Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 766 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
[Kleinere Mittheilungen.]
Bücherschau.
Die Eisenbahnen, ihre Entstehung
und gegenwärtige Verbreitung. Von F. Hahn. Aus
„Natur und Geisteswelt“, 71. Bändchen. Leipzig, 1905. B. G. Teubner.
Es ist ein erfreuliches Zeichen der Gegenwart, dass ein Bedürfnis nach volkstümlicher
Darstellung der Schöpfungen der Ingenieurkunst rege wird und schon zu einer grossen
Reihe von Schriften geführt hat. Ist es doch mehr, als die Vervollkommnung
allgemeiner Bildung, was den Deutschen besonders zur Beschäftigung mit den
Erzeugnissen deutschen Gewerbefleisses treiben soll: Es ist im vornehmsten Sinne die
Betätigung der Vaterlandsliebe. –
Das vorliegende Werkchen sucht Bedeutung und Wesen der Eisenbahnen dem Verständnis
weiterer Kreise näher zu bringen. Das Buch ist in drei Teile gegliedert, deren
erster und dritter in dem Titel als Zusatz erscheinen, während merkwürdigerweise der
mittlere Teil im Buchtitel fortgelassen ist. Sollte damit seine geringere Bedeutung
gekennzeichnet werden oder war sich Verfasser selbst bewusst, dass dieser Teil den
beiden anderen nicht ebenbürtig wurde und werden konnte?
Der kurze Ueberblick über die geschichtliche Entwicklung der Eisenbahnen ist treffend
gegeben und gewinnt an Interesse, da Verfasser vieles mit eigenen Augen geschaut und
aus der Erinnerung häufig wiedererzählt. Im letzten Teil werden die bestehenden
Bahnen aller Erdteile besprochen, so dass der Leser mit Vergnügen dem Vordringen der
Eisenbahnen folgt. Nicht ganz glücklich streift Verfasser den verwaltungsseitigen
Teil der deutschen Eisenbahnen. Wie einseitig der Verfasser oft von seinem
Standpunkt als Geograph urteilt, mag aus folgender Stelle hervorgehen: „Der
Geograph wird die Einführung so schneller Züge jedenfalls nicht herbeisehnen,
weiss er doch, dass es schon auf den heutigen Schnellzügen nicht ganz leicht
ist, die durchfahrene Gegend stetig in nutzbringender und anregender Weise mit
der Karte zu vergleichen.“
Der mittlere Teil des Buches, der sich mit dem rein Technischen der Eisenbahnen zu
beschäftigen sucht, ist als weniger gelungen zu bezeichnen. Wenn auch Verfasser ein
zweifellos guter Beobachter ist und mehr als sonstige Reisende auf seinen Reisen auf
der Eisenbahn von ihr erschaut hat, so reicht dies allein doch nicht aus, um ein ihm
wesensfremdes Gebiet richtig in den Hauptgrundzügen, sei es auch nur volkstümlich,
darzustellen. Er haftet naturgemäss am Aeusserlichen, was ohne praktische Bedeutung
ist. Der Abschnitt über die Linienführung der Bahn ist noch erträglich. Auch die
Stationen und ihre Anlagen sind gut beobachtet. Aber völlig versagt die Schilderung
des Betriebes und der Betriebsmittel. Der graphische Fahrplan ist nicht richtig
dargestellt, Zug 11 fährt gar ein Stück rückwärts auf seiner Fahrt. Die Skizzen über
die Achsenanordnung und die „äussere Erscheinung“ der Lokomotiven sind
wertlos, sie zeigen auch nicht „das Prinzip, auf das es jedesmal ankommt“.
Dies sind nur einige wenige Beispiele.
Das Buch, das trotz des Mangels im allgemeinen seiner Aufgabe gerecht wird, könnte
nur gewinnen, wenn der mittlere, weniger geglückte Teil bei einer Neuauflage
gestrichen wird, falls nicht Verfasser einen sachverständigen Mitarbeiter findet,
der den technischen Teil gründlich durcharbeitet und neu gestaltet.
Hans A. Martens.
Elektromagnetische Schwingungen und
Wellen. Von Dr. Joseph Ritter v. Geitler.
Braunschweig, 1905. Vieweg & Sohn.
Seit den epochemachenden Entdeckungen von Heinrich Herz
ist den elektromagnetischen Schwingungen ein Interesse zugewendet worden, wie es
vorher kaum einem Gebiete der Physik zu Teil geworden ist. Die vielen Arbeiten auf
diesem Gebiete, welche fast gleichzeitig in Angriff genommen wurden, sind in den
einzelnen Fachzeitschriften verstreut und es hielt schwer, sich einen allgemeinen
Ueberblick darüber zu verschaffen, zumal da die Materie sich mit Riesenschritten
vermehrte und vor lauter neuen Ideen niemand Zeit fand, den Stoff zu sichten und die
Spreu von dem Weizen zu trennen.
Heute, wo in der Produktion ein gewisser Stillstand eingetreten ist, tritt das
Bestreben zu einer solchen Arbeit immer deutlicher zu Tage, wovon die zahlreichen
Werke über elektromagnetische Schwingungen beredtes Zeugnis ablegen und wenn diese
Arbeit auch nicht immer eine dankbare ist, so muss sie doch jedenfalls als eine
verdienstvolle bezeichnet werden.
Einen solchen Versuch stellt das vorliegende Werk dar und es muss mit
uneingeschränkter Anerkennung hervorgehoben werden, dass dem Verfasser seine Aufgabe
vorzüglich gelungen ist.
Der Verfasser hat es verstanden, in einem knappen Rahmen alles dasjenige
zusammenzufassen, was bis heute Wissenswertes auf diesem Gebiete existiert, mit
weiser Beschränkung auf das allein Wichtige und richtiger Umgehung alles
Nebensächlichen.
Geradezu als kleine Meisterwerke der Darstellungsweise müssen die Kapitel über James Clack Maxwell und über Heinrich Rudolf Hertz bezeichnet werden.
Selbst jeder Laie wird diese Kapitel mit Interesse lesen und aus ihrer Lektüre
bleibenden Nutzen ziehen. Er wird von der Entwicklung der Elektrizitätslehre von Feraday bis Herz ein Bild
erhalten, wie es ihm anschaulicher nicht durch umfangreiche Lehrbücher dargestellt
werden könnte.
Aber auch der Fachmann wird dieses Werk nicht ohne Befriedigung aus der Hand legen,
indem er hier eine klare Uebersicht über alles das vorfindet, was über diesen
Gegenstand seit etwa den letzten sechs Dezennien Wesentliches hervorgebracht worden
ist.
Die Zurückhaltung, mit welcher der Verfasser über die drahtlose Telegraphie urteilt,
ist durchaus berechtigt, da deren Erfolge auf praktischem Gebiete zwar genügend
ausposaunt worden sind, auf wissenschaftlichem Gebiete aber bis jetzt nicht recht
begründet werden konnten; und wenn der Verfasser dem Organ dieser Art von Forschung,
der Presse, wenig Glauben beizumessen scheint, so wird ihm dies in wahrhaft
Wissenschaft' lichen Kreisen nicht verdacht werden.
Dr. K.