Titel: | Abhandlung über die Gummiarten; von Hrn. R. T. Guérin. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XXXIX., S. 127 |
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XXXIX.
Abhandlung uͤber die Gummiarten; von Hrn.
R. T.
Guérin.
Aus den Annales de Chemie et de Physique. Maͤrz
1832, S. 243.
Guérin, uͤber die Gummiarten.
Einleitung.
Wenn man bedenkt, welche wichtige Rolle die Gummiarten in dem Pflanzenreiche spielen,
so muß man sich wundern, daß nur so wenige Untersuchungen uͤber sie
angestellt wurden. Nur Fourcroy, Vauquelin und Thomson haben sich speciell mit gewissen Gummiarten
beschaͤftigt; andere Chemiker haben uͤber einige derselben einzelne
Versuche angestellt, aber nirgends findet man eine umfassende Arbeit uͤber
diese Substanzen.
Es fehlt bisher noch an genuͤgenden Kennzeichen, wodurch man die in die
Gattung Gummi gehoͤrenden Pflanzensubstanzen von einander unterscheiden kann;
um dieß zu beweisen, brauche ich nur das Hauptergebniß der bisher uͤber sie
angestellten Untersuchungen darzulegen.
Fourcroy brachte in die Gattung Gummi oder Schleim folgende Arten oder Varietaͤten: Das
Landgummi (naͤmlich von Kirschen und Zwetschenbaͤumen), das arabische
Gummi und das Traganthgummi; dazu fuͤgte er noch den Schleim der Leinsamen,
Lilienzwiebeln etc., welche man gewoͤhnlich als Gummiarten betrachtet, die
aus den Pflanzen mittelst Wasser ausgezogen sind.
Man sieht nicht ein, warum Fourcroy aus dem Landgummi eine
eigene Art machte, da er keinen Versuch uͤber diese Substanz anfuͤhrt;
er sagt bloß, daß sie, gut ausgewaͤhlt, das arabische Gummi ersezen
koͤnne; er schien also zu glauben, daß sie diesem lezteren analog sey. Dieser
beruͤhmte Chemiker unterwarf das arabische Gummi der troknen Destillation und
erhielt außer den uͤbrigen Substanzen, welche die nicht stikstoffhaltigen
Pflanzensubstanzen bei der Einwirkung der Hize geben, auch Essigsaͤure. 100
Theile arabisches Gummi lieferten ihm durch Behandlung mit Salpetersaͤure 14
bis 26 Theile Schleimsaͤure nebst Aepfelsaͤure und Kleesaͤure;
die Schleimsaͤure wurde durch Kochen mit Salpetersaͤure nicht
veraͤndert. Als entfernte Bestandtheile fand er in 100 Theilen arabischen
Gummis:
Kohlenstoff
23,08
Wasserstoff
11,54
Sauerstoff
65,33
––––––
100,00.
Er fuͤhrt jedoch bei diesen Versuchen nicht eine einzige Eigenschaft an,
wodurch man diese Art von der vorhergehenden unterscheiden koͤnnte.
Das Traganthgummi betrachtet er als eine eigene Art, weil es sich von den beiden
ersteren durch seine Form unterscheidet, sich schwieriger aufloͤst und eine
klebrigere Aufloͤsung bildet als das arabische Gummi, auch reiner als dieses
leztere ist.
Hr. Thomson brachte alle Gummiarten in drei Gattungen,
naͤmlich:
1) Die Gattung Gummi, wohin das arabische Gummi, das Senegalgummi und das Gummi der
strulia urens gehoͤrt.
2) Die Gattung Schleim, wohin der Schleim der Leinsamen,
Quittensamen, der Wurzeln von hyacinthus non scriptus,
von althea officinalis, von vielen frucus und Flechten gehoͤrt.
3) Die Gattung Cerasin, wohin das Traganthgummi und das
Landgummi gehoͤren.
Man findet bei naͤherer Pruͤfung dieser Eintheilung der Gummiarten, daß
das Traganthgummi, welches in die Gattung Cerasin gebracht wurde, nicht als
naͤherer Bestandtheil des Pflanzenreichs angesehen werden kann, weil es nach
den Versuchen von Bucholz aus zwei verschiedenen
Substanzen besteht, wovon der eine in Wasser aufloͤslich, der andere aber
unaufloͤslich ist.
Nach Thomson unterscheidet sich das Senegalgummi von dem
arabischen Gummi nur durch eine dunklere Farbe und dadurch, daß es in
groͤßeren Stuͤken als lezteres vorkommt; es ist folglich kein
hinreichender Grund vorhanden, aus ihnen zwei Arten zu machen.
Da das Gummi der strulia urens mit kaltem Wasser eine
Gallerte bildet, wie das Traganthgummi, und da das arabische Gummi in kaltem Wasser
aufloͤslich ist, so sieht man nicht ein, warum der englische Chemiker
ersteres nicht als eine Art von Cerasin betrachtete.
Auch ist die Trennung der Gattung Schleim von den Arten
der Gattung Gummi ungegruͤndet; denn Hr. Thomson gibt erstens gar kein Verfahren an, wodurch man
diese beiden Gattungen von einander unterscheiden koͤnnte (er sagt bloß, daß
das arabische Gummi das kieselsaure Kali niederschlaͤgt, waͤhrend der
Leinsamenschleim es nicht faͤllt; lezteres Resultat habe ich aber nicht
bestaͤttigt gefunden). Außerdem liefern die Substanzen, welche er als Arten
der Gattung Gummi betrachtet, Schleimsaͤure, gerade so wie der
Leinsamenschleim, den er als die reinste Art seiner Gattung Schleim ansieht,
waͤhrend der Schleim von Flechten, eine andere Species des Schleimstoffs,
nach den Versuchen von Berzelius mit dem Schleim des lichen islandicus keine Schleimsaͤure gibt.
Vauquelin behandelte das Bassoragummi mit Wasser, sowohl
in der Kaͤlte als in der Waͤrme, und gibt an, daß es darin
unaufloͤslich ist. Man betrachtet es daher als eine besondere Art, welche man
Bassorin nennt.
Nach mehreren Chemikern sind die Gummiarten in den Samen und Wurzeln theils dem
arabischen, theils dem Traganthgummi aͤhnlich.
Zur Gattung Gummi zaͤhlt man auch einige Substanzen, die bei der Einwirkung
der Schwefelsaͤure auf den Holzstoff und das arabische Gummi selbst erhalten
werden.
Hr. Couverchel endlich vermengte
Kartoffelstaͤrkmehl mit Weinsteinsaͤure und Wasser in geeigneten
Verhaͤltnissen und erhielt mittelst der Waͤrme eine gallertartige
Substanz, welche Hr. Robiquet fuͤr das Normalgummi
ansteht. Sie hat naͤmlich die Eigenschaft, durch
Behandlung mit Salpetersaͤure nur Kleesaͤure zu liefern, weßwegen
Hr. Robiquet vermuthet, daß die Gummiarten und besonders das arabische Gummi
wohl aus Normalgummi und einer ihm fremdartigen Substanz bestehen
duͤrften; leztere wuͤrde dann die Bildung von Schleimsaͤure
veranlassen.
