Titel: | Beschreibung der neuen Schlösser und der verbesserten Schlüssel des Hrn. Toussaint. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. XIV., S. 25 |
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XIV.
Beschreibung der neuen Schloͤsser und der
verbesserten Schluͤssel des Hrn. Toussaint.Hr. Francoeur erstattete in demselben Hefte des Bulletin S. 209 einen ausfuͤhrlichen und
vortheilhaften Bericht uͤber Hrn. Toussaint's
Schloͤsser und Schluͤssel, aus welchem wir, da er groͤßten
Theils nur im Auszuge die Details enthaͤlt, die aus der Beschreibung der
Erfindungen des Hrn. Toussaint deutlicher
hervorgehen, bloß folgende statistische Notiz ausbeben. Die
franzoͤsischen Schloͤsser und Schlosserarbeiten, welche einen
ausgedehnten Zweig der Industrie Frankreichs bilden, und in ganz Europa bekannt
und geschaͤzt sind, werden vorzuͤglich in einigen Doͤrfern
der Picardie, in der Naͤhe der Stadt Eu und an der Einmuͤndung der
Somme fabricirt. Den groͤßten Theil der im Handel vorkommenden Arbeiten
dieser Art liefern das Dorf Escarbotin, der Marktfleken Ault,
Saint-Valery, Cayeux, Fresneville, Le Crotoi etc.; in allen diesen Orten
beschaͤftigt sich naͤmlich jede Familie, so wie die Feldarbeiten
beendigt sind, mit diesem oder jenem Zweige des Schlosserhandwerks. Man
verfertigt in jenen Gegenden Schloͤsser von jeder Art, jeder Guͤte
und jedem Preise, von der schließenden Falle und den
Thuͤrschloͤssern mit einer und einer halben Umdrehung (à tour et demi) angefangen, bis zu den
Sicherheitsschloͤssern und Riegeln. Hr. Francoeur meint, daß es, um diesen Industriezweig an jenen Orten noch
mehr zu heben, sehr zu wuͤnschen waͤre, daß geschikte und
unternehmende Kuͤnstler diese Arbeiter vereinigten, und sie mit den zu
ihrem Gewerbe noͤthigen Maschinen versahen, damit auf diese Weise die
Preise der einzelnen Artikel niedriger, und dadurch die Absazquellen in
demselben Maße groͤßer und weiter verbreitet wuͤrden.Auch Hr. Toussaint laͤßt die meisten der von
ihm erfundenen Schloͤsser in den oben genannten Ortschaften arbeiten;
bloß die schwierigeren Gegenstaͤnde, die Modelle und die Lehren, werden
in Paris von geschikteren Arbeitern verfertigt.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. April S. 212.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Toussaint, uͤber verbesserte Schloͤsser und
Schluͤssel
1) Zwillings-Schluͤssel, (Clefs jumelles). Die Zwillings-Schluͤssel
lassen sich nach Belieben auseinandernehmen, so daß von zwei Associés je
einer einen Schluͤsselbart bei sich traͤgt. Sie eignen sich daher
vorzuͤglich zum Sperren von Cassen und dergl., indem beim Aufmachen derselben
ein gemeinschaftliches Uebereinkommen der beiden Associés und die Vereinigung
der beiden Schluͤsselbarte durchaus nothwendig ist. Das Auseinandernehmen und
Zusammensezen dieser Schluͤssel kann mit groͤßter Leichtigkeit und in
einem Augenblike geschehen.
Fig. 42 zeigt
die inneren Theile des Schlosses, in welchem der Schluͤssel arbeitet.
Fig. 43 ist
der Zwilings-Schluͤssel in dem Zustande, in welchem er in das Schloß
gebracht werden muß.
Fig. 44 ist
derselbe Schluͤssel, so dargestellt, wie er sich im Inneren des Schlosses
befindet, wenn er den Mechanismus desselben in Bewegung sezt.
