Titel: | Bericht des Hrn. Dartigues über den Anbau der Pottasche liefernden Pflanzen im Jahr 1820. Vorgelesen in der Sizung am 7. März 1821. |
Fundstelle: | Band 6, Jahrgang 1821, Nr. XXVII., S. 207 |
Download: | XML |
XXVII.
Bericht des Hrn. Dartigues über den Anbau der Pottasche liefernden Pflanzen im Jahr 1820Man vergleiche hiemit die Abhandlungen im B. 2.
S. 226. und die Anmerkung S. 228. D.. Vorgelesen in der Sizung am 7. März 1821.
Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement pour l'Industrie nationale. 1821. S. 151.
Dartigues Bericht über den Anbau der Pottasche liefernden Pflanzen.
Nachdem ich, meine Herren, es uͤber mich genommen
hatte, durch mehrere Jahre methodische Versuche mit jenen Pflanzen anzustellen,
welche bei ihrer Einaͤscherung am meisten Pottasche liefern, unternahm ich
meinem Versprechen gemaͤß dieselben. Das vorige Jahr war diesen Versuchen
eben nicht sehr guͤnstig. Indessen sind die Resultate, welche man in
beigefuͤgter Tabelle findet, von der Art, daß man daraus verlaͤssige
Ergebnisse entnehmen kann, uͤber welche man in der Folge mehr nicht, als den
pecuniaͤren Ertrag, wird erheben duͤrfen: denn darauf kommt es vor
allem an, wenn man nicht das Ganze soll aufgeben muͤssen.
Es wuͤrde indessen sehr schwer halten, wenn man jezt schon auf das, was die
hier aufgefuͤhrten Pflanzen an Pottasche lieferten, strenge Rechnungen
gruͤnden wollte. Der groͤßte Theil derselben hat mißrathen, sowohl in
freyem Lande gesaͤet als in Mistbetten und dann spaͤter erst
ausgesezt; der Boden war zwar nicht sehr fruchtbar, jedoch gut genug um die
gewoͤhnlichen Gemuͤse in großem Ueberflusse hervorzubringen.
Der Boden war etwas sandig und feucht; er war eine tief rigolte und
umgestuͤrzte Wiese, rein von allem Unkraute, das uͤberall, wo es ja
sich zeigte und schaͤdlich zu werden drohte, gegaͤtet wurde.
Sehr viele Pflanzen wurden von Blattlaͤusen angegangen, andere kamen nicht zur
Bluͤthe, noch weniger zur Samenreife, weil der Fruͤhling und der
Sommer in dieser Provinz sehr unguͤnstig war. Man wird also alle diese
Versuche in dem laufenden Jahre wieder vornehmen, diejenigen Pflanzen, die gar keine
Hoffnung geben, weg lassen, und sich bloß auf diejenigen beschraͤnken
muͤssen, welche eine an Kali reiche Asche zu liefern versprechen, und auf
einem kleinen Raume wachsen koͤnnenEs unterliegt keinem Zweifel, wie wir unten zeigen werden, daß sich
Kalipflanzen bei uns nimmermehr mit Vortheile bauen lassen. Man
benuͤze nur diejenigen gehoͤrig, die ohnedieß uͤberall
wild wachsen. Anm. d. Uebers..
