Titel: | Bücherschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, Miszellen, S. 463 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Mikrophotographischer Atlas der
technisch wichtigen Faserstoffe. Handbuch der mikroskopischen
Untersuchungsmethoden für Textil-, Papier-, Seiler-, Stopf- und Bürstenmaterialien.
I. Teil: Pflanzliche Rohstoffe. Mit Unterstützung des Ministeriums für Handel und
Gewerbe in Berlin und mehrerer industrieller Verbände herausgegeben von Professor
Dr. Alois Herzog, Abteilungsvorsteher an der Preuß.
höheren Fachschule für Textilindustrie zu Sorau N.-L. 222 Mikrophotogramme, 1
Dreifarbenaufnahme und 14 in den Text gedruckte Holzschnitte. Text und Atlas.
München 1908. J.B. Obernetter.
Der auf dem Gebiete der Faser-Untersuchungen bekannte Forscher v. Höhnel hat dem Werk einige einleitende Worte
vorangeschickt, in denen er klarlegt, welchen Wert die vorliegende Veröffentlichung
für das Studium der pflanzlichen Rohstoffe der Textil- und Papierindustrie besitzt.
Es ist mit Freude zu begrüßen, daß auf diesem, dem Forscher noch reiche Ausbeute
versprechenden Gebiete wieder ein für die Kenntnis der Rohstoffe bedeutsamer Schritt
vorwärts getan ist.
In der Tat findet man häufig in Lehrbüchern und Leitfaden der Faserindustrien das
Kapitel der Rohstoffe nur höchst mangelhaft bearbeitet. Meist sind es
Beschreibungen, vor allem aber Abbildungen, die seit geraumen Zeiten immer wieder
benutzt werden und die den mit dem Stoff näher Vertrauten mitunter höchst dürftig
und altväterlich anmuten. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit und die Vorteile, die
eine genaue Kenntnis des Rohstoffes für alle Verarbeitungsprozesse mit sich bringt,
wäre es zu wünschen, daß in den Lehrbüchern auf diesen Teil der Materiallehre etwas
mehr Gewicht gelegt würde. Herzog hat es sich zur
Aufgabe gemacht, neues Material über die Rohstoffe der Faserindustrie zu bringen. Er
bietet in dem Werk eine Auslese seiner in jahrelanger, systematischer Arbeit
gesammelten Beobachtungen und betritt mit vollem Erfolg den Weg, als
Illustrationsmaterial für die Formen der Fasern Mikrophotogramme zu benutzen. Der
Autor ging dabei von der Ansicht aus. daß die Abzeichnung des mikroskopischen Bildes
immer das Resultat subjektiver Beobachtung ist und daß viele Eigentümlichkeiten wie
z.B. Körnelungen, Verschiebungen bei Bastfasern und feinere Merkmale
zeichnerisch kaum richtig wiedergegeben werden können. Die Zeichnung hat zwar den
Vorteil für sich, daß Nebensächliches und Störendes im mikroskopischen Bild
weggelassen werden und das Charakteristische dafür mehr hervorgehoben werden kann.
Anderseits läßt es sich nicht vermeiden, daß durch die Zeichnung etwas Fremdes in
das Bild kommt, das wohl den Geübten nicht irreleitet, den Anfänger aber, der sich
meist mehr an die Abbildungen als an den Text hält, leicht zu falschen Vorstellungen
führt. Bei der gelungenen Mikrophotographie fällt dieser Uebelstand vollständig
fort; sie gibt ein wesentlich naturgetreueres Bild des Gegenstandes, wenngleich auch
hier zur richtigen Beurteilung und Bewertung des Dargestellten eine gewisse Kenntnis
der Sache erforderlich ist. Frisch angefertigte Vergleichspräparate bleiben
allerdings immer, insbesondere in kritischen Fällen, das Beste – sofern man nämlich
entsprechendes, einwandfreies Material zur Hand hat.