AFig. 42 ist
das Schloßblech oder die Schloßplatte, auf welchem die einzelnen Stuͤke des
Schlosses angebracht sind. B, der Kasten, welcher das
Schloß umgibt. C, der große Riegel, durch eine erste
Umdrehung geschlossen. DD, die großen Federn,
welche den großen Riegel auf seinem Laufe leiten oder fuͤhren. EE, die Rundungen oder Haͤlse dieser
Federn, F, der kleine Riegel. G, die Feder, welche dazu bestimmt ist, den kleinen Riegel in seiner
Stellung zu erhalten, H, der Winkelhaken, durch welchen
der kleine Riegel mit dem Schluͤssel geoͤffnet wird.
Der Zwillings-Schluͤssel, der Fig. 43 und 44 dargestellt
ist, besteht aus einem Schafte A, welcher in eine
Roͤhre B paßt, und welche beide an ihren Enden
einen Bart C und D tragen.
Diese Baͤrte drehen sich in umgekehrter Richtung, und halten einander
gegenseitig durch den Falz R
Fig. 2, in
welchen der Bart C paßt und zu stehen kommt. Die
Roͤhre B hat an ihrem Ende gegen den Ring einen
Schwengel K, der zum Umdrehen des zu ihr
gehoͤrigen Bartes D bestimmt ist. Der Schaft A, der seiner ganzen Laͤnge ach ausgebohrt ist,
endigt sich in den Ring E, welcher mittelst einer
Schraube an diesem Schafte angebracht ist; er wird durch den Zapfen (coulisseau) L, der nach
Belieben vorwaͤrts oder ruͤkwaͤrts gebracht werden kann, und
sich in einem, an dem Ende des Schaftes A zur Aufnahme
desselben angebrachten. Einschnitte fest stellt, unbeweglich in seiner Stellung
erhalten.
Um den Schluͤssel in das Schloß zu bringen, muß man 1) die beiden
Baͤrte C und D auf
einander vereinigen, und sie dann mit einander in das erste senkrechte
Schluͤsselloch N
Fig. 1
bringen; 2) den Bart C mittelst des Ringes E umdrehen, und ihn in das horizontale
Schluͤsselloch J bringen, das auf der Deke des
Schlosses Fig.
1 ausgeschnitten ist; dieß geschieht in der Dike des
Schluͤsselloches; 3) den Bart D mittelst des
Schwengels K drehen, so daß er in dasselbe
Schluͤsselloch J gelangt; 4) den Bart C wieder nach entgegengesezter Richtung zuruͤk
drehen, und dann, indem man den Schwengel K faßt, den
Bart D vorwaͤrts schieben, so daß er durch den
Falz R, Fig. 43, die beiden Barte
in entgegengesezter Richtung verbindet, welche dann die Stellung erhalten, die Fig. 44 und in
Fig. 42
im Inneren des Schlosses bei J und T durch Punkte angezeigt ist. – Um den Schluͤssel wieder
herauszunehmen, macht man dieselbe Bewegung umgekehrt.
Der Riegel C bewegt sich durch die Umdrehung des
Schluͤssels, welcher, indem er auf die Angriffe o
wirkt, die Federn DD aus den Einstrichen oder
Kerben p hebt und befreit, und auf diese Weise den
Riegel C vorwaͤrts oder ruͤkwaͤrts
gehen macht, je nachdem das Schloß geoͤffnet oder geschlossen werden
soll.
Die Oeffnung des kleinen Riegels geschieht nach jener des großen, und zwar
gleichfalls mit dem Schluͤssel; der Schluͤssel ergreift
naͤmlich beim Umdrehen das Ende des Winkelhakens H, und bewirkt dadurch, daß der Riegel F
zuruͤk geht, welcher durch die Feder G
zuraͤt gestoßen wird, so daß er jedes Mal, nachdem der Schluͤssel
gewirkt hat, seine vorige Stellung wieder annimmt.
