Titel: | Ueber die Vorrichtungen des Hrn. J. Braidwood zu Edinburgh zum Retten aus Feuersgefahr, für deren Erfindung demselben die große silberne Isis-Medaille zuerkannt wurde. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. L., S. 178 |
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L.
Ueber die Vorrichtungen des Hrn. J. Braidwood zu Edinburgh zum
Retten aus Feuersgefahr, fuͤr deren Erfindung demselben die große silberne
Isis-Medaille zuerkannt wurde.
Aus den Transactions of the Society of Arts und
aus dem Register of
Arts. Junius 1831, S. 85.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
(Im
Auszuge.)
Braidwood, uͤber Feuerloͤschanstalten
Obwohl die Zahl derjenigen, welche bei Feuersbruͤnsten um ihr Leben kommen,
nur einen geringen Theil der jaͤhrlichen Mortalitaͤt ausmacht, so
waͤre es doch sehr wuͤnschenswerth, daß auch diese geringe Zahl noch vermindert
wuͤrde. Man wird daher der Society of Arts nicht
bloß Gerechtigkeit wiederfahren lassen, sondern ihr vielen Dank dafuͤr
wissen, daß sie einen großen Theil ihrer Zeit und ihres Capitales auf die Rettung
solcher Ungluͤklicher verwendet. Unter den zahlreichen Vorrichtungen zur
Rettung aus Feuersgefahr, welche von der Gesellschaft mit Preisen belohnt oder
untersucht wurden, sind so viele so zwekmaͤßig ausgedacht, daß es sehr schwer
geworden ist, noch etwas neues Nuͤzliches in den Vorschlaͤgen zu
finden, die noch immer taͤglich der Gesellschaft vorgelegt werden. Die
Gesellschaft glaubt in dieser Hinsicht zu folgenden zwei Hauptgrundsaͤzen
gekommen zu seyn: 1) die Huͤlfe muß, wenn sie wirksam seyn soll, von Außen,
und nicht von Personen angewendet werden, deren Sinne durch die drohende
Lebensgefahr verwirrt sind; 2) die Huͤlfe muß, um ihrem Zweke zu entsprechen,
unmittelbar geleistet werden, und daher nicht den zufaͤlligen
Bemuͤhungen der Huͤlfeleistenden uͤberlassen, sondern durch
polizeiliche, oder andere, genaue Anordnungen regulirt werden.
Es gibt zweierlei Classen von Menschen, denen diese Pflicht uͤbertragen werden
koͤnnte, naͤmlich der Polizei und den Feuerknechten oder Pompiers.
Allein erstere haben so viel zu thun um Ordnung zu erhalten und Diebstaͤhle
zu verhindern, daß man ihnen (die sogar dieses Geschaͤft gewoͤhnlich
sehr ungeschikt und mit schlechtem Erfolge verrichten) nicht noch ein neues
auftragen kann, ohne Gefahr zu laufen, daß beide schlecht geschehen. Die
Feuerknechte hingegen, die meistens Menge vorhanden sind, koͤnnen dazu benuzt
werden, daß sie, sobald Feuerlaͤrm entstanden, nicht nur schnell das Feuer zu
loͤschen, sondern auch jene zu retten herbeieilen, deren Leben in Gefahr ist.
Um allen Vortheil von dem guten Willen und der Thaͤtigkeit dieser Leute
ziehen zu koͤnnen, muͤssen dieselben vorher mit der Handhabung der
Apparate vertraut gemacht, und durch zeitweise Uebung daran gewoͤhnt werden,
ohne Verwirrung im Einverstaͤndnisse mit einander, gleichsam in einem
Koͤrper, zu handeln. Eine solche Einrichtung erfordert nothwendig, daß die
Kettungsmittel an den Feuersprizen befestigt sind, und mit denselben an den Ort der
Gefahr gebracht werden. Wenn hingegen, wie in London, die Maschinen mehreren, und
zuweilen feindlich gegen einander gesinnten Compagnien angehoͤren, so wird
es, ohne einen Zweig der allgemeinen Polizei daraus zu machen, schwer werden, das
noͤthige Zusammenwirken hervorzubringen.
