Titel: | Ueber eine neue, in Paris gebräuchliche Thürangel für Einfahrt-Thore. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. VII., S. 42 |
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VII.
Ueber eine neue, in Paris gebraͤuchliche
Thuͤrangel fuͤr Einfahrt-Thore.Wer aͤhnliche Thuͤrangeln will, kann sich an das Bureau der Société polytechnique, rue neuve
des Capucins Nr. 13 bis wenden
Aus dem Recueil industriel. Januar 1832. S.
49.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Ueber eine neue Thuͤrangel fuͤr
Einfahrt-Thore.
Die Einfahrt-Thore sind gewoͤhnlich sehr massiv und sehr schwer, und
daher schwer zu handhaben. Da sie aber doch haͤufig geoͤffnet und
geschlossen werden muͤssen, so war es allerdings wuͤnschenswerth, daß
ein Mittel ausfindig gemacht werde, durch welches diesem Uebelstande auf eine
einfache und wohlfeile Weise abgeholfen wuͤrde.
Fig. 16, 17, 18 und 19 zeigen
einen Grundriß, Aufriß und saͤmmtliche Stuͤke, aus welchen die
Thuͤrangel besteht, so wie auch das eiserne Band, welches an die
Thuͤre angenagelt wird.
Fig. 16 und
17 geben
einen Grund- und Aufriß des ersten Theiles oder der Pfanne, die mittelst der
vier Mutterschrauben A, B, C, D an der Mauer befestigt
wird. In der Mitte dieses Theiles befindet sich eine Art von Tuͤmmler oder
Becher, durch dessen unteren Theil die Schraube E geht, die
in F verlaͤngert ist. Der Kopf dieser Schraube
graͤnzt an den Boden des Tuͤmmlers, und kann durch das in G enthaltene Oehl schluͤpfrig erhalten
werden.
Den zweiten Theil, den man als Zapfen betrachten kann, sieht man in Fig. 18 und 19 im
Grund- und Aufrisse. Fig. 19 zeigt das ganze
Beschlag des Thores. Dieser zweite Theil endigt sich mit der Bauchung M, in deren Mitte sich ein kugelfoͤrmiger Knopf
befindet, der in den Tuͤmmler I eingepaßt ist,
und der sich um so freier in demselben bewegt, als er immer mit Oehl befeuchtet ist.
Durch diesen Knopf geht ein cylindrisches Loch, welches sich von G nach I erstrekt, und in
diesem Loche befindet sich der Gang einer Schraube, deren Kopf in J ist. Diese Schraube wird entfernt, wenn das Oehl
erneuert werden soll. Das Oehl fließt laͤngs des cylindrischen Loches herab,
und gelangt in den Becher oder Tuͤmmler G.
In HH befinden sich die Mutterschrauben, durch
welche der Zapfen an das Thor befestigt wird. Das Thor bewegt sich bei dieser
Einrichtung mit der groͤßten Leichtigkeit auf seinen beiden Angeln; die
geringste Kraft reicht hin, um dasselbe in Bewegung zu sezen.
Wir sahen dieses Beschlag und diese Angel in einem Hause, welches von den Freunden
der Industrie und der Aufklaͤrung haͤufig besucht wird, und dessen
Eigenthuͤmer, wenn er ein Englaͤnder waͤre, mit Stolz auf dem
Wollsake, diesem Symbole des hohen Ranges, den der Handel und die Industrie in
England genießt, sizen koͤnnte und wuͤrde. Wir meinen den edlen Pair,
Baron von Montmorency, der uns das Modell dieser
Erfindung zur Bekanntmachung mitzutheilen die Guͤte hatte, und der bei seiner
großen Einsicht die Vortheile derselben bald erkannte. Das Hotel des Hrn. Barons
wurde großen Theils nach den eigenen Anordnungen des Eigenthuͤmers
eingerichtet, und dient in vielen Hinsichten als Muster fuͤr andere
Gebaͤude. Man findet in demselben Heizer, welche die Waͤrme
uͤberall gleichmaͤßig verbreiten; Schloͤsser, deren Griffe aus
Holz statt aus Messing bestehen, damit die Finger und Handschuhe nicht beschmuzt
werden, und auch nicht den widerlichen Messing-Geruck annehmen; Fenster,
deren Drehriegel oder Spagnioletten sich durch eine senkrechte Bewegung von Oben
nach Unten, und nicht durch die gewoͤhnliche horizontale Bewegung
oͤffnen; eine wohlverstandene Beleuchtungsmethode, und dergl. mehr. Der edle
Baron ist mit allen neuen Erfindungen bekannt, und weiß dieselben, bei seiner
vielseitigen Bildung und seinem Scharfblike gehoͤrig zu wuͤrdigen.
Alle Techniker und Kuͤnstler haben bei ihm Zutritt, und wer eine Verbesserung
oder Erfindung auch in den, dem Plebejer und leider haͤufig auch dem lichte
unzugaͤnglichen Salons des Faubourg Saint-Germain eingefuͤhrt
wissen will, darf
sich nur an ihn wenden. Moͤchten doch recht viele unserer
franzoͤsischen Notabilitaͤten, ruft der Recueil aus, einen aͤhnlichen Sinn fuͤr Verbreitung des
Guten und Nuͤzlichen haben, und nicht in der Bewahrung ihrer ererbten
Vorrechte, deren sie sich nur zu oft unwuͤrdig zeigen, und in der
Saͤttigung mit physischen Genuͤssen ihr ganzes Gluͤk, und oft
sogar den ganzen Zwek ihres Daseyns finden! Wir wollen uͤbrigens nicht
ungerecht seyn, sondern mit Freuden gestehen und ruͤhmen, daß die Zahl des
Adels, dem die Fortschritte der Industrie am Herzen liegen, der es einsieht, daß die
Aufmunterung und Unterstuͤzung der Kuͤnste und Gewerbe und der
Gewerbetreibenden eben so ehrenvoll als nuͤzlich fuͤr ihn und den
Staat ist, in Frankreich von Tag zu Tag zunimmt. Die Umwaͤlzung in unseren
Sitten und Gebraͤuchen, das Lossagen von den alten verrosteten und
Bruͤkenden Vorrechten einzelner, dauert fort und hat den guͤnstigsten
Erfolg. In vielen Gesellschaften und Vereinen zur Foͤrderung
gemeinnuͤziger Zweke findet man gegenwaͤrtig neben Plebejern die Namen
der aͤltesten Familien, und viele, welche durch ihren Namen glaͤnzen,
sind auch im Stande, eine technische Frage gruͤndlich zu loͤsen und
eine Unternehmung selbst zu leiten. Ehre diesen edlen Foͤrderern des Guten
und Nuͤzlichen und Schoͤnen, Schande den blinden Anhaͤngern und
Vertheidigern des Ahnenstolzes und Obskurantismus!Moͤchten wir auch von unserem Adel sagen koͤnnen, daß er
einzusehen anfaͤngt, daß derjenige, der Vorrechte genießt, sich
derselben auch durch intellectuelles Uebergewicht und Moralitaͤt
wuͤrdig zeigen muß, wenn er nicht nothwendig den verdienten Haß
seiner Mitmenschen auf sich laden will! A. d. Ueb.