2) Schloß mit stehendem Riegel, kleinem Riegel und Foliot,
Serrure dimochline genannt. Dieses Schloß kann in
allen den Zweken angewendet werden, zu welchen die alten Schloͤsser dienen,
und gewaͤhrt dabei dieselben Vortheile; da aber sein Mechanismus einfacher
ist, so ist es wohlfeiler und erfordert seltener Ausbesserungen. Es unterscheidet
sich von den aͤlteren Schloͤssern dadurch, daß der große und der
kleine Riegel nicht jeder einzeln fuͤr sich seine Anheftung (empenage) hat, sondern daß sich an demselben beide
Riegel durch eine und dieselbe Anheftung vereinigt befinden, jedoch so, daß sich
beide vollkommen unabhaͤngig von einander bewegen koͤnnen. Es
unterscheidet sich ferner dadurch, daß die große Feder zum Halten des großen Riegels
weggelassen ist, und daß statt derselben die Rundung oder der Hals dieser Feder
allein den großen Riegel jedes Mal haͤlt, so oft er seine Stellung
veraͤndert.
Diese Art von Schloß besteht nun aus einem großen zweikoͤpfigen Riegel BB, den man auch einen gespaltenen Riegel oder
einen Gabelriegel (pène fourchu) nennt, und der
nicht an der Seite des Schloßbleches A angebracht ist,
wie dieß an den aͤlteren Schloͤssern der Fall ist, sondern in der
Mitte des Stulpes dieses Schloßbleches; in Folge einer aͤhnlichen Einrichtung
befindet sich der Kopf des kleinen Riegels C zwischen
den beiden Koͤpfen des großen Riegels, und obwohl die drei Kopfe dadurch an
einer und derselben Austrittsstelle vereinigt sind, so kann doch jeder Riegel
einzeln fuͤr sich, und unabhaͤngig von dem anderen, sein
Geschaͤft versehen.
Zur Vereinfachung dieses neuen Schlosses hat der Erfinder die große Feder
weggelassen, und statt derselben nur die Rundung oder den Hals beibehalten; diese
Vorrichtung bewirkt auch wirklich ganz dasselbe, wie die aͤlteren
Schloͤsser. Diese Rundung ist an dem Schloßbleche angebracht, und wird durch
eine Feder E gedruͤkt, welche derselben ihre fruͤhere Stellung
wieder gibt; sie ist ferner so eingerichtet, daß sie mittelst eines Falzes, in
welchem sie sich nach einer senkrechten Linie bewegt, frei auf- und
abwaͤrts steigen kann. Mit Huͤlfe dieser Rundung nun wird der Riegel
mittelst der Einstriche oder Kerben, mit welchen er versehen ist und in welche sich
der Sporn, den die Rundung tragt, begibt, in seinem Laufe gehalten. Der Riegel
bewegt sich durch die Wirkung des Schluͤssels, der, indem er auf die Angriffe
einwirkt, beim Oeffnen des Schlosses den Riegel ruͤkwaͤrts, und beim
Schließen desselben ihn vorwaͤrts treibt, und zugleich die Rundung
luͤftet, um den Riegel aus seinen Einstrichen zu befreien.
Der Erfinder benuzte auch den Raum, welcher zwischen den beiden Koͤpfen des
Riegels blieb, und brachte in denselben den Kopf des kleinen Riegels C; dieß hat den Vortheil, daß sich alle drei Riegel in
der Mitte befinden, und daß Alles nach einem einfoͤrmigen und richtigen Plane
coordinirt ist. Mittelst des Foliot F, welcher auf den
kleinen Riegel einwirkt, oͤffnet sich dieser bei der ersten Bewegung, die man
dem Knopfe mittheilt; er oͤffnet sich auch, sowohl von Innen, als von Außen,
mit dem Schluͤssel, und zwar durch die Beihuͤlfe einer Ziehstange (bascule), die auf dem großen Riegel angebracht ist, und
von welcher sich das eine Ende auf den kleinen Riegel stuͤzt, so daß sie
diesen zum Zuruͤkgehen zwingt, sobald der Schluͤssel arbeitet.
