Titel: | Bücherschau. |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 309 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Das Auge und die Brille.
(Aus Natur und Geisteswelt, Bd. 372). 2. Aufl. 106 S. mit 84 Textabbildungen und 1
Lichtdrucktafel. Von M. von Rohr. Leipzig und Berlin, B.
G. Teubner.
Die Brille ist wohl das am meisten gebrauchte optische Instrument; wenn trotzdem über
seine Wirkungsweise bei den brillentragenden Nicht-Fachleuten so wenig bekannt ist,
so liegt dies daran, daß ein ziemlich weitgehendes Eindringen in die geometrische
Optik notwendig ist, um hier zum richtigen Verständnis zu gelangen. Der als
Autorität auf dem Gebiete der Brillenkunde bekannte Verfasser, der als
wissenschaftlicher Mitarbeiter von Zeiß selbst einen wesentlichen Anteil an der
Ausführung der neueren Brillengläser hat, sucht in dem vorliegenden Bändchen das
Wichtigste über die Brille zusammenzustellen. Für den Physiker ist ihm das
zweifelsohne gelungen, für den Laien aber wird seine Darstellung sicherlich oft su
schwer sein. Es liegt dies daran, daß der Stoff die Einführung einer ganzen Reihe
von dem Laien nicht geläufiger und unbekannter Begriffe erfordert, um die Auswahl
der verschiedenen Brillengläser zu begründen. Wer sich aber die Mühe nimmt, den in
so konzentrierter Form gebrachten Stoff gründlich durchzuarbeiten, wird davon reich
belohnt werden.
Da die Brille die Brechungsfehler des Auges aufheben soll und vor allem mit bewegtem
Auge gebraucht wird, so, mußte an den Anfang ein Abschnitt über das Auge gestellt
werden. Der Hauptteil behandelt dann die allseitig symmetrischen Brillengläser, die
für das blickende Auge, sowie die prismatischen und astigmatischen Gläser. Den
Beschluß bildet ein kurzer Abschnitt über Brillengestelle.
Berlin-Friedenau.
Berndt.
Funktionenlehre und Elemente der
Differential- und Integralrechnung. Lehrbuch und Aufgabensammlung. Von Dr.
H. Grünbaum, weil. Reallehrer am staatlichen Technikum
Nürnberg, neu bearbeitet von Dipl.-Ing. Prof. Dr. S. Jakobi, Studienrat der staatlichen vereinigten Maschinenbauschulen
Elberfeld-Barmen. Fünfte erweiterte Auflage. Mit 93 Abbildungen. Teubners
Unterrichtsbücher für maschinentechnische Lehranstalten, Band 10. Leipzig 1921, B.
G. Teubner. Preis kartoniert 9.20 Mk.
Erst im vorigen Jahre erschien die 4., und nun liegt bereits die 5. Auflage des
geschätzten Buches vor, ein Zeichen, daß sein Anhängerkreis ein sehr großer ist. Da
erübrigen sich besondere Empfehlungen. Es mag nur bemerkt werden, daß in der
Neuauflage trotz der Kürze der Zeit wieder eine Reihe von Verbesserungen angebracht
worden sind, so ist die Fehlerausgleichungsrechnung neu aufgenommen worden.
A. Baruch.
Die Grundlagen der Geometrie als
Unterbau für die analytische Geometrie. Von Lothar Heffter, Professor an der Universität Freiburg i. B. Mit 11 Abbildungen.
Berlin und Leipzig 1921, B. G. Teubner. Preis geheftet 6,– M.
Die vorliegende kleine Schrift von 27 Seiten enthält eine knappe Darstellung der
Grundlagen der Geometrie unter ausgiebiger Verwendung dessen, was v. Staudt, Pasch, Hilbert, F. Schur und anderen Geometern zu verdanken ist. Sie kann als eine in der
Tiefe einsetzende Fundamentierung des von dem Verfasser gemeinsam mit C. Köhler herausgegebenen ersten Bandes der
analytischen Geometrie (Leipzig 1905, B. G. Teubner) gelten.
A. Baruch.
Elemente der höheren Mathematik
für Studierende der technischen und Naturwissenschaften. Von Dr. Lothar Schrutka, o. ö. Professor an der deutschen Technischen
Hochschule in Brunn. Zweite, verbesserte Auflage. Mit 143 Abbildungen und 635
Seiten. Leipzig und Wien 1921, F. Deuticke. Preis geheftet 36,– M.
Der gesamte Stoff ist in neun Abschnitte geteilt. Der erste handelt von den
Grundbegriffen, der Veränderlichen, Funktionen und der analytischen Geometrie. Die
beiden nächsten sind den Grundlagen der Differential- und Integralrechnung gewidmet.