Aus dem bisher Mitgetheilten geht offenbar hervor, daß wenn die Chemiker so viele
Gattungen fuͤr die Gummiarten aufgestellt haben, die Ursache davon diese war,
daß sie sich keine richtige Vorstellung von der Art hinsichtlich ihrer
naͤheren Bestandtheile machten, und dann daß sie den Werth der Eigenschaften,
die sie waͤhlten, um diese Substanzen von einander zu unterscheiden, nicht
gehoͤrig abwogen. Die ihnen zugeschriebenen charakteristischen Eigenschaften
sind naͤmlich theils von der Gestalt, der Farbe und dem Geschmak, theils von
der Durchsichtigkeit, Aufloͤslichkeit oder Unaufloͤslichkeit in Wasser
hergenommen. Unter allen diesen physischen Eigenschaften ist ohne Zweifel die
krystallinische Gestalt noch von der groͤßten Bedeutung: sie kann in gewissen Faͤllen
dienen, um Substanzen von einander zu unterscheiden, aber sie ist fuͤr sich
allein unzureichend, um sie zu classificiren.
Ueber die Classification der organischen Substanzen in
Gattungen.
Wenn die physischen Eigenschaften unzureichend sind, um die Substanzen zu
classificiren, so muß man natuͤrlich ihre chemischen Eigenschaften zu
Huͤlfe nehmen. Unter lezteren sind einige von untergeordnetem Werth. Andere
hingegen sind charakteristisch, z.B. die Eigenschaft der organischen Substanzen sich
durch gewisse chemische Reagentien immer in dieselben neuen Producte
umzuaͤndern. Aus diese Art ist die Gattung Zuker
vollkommen charakterisirt durch die Eigenschaft der Arten, sich vermittelst Ferment
in Alkohol und Kohlensaͤure zu verwandeln. Dahin gehoͤren auch die
Eigenschaften des Oleins und Stearins, sich durch Kali in Stearinsaͤure,
Margarinsaͤure, Oehlsaͤure und in Glycerin umzuaͤndern. Da nun
diese Substanzen unter diejenigen gehoͤren, welche ihrer Natur nach am
genauesten bekannt sind, so glauben wir, daß man um eine Gattung zu charakterisiren,
bei Substanzen von einer und derselben Art hauptsaͤchlich die Eigenschaften
derselben, sich bestaͤndig in identische Producte umzuaͤndern,
beruͤcksichtigen muß.
Aus diesen Betrachtungen geht hervor, daß das arabische Gummi nicht mit dem Zuker,
Staͤrkmehl und Holzstoff verwechselt werden kann, weil es
Schleimsaͤure und Kleesaͤure liefert, waͤhrend die drei anderen
Substanzen nur diese leztere Saͤure geben.
Die Verwandlung des arabischen Gummi's in Schleimsaͤure muß also als der
Grundcharakter der Gattung Gummi, welche bloß die oben
angegebenen Substanzen umfaßt, betrachtet werden. Wir sagen, welche bloß die oben
angegebenen Substanzen umfaßt, weil der Milchzuker ebenfalls diese Eigenschaft hat;
man kann ihn aber leicht von den Gummiarten durch seine physischen Eigenschaften
unterscheiden, und besonders durch seine Eigenschaft zu krystallisiren, wodurch es
moͤglich wird, ihn in reinem Zustande zu erhalten. Ueberdieß findet sich
dieser Zuker nur in der Milch der Thiere, waͤhrend die Gummiarten bisher nur
im Pflanzenreich angetroffen wurden.
Nach dem von Hrn. Chevreul aufgestellten Princip, daß man
nur solche naͤhere Bestandteile des Pflanzenreichs als Arten betrachten darf, woraus man nicht verschiedenartige Stoffe absondern
kann, ohne offenbar ihre Natur zu veraͤndern, schließe ich daher von der
Gattung Gummi alle Substanzen aus, die durch Wasser in einen aufloͤslichen
und einen unaufloͤslichen Theil getrennt werden. Da außerdem die Stoffe,
welche sich hinsichtlich ihrer elementaren Zusammensezung den Gummiarten am meisten
naͤhern, keine Schleimsaͤure liefern, so werde ich in die Gattung Gummi nur diejenigen
Substanzen einreihen, welche diese Eigenschaften besizen.
Nach den von Hrn. Chevreul in dem Dictionnaire des Sciences naturelle und in seinem Werke Sur l'analyse organique aufgestellten Ansichten fand ich
mich veranlaßt zu untersuchen:
1) Ob die in Wasser vollkommen aufloͤslichen Gummiarten sich gegen diese
Fluͤssigkeit als reine Arten verhalten und ob sie in diesem Falle identisch
sind.
2) Ob die in kaltem Wasser aufloͤslichen Theile derjenigen Gummi arten, welche
in dieser Fluͤssigkeit sich nur theilweise aufloͤsen,
Schleimsaͤure liefern, und ob sie mit den vollkommen aufloͤslichen
Gummiarten identisch sind.
3) Ob die in Wasser unaufloͤslichen Theile der nur zum Theil
aufloͤslichen Gummiarten unter sich und mit dem Bassorin identisch sind;
endlich ob sie durch Behandlung mit Salpetersaͤure Schleim saͤure
liefern.
Das arabische, Senegal-, Traganth- und Bassoragummi waͤhlte ich
Behufs meiner Untersuchungen aus den schoͤnsten im Handel vorkommenden Sorten
aus. Die verschiedenen Sorten von Landgummi verschaffte ich mir selbst von den
verschiedenen Baumarten, die sie hervorbringen. Alle wurden gepulvert und durch ein
sehr feines Seidensieb geschlagen.
Um das in diesen Substanzen enthaltene hygrometrische Wasser zu bestimmen, brachte
ich sie in den trokenen luftleeren Raum bei 125° C., bis sie keinen
Gewichtsverlust mehr erlitten; zu diesem Versuche ist hoͤchstens eine Zeit
von 3 1/2 Stunden erforderlich. Um diese Temperatur zu erhalten, kocht man eine
Aufloͤsung von geschmolzenem salzsaurem Kalk, in seinem gleichen Gewichte
Wasser.
Wenn man mittelst der Waͤrme Substanzen austroknen will, welche durch dieses
Agens veraͤndert werden koͤnnen, so ist man immer in Gefahr sie
entweder zu wenig oder zu stark zu erhizen. Um beide Fehler zu vermeiden, troknete
ich die Gummiarten bei verschiedenen Temperaturen aus: ich fand daß Gummi bei einer
Temperatur von 100° C. im troknen luftleeren Raum weniger Wasser verliert,
als bei 125°; uͤberdieß habe ich mich uͤberzeugt, daß das auf
125° erhizte Gummi keine Veraͤnderung erlitten hatte; denn als ich es
analysirte und mit Salpetersaͤure behandelte, lieferte es dieselben Resultate
wie das bei 100° getroknete, wenn man das in lezterem noch enthaltene Wasser
abzog.
