiger
Kreisprozesse benutzt werden.
Die eigentliche Beschreibung der Dampfturbinensysteme beginnt mit dem achten Kapitel,
in welchem die de Laval-Turbine besprochen ist. Die Rateau-Turbine wird nur kurz behandelt, dagegen
berichtet Neilson über die Dampfturbine seines
Landsmannes Parsons umfassender. Von den übrigen
Turbinen werden diejenigen von Westinghouse-Parsons, Stumpf,
Seger, Schulz und Curtis gestreift. Den
Schluss bildet die Anwendung der Parsons-Turbine im
Schiffsbetriebe. In einem Anhang sind noch die britischen Dampfturbinenpatente von
1784 bis 1901 zusammengestellt.
Le Turbine a vapore ed a
gas. Ing. G. Belluzzo. Milano, 1905. Ulrico
Hoepli. 408 Seiten mit 320 Abb. und 2 Tafeln.
Der Verfasser hat sich folgendes Programm für sein Buch aufgestellt:
1. Graphische Theorie der elastischen Flüssigkeiten und ihrer
Bewegung;
2. Anwendung der graphischen Methoden zur Berechnung der Dampf-
und Gasturbinen;
3. Kritische Studie der Dampfturbinensysteme;
4. Verwendung der Dampfturbine im Schiffsbetrieb.
Der erste Punkt des Programms wird in 7 Kapiteln auf III Seiten behandelt; namentlich
werden die thermodynamischen Grundbegriffe, der gesättigte und überhitzte
Wasserdampf, die Gase, der Stoss elastischer Flüssigkeiten und die Arbeitsabgabe des
Flüssigkeitsstromes an ruhende und bewegte Kanäle und die Ausflusserscheinungen von
Gasen und Dämpfen erörtert. Belluzzo bedient sich zur
Veranschaulichung besonders der geometrischen oder graphischen Verfahren.
Der zweite Abschnitt bringt die üblichen Einteilungen sowie die graphische
Veranschaulichung der grundlegenden Begriffe über Dampf- und Gasturbinen. Daran
reihen sich die besonderen Kapitel über einen Vergleich zwischen Turbine und
Kolbenmaschine, die Gasturbine, die Wirkungsgrade, die Regelung, die Kondensation
und schliesslich einige allgemeine Gesichtspunkte und Regeln.
Aus den praktisch erprobten Dampfturbinensystemen hat Belluzzo die Turbinen von de Laval, Seger, Kolb,
Parsons, Rateau, Zoelly und der A. E. G.
(Curtis und Riedler-Stumpf) ausgewählt und auf
127 Seiten verbildlicht und beschrieben.
Zum Schlusse folgen einige kurze Mitteilungen über die mit Parsons- und Rateau-Turbinen ausgerüsteten
Turbinenschiffe.
Belluzzo bietet mit seinem Buche dem italienisch
verstehenden Leserkreis eine allgemein einführende Veröffentlichung über die
unmittelbar kreisenden Wärmekraftmaschinen der Gegenwart, welche auf der strömenden
Bewegung elastischer Flüssigkeiten beruhen.
Roues et turbines à vapeur. Par
K. Sosnowski, Paris, 1904. Ch. Béranger. Zweite
Auflage. 230 Seiten mit 356 Abb.
Die erste Auflage dieses Buches erschien im Jahre 1897. Sie war das erste Werk der
Welt, welches, in Buchform herausgegeben, nur die Dampfturbinen zum Gegenstand
hatte. Sosnowski musste das ganze Material aus den
vielen, zerstreut liegenden Quellen – Archiven, Büchern und Zeitschriften – erst
mühselig zusammenraffen, sichten und klären. Damals hatte sich die Dampfturbine noch
keineswegs zu der heutigen Anerkennung durchgerungen. Der Verfasser bietet mit
seinem Buche eine weit zurückreichende Entwicklungsgeschichte der Dampfturbinen. Der
Stoff ist chronologisch nach den persönlichen Trägern der Entwicklungsgedanken
geordnet.
Sosnowski, der Direktor der Société de Laval in Paris, hat bereits 1894 mit der Sammlung des Stoffes
begonnen und daraufhin in verschiedenen Gesellschaften der französischen Hauptstadt
Vorträge gehalten. Seine Arbeit erschien 1896 im „Bulletin de la Société
d'Encouragement pour l'Industrie nationale“ und im folgenden Jahre in
Buchform.