Das Langweilige bei dieser Art von Versuchen mußte beinahe allen denjenigen, die sich
damit befaßten, dieselben verleiden, und ihnen die Lust nehmen, sie lang genug
fortzusezen um zu genauen und verlaͤssigen Resultaten zu gelangen. Ohne
derjenigen zu erwaͤhnen, welche eine uͤberspannte Einbildungskraft
veranlaßte Dinge anzunehmen, die offenbar falsch und ungegruͤndet waren,
mußte es ungeheure Widerspruͤche in den Resultaten der Versuche geben, welche
bald dieser bald jener angestellt hat. Die Aufmerksamkeit, die man einer Pflanze
schenkt, der Boden, die Witterung, alles dieses muß auf das Gedeihen derselben
Einfluß haben. Man sieht oft, wie ein einziges Rokenkorn tausendfaͤltigen
Ertrag, 1000 fuͤr 1, liefert; wenn man aber den Ertrag der Ernte nach diesem
Resultate berechnen wollte, wuͤrde man dann eine solche Menge von Saatkorn
verschwenden, um oͤfters kaum soviel zu erhalten, als man ausgesaͤet hatMan uͤberzeugt sich immer mehr und mehr von den Nachtheilen des zu
dichten Saͤens. Wenn jemals unser Akerland uns so spaͤrlich
zugemessen werden koͤnnte, wie in einigen
uͤbervoͤlkerten Provinzen China's, so wuͤrden wir, wie
die Chineser, unsere Aeker als Gartenland, bestellen, und die
Getreidekoͤrner, wie die Chineser, durch die Kinder so legen lassen, wie man in unseren Gaͤrten
Erbsen und Bohnen legt. A. d. Ueb.? Man darf also nicht durch das, was von einem Kuͤchengarten, oder von
dieser oder jener einer Pflanze vorzuͤglich zutraͤglichen Stelle gilt,
sich verfuͤhren lassen zu glauben, daß man diese Pflanze im Großen mit
Vortheile bauen koͤnne. So liebt die Nessel z.B., gewisse
Verhaͤltnisse fuͤr ihre Vegetation, welche, wo sie zufaͤllig
zusammentreffen, selbst die Ausrottung dieser. Pflanze unmoͤglich machen; es
sollte scheinen, als ob nichts leichter waͤre, als Mittel zu finden, durch
welche man diese Verhaͤltnisse den Nesseln uͤberall verschaffen
koͤnnte; und doch wird man es unmoͤglich finden Nesseln wie Hanf, im
Großen auf demselben Boden in gleicher Menge zu ziehen.
Nur durch eine Reihe von Versuchen mit Pflanzen, von welchen man mit Sicherheit weiß,
daß sie bei ihrer Einaͤscherung viele Pottasche geben, von Versuchen, die
hinlaͤnglich im Großen durchgefuͤhrt wurden, um nach und nach zu
sicheren Resultaten uͤber die Nuͤzlichkeit ihres Anbaues zu gelangen,
laͤßt es sich erwarten, daß man einst dahin kommen wird, sich zu
uͤberzeugen, ob bei dem Anbaue derselben Vortheil zu erwarten ist oder nicht:
dieß ist der Auftrag, dem ich mich bei der Gesellschaft unterzogen habe. Ich werde
die hierauf Bezug habenden Arbeiten mit Beharrlichkeit verfolgen, und ich
wuͤnsche, meine Herren, ihnen berichten zu koͤnnen, daß es
moͤglich ist, diese Pflanzen, mit wirklichem Geld-Ertrage auf
Pottasche zu bauen. Ich gestehe es, daß das Mißlingen aller jener, die bisher hiermit sich befaßten,
nicht geeignet ist, hohe Erwartungen hieruͤber einzufloͤßen, und daß
die Pflanzen, die am meisten Pottasche liefern, gewoͤhnlich solche sind, die
in anderer Ruͤksicht mehr Ertrag geben, und daß eben dieß auch von dem Boden
gilt, auf welchem sie mit Vortheile gebaut werden koͤnnen. Wenn aber diese
traurige Wahrheit anerkannt werden muß, so muß sie, durch die deutlichen Beweise,
die sie uns geliefert hat, dazu dienen, uns fortan von Wiederholung unnuͤzer
Versuche abzuhalten, auf welche eine truͤgerische Hoffnung uns immer wieder
zuruͤkfuͤhren koͤnnte.
Anliegende Tabelle stellt jene Pflanzenarten auf, die mir am meisten scheinbare
Hoffnung des Gelingens gegeben haben. Fuͤr diese werde ich am meisten Sorge
tragen, und fuͤr jede derselben in Hinsicht auf Ausgabe und Einnahmt offenes
Buch halten, was man sonst bei aͤhnlichen Versuchen nicht eben sehr genau zu
thun pflegt. Ich werde jaͤhrlich die Resultate in dem genauesten Detail und
mit aller mir moͤglichen Genauigkeit vorlegen.