Man kann die ganze Einrichtung dieses Schlosses auch dadurch vereinfachen, daß man an
dem großen Riegel statt der zwei Koͤpfe nur einen einzigen anbringt.
Fig. 45 ist
ein solches dimochlines. Schloß von Innen gesehen. A ist
das Schloßblech; BB sind die Koͤpfe des
großen Riegels; C ist der kleine Riegel; D die Einstrichrundung; E
die Feder; F der Foliot; G
die Feder des kleinen Riegels; H der Umschweif des
Kastens; J der Stuͤlp desselben; K der Stift, der zur Befestigung des Schlosses an der
Thuͤre bestimmt ist.
3) Schloͤsser mit Schweber, Serrures haplocinites genannt, Fig. 46 und 47. Diese
Schloͤsser haben dieselbe Groͤße und dienen zu denselben Zweken wie
jene Schlosser, die unter dem Namen Serures de tour et demi
à bouton de coulisse bekannt sind. Es gibt zweierlei Arten
derselben: an den aͤlteren wird der Riegel durch eine große Feder gehalten,
und in seinem Laufe durch Einstriche geleitet, welche auf dem Felde des Riegels
angebracht sind, und in die sich der Sporn begibt; dieser Riegel wird durch die
Wirkung eines gebohrten, oder gewoͤhnlich eines Benard'schen
Schluͤssels bewegt, welcher, indem er auf die Angriffe einwirkt, den Riegel
beim Oeffnen ruͤkwaͤrts, und beim Schließen vorwaͤrts treibt,
und zu gleicher Zeit die
Feder hebt, um dieselbe aus den Einstrichen zu befreien, wie dieß an allen
Schloͤssern der Fall ist.
Obwohl nun diese Art von Schloß denselben Vortheil darbot, wie die sogenannten
Schloͤsser mit stehendem Riegel, so hatte sie doch den Nachtheil, daß der
Schluͤssel, wenn er den kleinen Riegel oͤffnete, zugleich auch die
große Feder hob, wodurch eine so unertraͤgliche Reibung entstand, daß man
diese Schloͤsser aufgab. Man veraͤnderte hierauf den Mechanismus
derselben dadurch, daß man die Feder auf dem Riegel, statt auf dem Schloßbleche,
befestigte, so daß dieselbe mit ihm gleitet, so oft er in Bewegung gesezt wird.
Diese leztere Art von Schloß vollbringt ihre Vorrichtungen zwar bei der ersten
Bewegung, die ihr mitgetheilt wird, mit großer Leichtigkeit; allein sie
gewaͤhrt weniger Dauerhaftigkeit und weniger Sicherheit, indem die Feder,
oder besser die Zuhaltung (gâchette),Diesen Namen gibt man sehr oft der Feder, wenn dieselbe unter dem Riegel
angebracht ist. A. d. O. da sie sich auf dem Riegel befindet, sehr leicht durch einen Dietrich
gehoben werden kann; sie scheint sogar eigens zum Behufe des leichteren Oeffnens
eingerichtet zu seyn, denn wenn man die Zuhaltung an derselben mit einem Dietriche
hebt, so kann man den Riegel sehr leicht schieben, und so das Schloß offnen.
