Titel: | Bücherschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 223 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Die Wertminderungen an
Betriebsanlagen in wirtschaftlicher, rechtlicher und rechnerischer
Beziehung. (Bewertung, Abschreibung, Tilgung, Heimfallast, Ersatz und
Unterhaltung). Von Emil Schiff. Berlin 1909. Julius
Springer.
Daß es für den Ingenieur bei seinem neuerdings immer stärker hervortretenden
Bestreben, sich auch mit wirtschaftlichen Fragen zu beschäftigen, kaum ein
dankbareres Gebiet geben kann, als das im vorliegenden Buche behandelte, wird kein
aufmerksamer Beobachter der einschlägigen Literatur bezweifeln können. Ist es
insbesondere notwendig, dieses dem Leser von D. p. J. gegenüber zu betonen, dem erst
vor kurzem längere Auseinandersetzungen vor Augen führten, wie ungeklärt die
Ansichten auf dem fraglichen Gebiete noch sind und wie schroff sich teilweise die
Gegensätze noch gegenüberstehen?D. p. J. 1909
Bd. 324, S. 47. Aber Schiff
beweist mit dem vorliegenden Buche außerdem, daß der Ingenieur wie kein anderer
berufen ist, in diese Fragen, über die sich bisher meist Kaufleute und Juristen
gestritten haben, die wünschenswerte, für unser ganzes Wirtschaftsleben so ungemein
wichtige Klarheit zu bringen: unbekümmert um alte eingewurzelte, aber darum durchaus
nicht berechtigte Mißbräuche einerseits, um Spitzfindigkeiten bei Auslegung der
gesetzlichen Bestimmungen andererseits, wird er zunächst bestrebt sein, sich auf den
Boden der Wirklichkeit zu stellen und findet dann, wie Schiffs Auseinandersetzungen jedem zeigen, der unbefangen an die Sache
herantritt, die Lösung strittiger Fragen mit einer geradezu verbluffenden
Selbstverständlichkeit. Ob allerdings Schiff in
absehbarer Zeit namhafte Erfolge in seinem Kampfe gegen die Unsitte der
beabsichtigten Abschlußunklarheit – um einen ganz vorsichtigen Ausdruck zu
gebrauchen – beschieden sein werden, darf bezweifelt werden. Mißverstandenes
Geschäftsinteresse, aus der Zeit des alten Krämergeistes zurückgebliebene, falsche
Auffassung des Kaufmannsberufs verhindern auch heute noch allzu oft den Kampf mit
offenem Visier und haben es dahin gebracht, daß aus der Bilanz, wie sie von unseren
Aktiengesellschaften der Oeffentlichkeit übergeben wird, nur in seltenen Fällen die
wirkliche Lage des Geschäftes ersichtlich ist. Der branchekundige Fachmann zwar
versteht zwischen den Zeilen aber ist damit
der Schutz des Aktionärs erreicht, den
mit seiner Bestimmung der Bilanzveröffentlichung ? Mag nun auch der Erfolg sein wie er will, jedenfalls wird
kein rechtlich denkender Mensch leugnen können, daß Schiffs Ziel das richtige ist; selbst die „smartesten“
Geschäftsleute aber werden ihm darin beistimmen, daß trotz der von ihnen für
erforderlich gehaltenen Verdunkelung des Tatbestandes nach außen hin es für den
inneren Geschäftsbetrieb unerläßlich ist, peinlich „die Werte der ursprünglichen
Anschaffungs- oder Herstellungskosten, der Abschreibungen, der
Ersatzbeschaffungen und der Erweiterungsanschaffungen in Uebersichten getrennt
zu halten“. Sonst sind Täuschungen über den Geschäftserfolg auf die Dauer
gar nicht zu vermeiden.