Der vierte bringt dann die Erweiterung der Differential- und Integralrechnung, sowie
logarithmische, Exponential- und Winkelfunktionen. Der fünfte handelt von
Approximationen und Reihenentwicklungen. Die beiden nächsten sind geometrischer
Natur, in ihnen kommen die Kegelschnitte und einige ebene Kurven, weiter die
Geometrie des Raumes und endlich die Vektorenrechnung zu Worte. Der achte Abschnitt
wendet sich dann den Funktionen von mehreren Veränderlichen zu, und im letzten, dem
neunten Abschnitt, wird auf Polynome und die Auflösung von Gleichungen ausführlich
eingegangen. Die reiche Erfahrung, die dem Verfasser zu Gebote steht, kommt dem
Buche in ausgedehntem Maße zugute. Vor allem sei die Klarheit der Darstellung
hervorgehoben. Von Aenderungen gegenüber der ersten Auflage sei die Neueinfügung der
Hyperbelfunktionen und der Vektorenrechnung erwähnt. Es besteht kein Zweifel, daß
das Buch den Studierenden der Naturwissenschaften und Technik weiter gute Dienste
leisten wird.
A. Baruch.
Perspektive in anschaulicher
Darstellung für Architekten, Maler, Techniker sowie Studierende an Hoch-
und Mittelschulen. Von Dr. E. Gull, dipl. Architekt,
Assistent für Baukunst an der Eidg. techn. Hochschule Zürich. 77 Seiten, mit 103
Abbildungen. Innsbruck 1921, Verlag der Wagnerschen Universitätsbuchhandlung.
Der Verfasser verzichtet auf eine rein mathematische Behandlung der Lehre von der
Perspektive, er will vielmehr durch anschaulich dargestellte Abbildungen in
leichtfaßlicher Folge die Vorstellungskraft erziehen und so zu einem klaren
Verständnis der Gesetze der Perspektive kommen. Das Gerippe bildet eine möglichst
lückenlose Entwicklung und Darstellung der Elementarbegriffe. Erst dann ergeben sich
sukzessive die Methoden als Anwendungen der bis dahin behandelten Elemente. Im
Hauptteil ist der Nachdruck auf den klaren Begriff der Bildebene, der
Sehstrahlebenen und der Fluchtpunkte gelegt. Daran schließt sich eine kurze
Erläuterung der Schatten bei künstlichem Licht, der Decken-, Panorama- und
Theaterperspektive sowie der Spiegelbilder. Im letzten Kapitel werden die rein
geometrischen Hilfskonstruktionen behandelt, die, ohne eigentlich etwas mit dem
Verständnis der Perspektive zu tun zu haben, die Anwendung häufig sehr erleichtern.
Es muß gesagt werden, daß der Verfasser das sich gesteckte Ziel vollständig erreicht
hat und daß der Studierende aus der Lektüre des Buches reichen Nutzen ziehen kann.
Die Darstellung ist einfach und klar, die zahlreichen Abbildungen ergänzen den Text
aufs beste.
A. Baruch.
Studien zur Geschichte der
theoretischen Geodäsie. Von Müller.
Sonderabdruck aus der Zeitschrift des bayerischen Geometervereins von den Jahren
1909 bis 1916. Augsburg. 8°, VIII und 203 S.
Die Studien sind als Vorarbeit zu einer Geschichte der Geodäsie verfaßt; sie befassen
sich mit der Entwicklung der Erkenntnis von der Gestalt der Erde und ihrer
Dimensionen und behandeln im besonderen die Beiträge der Forscher zur Theorie der
geodätischen Linie.
Von Bernouilli und Leibniz,
Clairaut, Euler, Dionis du Séjour, Delambre,
Legendre und Lagrange führt uns der Verfasser zu
den Arbeiten der deutschen großen Forscher Bohnenberger,
Soldner, Gauß und Bessel, nachdem im IX.
Abschnitt der Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland auf dem Gesamtgebiete
der Geodäsie zu Ende des 18. Jahrhunderts kurz beleuchtet wurde.
Alsdann kommen die Kompilatoren auf dem Gebiete der theoretischen Geodäsie, unter
denen Puissant, Laplace, I. C. Ed. Schmidt, Grunert und Decker genannt seien.
Besondere Abschnitte behandeln sodann die Arbeiten von Baeyer,
Jacobi, Hansen, Bachoven van Echt, Winterberg –
mit Helmerts Kritik –, Halphen, Bremiker und Jordan.
Nach Betrachtung einiger moderner Arbeiten im XXVI. Abschnitt über die Verwendung der
Theorie der geodätischen Linie für Zwecke der Vermessungspraxis werden im XXVII.
