Titel: | Bücherschau. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 560 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Die Organisation der
Fabrikbetriebe. Von Albert N. P. Johanning.
Braunschweig 1908. Friedrich Vieweg & Sohn.
In dritter, wesentlich erweiterter Auflage erscheint das bekannte Werk von Johanning, welches nach der ausgesprochenen Absicht des
Verfassers für den jungen, eben in die Praxis eintretenden Ingenieur geschrieben
ist. Ihm, dem bis dahin die Hochschule in der Hauptsache rein technisches Wissen
geboten hat, soll das Verständnis für die wirtschaftliche und soziale Seite seines
Berufes und der Blick für organisatorische Fragen im Fabrikbetriebe geweckt werden.
Zu diesem Zwecke entwirft der Verfasser ein anschauliches Bild vom Leben in den
Fabrikbureaux, das dadurch noch wertvoller wird, daß die Erfahrungen einer langen
Praxis immer wieder darin zum Ausdruck kommen. Leider fehlt nur der gerade für den
jungen Anfänger wichtige Hinweis, daß es eben nur ein Bild einer einzelnen und, wie
zugegeben werden mag, vorzüglich geleisteten Fabrik ist, daß es aber nichts
verkehrteres geben würde, als nun nach diesem Vorbilde schablonenhaft überall
vorzugehen. Erst wenn man diesen Gesichtspunkt als leitenden Gedanken voranstellt,
können die Ausführungen des Verfassers den Nutzen stiften, den er von ihnen
erhofft.
Der erste und Hauptteil des Buches. „Kaufmännische Organisation“ bietet nur
geringe Abweichungen von den früheren Auflagen. Er behandelt zunächst den Gang einer
Bestellung von der Erteilung des Auftrages bis zur Inangriffnahme durch die
Werkstatt; dabei werden die verschiedenen Arten der Bestellung für sofortigen
Verkauf, Vorrat, eigenen Bedarf und die Reparaturbestellungen besprochen. Es folgt
ein zum Teil neuer Abschnitt über das Lohnwesen. Sehr zu beherzigen und leider
vielfach noch unberücksichtigt ist der Vorschlag, Lohn- und Akkordwesen den Meistern
ganz abzunehmen und dem Vorstand der Abteilung „Kalkulation“ zu unterstellen.
Weniger glücklich, wenn nicht unter heutigen Arbeitsverhältnissen direkt
unausführbar, ist dagegen der Gedanke nach jeder Löhnung etwa zu hoch geratene
Akkorde herabzusetzen. Was hat wohl zu der heutigen Spannung zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer mehr beigetragen als dieses Vorgehen? Hier scheinen mir die
Anforderungen der Praxis denn doch zu wenig berücksichtigt. Daß Johanning bei Besprechung des Prämiensystems von dessen
fast vollständigen Fiasko in Deutschland hauptsächlich infolge des Widerstandes der
Arbeiterorganisationen nichts erwähnt, muß gleichfalls Wunder nehmen. Sehr
beherzigenswert sind dagegen die Ausführungen über „Materialverwaltung und
Einkauf“. Es klingt wie ein Gemeinplatz, wenn der Verfasser schreibt:
„Nirgends sind die Worte: „Mit vielem hält man Haus, mit wenigem kommt man
aus“ und „Arbeit spart, wer Ordnung wahrt“, so am Platz wie im
Magazin einer Fabrik;“ und doch wie oft findet man wohl eine grobe
Vernachlässigung dieser Grundsätze! Die Bemerkungen über die Benutzung von Karteien,
welche in den früheren Auflagen naturgemäß fehlten, sind leider nicht organisch mit
den ganzen sonstigen Ausführungen verwoben, sie stehen zu unvermittelt neben den
älteren Teilen, ein Uebelstand, der an anderer Stelle in ähnlichem Falle (S. 29.
Bemerkungen über Lohn- und Akkordkarten) trotz der dort ebenfalls angewandten Kürze
glücklich vermieden ist. In dem Kapitel „Kalkulation“ ist für die
Unterteilung der Unkosten eine ungewöhnliche Form gewählt, die aber ihre unleugbaren
Vorzüge besitzt. Nur erscheinen mir die Bezeichnungen nicht richtig gewählt:
Allgemeine Unkosten, Betriebsunkosten, Konstante Unkosten. Handelt es sich doch
bei allen drei Arten, wie auch Formular 26 erkennen läßt, um Betriebsunkosten im
Gegensatz zu Handlungsunkosten, die nur insofern sich unterscheiden, als sie in
ihrer Größe von der Beschäftigung des Werkes abhängig, unabhängig sind oder
überhaupt von vornherein festliegen. Durchweg zustimmen möchte ich den allgemeinen
Ausführungen des Verfassers in dem Abschnitt „Monatliche
Rentabilitätsberichte“, wenn auch leider wohl seine Forderungen heute noch
für die Mehrzahl aller Werke fromme Wünsche sind. Es folgen zwei gegen frühere
Auflagen fast unveränderte, sehr lesenswerte Kapitel über „Offertwesen und
Verkauf“ und „Montagewesen“.
