Titel: | Die 14. Hauptversammlung der Bunsengesellschaft. |
Autor: | Arndt |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, Miszellen, S. 364 |
Die 14. Hauptversammlung der Bunsengesellschaft.
Die Deutsche Bunsengesellschaft für angewandte
physikalische Chemie hielt ihre diesjährige Hauptversammlung vom 9.–12. Mai in Hamburg ab. Aus den geschäftlichen Verhandlungen ist
bemerkenswert, daß Geh. Reg.-Rat von Böttinger
(Elberfeld) eine goldene Bunsenmedaille gestiftet hat,
die alle zwei Jahre von dem Vorstande der Bunsengesellschaft verliehen werden soll, das erste Mal 1908.
Die wissenschaftlichen Verhandlungen begannen mit einer Reihe von Vorträgen über
Radioaktivität, aus denen besonders der treffliche Vortrag von W. Marckwald (Berlin) über das chemische Verhalten der
radioaktiven Substanzen hervorzuheben ist. Von den zahlreichen in den letzten Jahren
entdeckten radioaktiven Stoffen ist einzig Radium
genauer bekannt, dessen weitere Erforschung dadurch gehemmt wird, daß die
österreichische Regierung die Ausfuhr ihrer Joachimstaler Uranpecherze seit drei
Jahre sperrt. Nachdem die österreichische Regierung s. Z. dem Ehepaare Cury unentgeltlich große Mengen dieses unersetzlichen
Ausgangsmaterials zur Verfügung gestellt hat, will sie nun die zweite Hälfte ihres
Schatzes unter Leitung der Wiener Akademie auf Radium verarbeiten lassen; man hat
die zu erwartende Ausbeute auf 2 gr Radium berechnet. Nernst regt an, die österreichische Regierung möge eine Anstalt für
Radiumforschung gründen und dort auch fremden Forschern Arbeitsplätze einräumen.
Das zweite radioaktive Element, Polonium, ist so selten,
daß es, trotz seiner leichteren Gewinnung, noch nicht genau bekannt ist. Marckwald gewann aus 5000 kg Uranrückständen nur 3
Milligramm Poloniumsalz. Aktinium, ein Begleiter des
Lanthans, ist noch nicht ganz von diesem getrennt
worden. Die merkwürdigen, gasförmigen Absonderungen der radioaktiven Stoffe, die
Emanationen, zeigen sich ebenso wie die Edelgase, chemisch untätig und können nur
durch die Verschiedenheit ihrer Strahlung unterschieden werden.
Die überraschende Entdeckung von Ramsay, daß aus
Radiumemanation das Edelgas Helium entsteht, also ein chemisches Element sich in ein
anderes umwandelt, ist von Himstedt & Meyer (Freiburg i. B.) möglichst scharfen Proben
unterworfen und bestätigt worden.
Eine praktisch vielleicht sehr wichtige Frage berührte der Vortrag von Henrich über die Radioaktivität der Quellwässer. Auf diese Radioaktivität, die sich in
Berührung mit der Luft verliert, wird neuerdings der oft behauptete, ebenso oft
bestrittene Unterschied zwischen der Heilwirkung eines Wassers am Kurorte selbst und
nach dem Versand in Flaschen zurückgeführt. Gemessen wird die Aktivität in
einem handlichen „Fontaktoskop“ von Günther & Tegetmeyer
in Braunschweig, indem man eine abgemessene Menge des Wasser mit Luft schüttelt und
deren elektrische Leitfähigkeit durch die Entladungsgeschwindigkeit eines
Elektroskopes mißt. Am stärksten aktiv zeigte sich eine Quelle auf Ischia. Die Aktivität schwankt bei eng benachbarten
Quellen trotz ähnlicher Zusammensetzung außerordentlich; auch ein und dieselbe
Quelle zeigt große Schwankungen, ist z.B. nach längerem Regen viel schwächer.
Sinterungen sind stärker radioaktiv als ihre Umgebung; man hat aus ihnen schon
selbstleuchtende Radiumpräparate gewonnen. Die kühleren Quellen sind stärker aktiv
als die heißen.
Im Anschluß an diese Erörterungen berichtete Landolt
(Berlin), daß er jetzt Aufklärung über die merkwürdigen Gewichtsverluste gefunden
hat, die er bei chemischen Umsetzungen in zugeschmolzenen Gefäßen bemerkte. Durch
die Reaktionswärme wird das Gefäß ausgedehnt; diese Ausdehnung, welche wegen des
vermehrten Auftriebes einen Gewichtsverlust vortäuscht, verschwindet nicht nach
Stunden, wie früher angenommen wurde, sondern erst nach Wochen. Das Gesetz von der
Unveränderlichkeit der Masse bei chemischen Umwandlungen hat damit die peinlichste
Probe bestanden.
Von weiteren Vorträgen sei noch der von Th. W. Richards
über die Zusammendrückbarkeit der chemischen Elemente
erwähnt. Er teilt folgende Zusammenstellung mit, in der die Zusammendrückbarkeit mit
10° multipliziert ist:
Lithium
9
Zink
1,5
Kohlenstoff
0,5
Arsen
4
Natrium
15
Selen
12
Magnesium
3
Brom
52
Aluminium
1
Rubidium
40
Silicium
0,2
Molybdän
0,3
Phosphor
9
Palladium
0,4
Schwefel
12
Silber
8
Chlor (flüssig)
100
Kadmium
2
Kalium
31
Zinn
1,6
Calcium
5
Jod
13
Chrom
0,7
Caesium
60
Mangan
0,7
Platin
0,2
Eisen
0,4
Gold
0,2
Nickel
0,3
Quecksilber
3,7
Kupfer
0,5
Die Zusammendrückbarkeit ist eine periodische Funktion des Atomgewichtes.
Arndt.