In der zweiten Auflage des Buches ist die Entwicklungsgeschichte der Dampfturbinen
bis zum Jahre 1904 nachgetragen worden. Im ganzen sind etwa 125 Erfinder
berücksichtigt. Die französischen Namen sind naturgemäss vorherrschend, die
deutschen Namen nur schwach vertreten. Beispielsweise sucht man nach Adolf Müller aus Osnabrück vergebens, welcher 1877 ein
Patent auf eine Stufendampfturbine nahm:Zeitschr. des Ver. deutsch. Ing. 1904, S. 1712. anderseits
ist zuzugeben, dass die besprochene achsiale Stufenturbine des Engländers Wilson aus dem Jahre 1848 grosse Aehnlichkeit mit
derjenigen von Müller besitzt. Aber auch die
Elektraturbine von Kolb ist nirgends zu finden.
Sosnowski beginnt die Geschichte der Dampfturbinen mit
dem Reaktionsrad Heros von Alexandrien (120 v. Chr.);
der Hinweis auf diesen alexandrinischen Gelehrten ist inzwischen für Einleitungen
über Dampfturbinen üblich geworden. Aus der grossen Vorläuferschar der heute
verwirklichten Dampfturbinen seien Giovanni Branca
(1629), James Watt (1769), Real und Pichon (1827), Pilbrow (1843), Wilson
(1848), Tournaire (1853), Perrigault und Farcot (1864), Altham (1892), Morton
(1893), Ferranti (1894) erwähnt.
Die Pioniere der praktisch brauchbaren, gewerblich verwerteten Dampfturbinensysteme
sind de Laval und Parsons. de
Laval baute 1883 ein Reaktionsrad, welches jenem von Hero glich, zum Antrieb von Milchzentrifugen.Ausgeführt von „Aktiebolaget
Separator,“ Stockholm. 1884 begann Parsons mit der Entwicklung seiner Ueberdruckturbine;
„mit staunenswerter Energie und seltener Beharrlichkeit hat er über 15 Jahre
an der Vervollkommnung seiner Erfindung gearbeitet“.Broschüre über die Dampfturbine, System Brown, Boveri-Parsons. 7. Berlin, 1903. Julius
Springer.
1889 folgte de Laval mit seiner eigentlichen
Druckturbine; ihre wesentlichen Kennzeichen bestanden in der konisch erweiterten
Expansionsdüse und einem einzigen, winzig kleinen Schaufelrad auf einer dünnen,
schwanken Federwelle, welche mit bis dahin unbekannten Umlaufzahlen (30000 i. d.
Minute bei 5 mm Wellendurchmesser für 5 effektive Pferdestärken) kreiste. Sosnowski hat diese Turbinen naturgemäss etwas
ausführlicher behandelt, als es dem Rahmen des Buches angemessen ist. In der zweiten
Auflage wird, was in der ersten Auflage noch nicht der Fall war, hervorgehoben, dass
de Laval schon 1894 eine Turbine mit
Geschwindigkeitsabstufung angegeben hatte. Freilich hatte Seger – ebenfalls in Stockholm – bereits im Jahre zuvor die
Geschwindigkeitsabstufung mit seiner gegenläufigen Turbine praktisch verwirklicht.
Weiter erscheinen Rateau (1894), Cartis (1896), Schulz
(1898), Brequet-de Laval (1902), Lindmark (1902), Zoelly
(1902), Riedler-Stumpf und ebenso Westinghouse (1903).
Am Ende des Buches findet sich eine Einteilung der beschriebenen Typen in vier
Hauptgruppen, nämlich:
1. Moteurs à réaction,
2. Roues à vapeur,
3. Turbines à vapeur,
4. Moteurs mixtes.
Das Buch bietet nicht mehr und nicht weniger als eine Entwicklungsgeschichte der
Dampfturbinen von ihren Uranfängen bis zur Gegenwart. Die chronologische Anordnung
des Stoffes nach den einzelnen Erfindern besitzt für die Monographie erhebliche
Vorzüge, während naturgemäss die Systematik dabei etwas zu kurz kommt. Deshalb hat
Sosnowski am Schluss eine Einteilung hinzugefügt,
in welche die verschiedenen Erfinder untergeordnet sind.
Les turbines à vapeur. Par G. Hart, Paris, 1904. Gauthier-Villars. 139 Seiten mit
53 Abb.
La turbine à vapeur, Système
Rateau. Par Jean Rey. Paris, 1904. Sautter.
Harlé & Cie. 102 Seiten mit 54 Abb.