Ich wandte zu meinen Versuchen immer eine Salpetersaͤure von 1,339 spec. Gew.
bei 10° C. an.
Nach meinen Untersuchungen gibt es dreierlei Arten von Gummi, die ich in drei Kapiteln unter
der Benennung Arabin, Bassorin und Cerasin beschreiben werde.
Erstes Kapitel.Arabin.
Hr. Chevreul nannte einen naͤheren Bestandtheil des
Pflanzenreichs, welcher den groͤßten Theil des arabischen Gummi's ausmacht,
Arabin, theils um an den alten Namen der Substanz,
worin er vorkommt, zu erinnern, theils damit man diesen Stoff nicht mit dem
Handelsproduct verwechseln kann, worin er noch mit mehreren Koͤrpern
verbunden oder gemengt ist.
Eigenschaften des Arabins. Es ist farblos, geschmaklos,
geruchlos und durchsichtig; ganz ausgetroknet, zeigt es sich auf dem Bruch glasig;
alsdann ist es zerreiblich. Bei einer Temperatur zwischen 150° und
200° erweicht es und wird fadenziehend. Im feuchten Zustande ist es von
hornartigem Bruch; an trokener Luft ist es unveraͤnderlich, wird aber, wenn
man es mehrere Monate lang feuchter Luft aussezt, sauer; es loͤst sich nicht
in Alkohol auf, ist unkrystallisirbar und geht nicht in die geistige Gaͤhrung
uͤber.
Es ist unmoͤglich genau den Grad der Aufloͤslichkeit des Arabins zu
bestimmen, wie man ihn z.B. fuͤr schwefelsaures Kali bestimmt; denn wenn man
einer concentrirten Aufloͤsung von Arabin eine neue Quantitaͤt dieser
Substanz zusezt, so scheint sie sich darin aufzuloͤsen; die
Fluͤssigkeit wird aber so klebrig, daß sie sich nicht mehr durch Papier
filtriren laͤßt. Eine bei 20° bereitete Aufloͤsung geht nicht
mehr durch das Filtrirpapier, wenn sie uͤber 17,75 Theile Arabin auf 100
Theile Wasser enthaͤlt, und uͤber 23,54 Theile Arabin auf 100 Theile
Wasser bei der Temperatur von 100°.
Eine waͤsserige Aufloͤsung desselben, sie mag in der Kaͤlte oder
in der Waͤrme bereitet, concentrirt seyn oder nicht, erhaͤlt sich im
luftleeren Raume unzersezt, waͤhrend sie an der Luft sauer wird. Ich muß
jedoch bemerken, daß sie mehrere Jahre lang aufbewahrt werden kann, ohne eine
gaͤnzliche Zersezung zu erleiden.
Da Hr. Thomson das kieselsaure Kali als das beste Reagens
fuͤr Arabin betrachtet, so stellte ich vergleichende Versuche mit diesem
Salze und mit basisch essigsaurem Blei an; ich fand, daß lezteres in seiner
Aufloͤsung einen Niederschlag hervorbringt, ersteres aber nicht.
Wirkung des Chlors. – Vauquelin ließ mehrere Tage lang einen Strom Chlorgas durch eine
Aufloͤsung von arabischem Gummi streichen, die 8 Unzen Wasser und 2 Quentchen
Gummi enthielt, und fand, daß lezteres sich fast gaͤnzlich in
Citronensaͤure verwandelt hatte. Hr. Liebig
wiederholte denselben Versuch mit concentrirten und verduͤnnten Aufloͤsungen
von arabischem Gummi, ließ aber das Gas nur acht Stunden lang
hindurchstroͤmen. Er erhielt nur Kohlensaͤure und Salzsaͤure;
auch hatte sich kaum der zwanzigste Theil des Gummi's zersezt.
Da diese Resultate mit einander in Widerspruch stehen, so stellte ich folgenden
Versuch an:
Ich loͤste in der Kaͤlte 1 Theil Arabin in 50 Thl. Wasser in einer
luftdicht verschlossenen Flasche auf; in diese Aufloͤsung leitete ich
Chlorgas, das ich vorher durch Wasser streichen ließ; nach einer halben Stunde wurde
die Anfangs durchsichtige Fluͤssigkeit truͤbe; nach 10 Stunden eines
ununterbrochenen Stromes verstopfte ich die Flasche und ließ sie bei der
gewoͤhnlichen Temperatur an einem sehr dunklen Orte stehen. 24 Stunden
spaͤter war die Fluͤssigkeit wieder klar und auf dem Boden der Flasche
hatte sich ein weißer flokiger Niederschlag abgesezt. Die sauere Fluͤssigkeit
wurde filtrirt, enthielt aber nur Salzsaͤure; ich fand darin nicht die
geringste Spur Citronensaͤure.
Der weiße flokige Niederschlag roͤthete, nachdem er mit kaltem Wasser
ausgesuͤßt worden war, die Lakmustinktur und roch nach Chlor. Er schmekte
etwas stechend und hinterher bitter. Er enthielt Chlor, Stikstoff und Arabin.
Wirkung der Schwefelsaͤure. – Bekanntlich
fand Hr. Braconnot, daß wenn man den Holzstoff mit
Schwefelsaͤure behandelt, man ihn zuerst in eine dem Arabin aͤhnliche
Substanz und dann in Traubenzuker umaͤndert. Nach diesem Chemiker verwandelt
dieselbe Saͤure das Arabin in eine gummige Substanz, welche die
naͤmlichen Eigenschaften besizt wie die mittelst Holzstoff erhaltene; er
bemerkt aber nicht, ob diese gummige Substanz sich auch noch in Traubenzuker
umaͤndern laͤßt.
Da der Holzstoff und das Arabin in ihrer Zusammensezung so wenig von einander
abweichen, so vermuthete ich, daß lezteres durch gehoͤrige Behandlung mit
Schwefelsaͤure in Traubenzuker umgeaͤndert werden kann. Ich befolgte
also das Verfahren, welches Hr. Braconnot zur Verwandlung
der Lumpen in Zuker vorschreibt und wandte dieselben Verhaͤltnisse an. Ich
erhielt eine geistige syrupartige, etwas sauere Fluͤssigkeit, die
koͤrnige Krystalle von zukerigem Geschmak gab. Diese Krystalle konnten aber
mittelst Bierhefe nicht in die geistige Gaͤhrung uͤbergefuͤhrt
werden.
Hr. Couverchel behandelte das Landgummi mit
Schwefelsaͤure und verwandelte es dadurch in eine zukerige Substanz,
aͤhnlich derjenigen, welche man mit Staͤrkmehl und
Schwefelsaͤure erhaͤlt. Da er beifuͤgt, daß man anstatt der
Pflanzensaͤuren auch Mineralsaͤuren anwenden kann, so haͤtte
ich auf die naͤmlichen Resultate wie dieser Chemiker kommen sollen, der
uͤbrigens nicht angibt, daß er diese zukerige Substanz in die geistige
Gaͤhrung uͤberzufuͤhren suchte.