Nach Anführung einiger allgemeiner Gesichtspunkte widmet Schiff einen längeren Abschnitt zunächst den „Rechtsgrundlagen für die
Bewertung der Betriebsanlagen“. Die Erörterung der vielfach unklaren und
verbesserungsbedürftigen Gesetzesvorschriften führt hier unter anderem zu einer
Behandlung der Frage nach der Zulässigkeit der rechtlich nicht ohne weiteres
strafbaren und weitverbreiteten Unterbewertung: „mit Recht sagt StautStaut, Kommentar zum
Handelsgesetzbuch., sie bilde geradezu den Stolz der
Aktiengesellschaften, und nichts würde lieber in den Geschäftsberichten
hervorgehoben, als solche Minderbewertungen“, und doch muß man Schiff beipflichten, wenn er weder vom Standpunkte des
Rechts noch der ordentlichen Buchführung dafür einzutreten vermag. Er zeigt, daß die
Bevorzugung „stiller“ Rücklagen, in der Form solcher Unterbewertungen gar
keinen wirtschaftlichen, sondern nur einen geschäftspolitischen Grund hat, daß diese
auf den wirklich Sachverständigen aber auf keinen Fall einen anderen Eindruck machen
können, als Rücklagen, die offen als solche gekennzeichnet sind, daß dagegen solche
Unterbewertungen, wenn sie einmal eingeführt sind, zu einem empfindlichen Zwang in
schlechteren Geschäftszeiten werden können, der mit offenen Rücklagen nicht
verbunden ist. Aus dem folgenden Abschnitt über die Wertminderungen in
wirtschaftlicher Hinsicht mag die sehr bemerkenswerte Zusammenstellung über die
Preiskomponenten hervorgehoben werden mit ihrer auch von mir vertretenens. D. p. J. 1909, Bd. 324, S. 747.
Teilung der Abschreibungen in ordentliche und außerordentliche. Bedenklich ist nur
der Ausdruck „gewährleistete Gewinnanteile“ unter Warenabsatzkosten. Sachlich
habe ich allerdings gar nichts gegen Schiffs Auffassung
einzuwenden, die dieser auf S. 31 mit den Worten kennzeichnet: „Echte Tantiemen
sind wirtschaftlich Teile des Gewinnes“. Es wäre daher besser für jenen
Ausdruck zu sagen: „in ihrer Höhe vom Reingewinn unabhängige Anteile“ oder
dergl.
In dem für den Praktiker wichtigsten Kapitel „die Abschreibungstechnik“ wird
der Beweis für die Verkehrtheit der fast allgemein angewandten Abschreibung vom
Buchwert gebracht, und zwar in so schlüssiger Form, daß man wohl sagen kann: Wers
nun noch nicht glaubt, dem ist nicht zu helfen. Mit Recht sagt Schiff:
„Es bleibt schließlich zugunsten des Verfahrens der Buchwertabschreibung nichts
übrig als der Brauch. Und durch diesen allein ist noch nichts Falsches richtig
geworden.“ Wer nach den auf S. 54 aufgestellten fünf Leitsätzen
verfährt, der geht den nach meiner Ueberzeugung einzig richtigen Weg und wird vor
Vorwürfen jeglicher Art geschützt sein.
Wenn ich mich mit den folgenden Abschnitten des Buches befasse, so geschieht das nicht wegen geringerer Wichtigkeit
der darin behandelten Fragen, sondern mit Rücksicht auf den mir zur Verfügung
stehenden Raum: ich führe hier nur die Ueberschriften an, durch die der Inhalt in
vollem Umfange gekennzeichnet wird:
Die Bedeutung der Zinsen und Zinseszinsen bei den
Abschreibungen.
Der Unterschied und die Beziehungen zwischen Tilgung (Amortisation)
und Abschreibung.
Die Wertminderung durch Heimfall.
In den Kapiteln: „Die Beziehungen zwischen Abschreibung und Ersatz“ und
„Unterhaltung und Wertminderung“ tritt ganz besonders das schon eingangs
gekennzeichnete Bestreben nach Abschlußklarheit und -Wahrheit zutage; namentlich
wird auch die schwierige durch die Praxis so häufig gestellte Frage erschöpfend
behandelt: Wie bemesse ich die Abschreibung, wenn gelegentlich der Reparatur eines
Gegenstandes, einer Maschine und dergl. die Einfügung eines völlig neuen Gliedes
stattfindet, durch das nicht nur Ersatz früher vorhandener Werte, sondern auch eine
erhebliche Wertsteigerung des ursprünglichen Objekts eintritt? Es läßt sich nicht
leugnen, daß die Lösung zu nicht ganz einfachen Arbeiten führt; man wird kein Schema
ausbilden können, nach dem gering bezahlte Unterbeamte die fraglichen Buchungen
vorzunehmen imstande sind, sondern in jedem einzelnen Falle tieferes technisches
Verständnis heranziehen müssen. Aber das ist bei der Vielseitigkeit der
wirtschaftlichen Verhältnisse nun einmal unvermeidlich.