In Edinburgh ist die Aufsicht und Huͤlfleistung bei Feuersbruͤnsten
einer eigenen, gut disciplinirten, mit Einheit arbeitenden Anstalt
uͤbertragen, die einen Theil der Polizei dieser Stadt ausmacht. Bei den, in
London bestehenden, Anordnungen, oder bei dem Mangel an allen Anordnungen und aller
Organisation, ist dieß leider nicht moͤglich. Das Corps der Feuerknechte zu
Edinburgh ist regelmaͤßig exercirt und disciplinirt; die Rettungsapparate
sind an den Sprizen angebracht, und gehoͤren mit zum gewoͤhnlichen
Dienste, wie aus folgenden Angaben des Hrn. Braidwood,
der den Plan zu dieser Anstalt gruͤndete, hervorgeht.
„Der Apparat ist sehr einfach, und besteht:
1) aus einer einfachen Kette von 80 Fuß Laͤnge, von 18 Unzen auf den
Yard;
2) aus einer Kettenleiter von derselben Laͤnge, die zwei starke Haken
traͤgt, mit welchen sie an das Gesims eines Fensters, an die Balken oder
Riegel eines Daches, oder nach Umstaͤnden, an irgend einen anderen festen
Koͤrper angehakt werden kann;
3) aus einer kleinen Rolle mit einem Haken, und einem durch dieselbe gezogenen
Strike, der stark genug ist, um das Gewicht der Leiter zu tragen;
4) aus einer starken staͤhlernen Armbrust, mit einigen Gewinden einer
feinen Schnur, an denen an einer jeden eine Kugel von 3 Unzen befestigt ist;
5) aus einem starken Beutel oder Sak aus Canevaß, in welchem wenigstens Eine
ausgewachsene Person Plaz haben muß.“
„Diese Gegenstaͤnde, welche mit zur Einrichtung unserer Maschinen
gehoͤren, und welche jedes Mal mitgefuͤhrt werden, wenn ein
Feuerlaͤrm entsteht, werden zu folgenden Zweken angewendet:
1) Wenn das Feuer in einem großen Gebaͤude ausgebrochen ist, welches nur
eine einzige Treppe hat, und diese Stiege so von den Einwohnern des
Gebaͤudes zum Ausraͤumen ihres Eigenthumes benuzt wird, daß die
Feuerknechte nicht hinlaͤnglichen Raum zum Hinaufschleppen ihrer
Roͤhren etc. haben, so wird ein Mann mit einer Leine an eines der Fenster
hinaufgeschikt, aus welchem derselbe das eine Ende dieser Leine
herablaͤßt, so daß auf diese Weise eine Verbindung hergestellt wird,
durch welche die Schlaͤuche etc. an den gehoͤrigen Ort gebracht
werden koͤnnen, ohne daß sie in Gefahr gerathen durch Personen, welche
darauf treten, verlezt zu werden.
2) Wenn das Haus eine lange Reihe von Gebaͤuden bildet, und die Stiege
abgebrannt ist, und wenn dadurch einigen Personen der Weg zum Entrinnen benommen
ist, so werden drei Feuerknechte mit der Kettenleiter, einer einfachen Kette und
dem Canevaßsake durch das Nachbarhaus auf das Dach geschikt. Diese befestigen,
wenn sie daselbst angekommen sind, sogleich die Haken der Leiter an dem Dache,
und lassen die Leiter in jenen Kreuzstok herab, an welchem sich das zu rettende
Individuum zeigt. Darauf steigen zwei der Feuerknechte bei diesem Kreuzstoke
hinein, sezen die zu rettende Person in den Canevaßbeutel oder Sak, und lassen
dieselbe mittelst der einfachen Kette auf die Straße herab. Findet man, daß die
auf diese Weise erstiegene Stelle auch zum Loͤschen des Feuers benuzt
werden kann, so wird von denselben Maͤnnern ein Schlauch in das Fenster
hinauf gezogen; koͤnnen hingegen die Feuerknechte an dieser Stelle keinen
Nuzen mehr schaffen, so kehren dieselben unmittelbar darauf entweder
uͤber das Dach, oder wenn es thunlich ist, durch Herabsteigen beim
Fenster, zuruͤk.