Abschnitt die neueren Lehrbücher der theoretischen Geodäsie besprochen, unter denen
in erster Linie das bedeutende Werk der modernen geodätischen Literatur, die
mathematischen und physikalischen Theorien der höheren Geodäsie von Helmert und sodann auch der wohl jedem
Vermessungstechniker bekannte dritte Band des Jordanschen Handbuches der
Vermessungskunde neben seiner historisch-kritischen Darstellung des deutschen
Vermessungswesens (Stuttgart 1882) genannt seien.
Im XXVIII. Abschnitt werden elf große Sammelwerke mit Bezug auf den geodätischen Teil
besprochen, unter ihnen die Encyclopedia Britanica, La grande Encyclopédie
française, Ersch und Grubers Enzyklopädie, Luegers Lexikon der Technik und die
Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften.
Mit einigen Nachträgen, die zunächst den interessanten Prioritätsstreit zwischen Ivory und Bessel und sodann
Arbeiten von Stein, Dalby, Todhunter, Zachariä und Pucci behandeln, schließt die Sammlung, deren Lektüre
jedem Vermessungstechniker, der Interesse für die Entwicklungsgeschichte der höheren
Geodäsie hat, von Nutzen sein wird.
Fuhrmann.
Elektromagnetische Schwingungen und
Wellen. Von J. Geitler. Bd. 6 aus „Die
Wissenschaft.“ Zweite, vermehrte Aufl. Braunschweig 1921, Vieweg & S. M. 30,–,
geb. M. 38,–.
Die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich
Hertz hat zu einem neuen Zweige der angewandten Physik geführt, der
drahtlosen Telegraphie. Ihre Erfolge lenken die allgemeine Aufmerksamkeit auf die
rein physikalischen Tatsachen zurück, die. ihr zugrunde liegen. Der Verfasser
versteht es meisterhaft, in kristallklarer, lebendiger Darstellung den Leser in die
Gedankengänge von Faraday, Maxwell und Hertz bis zu den Forschern der Gegenwart einzuführen.
Jahnke.
Das Wesen der Materie. Nach dem
neuesten Stande unserer Kenntnisse und Auffassungen dargestellt. (Ordentliche
Veröffentlichung der Pädagogischen Literatur-Gesellschaft Neue Bahnen.) Von F. Auerbach. VIII und 147 Seiten mit 15 Abb. Leipzig,
Dürrsche Buchhandlung.
Das in den regelmäßigen Veröffentlichungen der Pädagogischen Literatur-Gesellschaft
Neue Bahnen erschienene Buch ist aus einer gemeinverständlichen Vorlesung an der
Universität Jena hervorgegangen. Es wendet sich demgemäß speziell an die
Nicht-Fachleute und sucht diesen ein Bild von den Vorstellungen zu entwerfen, zu
denen die Wissenschaft auf Grund ihrer zahlreichen, tief schürfenden Forschungen
gekommen ist. Da sich diese auf das ganze Gebiet der experimentellen und
theoretischen Physik und der Chemie erstrecken, so ist es wohl selbstverständlich,
daß die einzelnen Probleme, es sei z.B. an den schwarzen Körper, Quantentheorie,
osmotischen Druck, Elektrolyse und Radioaktivität erinnert, nur flüchtig gestreift
werden konnten. Der Hauptwert der Darstellung liegt deshalb vor allem in dem Hinweis
auf die einzelnen Gebiete und führt vielleicht den einen oder den anderen dazu, sich
mit diesem näher zu beschäftigen. Dem Fachmann, es sei hier vor allen an den
Physiker gedacht, wird die Veröffentlichung nichts neues bieten. Dem Laien wird sie
dagegen zeigen, wie außerordentlich schwer der Weg der Forschung ist, ehe sie zur
Klarstellung eines anscheinend so einfach erscheinenden Begriffes, wie dem der
Materie, gelangt und daß dazu die nie rastende Arbeit von früheren und künftigen
Jahrhunderten oder selbst Jahrtausenden notwendig ist.
Berlin-Friedenau.
Berndt.
Vorlesung über Differential- und
Integralrechnung. Von E. Czuber. Vierte
sorgfältig durchgesehene Auflage.
Erster Band. XII und 569 S. 8°. Mit 128 Abbildungen.
Leipzig und Berlin. B. G. Teubner.
Zweiter Band. XI und 599 S. 8°. Mit 119 Figuren im Text.
Leipzig und Berlin. B. G. Teubner.
Lehrbuch der Differential- und
Integralrechnung und ihrer Anwendungen. Von R. Fricke.
Erster Band: Differentialrechnung. XII und 399 S. Mit 129
in den Text gedruckten Figuren, einer Sammlung von 253. Aufgaben und einer
Formeltabelle. Leigzig und Berlin. B. G. Teubner.
