Titel: | Ueber den Brenzessiggeist; von Hrn. J. Dumas. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XXXVIII., S. 125 |
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XXXVIII.
Ueber den Brenzessiggeist; von Hrn. J. Dumas.
Aus den Annales de Chemie et de Physique. Febr.Wir empfingen dieses Heft mit directer Post erst am 27. Mai. A. d. R. 1832, S. 208.
Dumas, uͤber den Brenzessiggeist.
Die Entstehung des Brenzessiggeistes bietet eine so große Analogie mit derjenigen des
neutralen schwefelsauren Kohlenwasserstoffs dar, daß ich einige Versuche anstellte,
um zu erfahren, wie weit diese Analogie gegruͤndet ist.
Ich destillirte essigsauren Baryt, welcher ein Aequivalent Wasser enthielt und nach
meiner Analyse bestand aus:
Baryt
56,0
Essigsaͤure
37,4
Wasser
6,6
–––––
100,0.
Dieses Salz war in der Kaͤlte im luftleeren Raum ausgetroknet worden. Nach
seiner Zusammensezung und in der Voraussezung, daß es sich vollstaͤndig in
kohlensauren Baryt, Brenzessiggeist und Wasser verwandelt, muͤßte man daraus
21,5 Procent Brenzessiggeist erhalten. Bei oͤfters wiederholten Versuchen
gaben 100 Theile
Kohlensauren Baryt
72,2
Kohle
1,2
Brenzessiggeist
18,5
Wasser
6,6
Gas und Verlust
1,7
–––––
100,0.
Nimmt man an, daß die Kohle von einem Theil zersezten Brenzessiggeistes
herruͤhrt, so muͤßte man zur erhaltenen Menge noch ungefaͤhr 2
Procent hinzurechnen, so daß er im Ganzen 20,3 betruͤge, was dem
theoretischen Resultat sehr nahe kommt.
Um diese Untersuchung zu beendigen, mußte ich den Brenzessiggeist analysiren.
Denjenigen, welchen ich hiezu benuzte, erhielt ich durch Zersezung des essigsauren
Kalks. Er wurde oͤfters im Marienbade uͤber Chlorcalium rectificirt,
war vollkommen klar, farblos und kochte bei 56° C. bei einem Barometerstande
von 0,76 M.
Die Dichtigkeit seines Dampfes ergab sich bei zwei Versuchen, die mit dem Apparate
des Hrn. Gay-Lussac angestellt wurden, zu 2,006
und 1,9989.
0,115 Brenzessiggeist gaben 139 Kub. Cent. Kohlensaͤure bei 15° C. und einem
Barometerstande von 0,774 M., wenn das Gas feucht war; er enthaͤlt demnach
62,42 Procent Kohlenstoff.
179 Kub. Cent. Brenzessiggeistdampf wiegen bei 0° C. und 0,76 M.
Barometerstand 0,4696 Gr.; der Liter wiegt also 2,623 Gr. und die Dichtigkeit des
Dampfes dieses Koͤrpers ist 2,019.
0,434 Brenzessigeist gaben bei der Zersezung mit Kupferoxyd 0,398 Wasser; er
enthaͤlt demnach 10,2 Procent Wasserstoff. Ein zweiter Versuch gab dasselbe
Resultat.
Seit einiger Zeit bediene ich mich neben den alten Methoden mit dem besten Erfolg
auch des Apparates des Hrn. Liebig. Ich erhielt damit
folgende Resultate:
0,594 Brenzessiggeist gaben 0,540 Wasser und 1,335 Kohlensaͤure; dieß
entspricht 10,09 Procent Wasserstoff und 62,2 Procent Kohlenstoff.
0,460 Brenzessiggeist gaben 0,420 Wasser und 1,030 Kohlensaͤure; dieß
entspricht 10,1 Procent Wasserstoff und 61,95 Procent Kohlenstoff.
Der Brenzessiggeist enthaͤlt also:
Berechnet.
Gefunden.
3 Vol. Kohlenstoff
1,263
62,55
62,44
3 Vol. Wasserstoff
0,2064
10,20
10,20
1/2 Vol. Sauerstoff
0,5513
27,25
27,36
––––––
––––––
––––––
2,0207
100,00
100,00
Die berechnete Dichtigkeit 2,020 entfernt sich wenig von derjenigen, die der Versuch
ergibt, und welche gleich 2,019 oder wenigstens 1,989 ist.
Wenn man von einem Atom trokner Essigsaure H⁶C³O³ zwei Vol.
Kohlensaͤure C²O² abzieht, bleiben H⁶C⁶O, heißt 2
Vol. Brenzessiggeist.
Vervierfacht man diese Menge Brenzessiggeist, so hat man
C²H²⁴O⁴, welche sich durch C²H⁶O³ +
H¹⁶C¹⁶ + H²O darstellen lassen, so daß man
annehmen kann, daß der Brenzessiggeist eine Art Essigaͤther ist.
Auf diesen Schluß kam auch Hr. Matteucci,Polytechnisches Journal Bd. XLI. S.
270. A. d. R. aber seine Formel stimmt mit der meinigen nur in so fern uͤberein,
daß wir beide geneigt sind, ihn als einen Essigaͤther zu betrachten, welcher
durch einen eigenthuͤmlichen Kohlenwasserstoff gebildet wird.
Das gruͤne Oehl, welches Hr. Matteucci durch
Behandlung des Brenzessiggeistes mit Kalium oder Kali erhielt, ist keineswegs der
Kohlenwasserstoff, welcher nach seiner Vermuthung ganz gebildet in diesem
Koͤrper vorhanden ist, sondern bloß eine Aufloͤsung eines braunen, klebrigen, harzartigen
Productes in Brenzessiggeist, welches mehrere Substanzen aus dem Brenzessiggeist
absondern.
Wenn bei meiner Analyse ein Bestandtheil des Brenzessiggeistes nicht genau bestimmt
wurde, so kann es nur der Wasserstoff seyn, dessen Quantitaͤt zu hoch
ausgefallen seyn mag, weil es nicht moͤglich ist, die
Verbrennungsroͤhren, auszutroknen, nachdem die zu untersuchende Substanz
hineingebracht wurde. Die Dichtigkeit des Dampfes stimmt aber so gut mit der Analyse
uͤberein, daß man nicht ohne Irrthum annehmen koͤnnte, daß der
Brenzessiggeist nur 5 Atome Wasserstoff enthaͤlt.In England wird sehr haͤufig Brenzessiggeist statt Weingeist als
Brennmaterial fuͤr Lampen benuzt; man erhaͤlt ihn
naͤmlich bei dem Calciniren des essigsauren Natrons in den
Holzsaͤurefabriken als Nebenproduct. A. d. R.