Ich habe dieser Tabelle Bemerkungen beigefuͤgt, welche als Frucht meiner
Betrachtungen uͤber die erhaltenen Resultate hervorgingen, und ich glaube
daß, wann einst durch genaue mehrere Jahre lang wiederholte
Versuche die Menge reiner Pottasche, welche gewisse gruͤne Pflanzen
liefern, die Menge, welche ein gegebenes Stuͤk Landes von diesen Pflanzen
hervorzubringen vermag, wann endlich die Kosten der Ernte, des Maͤhens,
Verbrennens, Auslaugens und Abrauchens der Lauge genau geschaͤzt seyn werden,
dann mit Leichtigkeit sich wird bestimmen lassen, ob bei dieser Art von Bau Gewinn
oder Verlust zu erwarten ist.
Tabelle der im Jahre 1820. von Herrn Dartigues erhaltenen Resultate des Anbaues Kali gebender Pflanzen.
Textabbildung Bd. 6, S. 210
Es gibt kein Atriplex scoparium, wohl aber ein
Chenopodium scoparium, das nur im
suͤdlicheren Europa gut gedeiht. A. d. Ueb.
Ein barbarischer Name fuͤr die allgemein bekannte Inula Helenium. A. d. Ueb.
Aster Viminalis und Asclepias
syriaca haben nicht angeschlagen. Aster novae
rubricaulis wurden von Blattlaͤusen gefressen.
Man hat die Versuche mit den Erdaͤpfelblaͤttern nicht wiederholt: die
fruͤheren haben das Unstatthafte der hieruͤber ausgesprochenen
Behauptungen hinlaͤnglich erwiesen. Der Verlust an den Wurzelknollen
uͤbersteigt bei weiten den Ertrag der daraus gewonnenen Pottasche, die
uͤberdieß noch in viel geringerer Menge, als man angegeben hat, darin
vorkommt. A. d. D.
Wiederholung.
Pflanzen, welche in hundert Pfunden wenig welker Blaͤtter am meisten reine
Kaustische Pottasche nach dem Alkalimeter gaben, die Einheit des Hundertels des
Gewichtes dieser Blaͤtter zu 10,000 angenommen.
1.
ChenopodiumDer Hr. Verf. sagt hier nicht, welches
Chenopodium? A. d. Ueb.. Erster Schnitt; blieb unversucht. Zweiter Schnitt. 5660.
Wenn diese Pflanze gut geraͤth, kann sie zwei gleich ertraͤgliche Ernten geben. Wenn di erste Ernte eben soviel als die zweite
gegeben haͤtte, so wuͤrde sie an reiner Pottasche 14,850 geliefert haben: mehr als jede andere Pflanze.
2.
Rothe RuͤbeNur vermuthungsweise koͤnnen wir den unbotanischen Ausdruk,
betterave sylvestre, mit rother
Ruͤbe uͤbersezen, welche botanisch-franzoͤsisch
Bette commune rouge heißt. So geht es,
wenn man sich nicht in der Sprache der Wissenschaft
ausdruͤkt. A. d. Ueb.. (Betterave sylvestre) Erster Schnitten. 6520. Zweiter Schnitt. 6042.
Sie scheint nicht, gelitten zu haben; in einem anderen Jahre koͤnnte sie drei Schnitte geben, und dann bliebe noch der Ertrag
der Ruͤben.
3.
SpinatWelcher? Der glatte, oder der stachelige?
A. d. Ueb.. Erster Schnitt. 1482. Zweiter Schnitt. 7547.
Dieser Schnitt gerieth schlecht; man hat zu spaͤt ausgesaͤet: man muͤßte den Spinat im Durchschnitte vier Mal des Jahrs schneiden:
es bleibt aber keine Nachernte, wie bei den rothen Ruͤben oder bei der Rutabaga.
4.
Bunias orientalis: Erster Schnitt. 7455. Zweiter Schnitt. 2208.
Es bleibt keine Nachernte. Es waͤren zwei gleich ergiebige Schnitte moͤglich.
