Titel: | Bücherschau. |
Autor: | Rotth |
Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 281 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Einführung in die technische
Wärmelehre (Thermodynamik). Von Richard Vater.
(Aus Natur und Geisteswelt 516.) Leipzig 1916. B. G. Teubner.
Den meisten Technikern bleibt leider die mechanische Wärmetheorie ein Buch mit sieben
Siegeln. Neben einer scheuen Achtung vor den vielen Formeln und ihrem
geheimnisvollen Inhalt findet man durchschnittlich nur eine Kenntnis der
einfachsten Ausgangspunkte und einige Schlagworte, mit denen der Besitzer doch
keinen klaren Begriff verbindet. Die Ursache dieses nicht wegzuleugnenden
bedauerlichen Zustandes liegt vornehmlich in der Art, wie die mechanische
Wärmetheorie dem Anfänger gewöhnlich geboten wird. Wenn dieser nicht tiefer gehende
Studien beabsichtigt und, wie der Jünger der Technik, bei dem Vielen, was er in sich aufnehmen
soll, für den besonderen Wissenszweig nur wenig Zeit erübrigen kann, dann bleibt er
in dem Drahtverhau der meist rein formelmäßig behandelten Lehren bald hängen, ohne
das Ziel der ihm zugemuteten Anstrengungen zu erkennen. Allerdings gibt es manche
Einführungen in die mechanische Wärmetheorie, die eine gute Vorschule für die
schwierigeren Teile bilden, sie gehen aber wieder nicht weit genug, um den jungen
Techniker einen Begriff von der Bedeutung und Verwendbarkeit der Lehren für sein
Fach zu geben. Demgegenüber bietet der Verfasser in seiner kurzen Darstellung eine
Uebersicht alles Wesentlichen, was von der Wärmetheorie für die Beurteilung und
Ausgestaltung der Wärmemaschinen in Frage kommt, er erläutert faßlich den freilich
nicht leichten Begriff der Entropie und gibt auch eine Anleitung zum Aufstellen und
Verwenden des Diagramms von Mollier. Die Behandlung steht
auf rein physikalischer Grundlage, einfache mathematische Formen werden nur zum
kurzen Zusammenfassen der gewonnenen Erkenntnis und zum Erwerten bestimmter
Beziehungen benutzt, die Einsicht wird durch Beispiele gefördert, die unmittelbar
den ins Auge gefaßten Anwendungsgebieten entnommen sind.
Die packende Vortragsweise des Verfassers ist aus seinen anderen Schriften schon
bekannt genug. Sie zeigt sich hier bei dem für den Anfänger manchmal recht spröden
Stoffe in ihrem hellsten Lichte. Jedem, dem überhaupt hier zu helfen ist, kann als
Stütze beim Eintritt in die mechanische Wärmetheorie das kleine Buch empfohlen
werden, das ihm eine erste, einigermaßen abgeschlossene Uebersicht gewährt, ihn mit
den einfachsten Anwendungen vertraut macht und zu weiterem Eindringen anregt, aber
schon für sich ihm weit mehr in der Erkenntnis bietet, als im Durchschnitt auch bei
den Technikern angetroffen zu werden pflegt, die täglich mit Wärmeerscheinungen
umzugehen haben. Eine weite Verbreitung der Arbeit ist bei ihren sichtlichen
Vorzügen zu erwarten, und deshalb seien hier noch einige Wünsche geäußert, deren
Berücksichtigung der Verfasser bei späteren Auflagen vielleicht für angezeigt
hält.