Der zweite Teil „Technische Organisation“ und der dritte „Allgemeine
Organisation“ sind ganz neu. In dem ersteren wird meines Erachtens zu sehr
auf die Vorteile der amerikanischen Art der Normalisierung hingewiesen; diese ist
nun einmal in Deutschland mit der so ganz anders gewöhnten Kundschaft nicht in dem
Umfange möglich. Der junge deutsche Ingenieur, (und gerade für diesen ist doch das
Buch geschrieben) würde einen schweren Fehler begehen, wenn er um einer derartigen
theoretisch richtigen Forderung willen die für das Gedeihen seines Werkes praktisch
so wichtigen Wünsche der Kunden unberücksichtigt ließe. Auf S. 47 ist der Bezug auf
die Formulare Nr. 47 und 48 ganz unverständlich. Offenbar sind zwei Formulare
versehentlich fortgelassen und an dieser Stelle die angegebenen Zahlen irrtümlich
eingesetzt. Zur Nachahmung empfohlen sei das Verfahren, welches bei Ausgabe von
Werkstattzeichnungen an die Arbeiter beobachtet wird. Auch der Vorschlag, zu einer
richtigen Bewertung der Konstruktionszeichnungen systematisch Angaben über die zur
Anfertigung verbrauchte Zeit zu verlangen, erscheint mir durchaus richtig und mit
dem Verfasser kann ich nur die häufig vorhandene Abneigung gegen dieses Vorgehen
bedauern. Sie ist auch meines Wissens in manchen Werken schon erfolgreich
überwunden. Was am Schlusse dieses zweiten Teiles über Arbeiterausschuß, freiwillige
und Zwangssparkassen gesagt ist, dürfte sicher in den Grundgedanken richtig: sein;
über Einzelheiten aber kann man auch hier sehr von der Meinung des Verfassers
abweichen; doch würde mich ein näheres Eingehen darauf zu weit führen.
Aus dem dritten und letzten Teile seien nur die sehr dankenswerten Ausführungen über
die „englische Bureauzeit“ und vor allem über den Wert der intensiven
geistigen Mitarbeit intelligenter Vertrauensbeamter unter den Direktoren
hervorgehoben: „Wer da glaubt, allein... ein Unternehmen mit wirtschaftlichen
Erfolg leiten, sich mit untergeordneten Hilfskräften behelfen zu können, der
schädigt nicht nur sich selbst, sondern auch das ihm zur Leitung anvertraute
Unternehmen in empfindlichster Weise“.
Leider beeinträchtigt an manchen Stellen eine etwas schwerfällige Sprache das in
vieler Hinsicht interessante und jedenfalls sehr lesenswerte Buch; ich verweise in
dieser Beziehung nur auf die ersten Absätze der Seite 5 mit dem immer wiederholten
„bezw.“ und auf die häufigen Fremdwörter. Die bekannte
Verlagsbuchhandlung, die dem Werk die gediegene Ausstattung der früheren Auflagen
auch dieses Mal gegeben hat, hätte meines Erachtens dem Buche durch Fortlassen der
„Ankündigungen empfehlenswerter Firmen, zusammengestellt unter
Verantwortlichkeit der Verlagsbuchhandlung“ nur genützt.
Friedrich Meyenberg.
Bei der Redaktion eingegangene Bücher.
Sammlung Göschen. Elektrotechnik. Einführung in
die moderne Gleich- und Wechselstromtechnik. Von J.
Herrmann a. o. Prof. der Elektrotechnik a. d. K. Technischen Hochschule
Stuttgart. Erster Teil. Die physikalischen Grundlagen. Mit 42 Abb. und 10 Tafeln.
Zweite, verbesserte Auflage. Leipzig 1908. E. J. Göschen. Preis geb. M. 0,80.
Die Analyse des Kautschuks, der Guttapercha Balaia und ihrer
Zusätze. Mit Einschluß der Ghemie der genannten Stoffe. Von Dr. Rudolf Ditmar, beeidigter Sachverständiger. Mit 42 Abb.
und 4 Tafeln. Wien und Leipzig 1909. A. Hartleben. Preis geh. M. 10,–.
A. Hartlebens Mechanisch-Technische Bibliothek.
Band XVI. Pädagogik für technische Lehranstalten von
Direktor a. D. C. G. Weitzel, Königl. Sächs. Kammerrat.
Wien und Leipzig 1908. A. Hartleben. Preis geh. M. 3,–.
Der städtische Tiefbau. Im Verein mit Fachgenossen
herausgegeben von Dr. phil. u. Dr.-Ing. Eduard Schmitt,
Geheimer Baurat und Professor in Darmstadt. Die Wasserversorgung der Städte. Zweite
Abteilung: Einzelbestandteile der Wasserleitungen. Von Otto
Lueger. Unter Mitwirkung von Ernst Fischer,
Maschineningenieur. Mit 754 Abb. Leipzig 1908. Alfred Kröner. Preis geh. M.
24,–.