Titel: | Ueber Hrn. Walter Hancock's Dampfwagen. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber Hrn. Walter Hancock's Dampfwagen.
Aus Gordon's historical u. practical Treatise
im Mechanics'
Magazine Nr. 435, S. 50.
(Im
Auszuge.)
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Hancock's Dampfwagen.
Hr. Hancock hat vor Kurzem einen Prospect zu einer
Dampfwagen-Compagnie bekannt gemacht, die er gruͤnden will, und deren
Wagen von der Bank zu London aus nach Paddington, Highgate, Hornsey, kurz nach den
meisten zunaͤchst um London gelegenen Ortschaften fahren sollen, um auf diese
Weise uͤberall den schnellsten und wohlfeilsten Verkehr zu bezweken, und wenn
das Unternehmen gluͤken sollte, nach und nach das Fahren mit Pferden ganz zu
unterdruͤken.
Den Wagen nun, welchen Hr. Hancock fuͤr die Fahrt
zwischen Greenwich und London erbaute, sieht man in Fig. 21 abgebildet. An
diesem Wagen befinden sich, zwei Maschinen, die vor dem Kessel angebracht sind, und
an welchen die Ausfuͤtterungsbuͤchsen nach Abwaͤrts gerichtet
sind, so daß sich die Cylinder oben, die Kolben und Verbindungsstangen hingegen nach
Unten befinden. Die Hebelwelle mit den beiden Hebeln oder Kurbeln ruht auf einem
biegsamen Gestelle, durch welches auf unebenen Straßen alle Erschuͤtterungen
vermieden werden. Ueber eine Leitungsrolle (sheave) an
der Hebelwelle, und uͤber eine groͤßere solche Leitungsrolle an der
Hinteren Wagenachse laͤuft eine Kette. Die Raͤder drehen sich frei an
der Achse, und das eine oder andere derselben, oder beide koͤnnen, wenn es
noͤthig ist, durch eine Klaue festgestellt werden. Diese Klaue befindet sich
an der aͤußeren Seite des Rades, und kann, je nachdem es die Umstaͤnde
erfordern, sehr leicht ein- oder ausgeschraubt werden. Das Umwenden des
Wagens nach der rechten Seite geschieht, indem man die rechte Klaue auszieht,
waͤhrend man die linke innehaͤlt; das Umwenden auf die linke Seite
geschieht auf die entgegengesezte Weise. Zwischen den Sperrern einer jeden Klaue ist
ein kleiner Spielraum gelassen, damit auf einer Straße mit Kruͤmmungen nicht
beide Raͤder losgemacht werden muͤssen; bloß bei einer sehr kurzen
Reibe oder beim vollkommenen Umkehren muß die Klaue geaͤndert werden, und
dieß kann in der kuͤrzesten Zeit geschehen. Die Reisenden befinden sich mit
der Maschine auf einem und demselben Wagen, indem Hr.
Hancock diese Einrichtung dem Nachziehen eines Wagens
vorzieht. Die Raͤder des Wagens vereinigen Staͤrke und Leichtigkeit in
sich. Die Speichen sind saͤmmtlich keilfoͤrmig, und stoßen da, wo sie
in der Nabe befestigt sind, an einander. Das Entweichen derselben nach der Seite ist
durch eine große, an jedem Ende der Nabe befindliche, eiserne Scheibe
verhindert.
Der Dampfkessel des Hrn. Hancock, welchen das Mech. Magazine gleichfalls abbildet, ist aus dem Polyt. Journale
Bd. XL. S. 321 bekannt; wir bemerken daher
nur noch, daß das Feuer durch ein Geblaͤse, welches von der Maschine selbst
getrieben wird, angeblasen wird, und daß der verbrauchte Dampf aus den Maschinen in
den Rauchfang gelangt und dort zerstoͤrt wird.
Das Mechanics' Magazine verweist wegen weiterer Details
auf den Bericht, der dem Parliamente uͤber die Dampfwagen erstattet worden;
aus diesem Berichte heben wir nun noch Folgendes aus, was Hr. Hancock uͤber seinen zwischen Stratford und London laufenden Wagen
zu Protokoll gab. Der Kessel dieses Wagens hat 10 Kammern und 10 Feuerzuͤge,
und unter diesen befindet sich der Feuerherd von 6 Quadratfuß. 100 Quadratfuß des
Kessels sind dem Feuer ausgesezt, und der Druk betraͤgt auf den Zoll im
Durchschnitte 60 bis 100. Der Wagen nahm alle 8 Meilen Wasser und Brennmaterial ein.
