Titel: Bericht des Hrn. Hachette über verschiedene gläserne Heber zum Umfüllen äzender Flüssigkeiten, welche Hr. Collardeau der Société d'encouragement vorlegte.
Fundstelle: Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XV., S. 59
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XV. Bericht des Hrn. Hachette uͤber verschiedene glaͤserne Heber zum Umfuͤllen aͤzender Fluͤssigkeiten, welche Hr. Collardeau der Société d'encouragement vorlegte. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Februar 1832, S. 28. Mit Abbildungen auf Tab. II. Hachette, Bericht uͤber verschiedene glaͤserne Heber zum Umfuͤllen aͤzender Fluͤssigkeiten. Hr. Collardeau legte der Gesellschaft am 4. Mai 1831 mehrere Heber vor, die sich von selbst ansaugen sollen, und die den Gegenstand gegenwaͤrtigen Berichtes ausmachen. Um Fluͤssigkeiten mittelst eines Hebers umzufuͤllen, der sich von selbst ansaugt, fuͤllte man bisher den laͤngeren Arm des Hebers mit Fluͤssigkeit, waͤhrend man den kuͤrzeren Arm in die umzufuͤllende Fluͤssigkeit untertauchte. So wie sich naͤmlich hierbei der laͤngere Arm entleert, so nimmt die im Inneren des Hebers enthaltene Luft die Stelle des abgeflossenen Wassers ein, und in Folge dieser Ausdehnung haͤlt ihre Elasticitaͤt dem Druke der Luft nicht mehr das Gleichgewicht, so daß sich die in dem Gefaͤße enthaltene Fluͤssigkeit bis zum Ende des kuͤrzeren Armes erheben, und dann bei dem laͤngeren Arme ablaufen muß. Diese Methode ist laͤngst bekannt, und wurde von Hrn. Bunten auch am gewoͤhnlichen Heber angewendet. Das gewoͤhnliche Verfahren hierbei war, daß man den langen Arm mit Fluͤssigkeit anfuͤllte, indem man ihn in dieselbe untertauchte, daß man ihn dann mit dem Finger zuhielt, hierauf den kurzen Arm in die umzuleerende Fluͤssigkeit unter, tauchte, und nachdem dieß geschehen war, den Finger von der Oeffnung des langen Armes entfernte. Dieses Verfahren eignet sich jedoch nicht fuͤr aͤzende Fluͤssigkeiten; Hr. Collardeau erfand daher einen Heber, der ohne Ansaugen, ohne Pfropf und ohne Hahn, in Thaͤtigkeit gebracht werden kann, und zwar ohne daß die Fluͤssigkeit mir irgend einer anderen Substanz, als mit dem Glase in Beruͤhrung kommt. Die erste Form eines Hebers, welcher diesen Bedingungen entspricht, sieht man in Fig. 20. EDCO sey ein gewoͤhnlicher Heber; in der Naͤhe des Endes O des langen Hebers CO wird an diesen Heber ein anderer Arm AC angeschweißt, welcher Arm sich in den Trichter A endigt. Wenn man nun in diesen Trichter mehr Fluͤssigkeit gießt, als bei der Oeffnung O ausfließen kann, so fuͤllen sich die beiden Arme AB und OC. Ist man dahin gelangt, so gießt man keine Fluͤssigkeit mehr in den Trichter A; es entleeren sich mithin die beiden Arme AB, CO; dadurch wird die in dem Theile KDC des Hebers enthaltene Luft ausgedehnt, und in Folge hiervon steigt die Fluͤssigkeit in dem Arme ED empor und laͤuft bei der langen Roͤhre CO aus. Dieselbe Wirkung erhielt man auch bei dem Heber Fig. 21. Bei diesem schweißt Hr. Collardeau an dem gewoͤhnlichen Heber EDCO, gegen das obere Ende des langen Armes CO hin, eine gekruͤmmte Roͤhre CBA an, deren Arm AB sich in den Trichter AA' endigt. Um diesen Heber in Thaͤtigkeit zu sezen, gießt man Fluͤssigkeit in den Trichter, dadurch fuͤllen sich die Arme AB, BC, bis die Fluͤssigkeit am Ende in den langen Arm CO des Hebers faͤllt. In dem Augenblike, in welchem dieß geschieht, bemerkt man, daß die in dem Behaͤlter FG enthaltene Fluͤssigkeit in dem kurzen Arme ED emporsteigt, und bei der