Titel: | Erklärung des dem John Birkinshaw, auf den Eisenwerken zu Bedlington in der Grafschaft Durham ertheilten Patentes auf eine Verbesserung in Verfertigung der hämmerbaren Eisenschienen zu Eisenbahnen, wodurch sowohl die Gestehungs-Preise verringert, als die Ausbesserungs-Kosten der gebrochenen Eisenschienen erspart werden. Dd. 28. Oktober 1820. |
Fundstelle: | Band 6, Jahrgang 1821, Nr. XXXVI., S. 226 |
Download: | XML |
XXXVI.
Erklärung des dem John Birkinshaw, auf den Eisenwerken zu Bedlington in der Grafschaft Durham ertheilten Patentes auf eine Verbesserung in Verfertigung der hämmerbaren Eisenschienen zu Eisenbahnen,
wodurch sowohl die Gestehungs-Preise verringert, als die Ausbesserungs-Kosten der gebrochenen Eisenschienen erspart werden.
Dd. 28. Oktober 1820.
Aus dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXXXII. September 1821. S. 206.
Mit Abbildungen auf Tab. IV.
Birkinshaw über Eisenschienen zu Eisenbahnen.
Ich erklaͤre, daß meine Erfindung hiermit treulich
beschrieben, und durch die angehaͤngten Zeichnungen gehoͤrig
erlaͤutert ist. Meine Erfindung besteht in der Anwendung von geschlagenen
oder haͤmmerbaren eisernen Stangen oder Eisenschienen von besonderer Form,
statt der bisher gebraͤuchlichen Eisenschienen von Gußeisen. Da Gußeisen
seiner Natur nach so sproͤde ist, so zeigte die Erfahrung, daß man die zu
Eisenbahnen bestimmten Schienen stark genutz machen muͤsse um wenigstens
sechs mal so viel Last zu tragen, als uͤber sie hingefahren werden soll.
Dadurch wurden aber die urspruͤnglichen Gestehungs-Kosten der
Eisenbahnen bedeutend vermehrt, oder, wenn man die Schienen zu gering machte,
entstand durch die Nothwendigkeit haͤufiger Ausbesserung eine schwere Last
von Ausgaben fuͤr den Besizer. Um diesen Gruͤnden gegen die
Eisenbahnen zu begegnen,
erfand ich Schienen aus geschlagenem oder hammerbarem Eisen, deren urspruͤngliche Gestehungs-Kosten sich geringer belaufen als
die der gewoͤhnlichen Eisenbahn-Schienen aus Gußeisen, und
die zugleich im Verlaufe von mehreren Jahren wenig oder gar keine
Ausbesserungskosten verursachen. Die Schienen oder Stangen meiner Erfindung bestehen
aus Prismen, deren Seiten aber eben nicht flach seyn duͤrfen. Fig. 1 und 2. Taf. IV.
zeigen die Durchschnitte der auf diese Weise gebildeten Schienen. A ist die obere Flaͤche, auf welcher das Rad des
Wagens laͤuft; sie ist etwas convex, um weniger Reibung zu verursachen. B ist der untere Theil, welcher auf den
stuͤzenden Bloͤken, Stuͤhlen, Baͤnken, Fuͤßen
oder Gestellen ruht, die auf den Ruhern aufgesezt sind. Die Keilform waͤhlte
ich darum, weil die Staͤrke der Schiene immer im Verhaͤltnisse zum
Quadrate ihrer Breite und Tiefe steht. Daher besizt diese Form alle Staͤrke
eines Wuͤrfels, der ihrem Quadrate gleich ist, obschon sie nur die
Haͤlfte Metalles haͤlt, und folglich nur die Haͤlfte kostet.
Man erhaͤlt ferner noch hinlaͤngliche Staͤrke, und die Menge
des noͤthigen Metalles wird noch mehr verringert, wenn man die Stangen oder
Schienen an ihren Seiten concav macht, wie in Fig. 3 und 4. Fig. 3. ist
wirklich jene Form, welche ich zum Baue von Eisenbahnen jeder anderen vorziehe,
obschon ich auch das Prisma oder die Keilform in allen Abaͤnderungen
derselben als den Grundsaz in Anspruch nehme, auf welchem mein Patent beruht. Die
Art, auf welche ich diese keilfoͤrmigen Schienen aus geschlagenem Eisen
mache, ist folgende. Ich lasse die gehizten Eisenstangen durch Walzen laufen, welche
an ihrer Peripherie mit Furchen oder Einschnitten von der beliebigen Form, welche
die Schiene erhalten soll, versehen sind. Ein solches Paar Walzen stellt Fig. 5. dar.