Fuͤr jede Fahrt hin und zuruͤk (die Entfernung zwischen Stratford und
London betraͤgt 4 engl. Meilen), waren beilaͤufig 7 Cent. Wasser und 2
Bushels Kohks noͤthig; hiebei ist aber jenes Brennmaterial nicht gerechnet,
welches zum Erzeugen des Dampfes vor dem Abfahren noͤthig war: hiezu brauchte
man naͤmlich beilaͤufig 20 Minuten und etwas weniger als 1 Bushel
Kohks, Der ganze Wagen wiegt 3 1/2 Tonne und fuͤhrt 10 Personen. Die
Raͤder desselben sind 3 1/2 Zoll breit; Hr. Hancock glaubt aber, daß man sie auch 6–8 Zoll breit machen kann,
ohne an Kraft bedeutend zu verlieren. Der Durchmesser der Hinteren Raͤder
betraͤgt 4 Fuß; dieß ist jedoch kein guͤnstiges Verhaͤltniß;
Hr. Hancock glaubt, daß der Durchmesser der Hinteren
Raͤder eines Dampfwagens wenigstens 5 Fuß messen soll. Die vorderen
Raͤder haben 3 Fuß 3 Zoll im Durchmesser. Die Achsen dieses Wagens sind wie
die gewoͤhnlichen; sie sind gerade und bloß am Ende gebogen. Die Maschine hat
2 Cylinder von 9 Zoll im Lichten mit Stoͤßen von 12 Zoll.
Auf den Fahrten, die der Wagen machte, begegnete nie ein Ungluͤk; nur ein
einziges Mal brach die Kette, was aber keine uͤblen Folgen mit sich brachte.
Das Eisen, aus welchem der Kessel verfertigt ist, ist beilaͤufig 1/8 Zoll
dik. Der Kessel brauchte nie gereinigt zu werden, indem das Aussieden so heftig ist,
daß sich nirgendwo Unreinigkeit ansammeln kann. Man wird bei dem Wagen weder durch Rauch, noch durch
uͤblen Geruch, noch durch Geraͤusch belaͤstigt; das
Geraͤusch desselben ist sogar um 1/3 geringer, als jenes eines
gewoͤhnlichen Eilwagens. Man sieht, keinen Rauchfang an dem Wagen, und wenn
der Dampf ausgelassen wird, so sieht man nichts von demselben, indem er in das Feuer
gelangt, und daselbst augenbliklich verzehrt wird. Der Kessel enthaͤlt keinen
angehaͤuften Dampf, sondern der Dampf entweicht durch die Sicherheitsklappe
so wie er erzeugt wird. Aus diesem Grunde entsteht auch keine Gefahr, wenn der
Kessel wirklich berstet. Ein Beweis hievon ergab sich ein Mal auf einer Fahrt, bei
welcher sich 13 Personen im Wagen befanden, und auf welcher der Wagen
ploͤzlich stehen blieb, ohne daß man die Ursache davon wußte. Bei der
Untersuchung zeigte sich, daß der Kessel an vier Stellen geborsten war, indem das
Metall des Kessels zu duͤnn, d.h. bloß 1/30, Zoll dik, war. Ungeachtet dieser
Berstung war weder irgend eine Erschuͤtterung, noch ein Geraͤusch,
noch eine Beschaͤdigung von irgend Jemand durch den Dampf erfolgt.
Die ganze Laͤnge des Wagens betraͤgt 16 Fuß; die Kessel nehmen
beilaͤufig 3 Fuß ein. Der Wagen kann in einem Kreise von 10 Fuß umwenden.
Wenn er mit einer Schnelligkeit von 8 Meilen in der Stunde lief, so konnte der Wagen
in einem Raume von 12 Fuß, und in dringenden Faͤllen selbst innerhalb 4 Fuß
angehalten werden. Uebrigens kann die Schnelligkeit auch auf 10 Meilen in der Stunde
gebracht werden, ohne daß dabei die Maschine leidet. Der Wagen fuhr auch
uͤber Huͤgel, und nur ein einziges Mal, bei Glatteis, glitten die
Raͤder in der City road aus. Hr. Hancock glaubt,
daß man uͤber alle Berge, uͤber welche man mit Pferden fahren kann,
auch mit Dampfwagen zu fahren im Stande ist. Beim Vergabfahren wird das Rad mittelst
eines metallenen Bandes gesperrt. Am Leichtesten faͤhrt sich der Wagen auf
den Straßen, wenn dieselben weder ganz troken, noch naß sind. Die Ausgaben dieses
Wagens berechnete Hr. Hancock auf 3–4 Pfd. Sterl.
des Tages. Fuͤr die Fahrt von Stratford nach London zahlte man, wie auf den
gewoͤhnlichen Schnellwagen, 9 Den. (27 kr.) die Person; Hr. Hancock glaubt aber, daß diese Summe nach einiger Zeit
auf 1/2 herabgesezt werden koͤnne, wenn man die Dampfwagen nicht wie bisher
mit uͤbermaͤßigen Zoͤllen belegt. Gegen diese Zoͤlle
erklaͤrte er sich um so mehr, als auch nach seiner Ueberzeugung die
Dampfwagen den Straßen weit weniger Nachtheil bringen, als die von Pferden gezogenen
Wagen.