Die Isothermen für Gase lassen sich leicht verzeichnen, und damit ist die zugehörige
Arbeit für jeden bestimmten Fall durch eine Flächenausmessung zu finden, auch wenn
das allgemeine Gesetz noch nicht durch die Formel ausgesprochen ist. Das Bewußtsein
aber, jeden praktischen Fall einfach, wenn auch umständlich, behandeln zu können,
macht den Anfänger sicher und fördert auch seinen Einblick. Es wäre deshalb
erfreulich, wenn der Verfasser auch für die angenäherte Zeichnung der Adiabaten von
Gasen ein Verfahren gäbe, das die Berechnung der Arbeit bis zu beliebiger
Genauigkeit gestattete, so umständlich es auch sein möchte, damit sich der Anfänger
von der Formel unabhängig fühlt, deren Ableitung wegen ihrer schon größeren
Schwierigkeit ohnehin der Verfasser nicht gibt. Es bleibt damit eine Lücke im
Verständnisse, deren Ausfüllen auch dann erwünscht wäre, wenn die jedem Anfänger
künstlich vorkommende Ableitung mitgeteilt würde. Es scheint zweckmäßig, die
anschaulichste Deutung des kritischen Punktes (S. 61) als des Zustandes ausdrücklich
hervorzuheben, bei dem Dampf und Flüssigkeit gleiche Dichte haben. Die
Vorstellungen, die zum zweiten Hauptsatze führen, werden wie üblich von den Gasen
gewonnen. Es ist aber der bestimmte Hinweis zu vermissen, weshalb sie auch für
andere Stoffe gelten müssen. Bei der großen Bedeutung, die das Verhalten wirklicher
Gase nach dem Thomson-Effekt für die Kältetechnik
gewonnen hat, wäre dessen kurze Erläuterung an passender Stelle wohl angezeigt.
Endlich sei dem Verfasser die Bitte ausgesprochen, sich auch über die Wirkungsweise
des Injektors zu äußern. Darüber, und es soll damit nur die grundlegende Erscheinung
gemeint sein, die das Arbeiten des Injektors ermöglicht, herrscht allgemein eine
erstaunliche Unkenntnis, und der Suchende wird nicht leicht in der Literatur eine
faßliche Erläuterung finden.
Die Erfüllung dieser Wünsche würde zwar teilweise nicht ganz einfach sein, denn es
handelt sich nicht um scheinbar sich von selbst vollziehende Umformungen von
Ausdrücken bei vorbekannten Ergebnissen, sondern um die physikalische Deutung der
Vorgänge im einzelnen, indessen hat der Verfasser so viele Proben seiner
anschaulichen Darstellungskunst gegeben, daß eine Vervollständigung seiner
vorliegenden Arbeit auch in den schwierigeren der erwähnten Punkte ihm wohl möglich
sein würde.
Rotth.
Der Stollenbau. Von Arnold von Gunten. Winke und Ratschläge für angehende
Stollenbauer. Zürich 1915. Rascher & Co.
Auf einigen 60 Seiten gibt der offenbar auf seinem Gebiete sehr erfahrene Verfasser
Weisungen und Ratschläge über Einzelheiten beim Tunnelbau. Der Stoff gliedert sich
in 13 Abschnitte, die sich auf Absteckung, Profile, Wasserhaltung, Sprengwesen,
Lüftung, geologische Verhältnisse, Holzeinbau usw. beziehen.
Die Arbeit ist kein eigentliches Lehrbuch des Tunnelbaues, es setzt die Formen und
Arbeitsverfahren im allgemeinen als bekannt voraus und soll ersichtlich den
unmittelbar in der Bauführung stehenden nützlich sein, denen gewiß mit dem
Ueberblick über alle beachtenswerten Punkte zur richtigen Veranlagung der Bauleitung
sehr gedient sein wird. Der Verfasser würde aber seine Schrift auch über den Rahmen
des engsten Fachkreises hinaus noch wertvoller gemacht haben, wenn er wenigstens
einige zahlenmäßige Erfahrungen aus dem Tunnelbau mitgeteilt hätte, so über
Sprengstoffbedarf, Zeitleistungen, Gestehungskosten usw. Das Aufgeben dieser zu
weitgehenden Zurückhaltung würde der weiteren Verbreitung späterer Auflagen
jedenfalls sehr förderlich sein, denn auch Wasserbauer, Bahnbauer und manche andere
Ingenieurkreise würden gern zu der gedrungenen Schrift greifen, wenn sie ihnen bei
allgemeinen Entwürfen und Anschlägen einigen grundlegenden Zahlenstoff böte.
Rotth.