3) Wenn irgend Jemand in Gefahr ist, und man kann wegen des Feuers nicht zu einem
oberen Theile des Hauses oder zu dem Dache gelangen, so wird das zu rettende
Individuum auf folgende Weise herausgeschafft. Es wird mittelst der Armbrust
eine Kugel, an welcher ein Strik befestigt ist, uͤber das Dach nach der
von Capitaͤn Manby erfundenen Methode
geschossen. Diese Kugel kann, wenn das Haus nicht uͤber drei
Stoͤke hoch ist, an der entgegengesezten Seite des Hauses gefangen
werden. Ist hierauf auf diese Weise die Kettenleiter aufgezogen worden, so
steigen die Feuerknechte hinauf, und lassen die in Gefahr befindlichen
Hausbewohner herab. Sollte das Haus aber so hoch seyn, daß die Kugel an der
entgegengesezten Seite des Hauses nicht gefaßt werden kann, so suchen die zu
rettenden Personen den Strik zu fassen, der so gefuͤhrt wird, daß sie ihn
von ihrem Fenster aus erreichen koͤnnen. Mittelst dieses Strikes ziehen
dieselben dann eine kleine Rolle hinauf, die sie in den Kreuzstok einhaken. Ist
dieß geschehen, so wird die Kettenleiter an dem Strike der Rolle durch die, auf
der Straße befindlichen, Feuerknechte hinaufgezogen, und ist diese bis an das
Fenster gelangt, so wird sie daselbst von dem innerhalb befindlichen Individuum
eingehakt, damit die Feuerknechte an derselben hinaufsteigen, und die zu
rettenden Personen herablassen koͤnnen.“
„Die Feuerknechte in Edinburgh wurden regelmaͤßig fuͤr den
Gebrauch dieses Apparates abgerichtet, und haben es darin auf einen großen Grad
von Behendigkeit gebracht. Eine gute Menge derselben ist im Stande an einer
einfachen Kette 50 Fuß hoch hinauf zu klettern, und sich von einer noch weit
groͤßeren Hoͤhe herabzulassen. Weder bei den Probeexercitien, noch
bei wirklichen Feuersbruͤnsten hat sich je ein Ungluͤksfall unter
diesen Leuten ereignet.“
„Es gewaͤhrte auch schon außerordentlich großen Vortheil, daß man
nun im Stande ist, den Schlauch oder die Schlaͤuche an jene Orte zu
bringen, wo man das Feuer mit dem groͤßten Erfolge angreifen kann. Auch
arbeiten die Leute im Hause jezt mit viel mehr Sicherheit und Vertrauen,
indem sie wissen, daß sie sich im Nothfalle immer durch ein Fenster retten
koͤnnen.“
Die Wassereimer, welche zu den Feuersprizen gehoͤren, sind nach der Angabe des
Hrn. J. Robinson Esq., des Sekretaͤres der Royal Society zu Edinburgh verfertigt. Sie haben 9 Zoll
im Durchmesser, und sind 13 bis 14 Zoll tief. Sie bestehen aus Canevaß, der um einen
hoͤhzernen Boden angenagelt wird, und an seiner Muͤndung einen Reif
und eine Handhabe aus verzinntem Eisen traͤgt. Diese Wassereimer lassen, wenn
sie mit Wasser gefuͤllt sind, nur eine unbedeutende Menge Wasser,
ungefaͤhr einen Zoll in einer halben Stunde, auslaufen, und kosten bloß
3–5 Shill. (1 fl. 48–3 fl.), waͤhrend lederne Wassereimer von
derselben Groͤße 10–12 Shill. (6 fl. – 7 fl. 12 kr.) das
Stuͤk kosten, und viel lieber gestohlen werden. Man haͤngt dieselben
in dem Sprizenmagazine nicht an Haken, sondern, wie Fig. 8 zeigt, an
Naͤgeln auf, die wie Spannhaken rechtwinkelig gebogen sind, damit sie so
schnell als moͤglich mit einer Stange herabgenommen werden koͤnnen.
Die Biegsamkeit dieser Wassereimer erleichtert das Fortschaffen derselben an den
Ort, wo man ihrer bedarf, bedeutend; denn in der in Fig. 9 gezeigten, Gestalt
kann man dieselben leicht auf einen Hand- oder Schubkarren paken. Man bedient
sich derselben bereits seit drei Jahren mit dem besten Erfolge.