Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 367 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
[Kleinere Mittheilungen.]
Bücherschau.
Der Eisenbetonbau, seine Theorie
und Anwendung. Herausgegeben von Wayss &
Freytag A.-G., Verfasst von Prof. E. Morsels.
Stuttgart, 1906. Konrad Wittwer.
Die zweite Auflage des im Jahre 1902 zuerst erschienenen Buches ist wesentlich
vermehrt und verbessert. Der Zweck der ersten Auflage war bei dem Mangel einer
einheitlichen Literatur und der Menge der angepriesenen Systeme, die Interessenten
mit den wirtschaftlichen Grundlagen des Eisenbetonbaues und den damals vorliegenden
Resultaten bekannt zu machen. Nachdem unterdessen der Eisenbetonbau amtlich
anerkannt ist, und namentlich durch Herausgabe der amtlichen Bestimmungen vom 16.
April 1904 und der Leitsätze des Verbandes deutscher Architekten- und
Ingenieur-Vereine und des deutschen Betonvereins die Berechnungsweise für die Praxis
auf eine einheitliche Grundlage gestellt ist, bezeichnen Herausgeber und
Verfasser als die Aufgabe der zweiten Auflage, die in den Leitsätzen gegebenen
Rechnungsweisen und Bestimmungen, an welchen beide tätigen Anteil hatten, an der
Hand von Versuchen als berechtigt und brauchbar nachzuweisen und die Kenntnis der
bewährten Konstruktionsregeln in steter Anlehnung an die Theorie zu vermitteln.
In einem allgemeinen Teil wird in 16 Seiten das Wesen der Eisenbetonkonstruktionen
kurz erläutert.
Der zweite Teil enthält in 127 Seiten die Theorie des Eisenbetonbaues in engem
Anschluss an den Versuch. Einer kurzen Besprechung der elastischen Eigenschaften des
Eisens folgt die Behandlung der Eigenschaften des Betons: Druckfestigkeit,
Zugfestigkeit, Elastizität bei verschiedenen Mischungsverhältnissen,
Biegungsfestigkeit von Betonträgern mit Ermittlung der Spannungen nach Bach, Schub- und Scherfestigkeit, Drehungsfestigkeit,
Haftfestigkeit
zwischen Beton und Eisen, Dehnungsfähigkeit des Eisenbetons im Anschluss an die
Versuche Cousidères und Kleinlogels. Hervorzuheben ist die Veröffentlichung des eigenen
Versuchsmaterials bei den einzelnen Untersuchungen, welche die experimentelle
Grundlage für die nun folgende Theorie des Eisenbetons bilden.
Es wird begonnen mit der Berechnung zentrisch belasteter Säulen. Besonders
beachtenswert ist der experimentelle Nachweis des Vorteils möglichst zahlreicher
Querverbindungen der Längsstangen und die Behandlung der spiralarmierten Säulen
(beton fretté) Cousidères. Die Biegungslehre beginnt
mit der Anwendung des Bach sehen Potenzgesetzes auf
Platten mit Eiseneinlagen auf der Zugseite. Es folgt die Berechnung derselben mit
der Annahme des konstanten Verhältnisses n=\frac{E\,e}{E\,d} in der Weise, wie sie in den
amtlichen Bestimmungen aufgenommen ist, hieran anschliessend sind die direkten
Dimensionierungsformel h=a\,\sqrt{M},\ f\,e=\beta\,\sqrt{M} mit Tabellen und die Formeln für Platten mit
doppelten Eiseneinlagen angegeben. Um die Berechtigung der vereinfachten Methode
nachzuweisen, hat die Firma Wayss & Freytag
zahlreiche Biegeversuche mit Betonprismen anstellen lassen, welche in der Folge
zusammengestellt und eingehend erörtert sind. Besonders interessant sind die
Schaubilder der Spannungsverteilung auf Grund dieser Versuche. Dann wird die
Berechnung des Plattenbalkens nach einer angenäherten und einer genaueren Methode
durchgeführt. (Letztere findet sich auch in den Bestimmungen.) Hierauf wird die
exzentrische Druckbeanspruchung behandelt. Die Aufgabe, die Nullinie zu bestimmen,
liefert eine Gleichung dritten Grades, zu deren Lösung die Cardanische Formel und ein analytisch-graphisches Verfahren angegeben ist.
