Titel: BÜCHERSCHAU.
Fundstelle: Band 326, Jahrgang 1911, S. 543
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BÜCHERSCHAU. BÜCHERSCHAU. Selbstkostenberechnung im Maschinenbau. Zusammenstellung und historische Beleuchtung bewährter Methoden mit praktischen Beispielen von Dr. Ing. Georg Schlesinger. Berlin 1911. Julius Springer. Unter der reichhaltigen Literatur, die in den letzten Jahren über das bedeutungsvolle Gebiet der Fabrikorganisation im allgemeinen, der Selbstkostenberechnung im Maschinenbau im besonderen entstanden ist, nimmt das vorliegende Werk eine besondere Stellung ein. Es gehört weder zu jenen allzu vielen, die ein allein seligmachendes „System“ anpreisen, das bestenfalls in einem bestimmten Falle in der Praxis sich bewährt haben mag, aber darum doch noch nicht ohne weiteres auf andere Verhältnisse übertragbar ist, noch zu den wertvollen Darstellungen, die sich auf einen einzelnen Betrieb beziehen, und deren Veröffentlichung im Gegensatz zu früher neuerdings mehr und mehr von großzügig denkenden Leitern unserer industriellen Werke gestattet, ja gefördert wird. So bedeutungsvoll Schriften der letztgenannten Art sein mögen, so sicher selbst erfahrene Praktiker aus ihnen Anregungen schöpfen können und daher verständigerweise keine derartige Veröffentlichung ungeprüft aus der Hand legen sollten, das Schlesinger sehe Werk steht auf einer höheren Warte. Hier ist zum ersten Male ein reiches Material aus einer größeren Reihe von Maschinenfabriken des gleichen Geschäftszweiges gesammelt, gesichtet und auf Grund eigener reicher Erfahrung des Verfassers kritisch beurtheilt: 9 Waggonfabriken, 5 Lokomotivfabriken und 3 Eisenbahnwerkstätteninspektionen hatten ihm vertrauensvoll die nötigen Unterlagen für diese bedeutungsvolle Arbeit zur Verfügung gestellt und sich damit zweifellos ein Recht auf den Dank der Allgemeinheit erworben. Die Natur der Sache, die große Verschiedenheit zwischen dem Endziel in der Arbeit jener 14 privaten Werke für Neubau und der drei staatlichen Reparaturanstalten bringt es mit sich, daß das Buch in zwei völlig voneinander getrennte Theile zerfällt, von denen der erste im besonderen das Interesse industrieller Kreise erwecken muß. Es sind ja mit die bedeutendsten und besten Namen des deutschen Waggon- und Lokomotivbaues, die hier vertreten sind: Breslauer Aktiengesellschaft für Eisenbahnwagenbau und Maschinenbau-Anstalt, Breslau; Gebr. Hofmann, Breslau; von der Zypen & Charlier, Köln; P. Herbrand, Köln; Waggonfabrik Danzig; Aktiengesellschaft für Fabrikation von Eisenbahnmaterial, Görlitz; Gebr. Castell, Mainz; P. Podens, Wismar; Hannoversche Maschinenbau-A.-G.; A. Jung-Jungenthal; Uniongießerei, Königsberg; A, Borsig, Tegel. Ausgehend von der Auftragsbehandlung, wobei auf den wichtigen und grundlegenden Unterschied zwischen Aufträgen für Kunden, Magazin, eigene Werkeinrichtungen und laufende Instandsetzungsarbeiten für das eigene Werk hingewiesen wird, kommt der Verfasser nach kurzen, aber bedeutungsvollen Bemerkungen über Stücklisten und Zeichnungen zu den drei Kapiteln, die die Grundlage jeder Selbstkostenermittlung bilden: Löhne, Material, Unkosten. Daß das mittlere hier in 2 Abschnitte zerfällt, indem unter der Ueberschrift: „Der Holzhof“ das verwaltungstechnisch besondere Aufgaben bietende Holzlager eingehend behandelt wird, hat seilen Grund in dem besonderen Geschäftszweige, mit dem sich das Buch beschäftigt. Bei Besprechung der „Unkosten“ erfreut die scharfe Unterscheidung der Herstellungs- von den Selbstkosten, ein Punkt, bei dem heute trotz aller Hinweise von berufener Seite immer noch viel gesündigt wird; darüber, ob es richtig ist, die sämtlichen Betriebsunkosten auf die unmittelbaren Fabrikationslöhne aufzuschlagen, wie das in den sämtlichen zum Vergleich gestellten Werkstätten üblich war, kann man wohl verschiedener Ansicht sein. Wir müssen ohne nähere Kenntnis der ganzen Betriebsverhältnisse dem Verfasser glauben, daß es in diesen Fällen angebracht war; an sich wird aber in Maschinenfabriken auch das Material an sich, seine Anfuhr, Lagerung, Bestellung und Verbuchung Unkosten hervorrufen, nicht nur seine Bearbeitung, und aus