Im Textteil des vorliegenden Werkes gibt Verfasser zuerst einen Ueberblick über die
zu mikroskopischen Untersuchungen nötigen Instrumente und Hilfsapparate, soweit sie
für die Praxis in Frage kommen, und im Anschluß hieran eine Uebersicht über die zu
Faseruntersuchungen geeigneten Reagenzien mit Angaben über ihre Anwendung.
Den Untersuchungen über die absoluten Querschnittsgrößen der Faserstoffe ist ein
weiterer Abschnitt gewidmet, in dem Verfasser den Anteil des Lumens und der Zellwand
an der gesamten Querschnittsfläche bei einer großen Anzahl von Faserarten
feststellt, Werte, die bei der im darauffolgenden Kapitel beschriebenen
quantitativen Untersuchung gemengter Gespinste auf mikroskopischem Wege benutzt
werden. Dieses Verfahren, welches auf einer Vereinigung der von Vétillard und v. Höhnel
angegebenen Methoden beruht, hat durch den Verfasser eine zweckdienliche Abänderung
erfahren. Dasselbe aber auch für Untersuchungen von Vigogne-Garnen zu benutzen, wie
der Autor empfiehlt, erscheint etwas umständlich, da hier die chemische Analyse
schneller und sicherer zum Ziele führt. Für die Untersuchung melierter
Spinnmaterialien in bezug auf das Mischungsverhältnis der Fasern von verschiedener
Färbung gibt der Verfasser eine einfache graphische Methode an, die, wie häufige
Nachprüfungen gezeigt haben, befriedigende Ergebnisse liefert. Vorteilhaft erscheint auch ein vom
Verfasser angegebenes Verfahren für die Drallprüfung von Gespinsten mittels
Mikroskopes. Hierbei ist nur nötig, an genügend vielen Stellen des Garnes die
Steigung des Dralles und die zugehörige Dicke des Fadens mit einem der
gebräuchlichen Zeichenapparate aufzuzeichnen. Der Steigungswinkel kann dann aus der
Zeichnung mittels Winkelmessers bequem abgelesen werden, ebenso der Durchmesser des
Fadens, vorausgesetzt, daß die Vergrößerung des Systems bekannt ist, andernfalls ist
die Dicke des Fadens mittels Okularmikrometers festzustellen. Aus der Formel h = dπ . tg α kann die
Ganghöhe h des Dralles berechnet und danach für eine
beliebige Maßeinheit angegeben werden. Die Methode wird besonders gute Dienste
leisten bei feinen Garnen, bei denen das Aufdrehen und Parallellegen der Fasern
mitunter große Schwierigkeiten bereitet.
Den übrigen Teil des Textbandes nimmt die spezielle Beschreibung der Pflanzenfasern
ein, Alles Wissenswerte über die einzelnen Fasern ist hier zusammengetragen und
spezielle Unterscheidungsmerkmale gegenüber ähnlichen Fasern angegeben.
Beschrieben sind: Baumwolle, Pflanzendunen, vegetabilische Seiden und Pflanzenwollen,
Flachs, Hanf, Gambohanf, Sunnhanf, Nesselfasern, Chinajute, Urena und
Abelmoschusfaser, Hopfenfaser, Tute, Lindenbast, Neuseeländischer Flachs,
Manilahanf, Pite, Sisalhanf, Mauritiushanf, Aloe, Sanseviera, Kokosfaser, Bromelia,
Ananasfaser, Yuccafaser, Tillandsiafaser, Piassave, Espartogras, Torf und
Schilffaser und einige andere weniger bekannte Fasern. Von den zur Herstellung von
Papier im älteren Sinne verwendeten Fasermaterialien sind näher beschrieben:
Papyrus, chinesisches Reispapier, und die Blätter verschiedener Palmen arten, die in
ihrer natürlichen Struktur eine Schreibfläche liefern, ferner die Materialien der
sogenannten „geschöpften oder gefilzten Papiere“: Abfälle der
Textilindustrie, die Lumpenfasern: Baumwolle, Flachs, Hanf, Jute, dann die übrigen,
in der Papierindustrie verwendeten Rohstoffe, Adansonia, die verschiedenen
Holzschliffarten, Nadelholz- und Laubholz-Zellulosen, Strohstoffe von Getreide,
Reis, Esparto und endlich die wichtigen japanischen Fasern.