Wirkung der Salpetersaͤure. – Um zu
erfahren, welches Verhaͤltniß von Salpetersaͤure man anwenden muß, um
moͤglichst viel Schleimsaͤure zu erhalten, stellte ich zahlreiche
Versuche an, die folgendes Resultat lieferten:
Mit seinem gleichen Gewicht Salpetersaͤure in der Waͤrme behandelt,
wird das Arabin nicht gaͤnzlich zersezt. Mit seinem doppelten Gewichte
behandelt, gibt es Schleimsaͤure und eine Saͤure, die Scheele als identisch mit der Aepfelsaͤure
betrachtete. (Es blieb nun noch zu untersuchen uͤbrig, ob diese Saͤure
dieselbe ist, wie die krystallisirbare Aepfelsaͤure in den Fruͤchten,
was ich weiter unten thun werde.) Mit seinem vierfachen Gewichte
Salpetersaͤure behandelt, liefert es am meisten Schleimsaͤure und ein
wenig Kleesaͤure.
100 Theile Arabin mit 400 Thln. Salpetersaͤure erhizt geben 16,88 Thle.
Schleimsaͤure und ein wenig Kleesaͤure. Wendet man eine
groͤßere Menge Salpetersaͤure an, so erhaͤlt man weniger
Schleimsaͤure und mehr Kleesaͤure. Lezteres Resultat stimmt mit dem
Versuche von Cruikshanks uͤberein, welcher 31
Gramme arabisches Gummi mit ihrem sechsfachen Gewichte Salpetersaͤure
behandelte und dadurch 14 Gramme Kleesaͤure nebst etwas Schleimsaͤure
erhielt.
Zusammensezung des Arabins.
Kohlenstoff
43,81
6 Atome
Sauerstoff
49,85
5 –
Wasserstoff
6,20
10 –
Stikstoff
0,14
–––––––
100,00.
Da der Stikstoff darin in so geringer Menge vorkommt, so betrachte ich ihn als
fremdartigen Bestandtheil.
Anhang.
§. 1. Arabisches
Gummi.
Eigenschaften des Gummi's. – Seine Dichtigkeit
ist 1,355. Es ist bald farblos, bald gelb, roth oder braun gefaͤrbt;
diese Farben verschwinden, wenn es lange Zeit den Sonnenstrahlen ausgesezt wird,
und noch besser bei einer Temperatur von 100° befeuchtet, roͤthet
es das Lakmuspapier; bisweilen hat es einen sauren Geschmak.
Die waͤsserige Aufloͤsung desselben ist selbst nach dem Filtriren
noch immer etwas truͤbe, wahrscheinlich weil mit dem Arabin eine geringe
Menge einer unaufloͤslichen Substanz durch das Filter geht. Die
unaufloͤsliche Substanz, wovon ein großer Theil auf dem Filter
zuruͤkbleibt, gibt beim Erhizen Ammoniak. Dieser Versuch stimmt mit den
Beobachtungen von Saussure und Vauquelin uͤberein, welche eine stickstoffhaltige Substanz in
diesem Gummi fanden.
Wirkung des Alkohols. – Behandelt man das
arabische Gummi wiederholt mit concentrirtem, kochendem Alkohol, so loͤst
sich darin saurer aͤpfelsaurer Kalk, Chlorcalcium, Chlorkalium,
essigsaures Kali, Chlorophyll und eine dem Wachs aͤhnliche Substanz
auf.
Wirkung des Chlors. – Gießt man einige Tropfen
einer concentrirten Chloraufloͤsung in eine gefaͤrbte
Aufloͤsung von arabischem Gummi, so entfaͤrbt sie sich. Kocht man
diese Aufloͤsung ungefaͤhr eine halbe Stunde lang, um das Chlor
und die Salzsaͤure zu verjagen (?), so kann sie ohne Nachtheil in den
Kuͤnsten angewendet werden.
Naͤhere Bestandtheile desselben.
Wasser
17,60
Asche
3,00
Arabin
79,40
––––––
100,00.
Die HH. Gay-Lussac und Thenard fanden:
Wasser
13,43
Asche
2,41
Arabin
84,16
––––––
100,00.
Da diese beruͤhmten Chemiker das Gummi bei 100° in der Luft
austrokneten, ich hingegen in dem troknen luftleeren Raume bei 125, so darf man
sich nicht wundern, daß ich mehr hygrometrisches Wasser erhielt.
Die Quantitaͤt Asche, die ich fand, ist ganz dieselbe, welche Vauquelin erhielt.
Untersuchung der Asche. – Sie enthaͤlt
kohlensaures Kali, kohlensauren Kalk, sehr wenig phosphorsauren Kalk,
Chlorkalium, Eisenoxyd, Alaunerde, Kieselerde und Bittererde. Vauquelin bemerkt in einer Abhandlung im 54sten Band
der Annales de Chimie daß das arabische Gummi beim
Einaͤschern kein Kali liefert; ich untersuchte daher eine Menge
verschieden gefaͤrbter Muster von diesem Gummi, fand aber immer viel
kohlensaures Kali in der Asche.
§. 2. Senegalgummi.
Eigenschaften des Gummi. – Seine Dichtigkeit
ist 1,436. Es kommt in Stuͤken, bisweilen von der Groͤße der Faust
vor, die eine eifoͤrmige Gestalt haben und oft hohl sind. Im Uebrigen hat
es die naͤmlichen Eigenschaften wie das arabische Gummi.
100 Theile Wasser loͤsen davon bei 20°, 18,49 Theile, und bei
100°, 24,17 Thle. auf.
Kochender Alkohol, Chlor, Schwefelsaͤure und Salpetersaͤure wirken
auf dieses Gummi wie auf das arabische Gummi.
100 Theile davon mit 500 Thln. Salpetersaͤure erhizt geben 16,70 Thle.
Schleimsaͤure und Kleesaͤure.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
16,40
Asche
2,80
Arabin
81,10
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
43,59
6 Atome
Sauerstoff
50,07
5 –
Wasserstoff
6,23
10 –
Stikstoff
0,11
–––––––
100,00.
Dieses Gummi weicht also hinsichtlich seiner Zusammensezung wenig von dem Arabin
ab. Seine Asche enthaͤlt die naͤmlichen Substanzen wie die von
arabischem Gummi.
§. 3. Schleim der
Leinsamen.
Eigenschaften des Schleims. – Im Marienbade
ausgetroknet, bildet er roͤthliche, bruͤchige, leicht
pulverisirbare Stuͤke, die einen eigenthuͤmlichen Geruch haben,
welchen Vauquelin mit dem des Osmazoms verglich; er
kracht unter den Zaͤhnen, roͤthet das Lakmus, blaͤht sich
im Wasser betraͤchtlich auf und verdikt es sehr. Er ist in Alkohol
unaufloͤslich und unkrystallisirbar; er wird weder durch
Gallaͤpfeltinktur noch durch Chlor gefaͤllt; durch Jod
faͤrbt er sich nicht blau. Bedient man sich aber zu seiner Bereitung
anstatt der kaͤuflichen Leinsamen, des kaͤuflichen Leinsamenmehls,
so faͤrbt er sich blau, ohne Zweifel weil dieses Mehl mit dem Mehl von
Getreidearten vermengt ist.