Um nun diesem Nachtheile abzuhelfen, hat der Erfinder den Mechanismus dieser beiden
Arten von Schloͤssern aufgehoben, und die Rundung der dimochlinen
Schloͤsser angebracht, um den Riegel in seinem Laufe zu halten. Die in der
Mitte angebrachte Mittelbruche oder Platte (planche) ist
ein sehr wirksames Mittel zwischen dem Riegel und der Rundung, durch welches das
Oeffnen mit einem Dietriche sehr erschwert wird, wenn der Riegel zwei Mal abgesperrt
ist; das Oeffnen kann hier nur mit zwei Haken oder Dietrichen geschehen; und
faͤnde man es fuͤr noͤthig, so koͤnnte man es durch
Hinzufuͤgung einer zweiten, an der der ersten entgegengesezten Seite
angebrachten, Rundung auch ganz unmoͤglich machen. Durch diesen Zusaz
wuͤrde jedoch der Preis des Schlosses erhoͤht werden.
Die groͤßte Schwierigkeit, welche bei der Zusammensezung dieses Schlosses zu
uͤberwinden war, bestand darin, ein Mittel ausfindig zu machen, durch welches
sich der kleine Riegel mit dem Schluͤssel oͤffnen ließ, ohne daß der
Schluͤssel zugleich auch die große Feder hebt. Diese Aufgabe loͤste
der Erfinder vollkommen in den beiden Schloͤssern, welche Fig. 46 und 47 dargestellt
sind, von denen das eine fuͤr Thuͤren an Zimmern, das andere
fuͤr Kasten und Schubladen etc. bestimmt ist. Er erreichte diesen Zwek
dadurch, daß er das Schloß einer Ziehstange, oder besser, mit einem Schweber (balancier) bereicherte, der so eingerichtet ist, daß man eben so leicht
von Innen) als von Außen zur Oeffnung des Schlosses auf denselben wirken kann.
Dieser Schweber F geht der ganzen Breite nach durch das
Schloß; sein unteres Ende beschreibt nach der Achse, an welcher er seine Bewegung
vollbringt, einen Theil eines Kreises, um die Oeffnung auszufuͤllen, welche
zu seinem Durchgange noͤthig ist. An diesem Kreisbogen nun ist der Knopf
angebracht, dessen man sich zum Oeffnen des Schlosses von Außen bedient, wenn das
Schloß nur mit dem kleinen Riegel geschlossen ist; dieser Knopf ersezt mithin den
Schiebeknopf (bouton à coulisse), welcher sich an
den aͤlteren Schloͤssern befindet, und hat vor diesen lezteren den
großen Vortheil voraus, daß er das Schloß in Thaͤtigkeit sezt, ohne die
geringste Reibung zu erleiden; er kann uͤberdieß auch einen heftigen Stoß
aushalten, ohne zu zerbrechen.
An dem einen Schlosse ist der Kopf des Riegels B in der
Mitte des Stulpes des Schloßbleches angebracht, und zwar sowohl wegen der
Regelmaͤßigkeit der Ausfuͤhrung, als wegen der Bewegung des Schwebers,
damit naͤmlich der Punkt, der auf den Riegel wirkt, so weit als
moͤglich von der Achse entfernt ist, um welche der Schwengel sich dreht und
damit der, mit dem Kreisbogen versehene, Theil einen kleineren Raum zu durchlaufen
habe.
Dieser Mechanismus ist, ungeachtet der Einfachheit seiner Wirkung, doch eine große
Verbesserung an dieser Art von Schloͤssern; denn er kann nicht bloß an den
Zimmerthuͤrschloͤssern, sondern auch an Kasten- und
Schubladen-Schloͤssern, und zwar an Schloͤssern von sehr
geringer Groͤße angebracht werden; bei den lezteren ist es nicht
noͤthig, daß der Schwengel der ganzen Breite des Schlosses nach durch
dasselbe gehe; es ist genug, wenn er so lang ist, daß der Schluͤssel ihn im
Voruͤbergehen faßt, damit er auf den Riegel einwirken kann.
Fig. 46 ist
eine sogenannte Serrure haplocinite fuͤr eine
Zimmerthuͤre, von Innen gesehen; Fig. 47 ist ein solches
Schloß fuͤr einen Kasten oder Schubladen. A ist
das Schloßblech; B der Kopf des Riegels; C der Schwanz desselben; D
die Einstrichsrundung; E die Feder; F der Schweber; G die Feder
des kleinen Riegels; H der Umschweif des Kastens; J der Stulp desselben.