Zweiter Band: Integralrechnung. V und 413 S. 8. Mit 100 in
den Text gedruckten Figuren, einer Sammlung von 242 Aufgaben und einer
Formeltabelle. Leipzig und Berlin, B. G. Teubner.
Von den beiden Werken liegt das von Czuber in vierter
Auflage vor. Abgesehen von durchgehenden kleinen Verbesserungen, Neuaufnahmen
einiger Aufgaben und Umarbeitung des Abschnittes über Raumkurven und krumme Flächen
sind Veränderungen in der neuen Auflage nicht vorgenommen. Das Buch ist weniger für
Studierende der Technischen Hochschulen, wie für die der Universitäten geeignet. Zu
den historischen Daten sei übrigens bemerkt, das sich die Formel von Simpson für einen Doppelstreifen schon früher als bei Cotes (1722) findet z.B. bei Stirling, Philosophical Transactions 1719, wo auch vorgeschlagen wird, das
Flächenstück in mehrere Streifen zu teilen und auf jeden eine der angegebenen
Annäherungsformeln anzuwenden. Ebenso findet sich die sog. Drei-Acht-Regel nicht
erst 1736, sondern schon in der bekannten Newtonschen Abhandlung von 1711.
Eine fast fünfundzwanzigjährige Unterrichtserfahrung an technischen Hochschulen liegt
dem neu erschienenen Lehrbuch von Fricke zugrunde. Es
will neben der Vorlesung gebraucht werden und zur Festlegung, Ergänzung und
Vertiefung des darin behandelten Stoffes dienen. Die Darstellung ist klar und leicht
verständlich. Das hindert Fricke aber nicht, die Grundbegriffe exakt zu formulieren
und die grundlegenden Sätze streng zu beweisen; bei einigen Sätzen, z.B. beim
Fundamentalsatz der Algebra ist allerdings der Gang des Beweises nur angedeutet.
Nicht aufgenommen ist wie bei Czuber z.B. im Gegensatz zu
Mangold, die Analytische Geometrie, die der Verfasser in einem der Leitfäden der
Teubnerschen Sammlung behandelt hat, ferner die Theorie der Determinanten, von denen
auch kaum Gebrauch gemacht wird. Rund die Hälfte der beiden Bände ist den
Anwendungen aus Geometrie, Mechanik und – besonders im 2. Bande – anderen Gebieten
der Physik gewidmet. So sind die Anwendungen einem weit umfangreicheren Gebiet
entnommen, als in dem Buch von Czuber, der in der Hauptsache geometrische
Anwendungen bringt, diese aber, wie die Theorie der Kurven und Flächen,
ausführlicher behandelt. Nicht aber zeigt der Verfasser, wie Perry in seinem bekannten Buche, an recht vielen, möglichst verschiedenen
Gebieten entnommenen Beispielen, die oft die heterogensten Gegenstände
zusammenbringen, die Anwendbarkeit der Mathematik, sondern er „leitet die
Mathematik stetig und in breitem Strom in die Anwendungen über“.
Das Buch von Fricke enthält ein noch reicheres, gut
gewähltes Aufgabenmaterial als das von Czuber, der dafür vielleicht mehr ausgeführte
Beispiele bringt. Die Aufgaben sind am Ende der einzelnen Nummern mit kurzen
Lösungen, die bei Czuber nicht überall gegeben sind,
zusammengestellt. Ihre Behandlung wird durch die am Ende jeden Bandes in
ausklappbaren Tabellen vereinigten Formeln erleichtert. Werden diese Aufgaben von
dem Studierenden sorgfältig durchgearbeitet, so wird dadurch die Absicht des
Verfassers erreicht, daß dem Studierenden „die Differentiale und Integrale zu
brauchbaren Werkzeugen werden, wie Meissel und Feile in der Werkstatt.“ Auf
die Bedürfnisse des Ingenieurs sucht der Verfasser in jeder Weise in Darstellung und
Auswahl des Stoffes Rücksicht zu nehmen, so wird, was z.B. bei Czuber nicht geschieht, Theorie und Beschreibung der für die Technik
wichtigsten mathematischen Apparate gegeben, wie des Integraphen, des Kugelroll-,
Polar- und Momentenplanimeters, des Integrators von Skarp und der Analysatoren von
Henrici-Sharp und von Mader.
Im Interesse der Studierenden der Technischen Hochschulen sollte allerdings auf zwei
Punkte noch mehr Gewicht gelegt werden, als bereits geschehen ist. Einmal sollte
mehr auf das Rücksicht genommen werden, was man wohl als praktische Analysis
bezeichnet, also auf die Durchführung der mathematischen Probleme bis zur
ziffernmäßigen Berechnung. So sollten z.B. gelegentlich Rechenschemate wie das
Hornersche zur praktischen Berechnung ganzer rationaler Funktionen behandelt werden,
oder es sollte die Entwicklung dieser Funktionen in der Umgebung eines Punktes und
Aehnliches wirklich numerisch an Beispielen gezeigt werden. Vielfach fehlen trotz
des reichen Aufgabenmaterials auch gerade den Abschnitten, die Gelegenheit zum
numerischen Rechnen gegeben hätten, die Aufgaben, wie dem Abschnitt über genäherte
Berechnung von
Wurzeln einer Gleichung, dem über Interpolation, numerischer Quadratur usw.