Oeffnung O des langen Armes ausfließt. Waͤhrend dieses Ausflusses bemerkt man folgende interessante Erscheinung, welche ein Mitglied der Commission erklaͤrt hat: der Arm BC der gekruͤmmten Roͤhre bleibt voll, und die Hoͤhe der Fluͤssigkeit in dem anderen Arme dieser Roͤhre faͤllt bis auf aa' herab. Diese Erscheinung beweist, daß, wenn eine Fluͤssigkeit aus irgend einem Gefaͤße EDCO bei einer, in der Wandung dieses Gefaͤßes angebrachten, Oeffnung O ausfließt, der Druk, welchen die sich bewegende Fluͤssigkeit auf irgend einen Punkt C der inneren Wandung des Gefaͤßes ausuͤbt, geringer ist als der atmosphaͤrische Druk, wenn die Geschwindigkeit an diesem Punkte groͤßer ist, als jene seyn wuͤrde, die die Fluͤssigkeit durch den Druk erhielte, den sie an demselben Punkte erleiden wuͤrde, wenn das Ausfließen aus der Oeffnung O aufhoͤrte. waͤhrend die Fluͤssigkeit des Gefaͤßes FG durch den einfachen Heber EDO umgeleert wird, ist der Druk der Fluͤssigkeit auf den Punkt C der inneren Wandung des Hebers geringer, als der Druk der atmosphaͤrischen Luft, und der Unterschied, welcher zwischen diesen zweierlei Graden von Druk besteht, wird durch den Unterschied Ca' der Hoͤhen der in den beiden Armen CB, BA der Roͤhre ABC enthaltenen Fluͤssigkeit gemessen. Wuͤrde der Arm AB der Rohre ABC weggelassen, und wuͤrde nur der Theil CH von dem Arme CB beibehalten und dessen Ende H in eine Fluͤssigkeit untergetaucht, so wuͤrde diese Fluͤssigkeit von H bis C steigen, und wie die Fluͤssigkeit des Gefaͤßes FG, die durch den Heber EDCO umgeleert wird, durch den Arm CO dieses Hebers ausfließen. Der Heber Fig. 22 wurde Hrn. Collardeau von Jemandem mitgetheilt; da dieser Heber aber nur eine sehr geringe Menge Fluͤssigkeit in einem gewissen Zeitraͤume umzuleeren vermag, indem das eine Ende desselben eine Art von Haarroͤhrchen bildet, so hat Hr. Collardeau dessen Einrichtung etwas modificirt, und den Heber Fig. 1 verfertigt, dessen Dimensionen nach Belieben regulirt werden koͤnnen. Der Heber Fig. 3 hat den Vortheil, daß man denselben nur das erste Mal anzusaugen braucht. Er besteht aus den vier Armen ED, DB, BA, AO; der erste dieser Arme ED endigt sich in einen loͤffel, dessen man sich bedient, um die gebogene Roͤhre OAB und den Theil Ba des Armes BD anzufuͤllen. Ist dieß geschehen, so ist der Heber auch angesaugt, und bleibt es auch, wenn auch der Theil aDE dieses Hebers mit atmosphaͤrischer Luft gefuͤllt ist. Will man sich dieses Hebers bedienen, so taucht man den Arm DE in die Fluͤssigkeit, die umgefuͤllt werden soll, unter, und senkt denselben in das Gefaͤß, in welchem sich die Fluͤssigkeit befindet, ein, damit die Luft, welche darin enthalten ist, comprimirt werde. Diese Compression strebt die gebogene Roͤhre BAO durch die Haarroͤhrchen-Oeffnung O zu entleeren. So wie nun der Abfluß durch diese Oeffnung beginnt, so sieht man die Fluͤssigkeit des Gesaͤßes FG in dem Arme DE emporsteigen, aus dem sie endlich durch die Oeffnung O ausfließt. In diesem Zustande sind dann alle 4 Arme des Hebers gefuͤllt, so wie aber in dem Gefaͤße EF leine Fluͤssigkeit mehr enthalten ist, so dringt die Luft wieder durch den Loͤffel E in den Arm ED. Da aber in Folge der Kleinheit der Oeffnung O die Fluͤssigkeit zuruͤkgehalten, und die gebogene Roͤhre OAB und der Theil Ba des Armes BD gefuͤllt bleiben wird, so folgt hieraus, daß der Heber bestaͤndig angesaugt bleibt. Wenn der kleine Arm DE des Hebers ein Mal zum Behufe der Compression der Luft in das Gefaͤß FG eingesenkt worden, so