Titel: | Bücherschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 176 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Mathematische-physikalische
Schriften für Ingenieure und Studierende. Band V: Funktionentafeln mit
Formeln und Kurven von Dr. E. Jahnke und Ingenieur F. Emde. Mit 53 Textfiguren u. 176 Seiten. Leipzig und
Berlin 1909. B. G. Teubner. Preis geb. in Leinwand M 6.
Bei der mathematischen Behandlung physikalischer und technischer Probleme kommt man
sehr häufig nicht mehr mit algebraischen und elementaren transzendenten Funktionen
(der kreisexponental und logarithmischen Funktionen) aus. In vielen Fällen gelingt
dann aber die Lösung noch mit höheren Transzendenten. Hierdurch sind namentlich die
Besselschen Funktionen, die Kugelfunktionen, die
elliptischen Integrale und Funktionen wichtig geworden. Nun enthält aber die
Auswertung eines analytischen Ausdrucks aus höheren Transzendenten noch die
Nebenaufgabe, den Wert dieser Transzendenten an einer bestimmten Stelle zu
bestimmen. Diese Nebenaufgabe erfordert oft einen ungeheuren Aufwand von Zeit. Aus
dem Grunde findet man in den überaus meisten Fällen, daß in dem für den praktischen
Redner zugestutzten Endresultate die höheren Transzendenten wieder verschwunden
sind, und vom Autor ein lediglich aus algebraischen und elementaren transzendenten
Funktionen zusammengesetzter Ausdruck vorgeschlagen wird.
Auf diese Weise wird das Resultat – glücklicherweise – auch von solchen ausgebeutet,
die die höheren Transzendenten überhaupt nicht oder doch nur wenig kennen. Diese
Möglichkeit mag wohl bisweilen die etwas einseitige Ansicht hervorgebracht haben,
ein Autor habe die Pflicht, möglichst viel, der praktische Rechner aber das Recht,
möglichst wenig von den höheren Transzendenten zu kennen.
Nun hat es aber mit den so zugestutzten Endformeln eine eigenartige Bewandnis. Sie
sind Annäherungsformeln. Man macht also mit ihnen immer
einen gewissen Fehler. In der Natur der Annäherungsformel liegt es nun gewöhnlich,
daß dieser Fehler an einer bestimmten Stelle sehr klein ausfällt, mit Entfernung von
dieser Stelle aber immer mehr wächst, so daß schließlich die Annäherungsformel
gänzlich unbrauchbar wird. Eine Annäherungsformel gilt somit im allgemeinen nur in
einem gewissen „Gebiete“. Gewöhnlich wird daher
im Anschluß an eine Betrachtung mit höheren Transzendenten nicht nur eine einzige sondern mehrere
Annäherungsformeln gegeben. Jede für sich soll dann für ein gewisses ausgezeichnetes
Gebiet gelten. Die Auswahl der richtigen Annäherungsformel erfordert somit immer
eine gewisse Vorsicht. Ueberdecken sich diese Gebiete, so ist für den praktischen
Rechner in der Tat die Kenntnis der höheren Transzendenten überflüssig. Gewöhnlich
tun sie es aber nicht. Und die Forderung ineinandergreifende Annäherungsformeln
herzustellen ist häufig sehr viel schwerer zu erfüllen als eine Lösung des
aufgeworfenen Problems zu geben. In diesem Falle bleibt man für gewisse Gebiete doch
auf die Auswertung eines transzendenten Ausdrucks angewiesen.
Aus diesem Grunde haben sich hier und da in der Literatur manche Autoren
veranlaßt gefühlt, Tafeln höherer transzendenter Funktionen zu berechnen. Dadurch
konnten sie dem praktischen Rechner das Endresultat unmittelbar in der
transzendenten Ausdrucksweise vorsetzen. Da man bekanntlich solche Tafeln mit einem
Minimum der Kenntnis der Funktionen benutzen kann, so brauchten sie nicht zu
fürchten, dadurch den Interessentenkreis zu verringern. Der Autor erspart sich die
Mühe der Ableitung von Annäherungsformeln. Der praktische Rechner ist aber in der
Lage, überall so genau wie die Tafeln es zulassen, den gesuchten Wert richtig und
schnell zu bestimmen. Die Vorsicht bei der Auswahl der Annäherungsformel wird
überflüssig.