Dieser Schleim trennt sich sowohl durch kaltes als durch warmes Wasser in zwei
Theile, wovon der eine aufloͤslich und der andere unaufloͤslich
ist. Da dieser leztere durch Behandlung mit Salpetersaͤure keine
Schleimsaͤure liefert, so habe ich ihn nicht weiter untersucht.
In einer Glasroͤhre erhizt gibt er Ammoniak.
Bereitung. – Man behandelt einen Theil
gereinigter Leinsamen bei 50 bis 60° eine halbe Stunde lang mit acht
Theilen Wasser; den erhaltenen sauren, sehr diken Schleim preßt man durch
weitgewobene Leinwand. Das auf der Leinwand Zuruͤkgebliebene wird
neuerdings mit derselben Menge Wasser wie Anfangs und eben so lang behandelt und
dann wieder durch Leinwand gepreßt. Nachdem man nochmals eine solche
Behandlung vorgenommen hat, wirft man den Samen weg. Dieser Schleim wird nun im
Marienbade in einer Porzellanschale schnell abgedampft; man darf kein
Gefaͤß aus Metall anwenden, weil sich die Substanz so fest an lezteres
anlegen wuͤrde, daß sie sehr schwer davon losgemacht werden
koͤnnte.
Mit Salpetersaͤure behandelt liefert er Schleimsaͤure.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
10,30
Asche
7,11
Aufloͤsliche Theile
52,70
Unaufloͤsliche Theile
29,89
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
34,30
34,30
Stikstoff
7,27
7,27
SauerstoffWasserstoff
52,78
5,65
WasserSauerstoff
50,88
7,55
––––––
––––––
100,00
100,00.
Die Asche enthaͤlt kohlensaures Kali, kohlensauren Kalk, phosphorsauren
Kalk, Chlorkalium, schwefelsaures Kali, Eisenoxyd, Alaunerde und Kieselerde.
Artikel I.
Aufloͤslicher Theil des
gereinigten Leinsamens.
Eigenschaften. – 100 Theile Wasser
loͤsen davon bei 20° 18,01 Theile und bei 100° 23,71 Theile
auf. 100 Theile mit 400 Theilen Salpetersaͤure erhizt, geben 14,25 Theile
Schleimsaͤure und Kleesaͤure.
Im Uebrigen hat es dieselben Eigenschaften wie das Arabin.
Bereitung. – Man nimmt auf einen Theil
Leinsamen hundert Theile kaltes Wasser und verfaͤhrt uͤbrigens auf
eine aͤhnliche Art wie bei der Bereitung des aufloͤslichen Theils
des Traganthgummi's.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
14,00
Asche
18,50
Arabin und stickstoffhaltige
Substanz
67,50
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
44,75
6 Atome
Stikstoff
1,01
– –
Sauerstoff
48,68
5 –
Wasserstoff
5,56
9 –
–––––––
100,00.
Wahrscheinlich ruͤhrt der Stikstoff von dem unaufloͤslichen Theil
her, welcher mit Huͤlfe des aufloͤslichen durch das Filter
geht.
Zweites Kapitel.Bassorin.
Eigenschaften. – Es ist fest, farblos,
halbdurchsichtig, geschmaklos, geruchlos, unkrystallisirbar, schwer zu pulvern.
Weder in kaltem noch in heißem Wasser loͤst es sich auf, sondern verschlukt
es bloß und blaͤht sich betraͤchtlich auf. Der Alkohol loͤst es
nicht auf, es geht nicht in die geistige Gaͤhrung uͤber.
100 Theile davon mit 1000 Thln. Salpetersaͤure erhizt, gaben 22,61 Thle.
Schleimsaͤure und Kleesaͤure.
Durch Behandlung desselben mit Schwefelsaͤure erhaͤlt man eine
krystallisirbare Substanz von zukerigem Geschmak, welche nicht in die geistige
Gaͤhrung uͤbergeht.
Bereitung. – Man behandelt das Bassoragummi in der
Kaͤlte mit vielem Wasser so lang, bis das Wasser diesem Gummi nichts mehr
entzieht; alsdann laͤßt man den Ruͤkstand abtropfen, troknet ihn
zwischen Leinwand und erhizt ihn in einer silbernen Schale im Marienbade, um das
Wasser vollends auszutreiben.
Zusammensezung desselben.
Kohlenstoff
37,28
10 Atome.
Sauerstoff
55,87
11 –
Wasserstoff
6,85
22 –
–––––––
100,00.
Bemerkung. – Hr. Pelletier hat aus den Gummiharzen eine Substanz ausgezogen, der er den
Namen Bassorin beilegte; sie hat mehrere Eigenschaften
mit der oben beschriebenen gemein; da er aber weder ihre elementare Zusammensezung
ausgemittelt noch versucht hat, ob sie durch Behandlung mit Salpetersaͤure
Schleimsaͤure liefert, so kann man nicht bestimmt sagen, ob sie mit dem
unaufloͤslichen Theil des Bassoragummi's identisch ist. Jedenfalls verstehe
ich unter Bassorin den in Wasser unaufloͤslichen
organischen Theil des kaͤuflichen Bassoragummi's.
Anhang.
§. 1. Bassoragummi.
Eigenschaften. – Seine Dichtigkeit ist 1,359.
Es ist schwach gelblich weiß und kommt in Stuͤken von mittlerer
Groͤße vor, welche theils hohl, theils gefurcht, theils ausgewachsen
sind.
Vauquelin ließ dieses Gummi fuͤnf Tage lang in
kaltem Wasser aufweichen, und fand, daß sich nicht die geringste Menge davon
aufgeloͤst hatte; dasselbe war bei kochendem Wasser der Fall. Da diese
Resultate mit meinen Versuchen nicht uͤbereinstimmten, so wiederholte ich
dieselben oͤfters, erhielt aber immer zwei Theile, einen
aufloͤslichen und einen unaufloͤslichen.
Das Bassoragummi blaͤht sich im Wasser stark auf, kochender Alkohol zieht
daraus Chlorophyll, eine dem Wachs aͤhnliche Substanz, essigsaures Kali,
Chlorcalcium und sauren aͤpfelsauren Kalk aus.
Naͤhere Bestandtheile desselben.
Wasser
21,89
Asche
5,60
Arabin
11,20
Bassorin
61,31
–––––––
100,00.
Artikel I.
Aufloͤslicher Theil des Bassoragummi's.
Seine Eigenschaften sind denjenigen des Arabins aͤhnlich. 100 Theile
Wasser loͤsen davon bei 20°, 17,28 Theile und bei 100°,
22,98 Theile auf, 100 Theile mit 400 Thln. Salpetersaͤure erhizt,
lieferten 15,42 Thle. Schleimsaͤure und Kleesaͤure.