diesem Grunde wird man den Gedanken, diesen Theil der Unkosten dem Material selbst unmittelbar zuzuschieben, nicht von vornherein von der Hand weisen können. Wenn der Verfasser es rügt, daß die Abschreibungen (gemeint sind hier selbstverständlich nur die durch die Natur des Betriebes bedingten Abschreibungen) meist nicht zu den laufenden Betriebsausgaben gerechnet werden, so kann man ihm m. E. darin nur beistimmen, und es ist zu hoffen, daß dieser Ansicht auch in der Praxis mehr und mehr Folge gegeben wird. Diesen grundlegenden Erörterungen schließen sich dann einige kürzere Abschnitte: Voranschlag, Fertigkalkulation, die Selbstkostenermittlung in der Gießerei, Härterei usw, gewissermaßen anhangsweise an. Der zweite Theil: „Die Selbstkostenberechnung in den staatlichen Ausbesserungswerkstätten“ hat inhaltlich annähernd denselben Aufbau erhalten, wobei überall der kritische Vergleich mit den Einrichtungen der privaten Fabriken gezogen ist. Die Industrie wird aus den hier gegebenen Darstellungen in vielen Beziehungen nur lernen können, wie man es nicht machen soll. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß diese in den Staatswerkstätten angetroffenen Einrichtungen grundsätzlich zu verwerfen sind; es ist eben zu bedenken, von welch ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus der ganz auf wirthschaftlichen Erfolg gestellte Privatbetrieb und die nur auf rascheste Erledigung der Reparatur hinarbeitende Staatswerkstatt geleitet werden müssen. Die obigen Ausführungen mögen ein Bild von der Bedeutung und Vielseitigkeit der in dem Schlesingerschen Buche behandelten Fragen geben; es ist absichtlich vermieden, an dieser Stelle auf einzelne kritische Bemerkungen des Verfassers näher einzugehen, da hierdurch der Rahmen einer Buchbesprechung im vorliegenden Falle wesentlich überschritten werden müßte. Es handelt sich dabei eben meist um Dinge, über die nur durch ganz eingehende Darlegungen volle Aufklärung über etwa entgegenstehende Ansichten geschaffen werden könnte. Nur das möge noch hervorgehoben werden, um den Gesamteindruck des Werkes zu kennzeichnen: es ist keine leichte Lektüre; dies Buch will nicht gelesen, es will, namentlich in seinen zahlreichen Vordrucken, verarbeitet sein; erst dann wird dem Leser der volle Begriff des streng folgerichtigen Aufbaues der ganzen geschilderten Organisation aufgehn. Darin aber liegt auch gerade der Reiz für den Fachmann, andererseits allerdings die Schwierigkeit für den Anfänger: eine Einführung in das Wesen der Selbstkostenberechnung für den, der sich bisher damit nicht beschäftigt hat, ist es nicht, soll es ja aber auch nicht sein. Und noch einer anderen Empfindung möchte ich Ausdruck geben, da sie dem oberflächlich Urtheilenden m. E. leicht kommen wird: man fragt sich zunächst, ob das Buch wirklich in seinem Inhalte dem Titel entspricht, und ist zunächst geneigt, letzteren für zu umfassend zu halten, womit sich leicht das Gefühl einer leisen Enttäuschung verbindet. Bei tieferem Eindringen aber kann man nicht anders, als den hierin liegenden Vorwurf zurückzunehmen. Wenn es sich hier auch nur um einen einzelnen Zweig des Maschinenbaues handelt, so hat doch der Verfasser nur zu recht mit der Ueberzeugung, „daß die von einem Sondergebiet ausgehende Untersuchung doch allgemeine Anwendungen zulassen wird“. Und in diesem Sinne kann man ihm auch nur zustimmen, daß er sein Werk „Selbstkostenberechnung im Maschinenbau“ nannte. Friedrich Meyenberg. BEI DER REDAKTION EINGEGANGENE BÜCHER. Ueberspannungen in elektrischen Anlagen, Von Dr. G. Brion, A. O. Professor der Elektrotechnik an der Bergakademie Freiberg (Sa.). Mit 101 Figuren. Leipzig 1911, Hachmeister und Thal. Preis geh. 2,50 M. Carl Graebe's Untersuchungen über Chinone. Herausgegeben von Hermann Decker. Leipzig 1911, Johann Ambrosius Barth. Preis geb. 10 M. Lehrbuch der darstellenden Geometrie. Von J. Schlotke. I. Theil: Spezielle darstellende Geometrie. 7. Auflage, herausgegeben von Dr. Carl Rodenberg, Geheimer Regierungsrat, Professor der darstellenden Geometrie an der Technischen Hochschule zu Hannover. Mit 200 Figuren. Leipzig. H. A. Ludwig Degener. Preis geb. 3,80 M.