Von besonderem Interesse ist dann noch der letzte Abschnitt des Buches: „Die
steuerrechtliche Behandlung der Abschreibungen“. Wenn es sich nicht um eine
so ernste Sache handelte, so könnte man lachen über das Hineinragen deutscher
Kleinstaaterei in derartige Dinge; wie die hamburgische Regierung in einer
grundsätzlichen Frage genau im entgegengesetzten Sinne antwortet, wie das
Stadtrentamt in München, während Preußen nach langem Zögern vorsichtig sagt, daß
„Auskünfte über steuerrechtliche Fragen rein theoretischer Natur
grundsätzlich abgelehnt werden.“ Man kann demgegenüber den Standpunkt des
Verfassers nur billigen, der, kurz gesagt, alle ordentlichen Abschreibungen für
nicht steuerpflichtig hält, die außerordentlichen dagegen als Teile des Gewinnes für
nicht abzugsfähig erklärt, und man wird von ganzem Herzen dem Schlußsatze dieses
Kapitels und damit des ganzen Buches zustimmen: „Einheitlichere und genauere
Steuergesetze sind ein dringendes Bedürfnis; Praktiker und Theoretiker – richtig
ausgewählte Persönlichkeiten – müßten zur Bewältigung dieser schwierigen und
nicht gerade reizvollen Aufgabe im Interesse der Geldwirtschaft der Staaten und
der wirtschaftlichen Betriebe zusammenwirken.“
Wer die obige Besprechung des Schiffschen Buches gelesen
hat, wird es begreifen, wenn ich es für unnötig halte, noch ein allgemeines Wort der
Empfehlung hinzuzufügen. Er wird aber auch bereit sein, nicht als einen schweren
Fehler, sondern nur als verzeiliche Schwäche des Werkes es anzusehen, daß in ihm die
Auseinandersetzung mit abweichenden Ansichten anderer Autoren einen zu großen Raum
einnimmt. Es folgt daraus stellenweise eine zu große Breite, die auf den Leser
ermüdend wirkt.
Friedrich Meyenberg.
Bei der Redaktion eingegangene Bücher.
Die Elektrische Fernübertragung von Bildern. Von
Dr. Robert Pohl, Assistent am Physikalischen Institut
der Universität Berlin. Mit 25 Abb. Die Wissenschaft. Sammlung wissenschaftlicher
und mathematischer Monographien. Braunschweig 1910. Friedr. Vieweg & Sohn. Preis
geh. M 1,80, geb. M 2,50.
Die Heißdampf-Schiffsmaschine. Eine Sammlung von
Erfahrungsangaben für die Berechnung der Abmessungen und des Dampfverbrauches, sowie
des Kohlenverbrauches der Schiffsmaschinen für Heißdampfbetrieb von Carl Fred Holmboe, Ingenieur. Mit 30 Abb. Berlin 1910.
W. Ernst & Sohn. Preis geh. M 3,20.
Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung.
Von Dr. Otto Dziobek. Prof. an der Militärtechnischen
Akademie und Dozent für höhere Mathematik an der Techn. Hochschule zu
Charlottenburg. Mit 150 Abb. Leipzig und Berlin 1910. B. G. Teubner. Preis geb. M
16,–.
Höhere Analysis für Ingenieure. Von Dr. John Perry F. R. S., Prof. d. Mechanik und Mathematik
am Royal College of Science zu London. Autorisierte deutsche Bearbeitung von Dr. Robert Fricke, o. Prof. der Mathematik an der Techn.
Hochschule zu Braunschweig, und Fritz Süchting,
Ingenieur, Direktor des Elektrizitätswerkes Bremen. Mit 1 06 Abb. Zweite,
verbesserte und erweiterte Auflage. Leipzig und Berlin 1910. B. G. Teubner. Preis
geb. M 13,–.
Das Feldmessen des Tiefbautechnikers. Methodisches
Taschenbuch für den Gebrauch an technischen und verwandten Fachschulen und in der
Praxis von Dipl.-Ing. Hans Friedrichs, Oberlehrer an
der Kgl. Baugewerkschule in Erfurt. Zweiter Teil. Flächen- und Höhenaufnahmen mit 92
Abb. und 3 Tafeln. Bd. 22. Der Unterricht an Baugewerkschulen. Herausgeber Prof. M. Girndt in Magdeburg. Leipzig und Berlin. B. G.
Teubner. Preis geh. M 2,80.