Obschon ich diese Methode als das beste Verfahren zur Erzeugung von Schienen aus geschlagenem Eisen
empfehle und befolge, so nehme ich doch nicht die Erfindung dieser Methode, die
Eisenschienen nach irgend einer beliebigen Form so zu modeln, in Anspruch, sondern
ich beschraͤnke mich bloß auf das Recht, keilfoͤrmige Eisenschienen
aus geschlagenem Eisen zum Behufe dir Eisenbahnen (railways
or rail roads) von jeder Laͤnge zu verfertigen und zu verkaufen. Die
Vortheile meiner verbesserten Eisenbahnen aus geschlagenem Eisen bestehen 1) in
ihrer Wohlfeilheit: ihre urspruͤnglichen Gestehungskosten sind geringer als
die der gewoͤhnlichen aus Gußeisen; 2) koͤnnen die Schienen hier von
bedeutender Laͤnge seyn (ich empfehle 18 (engl.) Fuß), wodurch der Nachtheil
der vielmaligen Verbindungen beseitigt wird, und folglich auch der vielmaligen
Stoͤße oder Preller, welchen die Wagen ausgesezt sind, wenn sie uͤber
diese Verbindungen weglaufen, wodurch der ganzen Vorrichtung viel Nachtheil
erwaͤchst. Und, um noch mehr den Nachtheilen der Verbindungen an den
Eisenbahnen abzuhelfen, schlage ich vor, die Enden der Schienen, so wie diese
eingelegt werden, zusammen zu schweißen, so daß sie eine Schiene von bedeutender
Laͤnge aus einem Stuͤke bilden. Urkunde dessen etc.
Bemerkungen des Patenttraͤgers.
Die Eisenbahnen aus gegossenem Eisen wurden, wie man sagt, in England um das Jahr
1786. als Verbesserung der Holzbahnen (Tram or wooden
railway) eingefuͤhrtStevenson's Report on the
Edinburgh Rail-way dd. 28. Dezember 1818. S. 7.. Damals wurden die Schienen flach gemacht, oder ungefaͤhr 4 Zoll
breit, mit einem an der aͤußeren Seite hervorstehenden Rande.
Seit einigen Jahren hat man auf den Hauptkohlenwerken des noͤrdlichen England
diese Art von Bahnen gaͤnzlich aufgegeben, und dafuͤr die
Kantenbahnen, (edge-rails) eingefuͤhrt, welche aus 3–4 Fuß langen
Stangen aus Gußeisen bestehen, die oben, wo das Rad aufsizt, (for the seat of the wheel) 2 1/2
breit, und 5 bis 7 Zoll, nach der Last, die darauf gefahren werden soll, tief
sind.
Nach den neuesten Versuchen ist es erwiesen, daß ein Pferd auf einer Kantenbahne weit
groͤßere Lasten foͤrdern kann, als auf einer Randbahne (tramway) im Verhaͤltnisse, wie 10:7. Diese
Versuche wurden auf einer hierzu gereinigten Randbahne angestellt. Hr. Rob. Stevenson sagt in dem eben angefuͤhrten Berichte
S. 24. 25. „Der Berichterstatter wurde durch seine eigenen Beobachtungen
und durch die Ansichten folgender Herren von dem Gewerbe selbst, die so
guͤtig waren ihm ihre Meinung mitzutheilen, naͤmlich der HHn.
Wilson zu Troon; Bald zu Allda; Landale zu Charlestown; Grive zu
Sheriff-Hall; Buddle zu Newcastle, welche nicht bloß wissenschaftlich,
sondern auch praktisch mit diesem Gegenstande bekannt sind, auf den Schluß
geleitet, daß Randbahnen (plate rail) nicht nur groͤßere Reibung
erzeugen, sondern auch die Raͤder mehr der Gefahr aussezen, von
Steinen und Schutt aufgehalten und gehindert zu werden.“
Da Gußeisen im fluͤßigen Zustande sich in alle moͤgliche Gestalten und
Formen bringen laͤßt, so kann der Maschinist bei Verfertigung der Eisenbahn
dem Rade nicht nur die gehoͤrige Breite der Flaͤche zu seinem Laufe
darbiethen, sondern den noch uͤbrigen Theil des Metalles dazu verwenden, daß
jene Form hervortritt, welche er zum Tragen des darauf hinzurollenden Gewichtes am
meisten geeignet findet.
Daher machte man so allgemeinen Gebrauch von dem Gußeisen bei den Eisenbahnen.