Bereitung. – Man laͤßt das Bassoragummi
eine Stunde lang in 100 Theilen kalten Wassers weichen, indem man von Zeit zu
Zeit umruͤhrt; man gießt die Fluͤssigkeit ab und filtrirt sie
durch Papier. Die filtrirte Fluͤssigkeit wird im Marienbade schnell zur
Trokniß abgedampft. Diese Behandlung sezt man so lange fort, bis das Wasser
keine organische Substanz mehr aufloͤst. Wuͤrde man die
Aufloͤsung uͤber 24 bis 36 Stunden erhizten, ohne sie zur Trokniß
abzudampfen, so koͤnnte sie sich veraͤndern und sauer werden.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
12,30
Asche
6,50
Arabin
81,20
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
45,46
6 Atome.
Sauerstoff
50,28
5 –
Wasserstoff
6,26
10 –
–––––––
100,00.
Dieses Gummi ist also mit dem Arabin identisch.
Artikel II.
Unaufloͤslicher Theil des Bassoragummi's.
Er besteht aus Bassorin, welches noch phosphorsauren Kalk, Alaunerde, Kieselerde,
Eisenoxyd und Bittererde zuruͤkhaͤlt.
§. 2. Traganthgummi.
Eigenschaften.– Seine Dichtigkeit ist 1,384.
Bei einer Temperatur zwischen 40 und 50° C. laͤßt es sich leichter
pulvern, als bei der gewoͤhnlichen Temperatur; im Wasser blaͤht es
sich außerordentlich auf und bildet damit einen sehr diken Schleim. Sezt man
diesen Schleim der Luft aus, so verbreitet er nach einigen Wochen, besonders an
einem warmen Orte, einen aͤhnlichen Geruch wie man beim Staͤrkmehl
und der Buttersaͤure unter denselben Umstaͤnden beobachtet.
Kocht man Traganthgummi mit Wasser, so daß man einen diken Kleister
erhaͤlt, und gießt einige Tropfen einer Aufloͤsung von Jod in
Alkohol darauf, so wird der beruͤhrte Theil zuerst dunkelblau und es
zeigen sich dieselben Erscheinungen wie bei dem Staͤrkmehl. Man kennt
diese Eigenschaft des Traganthgummi's schon lange, wußte aber nicht, daß sie nur
von dem unaufloͤslichen Theil dieses Gummis herruͤhrt; auch war
nicht dargethan, daß es Staͤrkmehl enthaͤlt. Um lezteres zu
entdeken, bediente ich mich des Mikroskops des Hrn. Raspail und befolgte auch das Verfahren, welches er bei seinen
Untersuchungen uͤber das Staͤrkmehl vorgezeichnet hat.
Wenn man ein sehr duͤnnes Stuͤk Traganthgummi mit bloßem Auge
betrachtet, so bemerkt man keine regelmaͤßige Form; mit dem Mikroskop
sieht man aber hie und da kleine zugerundete Koͤrner, denjenigen des
Staͤrkmehls aͤhnlich, unter anderen groͤßeren
Koͤrnern von laͤnglicher Gestalt. Meistens bilden diese kleinen
Koͤrner Gruppen unter sich. Gießt man Wasser darauf, so blaͤhen
sie sich betraͤchtlich auf, verschmelzen unter einander und es erscheint
eine klebrige Substanz.
Wenn man befeuchtetes Traganthgummi moͤglichst fein zertheilt hat und auf
den Gegenstandstraͤger neben einige Kuͤgelchen Staͤrkmehl
legt, aber so, daß sich diese beiden Substanzen nicht beruͤhren, und sie
sodann mit einem Tropfen Jodaufloͤsung begießt, so faͤrbt sich das
Staͤrkmehl gaͤnzlich blau, waͤhrend bei dem Gummi nur die
zugerundeten Koͤrner diese Farbe annehmen; die laͤnglichen
Koͤrner bleiben immer weiß, wenn man auch noch so viel Jod zusezt.
Hr. Raspail fand, daß wenn man Staͤrkmehl mit
Wasser in ein Uhrglas bringt, sodann gelinde erwaͤrmt und mit dem
Mikroskop betrachtet, die Kaͤrner sich ausdehnen, durchsichtiger werden,
sich abplatten, und eine klebrige Substanz ausschwizen. Nimmt man statt des
Staͤrkmehls befeuchtetes und sehr zertheiltes Traganthgummi, so finden
diese Erscheinungen auch bei den zugerundeten Koͤrnern Statt; die andern sind
hingegen immer consistenter und blaͤhen sich nicht so auf.
Um zu erfahren, ob sich das Traganthgummi gegen heißes Wasser wie das
Staͤrkmehl verhaͤlt, kochte ich es eine Stunde lang mit feinem
40fachen Gewichte Wasser und Dritte die Fluͤssigkeit durch ein dreifaches
Filter. Die filtrirte Fluͤssigkeit war sehr durchsichtig und
faͤrbte sich durch Jod nicht, waͤhrend der unaufloͤsliche
auf dem Filter zuruͤkgebliebene Theil sich immer blaufaͤrbte.
Zusammensezung desselben.
Wasser
11,10
Asche
2,50
Arabin
53,30
Bassorin und unaufloͤsliches
Staͤrkmehl
33,10
––––––
100,00.
Die Asche enthaͤlt dieselben Substanzen wie bei anderen Gummiarten. Bucholz, welcher eine Abhandlung uͤber das
Traganthgummi schrieb, fand es bestehend aus:
Aufloͤslicher Theil
57
Unaufloͤslicher Theil
45
––––
100.
Dieser Chemiker betrachtet als gummigen Theil alles, was sich im Wasser
aufloͤst, und bestimmte daher den Gewichtsunterschied zwischen dem
Traganthgummi und dem Ruͤkstand, welchen die waͤsserige
Aufloͤsung beim Abdampfen zur Trokniß hinterließ; dieser
Gewichtsunterschied ist nach ihm der unaufloͤsliche Theil dieses Gummi's,
den er den gallertartigen nennt und fuͤr eine
besondere Substanz haͤlt, obgleich er keine weiteren Versuche anstellte,
um seine Natur zu ermitteln. Bei dieser Verfahrungsweise vernachlaͤssigt
er das Wasser und die in dem Traganthgummi so wie in dem aufloͤslichen
und unaufloͤslichen Theile dieses Gummi's enthaltene Asche. Man darf sich
daher nicht wundern, daß unsere Resultate sehr von einander abweichen.
Artikel I.
Aufloͤslicher Theil des Traganthgummi's.
Eigenschaften. – Sie sind die
naͤmlichen wie die des Arabins. 100 Th. Wasser loͤsen davon bei
20°, 17,43 Th. und bei 100°, 23,34 Th. auf. 100 Th. mit 400 Th.
Salpetersaͤure erhizt, gaben 15,21 Th. Schleimsaͤure und
Kleesaͤure.