4) Schloͤsser mit einer und einer halben Umdrehung, mit
Foliot und doppeltem Knopfe (Serrures tour et demi,
à foliot et bouton double), Serrures
dicinimiques genannt. Fig. 48 und 49. Die
Schloͤsser mit einer und einer halben Umdrehung und Foliot, welche Serrures à bouton double genannt werden, und die
so eingerichtet sind, daß man sie mittelst dieses Knopfes oͤffnet, sind am
haͤufigsten zum
Verschließen der Zimmerthuͤren von Innen gebraͤuchlich. Da jedoch an
ihrem Mechanismus ein Grundfehler ist, so muß man dieselben sehr oft durch andere,
viel theurere, Schloͤsser ersezen. Dieser Fehler ruͤhrt von einer
Ziehstange oder einem Hebel her, der den Riegel mittelst des, auf ihn wirkenden,
Foliot zum Zuruͤkgehen bringt, und denselben durch Umdrehung des Knopfes in
Bewegung sezt; da jedoch das eine Ende dieses Hebels sich um einen festen Punkt
bewegt, und da sich der Foliot in der Mitte befindet, so Arm des Foliot, der sich
auf der Seite des Stuͤzpunktes befindet, viel kuͤrzer seyn als der
andere, um mit Leichtigkeit wirken, und den Riegel des Schlosses in
Thaͤtigkeit sezen zu koͤnnen. Da man endlich bei diesem Mechanismus
die Wirkung oder Kraft, die der kuͤrzere Arm hervorzubringen im Stande ist,
im Voraus berechnen muß, so geschieht es, daß, wenn man den Knoͤpf nach
dieser Seite dreht, die Reibung immer viel staͤrker ist, als wenn die Drehung
nach der anderen Seite geschieht; und wenn eine schwache Hand nur einiger Maßen
Widerstand findet, so kann die Oeffnung des Schlosses nicht geschehen, so daß man
aus diesem Grunde gezwungen wird, eine Bewegung nach der entgegengesezten Richtung
zu machen, um den Knopf umzudrehen.
An den beiden Schloͤssern nun, welche der Erfinder Serrures dicinimiques, oder Schloͤsser mit doppelter Bewegung,
nennt, ist diesem Uebelstande dadurch abgeholfen, daß er die Ziehstange
weglaͤßt, und dieselbe durch ein Kettchen (chainette), oder vielmehr durch einen Schieber auf dem Schwanze des
Riegels (tirage monté à coulisse sur la queue
du pêne) ersezt, und unter demselben die Zuhaltung E anbringt, deren Ende einen quer durchgehenden Sporn
tragt, damit sie sich in die Einstriche einhaken kann. In Folge dieser Einrichtung
kann der Riegel fuͤr sich allein, und' unabhaͤngig von diesem
Schieber, vorwaͤrts und ruͤkwaͤrts gehen, wenn der
Schluͤssel entweder um ihn zu oͤffnen, oder um ihn durch die zweite
Umdrehung zu sperren, auf denselben wirkt.
Da sich der Foliot F in der Mitte des Schiebers befindet,
und da die beiden Arme gleich groß sind, nach welcher Seite man auch den Knopf
dreht, so wird die Bewegung sowohl nach der einen, als nach der anderen Richtung mit
gleicher Leichtigkeit geschehen koͤnnen, so daß das Schloß, ohne den
geringsten Widerstand darzubieten, sich handhaben laͤßt.
Der Mechanismus dieses Schlosses ist derselbe, wie jener des vorhergehenden, und
unterscheidet sich nur durch die Form von demselben. Fig. 49 ist ein der
Laͤnge nach eingerichtetes dicinimisches Schloß (Serrure dicinimique en long); Fig. 49 ist ein solches,
der Breite nach
eingerichtet (Serrure dicinimique en large), welches an
den Standern, statt an den Querhoͤlzern einer Thuͤre angebracht wird.