Dagegen muß man aber auf der anderen Seite auch bedenken, daß durch das staͤte
Ergaͤnzen der gebrochenen Schienen, was bei der Bruͤchigkeit des
Materiales, aus welchem sie bestehen, unvermeidlich ist, immerwaͤhrende und
bedeutende Ausgaben statt haben muͤssen, wenn anders nicht die Bahn stark
genug gebaut ist, um ohne allen Nachtheil den Stoͤßen und Schlaͤgen
widerstehen zu koͤnnen, welchen sie auf eine ganz unvermeidliche Art
ausgesezt ist, und welche es nothwendig machen, daß man sie sechs mal schwerer
anlegt, als sonst noͤthig gewesen waͤre.
Die Idee, geschlagenes Eisen statt des Gußeisens zu den Schienen fuͤr Eisenbahnen
anzuwenden, entstand in dem Patenttraͤger zuerst bei Durchlesung von
Stevenson's Bericht uͤber die Edinburgher Eisenbahn.
S 26. dieses Berichtes bemerkt er: „Ein Punkt jedoch verdient hier
besonders beachtet zu werden, da wahrscheinlich die hoͤchsten Vortheile
des Bahnsystemes sich von demselben erwarten lassen, und dieser ist Anwendung
des geschlagenen Eisens statt des Gußeisens auf die Eisenbahnen.“
„Drei (engl.) Meilen und eine halbe wurden vor ungefaͤhr 8 Jahren
auf Lord Carlisle's Werken, zu Tindal-Fell, in Cumberland mit einer
Eisenbahn aus geschlagenem Eisen vorgerichtet, wo zugleich auch eine Eisenbahn
von Gußeisen auf zwei Meilen laͤuft: man fand die Eisenbahn aus
geschlagenem Eisen in jeder Hinsicht besser, als die aus Gußeisen.“
„Versuche mit Eisenbahnen aus geschlagenem Eisen wurden auch auf Hrn.
Taylor's Werken zu Ayr, und auf Sir John Hope's Werken zu Pinkie gemacht; und
diese geschlagenen Eisenbahnen sind, wie bei Tindal-Fell, nicht bloß im
Ganzen in Hinsicht ihrer Gestehungskosten um ein Bedeutendes wohlfeiler, als
jene aus Gußeisen, sondern auch weit weniger den Zufaͤllen
ausgesezt.“
„Wenn man Schienen aus geschlagenem Eisen anwendet, so lassen sich die
Verbindungen leicht bewerkstelligen, ungefaͤhr 12 Fuß von einander, und
drei Untersaͤze kommen im Durchschnitte auf jedes
Verbindungspaar.“
Der Patenttraͤger ersuchte den Agenten am Kohlenwerke des Grafen Carlisle zu
Tindal Fell, ihm zu sagen, wie viel die dort angelegte Eisenbahn kostete, und auch
seine Bemerkungen, welche er uͤber die beiden Arten derselben sowohl in
Hinsicht auf Ersparung als in jeder anderen Ruͤksicht gemacht haben mochte,
mitzutheilen.
In einem im Mayen 1819. von ihm erhaltenen Briefe sagt er: „Unsere Bahnen
sind 1 1/2 Zolle im Gevierte, stehen auf Steinen von ungefaͤhr 10 Zollen
im Gevierte, und liegen 3 (engl.) Fuß weit von einander Loch auf Loch. Sie
tragen 4 Tonnen, und haben uns, was jene von geschlagenem Eisen betrifft, nie
noch eine andere Auslage verursacht, als das Umlegen.“
„An dem Eisen selbst kann ich nicht die mindeste
Veraͤnderung gewahr werden, obschon es bereits acht Jahre lang
liegt. Das Gußeisen macht taͤglich neue Ausgabe; alle Tage ist
etwas daran gebrochen.“
Diese Auskunft wurde im May 1819. gegeben; im September 1820. untersuchten zwei
Herren vom Gewerbe aus Newcastle diese Bahnen, und ihr Bericht bestaͤtigte
vollkommen obige Versicherung.
Der Haupteinwurf, den man gegen Eisenbahnen aus geschlagenem Eisen machen kann, ist
der, daß sie zu sehr dem Verderben ausgesezt sind, leichter rostig werden oder sich
oxidiren, als jene aus Gußeisen: allein das Resultat achtjaͤhriger Erfahrung
auf dem Kohlenwerke zu Tindal Fell beweißt auf das deutlichste die Unrichtigkeit
dieser Voraussezung.