Bereitung. – Man behandelt 1 Theil
Traganthgummi kalt, mit 100 Theilen Wasser, ruͤhrt einige Zeit um, gießt
die Fluͤssigkeit ab und filtrirt sie durch Papier; diese Behandlung sezt
man so lange fort,
bis die abgegossene Fluͤssigkeit nur sehr wenig von den
aufloͤslichen Substanz mehr enthaͤlt. Die filtrirte
Fluͤssigkeit wird im Marienbade in einer silbernen Schale schnell
abgedampft.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
12,10
Asche
11,50
Arabin
76,40
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
45,01
6 Atome
Sauerstoff
50,66
5 –
Wasserstoff
6,33
10 –
–––––––
100,00.
Artikel II.
Unaufloͤslicher Theil des Traganthgummi's.
Eigenschaften.– Er bildet schmuzigweise
Schuppen, die sehr leicht gepulvert werden koͤnnen, ist
unkrystallisirbar, geruchlos, geschmaklos, an der Luft unveraͤnderlich,
in kaltem und heißem Wasser unaufloͤslich, verschlukt aber diese
Fluͤssigkeit, wobei er sich stark aufblaͤht und einen sehr diken
Schleim bildet; in Alkohol ist er unaufloͤslich und faͤrbt sich
durch Jod blau. 100 Th. mit 1000 Th. Salpetersaͤure erhizt, lieferten
22,53 Th. Schleimsaͤure und Kleesaͤure.
Bereitung. – Man richtet 20 Stunden lang einen
Wasserstrahl auf Traganthgummi, welches sich in einem Seidensieb befindet,
knetet es von Zeit zu Zeit und troknet den Ruͤkstand sodann zwischen
Leinewand; endlich erhizt man ihn im Marienbade in einer silbernen Schale um das
Wasser vollends auszutreiben.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
18,71
Asche
4,27
Bassorin und unaufloͤsliches
Staͤrkmehl
77,02
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
35,79
9 Atome
Sauerstoff
57,10
11 –
Wasserstoff
7,11
22 –
–––––––
100,00.
Drittes Kapitel.Cerasin.
Naͤhere Bestandtheile desselben.
Wasser
8,40
Asche
1,00
Cerasin
90,60
––––––
100,00.
Eigenschaften. – Es ist fest, farblos,
halbdurchsichtig, geschmaklos, geruchlos, unkrystallisirbar, leicht zu pulvern. In
Alkohol ist es unaufloͤslich und geht nicht in die geistige Waͤhrung
uͤber. In kaltem Wasser blaͤht es sich ein wenig auf, ohne sich darin
aufzuloͤsen; gegen kochendes Wasser zeigt es aber ein merkwuͤrdiges
Verhalten.
Ein Gramme Cerasin wurde mit zwei Liter Wasser in einen glaͤsernen Kolben
gebracht und derselbe sechs Stunden lang im Sieden erhalten, indem man von Zeit zu
Zeit das verdampfte Wasser zersezte; nach Verlauf dieser Zeit wurde die
durchsichtige Fluͤssigkeit in einer Platinschale zur Trokniß abgedampft; der
Ruͤkstand bestand aus:
Wasser
8,402
Asche
1,011
Arabin
90,587
–––––––
100,000.
Vergleicht man diese Zusammensezung mit derjenigen des Cerasins vor dem Kochen, so
sieht man, daß sie von einander nur um 0,011 bei der Asche und um 0,013 bei der
organischen Substanz abweichen. Nun wissen wir durch Scheele's Versuche, daß wenn man Wasser lange Zeit in einem
glaͤsernen Gefaͤße kocht, lezteres immer angegriffen wird und eine
geringe Menge seiner Bestandtheile an die Fluͤssigkeit abgibt. Die Differenz
0,013 faͤllt in die Beobachtungsfehler.
Wenn man, nachdem das Cerasin in kochendem Wasser aufgeloͤst wurde, den
Ruͤkstand wieder in derselben Fluͤssigkeit aufnimmt, so findet man,
daß 100 Th. Wasser bei 20°, 13,15 Th. Gummi und bei 100°, 19,03
aufloͤsen.
Beruͤksichtigt man außerdem, daß das Kirschgummi hinsichtlich seiner
Zusammensezung nur sehr wenig von dem Arabin abweicht, so kann man daraus schließen,
daß der in der Kaͤlte unaufloͤsliche Theil des Kirschgummi's in
kochendem Wasser aufloͤslich wird, ohne weder aus dem Wasser noch aus der
Luft etwas aufzunehmen und sich in Arabin verwandelt. Ich glaube, daß sich diese
Veraͤnderung aus den Umstaͤnden, unter welchen die Gummiarten
entstanden, erklaͤren laͤßt. Das arabische und das Senegalgummi fließen
naͤmlich aus gewissen Baͤumen in Laͤndern aus, wo die
Temperatur viel hoͤher ist als in unseren Klimaten und da man durch Kochen
des Cerasins mit Wasser, Arabin erhaͤlt, so ist es wahrscheinlich, daß die
kuͤnstliche Waͤrme bis auf einen gewissen Punkt die natuͤrliche
Waͤrme in Asien und Afrika ersezt.
Bereitung. – Man behandelt einen Theil Kirschgummi
mit 400 Theilen Wasser bei 20° C., laͤßt das Ganze 12 Stunden lang
stehen, wobei man von Zeit zu Zeit umruͤhrt, gießt die Fluͤssigkeit
dann ab und ersezt sie durch frisches Wasser. Diese Behandlungsart sezt man so lange
fort, bis das Wasser nichts mehr aus dem Gummi aufnimmt. Alsdann laͤßt man
den unaufloͤslichen Theil auf Leinewand abtropfen und troknet ihn im
Marienbade aus.
Der in kaltem Wasser unaufloͤsliche Theil des Kirschgummi's und der anderen
Arten von Landgummi wurde von Thomson mit dem Traganthgummi unter der
gemeinschaftlichen Benennung Cerasin vereinigt; man muß sie aber von einander
unterscheiden, denn der in Wasser unaufloͤsliche Theil des Landgummi's
liefert ungefaͤhr eben so viel Schleimsaͤure als das Arabin,
waͤhrend das Bassorin davon mehr gibt. Außerdem wird ersteres durch kochendes
Wasser nicht veraͤndert, waͤhrend lezteres dadurch aufloͤslich
und in Arabin verwandelt wird.
Ich werde also den Namen Cerasin fuͤr denjenigen Bestandtheil des Landgummi's
beibehalten, welcher in kaltem Wasser unaufloͤslich ist.
Nach dem Vorhergehenden koͤnnte man dieses Cerasin als isomer mit dem Arabin betrachten oder daraus eine Unterart dieses lezteren
machen.
Anhang.
§. 1. Kirschgummi.
Eigenschaften. – Seine Dichtigkeit ist 1,475.