Der zweite Punkt ist der, daß noch mehr Gewicht auf die für die Technik so wichtigen
Methoden der angenäherten Berechnung gelegt werden sollte; so sollte auf die
graphische und numerische Differentiation, die für den Ingenieur fast noch wichtiger
ist als die genäherte Integration, auf die angenäherte Bestimmung der
Fourierkoeffizienten usw. eingegangen werden, ferner auf numerische (Kutta) und
graphische (Runge) Integration gewöhnlicher Differentialgleichungen; gerade das
letztere lag nahe, da der Picardsche Existenzbeweis, den man zum Beweis der
Konvergenz des Rungeschen Verfahrens braucht, gegeben wird. Diese Verfahren gewinnen
eine immer größere Bedeutung in der modernen Technik und sollten daher nicht
fehlen.
Charlottenburg.
Fr. A. Willers.
Die asynchronen Drehstrommotoren,
Induktions- und Kommutatormotoren. Von Prof. Dr. Gustav Benischke. II. Auflage, Braunschweig. Friedr. Vieweg
& Sohn, 1921. Ladenpreis geheftet 20 M., gebunden 24 M. und
Teuerungszuschlag.
In bekannter anschaulicher Weise wird von Professor Benischke Theorie und
Wirkungsweise der Wechselstrommotoren behandelt. Zufolge Erweiterung des Stoffes
mußte gegenüber der I. Auflage einiges gestrichen werden. Durch die Kürzung leidet
aber nicht die Klarheit der Darstellung. Vertrautheit mit den Grundgesetzen der
Induktion wird vorausgesetzt. Der Stoff ist aber so gehalten, daß die wesentlichen
Schlußfolgerungen auch für den verständlich sind, der sich in die mathematischen
Entwickelungen nicht vertiefen wiil. Von den einfachsten Vorgängen ausgehend, werden
in gemeinverständlicher Form die Arten der Motorbewickelung besprochen und durch
gute Abbildungen erläutert. Fortschreitend werden die Eigenschaften des
Wechselstrommotors am Heyland-Kreisdiagramm, auf das ausführlich eingegangen wird,
klargestellt, rechnerisch verfolgt und die Folgerungen für Strom, Leistung,
Drehmoment und Phasenverschiebung gezogen. Zur Herstellung des Diagramms wird eine
Anleitung gegeben. Ein praktisches Beispiel zeigt die Anwendung. In übersichtlicher
Weise werden die Anlaßvorgänge bei den verschiedenen Anlaßarten behandelt, das
Verhalten des Motors bei den verschiedenen Drehzahlen bis zum Uebersynchronismus,
wobei der Motor als Stromerzeuger arbeitet, und bei Antrieb in der dem Drehsinn des
Motors in entgegengesetzten Richtung, wobei der Motor bremsend wirkt, an Hand von
Schaulinien klargelegt. Die Umlaufänderung durch Einschalten von Widerständen,
Kaskadenschaltung, Polzahländerung, Einphasenläuferschaltung wird
durchgesprochen.
Für die zum genauen Prüfen eines Motors erforderlichen Untersuchungen werden die
Schaltungen angegeben, auf besonders zu beachtende Erscheinungen, wie Einfluß der
Glieder höherer Ordnung in der Kurvenform, wird hingewiesen. Die Meßanordnungen zur
Bestimmung von Leistungfaktor, Nutzleistung, Trennung der einzelnen
Leerlaufverluste, Bestimmen der Stromwärmeverluste, Messen der Schlüpfung und des
Kurzschlußstromes werden angegeben. Auf Grund aller dieser Erwägungen wird der Weg
zur Berechnung des Motors gewiesen, um magnetischen Widerstand im Luft- und
Eisenweg, Streufaktor usw. rechnerisch zu ermitteln und die günstigsten Bedingungen
für den Motor zu finden.
Im Anschluß werden als Mittel zur Verbesserung des Leistungfaktors die Phasenschieber
beschrieben. Den Schluß bildet ein Abschnitt über die in der Drehzahl regelbaren
Drehstrom-Kommutatormotoren, die Drehstrom-Reihenschluß- und -Nebenschlußmotoren,
ferner die Kaskadenschaltung von Vorder- und Hintermotor für feinstufige Regelung in
gleicher eingehender theoretischer und rechnerischer Darstellung.