Gegen die bisher gebraͤuchliche Form der Schienen aus geschlagenem Eisen (sie
war allgemein ein Parallelopiped) kann man zwei Einwendungen machen: theils, daß die
Schmaͤle der
Oberflaͤche der Schiene, im Vergleiche zum Reife des Rades des Wagens, so
bedeutend ist, daß Rad und Schiene zugleich sich abnuͤzen muͤssen;
theils daß, wenn man die Schiene so breit macht, daß obiger Einwurf gehoben ist, ein
neuer Einwurf dadurch entsteht, daß man die Schwere der Bahn in diesem Falle so sehr
vermehren muͤsse, (die Staͤrke derselben ist wie die Breite, und das
Quadrat der TiefeOben hieß es „Quadrat der Breite und der Tiefe.“ A. d.
Ueb.) daß dann die Kosten derselben bis zum Verbothe ihrer Anwendung steigen
wuͤrden.
Zur Beseitigung dieses lezteren Einwurfes wurde die Eisenbahn so vorgerichtet, wie
sie in gegenwaͤrtiger Erklaͤrung dargestellt ist. Sie gibt dem Rade
dieselbe Oberflaͤche, wie die Bahnen aus Gußeisen; erspart die Auslagen, die
durch die Gebrechlichkeit des lezteren entstehen, und erlaubt es durch ihre Form sie
so leicht zu machen, daß die Gestehungskosten einer Eisenbahn
aus geschlagenem Eisen geringer werden als in einer Eisenbahn aus
Gußeisen.
Die Vortheile, welche aus dieser Art Einrichtung einer Eisenbahn hervorgehen, lassen
sich auf folgende zuruͤkfuͤhren.
1. Die Gestehungskosten einer Eisenbahn aus geschlagenem Eisen sind geringer als die
einer Bahn von gleicher Staͤrke aus Gußeisen.
2. Da die Schienen in einer Laͤnge von 9, 12, 15 oder 18 Fuß, und
noͤthigen Falles selbst noch laͤnger gefertiget werden koͤnnen,
wird die Zahl der Verbindungen vermindert, und dadurch, großen Theils, auch der
Nachtheil, welchem die kurzen jezt gebraͤuchlichen Schienen so sehr
unterliegen, die Stoͤße naͤmlich und die Schlage der daruͤber
hinrollenden Wagen.
3. Um dem Unheile abzuhelfen, welches durch unvollkommene Verbindung der Schienen
entsteht, wurde das Anschweissen der Enden derselben angenommen, wodurch die Schiene
ohne alle bisherige Verbindung so lang werden kann, als die ganze Strasse.
4. Daraus folgt, daß auf diesen Eisenbahnen der durch das Stoffen der Wagen an den
Verbindungen entstehende Verlust an Kohlen, der Nachtheil, den die Raͤder,
die Wagen und die ganze Vorrichtung selbst dadurch erleiden, wenn nicht
gaͤnzlich beseitigt, doch bedeutend vermindert werden.
Fig.
7–8. sind Durchschnitte der bisher gebraͤuchlichen Eisenschienen.
Fig. 9.
ist eine andere Form, welche unter einigen Verhaͤltnissen, mit Vortheil
angewendet werden kann. Fig. 10, 11, 12, 13, 14 und 15 sind Wagen in einer
Reihe auf der Patenteisenbahn. Fig. 16, 17, 18 stellt die unebene
Oberflaͤche einer Eisenbahn aus Gußeisen dar. Fig. 19. zeigt die.
Eisenbahn aus geschlagenem Eisen von der SeiteDer Uebersezer glaubt, daß der Hr. Verfasser einen dritten Einwurf gegen seine neuen Eisenbahnen unberuͤhrt ließ,
naͤmlich den, daß der Keil, den er hier Fig. 2 u. 3.
anwendet, nachtheilig auf die Unterlage wirkt, und daß, wie es uns scheint,
die Festigkeit den Bahn durch die Keilform, wenn naͤmlich das Rad
eine laͤngere Zeit an der einen oder an der anderen Kante seiner
oberen Flaͤche hin laͤuft, etwas gefaͤhrdet ist.
Hieruͤber kann indessen nur Erfahrung, und zwar die Erfahrung
mehrerer Jahre entscheiden. Dauern die neuen Eisenbahnen des Hrn. Verfassers
eben so, wie jene zu Tindal-Fell, acht Jahre lang ohne alle
Reparatur, und wir stehen in Deutschland bei dem niedrigen Preise, den das
Eisen gegenwaͤrtig bei uns hat, und bei dem dadurch hervorgebrachten
Untergange so vieler Eisenwerke auch dann noch an, Eisenbahnen dort anzuwenden, wo
sie anwendbar sind, dann verdient unsere Industrie eben so zu vermodern, wie
unsere Holzwege, und unsere Holzbahnen an und in unseren Gruben, und unsere
Wege verdienen so schlecht zu werden, oder, wenn moͤglich, noch
schlechter, als die saͤchsischen Chausseen. A. d. Ueb..