Beide Broschüren sind Sonderabdrucke aus der Zeitschrift des Vereins der
französischen Zivilingenieure (Mémoires de la Société des Ingénieurs Civils de
France, bulletins d'avril et de juin 1904).
Hart beginnt mit allgemeinen Betrachtungen und einer
Einteilung der Dampfturbinen. Von den verschiedenen Dampfturbinensystemen sind
diejenigen von Parsons, de Laval, Bréquet-de Laval, Rateau,
Curtis, Riedler-Stumpf, Zoelly, Lindmark, Westinghouse, Weichelt und Schulz durch Wort und Bild gekennzeichnet.
Rey behandelt eigentlich nur die Dampfturbine, System
Rateau, und ihre Anwendungen, streift aber in der
Einleitung auch einige andere Turbinensysteme. Er schickt, ähnlich wie Hart, einen allgemeinen theoretischen Teil voraus, ehe
er auf sein Sonderthema „Die Rateau-Turbine und ihre
Anwendungen“ eingeht. Bekanntlich wird diese Dampfturbine in Frankreich von
der Firma Sautter, Harlé &. Cie., Paris, gebaut,
welche den Sonderabdruck für ihre Zwecke anfertigen liess.
Les turbo-moteurs et les machines
rotatives. Par H. de Graffigny. Paris, 1904. E.
Bernard. 280 Seiten mit 128 Abb.
de Graffigny bietet ein allgemein beschreibendes Buch
über unmittelbar kreisende Kraftmaschinen, betrieben von Wind, Wasser, Dampf und
Gas.
Unmittelbar kreisende Dampfmaschinen beruhen entweder auf dem statischen oder auf dem
dynamischen Arbeitsprinzip; die ersteren besitzen rotierende Kolben oder Flügel
(Rotationsmaschinen), die letzteren Schaufelräder (Turbinen). Die Dampfturbinen
werden auf 102 Seiten besprochen und durch 32 Abbildungen veranschaulicht, de Graffigny erörtert die Dampfturbinen von de Laval, Parsons, Rateau, Riedler-Stumpf und
Westinghouse.
Zum Schluss werden auch unmittelbar kreisende Arbeitsmaschinen, wie die Kreiselpumpen
und -Gebläse, kurz beschrieben. Endlich sind noch die einschlägigen französischen
Patente von 1900–1904 angereiht worden.
Berlin-Halensee.
Karl H. Merk.
Zwangläufige Regelung der Verbrennung
bei Verbrennungsmaschinen. Von Carl Weidmann.
Berlin, 1905. J. Springer.
Verfasser beginnt seine interessante Schrift mit der Wiederholung des schon von E. Meyer geführten Nachweises, dass, wenn Druckgrenzen
gegeben sind, die Gleichdruckmaschine einen besseren theoretischen Wirkungsgrad hat
als die Verpuffungsmaschine. Eine Gleichdruckmaschine verlangt eine zwangläufig:
geregelte Verbrennung; die Diesel-Maschine ist eine
Verpuffungsmaschine mit sehr schleichender Verbrennung. Die vom Verfasser
vorgeschlagene Anordnung hat sehr viel Aehnlichkeit mit der von Brayton-Simon (Schöttler, die Gasmaschine, 4. Auflage,
S. 167). Im Arbeitszylinder wird die Luft, im Pumpenzylinder das Gas komprimiert,
welches in einen stark gekühlten Aufnehmer gepresst wird. Aus diesem wird es durch
einen besonderen Verdränger in die Mischungvorrichtung gepresst, durch welche es
vermöge seiner Strömungsenergie die zur Mischung nötige Luft aus dem Arbeitszylinder
ansaugt. Unmittelbar danach trifft das Gemisch auf die Zündvorrichtung, welche
natürlich nicht wie bei Brayton, eine Flamme, sondern
den inzwischen, gemachten Erfahrungen entsprechend heisse Luft ist. Da das
Ueberschieben des Gases und der Zündluft unter dem Einfluss eines Reglers erfolgt,
so hat der Verfasser sein Ziel einer zwangläufig geregelten Verbrennung
erreicht.
Am Schluss des Heftes wird eine 350 PS Anlage berechnet und konstruktiv
durchgeführt.
Ob es Verfasser gelingen wird, die in der Gemischbildung und Zündung liegenden
Schwierigkeiten zu überwinden, müssen erst Versuche lehren. Sollte er, was wir ihm
wünschen, hierin Erfolg haben, so wird er eine Maschine erfunden haben, welche den
Explosionsmaschinen und der Diesel-Maschine viel
Konkurrenz machen wird.
Dr. K. Schr.