Der Verlag hat durch gute Ausstattung und sorgfältige Ausführung der Abbildungen und
Schaubilder und zum Teil farbige Darstellung der Wickelungen den Wert des Buches
erhöht, das auf 232 Seiten alles Wissenswerte über diese wichtigste Klasse der
Wechselstrommotoren bringt.
Dr. Michalke.
Wirtschaftliches Schleifen.
Gesammelte Arbeiten aus der Werkstattstechnik 1917 bis 1921. Herausgegeben von
Dr.-Ing. G. Schlesinger, Berlin 1921, Julius Springer.
Geheftet 24 Mk.
Es ist verdienstvoll, die in der Literatur zertreuten Aufsätze über das Schleifen
gesammelt herauszugeben, um dem suchenden Betriebsmann das Durchwälzen umfangreicher
Zeitschriftenbände zu ersparen. Die Schleiftechnik ist noch immer nicht in dem Maße
in die Werkstätten eingedrungen, wie sie es ihrer Bedeutung und Wirtschaftlichkeit
nach verdient. Die vorliegenden gesammelten Aufsätze werden manche schlechte
Erfahrung vermeiden helfen. Die Aufsätze behandeln: Das Rundschleifen,
Innenschleifen, Formschleifen, Flächenschleifen, Abziehvorrichtungen für
Schleifscheiben, das Schleifen von Werkzeugen, Aufspannvorrichtungen für
Schleifmaschinen, Schleifmittel, Schleifleistungen, Schleifen verschiedener
Maschinenteile, Polierverfahren, Vereinheitlichung von Schleifscheiben.
Wünschenswert wäre die Aufnahme einer erschöpfenden Abhandlung über die richtige
Auswahl der Schleifscheiben nach Schleifmittel, Körnung, Bindung, Schleifscheiben-
und Werkstückgeschwindigkeiten für die verschiedenen in der Praxis auf tretenden
Verhältnisse. Viele Betriebsleute tasten bei der Auswahl der Scheiben noch im
Dunkeln oder müssen sich beim Lieferanten Rat holen, der mangels der genauen
Kenntnisse der Sachlage oft nur allgemeiner Natur sein kann.
Dipl.-Ing. Ernst Preger.
Physikalisches über Raum und
Zeit. Von E. Cohn. B. G. Teubner, Leipzig und
Berlin. 3. Auflage.
Die dritte Auflage der aus einem Vortrage zu Straßburg 1910 herausgewachsenen Schrift
liegt vor.
Ein Beweis, wie groß das Bedürfnis nach elementaren Darstellungen der Einsteinschen
Hypothese noch immer ist, trotzdem diese seit ihrer Aufstellung im Jahre 1905
inzwischen zum festen Bestandteil der Physik geworden ist, und in allen neueren
Lehrbüchern den ihr gebührenden Platz findet.
Dieses lebhafte Interesse, das ihr vor allem auch aus den Kreisen der Nichtphysiker
entgegengebracht wird, liegt wohl besonders an den grundlegenden Aenderungen der
Raum- und Zeitauffassung, zu denen diese Hypothese zwingt, und die als
erkenntnistheoretische Grundlagen auf einem viel weiter ausgedehnten Gebiet, als der
theoretischen Physik sich auszuwirken vermögen.
Diese Folge der Einsteinschen Theorie ist es daher auch, der sich die populären
Darstellungen fast ausschließlich widmen, und mit Recht. Aber der notwendige mehr
oder weniger vollständige Verzicht auf eine mathematische Darstellung des
Gegenstandes erschwert die Auseinanderlegung der analytisch übersichtlichen
Verhältnisse außerordentlich. Und es ist als ein sehr glücklicher Griff zu
bezeichnen, mit dem der Verfasser ein Modell ersann, an dem diese ganzen Beziehungen
mühelos abzulesen sind.
Der Stoff ist in drei Kapitel gegliedert:
1. Das Relativitätsprinzip der Mechanik (Galilei-Newton)
2. Das Relativitätsprinzip der Elektrodynamik (Lorentz-Einstein)
3. Das Lorentz-Einsteinsche Relativitätsprinzip als allgemeines Prinzip der
Physik.
Einige numerische Rechnungen sind in einem kurzen Anhang mitgeteilt.
Im ersten Absatz wird der Relativitätssatz der klassischen Mechanik entwickelt, in
dem Sinne, daß zwei Beobachter, die in zwei gegeneinander in gleichförmiger
Translation befindlichen Systemen experimentieren, unabhängig voneinander zu
gleichen Resultaten gelangen, und umgekehrt, daß dasselbe Experiment von zwei
verschieden translatonisch bewegten Beobachtern gesehen, zu gleichen Schlüssen
hinsichtlich der Naturgesetze führt. (Wobei als „Naturgesetze“ nur die
Differentialgesetze anzusehen sind. Die Integralbeobachtungen in den beiden Systemen
können sehr wohl grundverschieden sein.)