Anhangweise ist noch eine graphische Methode zur Berechnung der Träger und Stützen
nach Autenrieth angegeben. Es sei erwähnt, dass ich die
graphostatische Untersuchung der Beton- und Eisenbetonträger auf derselben Grundlage
in dieser Zeitschrift (1903) veröffentlicht habe, ohne von der Arbeit Autenrieths über die Berechnung der Anker usw. Kenntnis
zu haben. Auch der Italiener, Ing. Silvio Canevazzi hat
in seiner Schrift Siderocemento (1902 Bologna) eine ähnliche Methode angegeben, wie
mir nachträglich bekannt geworden ist.
Zum Schluss des theoretischen Teiles folgen die Behandlung der Schubspannungen im
Beton und der Haftspannungen am Umfange der Eiseneinlagen, sowie der schiefen
Hauptspannungen, endlich Bemerkungen über die Einsenkungen der Konstruktionsteile
und die Berechnung der äusseren Kraftwirkungen, Schnittkräfte und Schnittmomente.
Besonders bemerkenswert sind die Angaben über eigene Versuche, welche die
Wichtigkeit des Aufbiegens der Eiseneinlagen an den Trägerenden nachweisen.
Wertvoll ergänzt wird der theoretische Teil durch die im Anhang angegebenen Tabellen
der Maximalmomente kontinuierlicher Träger und die Aufnahme der Leitsätze für die
Ausführung usw. der Eisenbetonbauten des Verbandes deutscher Architekten- und
Ingenieurvereine und des deutschen Betonvereins. Erwünscht wäre auch die Aufnahme
der preussischen amtlichen Bestimmungen oder wenigstens eine Zusammenstellung der
Abweichungen von jenen Leitsätzen gewesen.
Für den Konstrukteur angenehm wäre in einer späteren Auflage auch die Aufnahme
direkter Dimensionierungsformeln für doppelt armierte Platten, für Plattenbalken und
für exzentrisch gedrückte Querschnitte (Säulen und Gewölbe). Bei den ersteren lassen
sich die Abmessungen als Funktionen von \sqrt{M} angeben, bei den letzteren
geschieht die Dimensionierung durch die Lösung einer unreinquadratischen Gleichung.
–
Die Literaturnachweise sind etwas spärlich ausgefallen. Im Interesse der Studierenden
konnte auf Seite 130 (Berechnung des Stadiums II a) hingewiesen werden auf die
Arbeit Barkhausens, bei den craphischen Methoden St.
116 auf Empergers vierachsige Diagramme, bei der kurzen
literarischen Notiz Seite 149 auf Koenens Grundzüge
usw., auf die Arbeiten Melans, Sanders, Thulliés u.a.
Im dritten Teile ist in den Seiten 145–234 die Anwendung des Eisenbetons
behandelt.
An von der herausgebenden Firma ausgeführten Beispielen werden die Konstruktionen der
Decken, Unterzüge, Säulen, Treppen, Gewölbe im Profan- und Kirchenbau, Fundamente,
Pfähle, Senkbrunnen, Kellerdichtungen usw. erläutert.
Ferner werden Brücken mit gerader und gebogener Tragekonstruktion,
Flüssigkeitsbehälter, Silos ausführlich behandelt und die Konstruktionen von
Tunnels, Stützmauern, Kühltürmen und Röhren kurz erwähnt.
Die Beispiele sind durchweg gut gewählt und durch Ansichten und Konstruktionsskizzen
vortrefflich und instruktiv illustriert.
Mit Recht weist der Verfasser darauf hin, dass weniger nach „System“ als
vielmehr nach statischen Grundsätzen in Eisenbeton gebaut werden und dass die
Ausführung nur durch zuverlässige Unternehmer geschehen soll.