Bei den im Atlas vereinigten Abbildungen der Fasern ist der Baumwolle und dem Flachs,
entsprechend ihrer Bedeutung, der meiste Raum gewidmet. Von Baumwolle sind Fasern
aller wichtigen Sorten abgebildet, ferner tote und merzerisierte Fasern, dann
solche, die das Aussehen der Faser in polarisiertem Licht zeigen und endlich Fasern,
die eine Behandlung durch spezielle, wichtige Reagenzien erfahren haben. Vom
Flachs bringt der durch seine Arbeiten auf diesem Gebiet bereits seit langem
bekannte Verfasser in den Abbildungen 42–75 alle typischen Merkmale der Faser;
Stengelquerschnitte zeigen die Verteilung der Fasern im Bast; die
charakteristischen, für die Erkennung der Faser höchst wichtigen Oberhautteile und
die Quellungserscheinungen sind ausgezeichnet zur Darstellung gebracht. Das gleiche
gilt für Hanf, bei dem in Abbildung 78 und 79 die der Oberhaut anhaftern den Härchen
gut zu sehen sind. Leider fehlt hier eine stärkere Vergrößerung der Hanfoberhaut,
die den für die Unterscheidung wichtigen Unterschied gegenüber der Oberhaut des
Flachses zur Schau brächte. Es folgen darin die Abbildungen der ausländischen
Hanfsorten, denen, wo irgend möglich, auch Querschnittsbilder der Faser beigegeben
sind. Ausgezeichnetes bieten auch die verschiedenen Abbildungen der Jutefaser, die
sehr gut gelungen sind. Von Manilahanf sind außer dem Bild von Faser und Querschnitt
auch die Stegmata und Oberhautteile vorgeführt. Weitere Aufnahmen zeigen die Formen
der seltneren Fasern und der zu Papiergarn verarbeiteten Zellulose. Die hier
gebrachte farbige Wiedergabe einer Dreifarbenaufnahme von Sulfitzellulose muß als
durchaus gelungen bezeichnet werden. Die nächsten Tafeln machen mit den zur
Herstellung von Papier benutzten Faserarten bekannt: diejenigen der
„natürlichen“ Beschreibstoffe wie Papyros, Chines. Reispapier und Blätter
der Palmyra und Talipotpalme, dann die Faserstoffe der sogen, „geschöpften“
Papiere, die die durch den Mahlungsprozeß hervorgerufenen Deformierungen der Fasern
zeigen. Nach den Lumpenfasern folgen Bilder des Holzschliffes und eine reichhaltige
Kollektion der verschiedenen Zellulosen, die alle charakteristischen Merkmale dieser
Rohstoffe deutlich erkennen lassen.
Sämtliche Abbildungen des Atlasses zeigen eine Vollendung, die mit den der Technik
augenblicklich zu Gebote stehenden Mitteln kaum zu überbieten sein dürfte, sie
lassen an Klarheit und Schärfe nichts zu wünschen übrig. Die Kunstanstalt J.B. Obernetter hat mit den gebotenen, vorzüglichen
Reproduktionen dem Autor den besten Dienst geleistet. Bei der Wichtigkeit der
mikroskopischen Prüfung, an die in bezug auf die Sicherheit des Ergebnisses die
meisten anderen Prüfungsmethoden nicht heranreichen, sollte jeder Fachmann, der mit
diesen Materialien zu tun hat, sich mit der Mikroskopie der betreffenden Faserstoffe
vertraut machen. Das vorliegende Werk kann allen, die sich mit dem Studium der
Faserstoffe beschäftigen, bestens empfohlen werden. Es stellt einen vorzüglichen,
verläßlichen Führer auf dem Gebiet der pflanzlichen Faserstoffe dar.
G. Herzog.
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Catalogue Général.