Im zweiten Teil wird an Hand des Fizeauschen und Michelsonschen Versuchs die
scheinbare Durchbrechung dieses Gesetzes gezeigt, und dann durch Postulierung
desselben auch für die optischelektrischen Erscheinungen am Modelle die
Relativierung der Zeit- und Ortsbestimmungen erörtert, wobei in bekannter Weise die
Lichtausbreitung als der Vorgang angenommen wird, der gegenüber eine
Koordinatentransformation kovariant sein soll.
Als Beispiel sind die Raum-Zeitlichen Vorstellungen eines „Erden“- und eines
„Sonnenmenschen“ gewählt, die entsprechend ihrer Relativgeschwindigkeit
verschieden ausfallen. Indem jedes der beiden Systeme sich Sätze „synchron“
laufender Uhren herstellt und dann entsprechende Uhren und Maßstäbe verglichen
werden, zeigen sich für jedes System die Kontraktionen und die Zeitabweichungen des
andern.
Wenn gegenüber den klaren und logischen Auseinandersetzungen ein Wunsch ausgesprochen
werden darf, so ist es der, daß in einer künftigen Auflage in noch stärkerer Weise
auf die notwendige räumliche Koinzidenz bei der Uhrenvergleichung beider Systeme
hingewiesen wird. Den „Erden“menschen und den „Sonnen“menschen stellt
sich der nicht physikalisch geschulte Leser auf ihren jeweiligen Himmelskörpern vor;
und die Betonung des Hereinragens des Sonnenkoordinatensystems in das der Erde, so
daß Sonnenpunkte und Erdpunkte räumlich zusammenfallen können und dann verglichen
werden, dürfte die Vorstellungsbildung erleichtern. Die Vorstellung des fahrenden
Eisenbahnzuges umgeht diese Schwierigkeit.
Am Schlusse des Abschnittes wird von den experimentellen Beweisen des Prinzips
gesprochen und die sonstigen Erklärungsmöglichkeiten des Michelsonversuchs und der
Aberration diskutiert, von denen aber keine befriedigt.
Der dritte Abschnitt spricht von der Erweiterung des ursprünglich rein
elektrodynamischen Prinzips auf die mechanischen Naturvorgänge. Der dort angeführte
Satz C, daß der ruhende Beobachter die bewegte Welt anders auswertet, als der
bewegte Beobachter, und daß er erst durch entsprechende Umwertung seiner
Beobachtungen das gleiche Urteil fällt, wie der bewegte, steht für den
einzuführenden Leser in scheinbarem Widerspruch zur Relativität, denn die
Erscheinungen sollen danach von allen gleichförmig bewegten Bezugssystemen aus zu
den gleichen Gesetzen führen. Sehen wir uns daraufhin die verschiedenen Definitionen
der Relativitätstheorie an:
„Beispiele ähnlicher Art . . . führen zu der Vermutung . . . daß für alle
Koordinatensysteme für welche die mechanischen Gleichungen gelten, auch die
gleichen elektrodynamischen und optischen Gesetze gelten . . . “ (Einstein,
Ann. d. Phys. 17. 1905.) Und in der gleichen Abhandlung: „Das Relativitätsprinzip
fordert nun, daß die Maxwell-Hertzschen Gleichungen für den leeren Raum auch im
(bewegten) System k gelten, wenn sie im ruhenden System K gelten“.
„Die Gesetze, nach denen sich die Zustände der physikalischen Systeme ändern, sind
unabhängig davon, auf welches von zwei relativ zueinander in gleichförmiger
Parallel-Translationsbewegung befindlichen Koordinatensystemen diese
Zustandsänderungen bezogen werden“ (Einstein Ann. d. Phys. 17. 1905.)
„Das Relativitätsprinzip fordert, daß, wenn bei einer wirklichen Erscheinung die
(Minkowskischen) Kräfte in bestimmter Weise von den Koordinaten,
Geschwindigkeiten usw. in einem Bezugssystem abhängen, die transformierten
(Minkowskischen) Kräfte im andern Bezugssystem in derselben Weise von den
transformierten Koordinaten, Geschwindigkeiten usw. abhängen. Das ist eine
besondere Eigenschaft, die alle Kräfte der Natur haben müssen, wenn das
Relativitätsprinzip gelten soll.“ (H. A. Lorentz, Göttingen, Vorträge
1910).