Tafeln für die Berechnung höherer Transzendenten sind daher
von außerordentlicher Wichtigkeit.
Es ist daher sehr freudig zu begrüßen, daß die Herren E.
Jahnke und F. Emde sich dem vorliegenden Buche
der Mühe unterzogen haben, die in der Literatur verstreuten Tafeln zu sammeln und
sie durch Berechnung neuer zu ergänzen. Ihr Unternehmen ist um so dankenswerter, als
eine ähnliche Arbeit bisher in der Literatur nicht vorhanden ist: Der Leser findet
in dem Buche vierstellige Tafeln für: Hyperbelfunktionen, für den Integralsinus –
cosinus – Logarithmus, für die Fresnelschen Integrale,
für das Fehlerintegral, für die elliptischen Integrale und Funktionen, für die
Kugelfunktionen, für die Besselschen Funktionen.
Die Herren E. Jahnke und F.
Emde haben ihren Tafeln eine sehr wertvolle Zugabe gegeben: eine
Formelnsammlung und Kurven. Sie haben in übersichtlicher Weise für jede Funktion
gewöhnlich ihre Definitionen, ihre Relationen, ihre Differential- und
Integraleigenschaften, reine und asymptotische Darstellungen zusammengestellt. An
Formeln haben sie nicht gespart und auch solche ausführlich hingeschrieben, die
durch leicht übersichtliche Transformationen ineinander übergehen. Diese
Vielgestaltigkeit wird der Kundige für den Fall der Durchführung einer allgemein
gehaltenen Betrachtung als ungemein interessant, bequem und wertvoll empfinden. Aber
auch für den weniger Kundigen dürfte diese Formelnsammlung sich sehr nützlich
erweisen. Ich bin überzeugt, daß es manchen nach der Gewöhnung an die Rechnung mit
höheren Transzendenten und nach Erkenntnis der Wichtigkeit locken wird, von diesen
mehr zu erfahren. Alsdann werden ihn die Formelntafeln einen Anhalt geben zu
unterscheiden zwischen dem was er braucht und was er nicht braucht.
Die Kurven der Funktionen sollen dazu beitragen, daß man sich in den Zahlentafeln
schneller zurechtfindet; sie geben eine rasche und bequeme Uebersicht über den
Verlauf und die Eigenheiten einer Funktion. Es wäre zu wünschen, daß sie ihren Weg
in sämtliche mathematischen Lehrbücher, wenigstens in diejenigen, die sich an
praktische Rechner wenden, finden werden. Denn sie sind ein pädagogisches
Hilfsmittel ersten Ranges.
Ich kann das Buch der Herren E. Jahnke und F. Emde allen Ingenieuren, die mit höheren
Transzendenten in Berührung kommen, auf das wärmste empfehlen. Ich tue dies umso
mehr, als ich auch den Preis von 6 M in Anbetracht des teueren und guten Satzes für
Tabellen und Formeln nicht zu hoch finde.
Dr.-Ing. W. Ragowski.
Bei der Redaktion eingegangene Bücher.
Technische Schwingungslehre. Einführung in die
Untersuchung der für den Ingenieur wichtigsten periodischen Vorgänge aus der
Mechanik starrer, elastischer, flüssiger und gasförmiger Körper, sowie aus der
Elektrizitätslehre von Dipl.-Ing. Dr. Wilhelm Hort. Mit
87 Abb. Berlin 1910. Julius Springer. Preis geh. M 5,–, geb. M 6,40.
Die Theorie der Kräftepläne. Eine Einführung in
die Graphische Statik von H. E. Timerding, Prof. an der
Technischen Hochschule zu Braunschweig. Mit 46 Abb. Band 7 der
Mathemathisch-Physikalischen Schriften für Ingenieure und Studierende. Herausgegeben
von E. Jahnke. Leipzig und Berlin 1910. B. G. Teubner.
Preis geh. 2,60 M, geb. 3 M.