kann man dann die Oeffnung E ganz in der Naͤhe des Niveau der Fluͤssigkeit halten, da die tiefere Einsenkung nur noͤthig war, um den Abfluß durch die Roͤhre O in Gang zu bringen. Wenn der Heber ein Mal in Taͤtigkeit getreten, so dauert der Ausfluß fort, in welcher Stellung sich auch das Niveau nn' der Fluͤssigkeit in dem Gefaͤße FG im Verhaͤltnisse zu der Oeffnung E des kleinen Armes DE befinden mag. Was die Dimensionen betrifft, die man den oben beschriebenen Hebern zu geben hat, so haͤngen diese von der Natur der Fluͤssigkeit, die man umleeren will, von ihrer specifischen Waͤrme, ihrer Temperatur, ihrer Klebrigkeit und von der Menge ab, die man innerhalb einer bestimmten Zeit umfuͤllen will. Ich bemerke ferner, daß man, um den dreiarmigen glaͤsernen Hebern Fig. 21 und 22 mehr Festigkeit zu geben, diese Arme nicht, wie sie in der Zeichnung dargestellt sind, in eine und dieselbe Flaͤche bringt, sondern daß dieselben um den Rand eines kreisfoͤrmigen Stuͤkes Kork gesammelt, und mittelst Harz an demselben befestigt werden. Ich muß am Schluͤsse dieses Berichtes noch in Erinnerung bringen, daß eines unserer Mitglieder in fruͤheren Zeiten einen Heber zum Umfuͤllen von Queksilber verfertigte, der gleichfalls durch das Auslaufen der Fluͤssigkeit aus dem langen Arme dieses Hebers angesaugt wurde. Die Laͤnge dieses Armes betrug uͤber 76 Centimeter, das Maß des Drukes der atmosphaͤrischen Luft, und die senkrechte Hoͤhe des kleinen Armes war nur um einen Centimeter geringer. Mittelst dieses Hebers nun kann das Queksilber 75 Centimeter uͤber sein Niveau steigen, und bis an den Scheitel des kleinen Armes des Hebers gelangen, aus welchem es dann die Torricielli'sche Leere faͤllt, die sich in dem langen, gleichfalls in Queksilber untergetauchten Arme bildete. Dieser Versuch ist in dem ersten Bande der Correspondance de l'Ecole Polytechnique September 1804 S. 31 aufgezeichnet, und befindet sich auch in dem Traité des Machines 1828 S. 141. In demselben Werke geschieht S. 142 auch zweier Heber Erwaͤhnung, welche an den Waͤnden des Gefaͤßes, in dem sich die umzuleerende Fluͤssigkeit befindet, befestigt sind, und die dadurch angesaugt werden, daß man das Gefaͤß dergestalt anfuͤllt, daß das Niveau der Fluͤssigkeit in diesem Gefaͤße hoͤher steht als der Culminationspunkt der Heber. Der Heber Fig. 1 kann auf dieselbe Weise angesaugt werden, wenn man die Oeffnung O des Armes CO verstopft. Gießt man naͤmlich die Fluͤssigkeit in den Arm AB, so steigt das Niveau uͤber den Arm CD, worauf die Fluͤssigkeit in dem kleinen Arme DE von Oben nach Unten fließt; in demselben Augenblike oͤffnet man dann die Oeffnung 0; dadurch entleert sich der Arm AB, und in Folge hiervon fließt die in dem Gefaͤße FG enthaltene Fluͤssigkeit durch den kleinen Arm DE ab, aus welchem sie in den langen Arm CO geleitet wird. Die Commission hat sich durch Versuche uͤberzeugt, daß die Heber des Hrn. Collardeau, rue du Fauburg St. Martin N. 56, sehr gut zum Umfuͤllen aͤzender kalter Fluͤssigkeiten eignen, daß beider Anwendung derselben weder ein Saugen, noch die Huͤlfe eines Pfropfens oder Hahnes noͤthig ist, und daß die Fluͤssigkeit dabei nur mit dem Glase, aus welchem der Heber besteht, in Beruͤhrung kommt. Sie schlaͤgt daher vor, Hrn. Collardeau den Dank der Gesellschaft fuͤr seine Mittheilung auszudruͤken, und die Chemiker und Fabrikanten durch den Bulletin auf den Nuzen und die Vortheile seiner Instrumente aufmerksam zu machen.

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