„Wir stellen uns zwei Beobachter vor. B hat eine Translationsgeschwindigkeit
relativ zu A . . . . . Es mögen nun A und B dieselbe Erscheinung betrachten. – –
Das Relativitätsprinzip kann jetzt so ausgedrückt werden: Wenn A die
Erscheinungen beschreibt mit Hilfe von Gleichungen, in denen die Koordinaten x y
z, die Zeit t, die Geschwindigkeiten Vx Vy Vz und weitere
Größen wie Beschleunigungen, Kräfte usf. vorkommen, und wenn B dasselbe macht
mit Gleichungen, welche die entsprechenden von ihm einzuführenden Größen
enthalten, welche Größen immer durch Striche von denen von A unterschieden
werden, und mit diesen durch Transformationsformeln einer bestimmten Form
verbunden sind, so werden die Gleichungen von B die nämliche Gestalt haben wie
jene von A, in der Weise, daß sie aus demselben erhalten werden, wenn man die
Größen ohne Strich durch Größen mit Strich vertauscht.
Aus diesem Postulat leitet man gleich folgendes ab: Gibt es eine Erscheinung, bei
der die Größen ohne Strich in einer bestimmten Weise von einander abhängen, so
ist auch möglich, eine Erscheinung, bei der die Größen mit Strich in derselben
Weise voneinander abhängen. Ist also für A eine gewisse Erscheinung möglich, so
ist auch eine Erscheinung möglich, die sich an B in gleicher Weise zeigt. Diese
stellt dann in Wirklichkeit einen andern Fall dar als die erste, und man kann
sich fragen, wie dieser Fall sich dem Beobachter A zeigt. Das
Relativitätsprinzip, gibt so die Möglichkeit, aus der Existenz einer Erscheinung
die Möglichkeit einer andern Erscheinung abzuleiten. Es lehrt aus Erscheinungen
in einem System von Körpern, das relativ zu A ruht, Erscheinungen in einem
System, das für A in Bewegung ist, vorherzusagen.“ (H. A. Lorentz, Haarlemer
Vorlesung 1914.)
Ich habe diese verschiedenen Definitionen des Relativitätsprinzips deshalb so
ausführlich wiedergegeben, weil mir scheint, daß, wie schon gesagt, in der
elementaren Literatur auf die Raum-Zeitbeziehungen ein solches Gewicht gelegt wird,
daß die andere, nicht minder wichtige Seite, was das Prinzip denn nun physikalisch
bedeute, fast immer sehr zu kurz kommt. Und diese ist doch der eigentliche
physikalische Inhalt, der Prüfstein für die Beurteilung der Naturereignisse.
Also dasselbe Ereignis beurteilt von den verschiedenst gleichförmig bewegten
Bezugssystemen erscheint einmal nach den gleichen Gesetzen verlaufend, zugleich aber
auch unter ganz verschiedenen Erscheinungsformen. Eine Behauptung, die für den
physikalischen Laien nach meiner Erfahrung meist vollständig unbegreiflich ist.
Man sieht die Notwendigkeit ein, die an dieser Stelle einer Diskussion der Begriffe
Naturgesetz und Erscheinungsform zukommt. Wie zu zeigen ist, daß (wie schon erwähnt)
ein Naturgesetz in erster Linie (besonders nach Einführung des Relativitätsprinzips)
ein Differentialgesetz setn muß und, daß es in zweiter Linie nur die Bedeutung einer
mathematischen Form hat, deren Inhalt sehr verschieden ausgeführt werden kann. Daß
als Parameter dieser Naturgesetze gewisse Größen eintreten können, die keineswegs
mit den normal beobachteten zusammenhängen und daß die allgemeine (kovariante)
Formulierung der Naturgesetze nur im Raumzeitkontinium (Vierervektoren usf.)
erfolgen kann; so daß tatsächlich die allgemeine Bewegungsgleichung, z.B. in allen
gleichwertigen Systemen dieselbe Form hat (also das gleiche Naturgesetz darstellt)
und doch das Erscheinungsgesetz in einem bestimmten System und die Parameter dieses
Gesetzes, z.B. Energie, Maße etc. Werte annehmen müssen, die von den
Relativbewegungen abhängig sind.
Die vorgebrachten Ansichten sind physisch selbstverständlich, aber es scheint mir
doch von Nutzen, einmal auf diese Tatsachen hinzuweisen, die schon manchen
Wissenseifrigen abgeschreckt haben, weil er sie nicht deuten konnte.
An den Herrn Verfasser aber darf vielleicht die Bitte gerichtet werden, uns bei der
4. Auflage auch diese Seite des Prinzips in seiner vorbildlichen Klarheit
auseinanderzusetzen. Schon bei der Diskussion des klassischen Prinzips läßt sich
zwanglos dazu die Vorbereitung treffen.
Dr.-Ing. W. Schürmann, Stuttgart.
Textabbildung Bd. 336