A ist das Schloßblech; B
der Kopf des Riegels; C der Schwanz desselben; D sind die Studeln; E ist
die Zuhaltung; F der Foliot; G die Feder des kleinen Riegels; H der
Umschweif und J der Stulp des Kastens; K der Stift zum Befestigen des Schlosses an der
Thuͤre.
5) Verbesserte dicinimische Schloͤsser. (Serrures dicinimiques perfectionnés). Fig. 50 und
51. An
dem, Fig. 49
dargestellten, dicinimischen Schlosse unterscheidet sich der Mechanismus ganz von
jenem des Schlosses Fig. 48; und obwohl das Verfahren dabei nicht dasselbe ist, so bringt
doch die Bewegung vollkommen die naͤmliche Wirkung hervor. An diesen beiden
Schlossern befindet sich der Riegel auf einer der Seiten und nahe an dem Kasten, und
wird durch ein Kettchen bewegt, dessen Quertheil den Schwanz des Riegels aufnimmt,
und demselben als Studel dient; allein der Kopf dieses Riegels weicht von jenem des
Riegels am alten Modelle darin ab, daß die Bewegung direct in der Mitte des Stulpes
des Kastens Statt hat; und daß er so eingerichtet ist, daß er sich nach Belieben
veraͤndern kann, damit sich die Schraͤge in jener Richtung anbringen
laͤßt, die man ihr nach der Stellung der Thuͤre, an welcher das Schloß
befestigt werden soll, geben will.
Ein anderer, nicht weniger merklicher Unterschied beruht in dem Kettchen, welches den
Mechanismus hauptsaͤchlich in Bewegung sezt, und in welchem der wesentlichste
Punkt der Erfindung gelegen ist. Dieses Stuͤk, welches an dem Schwanze des
Riegels des alten Modelles angebracht, und vollkommen unabhaͤngig von
demselben ist, macht seine Hin- und Herbewegung an den beiden Enden des
Kastens mittelst der Studeln, die sich auf dem Schloßbleche, einander
gegenuͤber angebracht, befinden, und welche dazu bestimmt sind, demselben als
Fuͤhrer zu dienen.
Zur groͤßeren Dauerhaftigkeit oder Festigkeit hat der Erfinder die Stellung
der Feder oder vielmehr der Zuhaltung veraͤndert; er bringt dieselbe
naͤmlich auf das Kettchen statt auf den Schwanz des Riegels, wo sie sich an
dem alten Schlosse befand; durch diese neue Einrichtung hakt sich die Zuhaltung
mittelst des Spornes, den die Feder an ihrem Ende traͤgt, in die in den
Riegel gemachten Einstriche, damit der Riegel sich fuͤr sich allein, und
unabhaͤngig von diesem Schieber, bewegen kann, wenn der Schluͤssel auf
die Angriffe einwirkt, um den Riegel vorwaͤrts oder ruͤkwaͤrts
zu treiben.
Der Mechanismus des Schlosses Fig. 51 ist derselbe, wie
jener an dem Schlosse Fig. 50, welches sich
bloß durch seine Form unterscheidet. Fig. 50 ist
naͤmlich wieder ein Schloß mit Einrichtung nach der Laͤnge;
Fig. 51 eines
mit Einrichtung nach der Breite, welches gleichfalls an den Staͤndern statt
an den Querhoͤlzern einer Thuͤre angebracht werden kann.
A ist das Schloßblech; B der
Kopf des Riegels; C dessen Schwanz; D die Studeln; E die Feder;
F der Foliot; G die
Feder des kleinen Riegels; H der Umschweif; J der Stuͤlp des Kastens; K der Stift zur Befestigung des Schlosses an der Thuͤre; L die Zuhaltung.