5.
Gemeiner Klee. 1, 1147.
Dieses Resultat wurde von sehr frischen Blaͤttern genommen: man koͤnnte drei Schnitte erhalten.
6.
Phytolacca decandra. 7195.
Diese Pflanze kommt, wie es scheint, im noͤrdlichen Frankreich nur mit Muͤhe fort. Sie bleibt dort mager und schwach, bringt
keinen Saamen, und friert im Winter abWie bei uns in Baiern. A. d. Ueb.. Im mittleren Frankreich aber und in gutem Boden erreicht sie die groͤßte Staͤrke und schoͤnen Wachsthum.
7.
Chenopodium rubrum. 5316.
Man koͤnnte diese Pflanze oͤfters im Jahre schneiden.
8.
Chenopodium anthelminticum.
Diese Pflanze gerieth schlechtWird auch bei uns schlecht gerathen. A. d. Ueb.. Sie koͤnnte viel liefern.
9.
Sisymbrium strictissimum. 4290.
Obige Bemerkung.
10.
Blaͤtter der Rutabaga Die schwedische bei uns noch zu wenig gekannte Ruͤbe. A. d.
Ueb.. Erster Schnitt. 2386. Zweiter Schnitt. 2124.
Diese Pflanze giebt durch ihre Wurzel eine Nachernte, welche, wenn man ihre Blaͤtter als Futter oder zu Pottasche verwendet,
darob nicht leidet.
11. 12.
Aster novae Belgiae. 3797. Solidago canadensis. 3763.
Aehnliches Resultat fuͤr beide, wie bei Chenopodium und Sisymbrium.
Anmerkung des Uebersezers. Nur in einem Lande, in welchem
die Kultur des Bodens so hoch steht, wie in Frankreich, und wo man bald eben so
wenig Wald als sogenanntes Unkraut mehr finden wird, kann man auf die Idee gerathen.
Pflanzen auf Kali zu bauen. Wie man bei uns nicht laͤngst schon auf die Idee
gerathen ist, unsere so haͤufig um unsere Doͤrfer wachsenden
Chenopodien, Artemisien, Dipsacus, Carduus, Cnicus etc.
zu sammeln, und zu verbrennen, da kein Vieh sie anruͤhrt, ist uns um so
weniger begreiflich, als wir nicht begreifen koͤnnen, wie man bei dem Werthe
des Brennholzes im benachbarten Osten und Westen unsere Waͤlder auf Pottasche
kann niederbrennen lassen, da in diesen selbst die verschiedenen
Farnkraͤuter, die dem Aufkommen des Holzes so hinderlich sind, fuͤr
sich mehr Pottasche geben wuͤrden, als der ganze Wald, Nennt man doch noch
heut zu Tage ein ordentliches großes Trinkglas in Frankreich fougére, wie das Farnkraut selbst, aus welchem man die zu seiner
Fertigung noͤthige Pottasche erhaͤlt! wuͤrden wir in Baiern nur
unsere Unkraͤuter verbrennen, nur die uͤbefluͤßigen
Hohlunder-Stauden (die man allenfalls zu diesem Behufe auf den Lech-
und Isar-Inseln pflanzen koͤnnte, wenn man glauben sollte, deren zu
wenige zu haben), nur die verderblichen Serratulen auf unseren Aekern, die
ungluͤkseligen Ononis auf unseren Heiden verbrennen, wir wuͤrden
vielleicht Pottasche genug zu unserem Bedarfe, vielleicht sogar noch zur Ausfuhr
erzeugen. Es hat uns oft befremdet, daß, unseres geringen Wissens, noch keine
Akademie, kein landwirthschaftlicher Verein hieruͤber den Techniker und den
Landmann durch Preisaufgaben zu Versuchen ermunterte, die vielleicht der
Wissenschaft und dem Lande mehr genuͤzt haben wuͤrden, als manche
andere. Nisi utile est, quod facimus, futilis est
gloria. Wann werden die guten alten Zeiten der Beckmann, Boͤhmer,
Jacobson, Schreber etc. wieder uͤber Deutschland kommen!