Bei dem massigen Preise und der vorzüglichen Ausstattung gehört das Werk zu dem
besten was bisher auf dem Gebiete des Eisenbetons geboten wurde, und kann daher den
studierenden und ausführenden Ingenieuren und Architekten zum Studium und als
Ratgeber sehr empfohlen werden.
Dr.-Ing. P. Weiske-Cassel.
Bei der Redaktion eingegangene Bücher.
Untersuchungen über die Entlöhnungsmethoden in der
deutschen Eisen- und Maschinenindustrie. Herausgegeben im Namen des
Zentralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen von dessen Kommission G. Schmoller, L. Bernhard, V. Böhmert, E. Francke, Th.
Harms, G. Zacher. Heft 2. Die Entlöhnungsmethoden in der Berliner
Maschinenindustrie. Von Dr. F. Schulte. Berlin, 1906.
Leonhard Simion Nachf. Preis geh. M. 3,–.
Die Theorie, Berechnung und Konstruktion der
Dampfturbinen. Von Gabriel Zahikjanz. Mit 23
Abb. Berlin, 1906. M. Krayn.
Hilfsbuch für den Maschinenbau. Für Maschinentechniker
sowie für den Unterricht an technischen Lehranstalten. Von Fr. Freytag, Professor, Lehrer an den technischen Staatslehranstalten in
Chemnitz. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 1004 Abb. und 8 Tafeln.
Berlin, 1906. Julius Springer. Preis geb. M. 10,–.
Abhandlungen zur Geschichte der mathematischen
Wissenschaften mit Einschluss ihrer Anwendungen. Begründet von Moritz Cantor. 21. Heft. Leibnizens nachgelassene Schriften physikalischen, mechanischen und
technischen Inhalts. Herausgegeben und mit erläuternden Anmerkungen versehen von Dr.
Ernst Gerland, Professor der Physik und
Elektrotechnik an der Kgl. Bergakademie zu Clausthal. Mit 200 Abb. Leipzig, 1906. B.
G. Teubner. Preis geh. M. 10,–.
Die Weltwirtschaft. Ein Jahr- und Lesebuch. Unter
Mitwirkung zahlreicher Fachleute. Von Dr. Ernst von
Halle, Professor an der Universität Berlin. Erster Jahrgang 1906. Erster
Teil Internationale Uebersichten. Bearbeitet von E. Francke,
Ed. Roghe, Fr. Zahn, W. Wygodzinski, L. von Wiese, E. Biedermann, A. Feiler, F.
Reineke, H. Schacht, W. Borgius. A. v. d. Leyen, E. von Halle, C. Grosse, A.
Manes, O. Schwarz, L. Bernhard, H. Muthesius, E. Münsterberg, C. Ritter.
Leipzig und Berlin, 1906. B. G. Teubner. Preis geh. M. 6,–.
Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung.
Von Emanuel Czuber, o. ö. Professor an der technischen
Hochschule in Wien. Erster Band. Mit 115 Abb. Zweite, sorgfältig durchgesehene
Auflage. Leipzig, 1906. B. G. Teubner. Preis geb. M. 12,–.
Handbuch der Starkstromtechnik. Erster Band:
Konstruktion und Berechnung elektrischer Maschinen und Apparate. Erläutert durch
Beispiele. Mit zahlreichen Abb., 28 Konstruktionstafeln und fünf Kurventafeln.
Bearbeitet von Ingenieur Robert Weigel. Leipzig, 1906.
Hachmeister & Thal. Erste und zweite Lieferung. Preis vollständig in 12
Lieferungen à M. 1,25.
Lehrbuch der Graphostatik. Von Georg Ewerding, Ingenieur, Dozent an der Gewerbeakademie Berlin. Mit 283
Abb. Stuttgart und Berlin, 1906. Fr. Grub. Preis geh. M. 3,80, geb. M. 4,40.