Es ist farblos, oder wie das arabische Gummi gefaͤrbt; es kommt in
zugerundeten Stuͤken von wandelbarer Groͤße vor, die denjenigen
des Senegalgummi's sehr aͤhnlich sind, oder es hat die Gestalt von
Stalaktiten. Es enthaͤlt oft Holzstuͤkchen in seinem Innern; es
roͤthet das Lakmuspapier und hat bisweilen einen sauren Geschmak. Die
Waͤrme, das Licht und das Chlor wirken auf dieses Gummi wie auf
arabisches Gummi. Bringt man es in Stuͤken in kaltes Wasser, so
blaͤht es sich langsam auf und loͤst sich nur zum Theil auf, so
viel Wasser man auch anwenden mag. Kocht man es einige Stunden lang mit vielem Wasser, so
loͤst es sich (bis auf einige Spuren Holzstoff) vollstaͤndig
auf.
Hr. Thomson sagt, daß die Aufloͤsung des
Kirschgummi's durch Alkohol nicht gefaͤllt wird, waͤhrend er sie
im Gegentheil nach meinen Versuchen stets niederschlaͤgt.
Durch Behandlung mit Alkohol, Schwefelsaͤure und Salpetersaͤure
liefert es dieselben Products wie das arabische Gummi. 100 Th. mit 400 Th.
Salpetersaͤure erhizt, gaben 15,54 Th. Schleimsaͤure und
Kleesaͤure.
Naͤhere Bestandteile.
Wasser
12,00
Asche
1,00
Arabin
52,10
Cerasin
31,90
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
43,69
6 Atome
Sauerstoff
50,08
5 –
Wasserstoff
6,23
10 –
–––––––
100,00.
Die Asche enthaͤlt dieselben Substanzen wie die von arabischem Gummi und
außerdem schwefelsaures Kali.
§. 2. Apricosengummi.
Eigenschaften. – Seine Dichtigkeit ist 1,469.
Es ist dem Kirschgummi in Allem aͤhnlich. 100 Th. mit 400 Th.
Salpetersaͤure erhizt, gaben 15,97 Th. Schleimsaͤure und
Kleesaͤure.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
6,82
Asche
3,35
Arabin und Cerasin
89,85
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
44,03
6 Atome
Sauerstoff
49,76
5 –
Wasserstoff
6,24
10 –
–––––––
100,00.
§. 3. Pflaumengummi.
Eigenschaften. – Seine Dichtigkeit ist 1,491.
Es ist in Allem dem Kirschgummi aͤhnlich. 100 Th. mit 400 Th.
Salpetersaͤure erhizt, gaben 15,78 Th. Schleimsaͤure.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
15,15
Asche
2,62
Arabin und Cerasin
82,23
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
44,56
6 Atome
Sauerstoff
49,29
5 –
Wasserstoff
6,15
10 –
–––––––
100,00.
§. 4. Pfirsichgummi.
Eigenschaften. – Seine Dichtigkeit ist 1,421.
In seinen uͤbrigen Eigenschaften gleicht es ganz dem Kirschgummi. 100 Th.
mit 400 Th. Salpetersaͤure erhizt, gaben 14,99 Th. Schleimsaͤure
und Kleesaͤure.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
14,21
Asche
3,19
Arabin und Cerasin
82,60
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
43,17
6 Atome
Sauerstoff
50,52
5 –
Wasserstoff
6,31
10 –
–––––––
100,00.
§. 5. Mandelgummi.
Eigenschaften. – Seine Dichtigkeit ist 1,53.
Es ist in Allem dem Kirschgummi aͤhnlich. 100 Th. mit 400 Th.
Salpetersaͤure erhizt, gaben 15,03 Th. Schleimsaͤure und
Kleesaͤure.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
13,79
Asche
2,97
Arabin und Cerasin
83,24
––––––
100,00.
Entfernte Bestandtheile.
Kohlenstoff
43,79
6 Atome
Sauerstoff
49,97
5 –
Wasserstoff
6,24
10 –
–––––––
100,00.
Zusaͤze.
§. 1. Milchzuker.
Naͤhere Bestandtheile.
Wasser
0,80
Asche
0,02
Milchzuker
99,18
––––––
100,00.
Da die Gummiarten und der Milchzuker die einzigen Substanzen sind, welche beim
Erhizen mit Salpetersaͤure Schleimsaͤure und Kleesaͤure
liefern, so wollte ich ausmitteln, welche von diesen Substanzen am meisten
geben.
100 Th. Wasser loͤsen bei 20°, 10,91 Th. Milchzuker und bei
100°, 96,70 Th. auf.
100 Th. Milchzuker mit 600 Th. Salpetersaͤure erhizt, geben 28,62 Th.
Schleimsaͤure (dieses ist das Maximum) nebst Kleesaͤure.
Die aus Milchzuker oder Gummi bereitete Schleimsaͤure krystallisirt aus
ihrer siedendheißen Aufloͤsung beim Erkalten in kleinen Schuppen, welche
auf ihren Raͤndern eine Menge kleiner Krystalle darbieten, die mir
Prismen mit rechtwinkeliger Basis zu seyn schienen.
§. 2. Versuche um zu bestimmen, ob die
kuͤnstliche Aepfelsaͤure mit der krystallisirbaren
Aepfelsaͤure in den Fruͤchten identisch ist.
Scheele fand, daß sich bei der Einwirkung der
Salpetersaͤure auf den Schleimstoff unter bestimmten Umstaͤnden
eine eigenthuͤmliche Saͤure bildet, die er Aepfelsaͤure
nannte. Fourcroy und Vauquelin wiederholten die Versuche dieses beruͤhmten Chemikers
und erhielten ebenfalls diese neue unkrystallisirbare Saͤure, welche sie
als identisch mit der Aepfelsaͤure in den Fruͤchten betrachteten.
Da leztere Saͤure damals noch nicht in krystallinischem Zustande erhalten
wurde, so konnte man sie mit einander verwechseln; heut zu Tage kann man aber
die Aepfelsaͤure aus den Fruͤchten krystallisirt darstellen, daher
ich es nicht fuͤr unnuͤz hielt, die kuͤnstliche
Aepfelsaͤure neuerdings zu untersuchen. Ich bereitete sie nach folgendem
Verfahren:
1 Th. arabisches Gummi wurde mit 2 Th. Salpetersaͤure, die mit der
Haͤlfte ihres Gewichts Wasser verduͤnnt waren, behandelt; ich
erhizte gelinde, bis alles Gummi aufgeloͤst war und erhielt dann die
Fluͤssigkeit waͤhrend 2 Stunden langsam im Sieden. Sie wurde nun
mit Wasser verduͤnnt, mit Ammoniak neutralisirt und mit Chlorcalcium
versezt, um die allenfalls gebildete Kleesaͤure abzuscheiden, sodann das Ganze filtrirt.
In die roͤthlichgelbe filtrirte Fluͤssigkeit goß ich neutrales
salpetersaures Blei; es entstand ein gelblicher Niederschlag, den ich durch
Leinwand filtrirte und mit vielem Wasser aussuͤßte. Ich zersezte ihn dann
durch einen Strom Schwefelwasserstoffgas (welcher zuvor durch Wasser geleitet
wurde). Die saure Fluͤssigkeit wurde filtrirt und dann bei gelinder
Waͤrme abgedampft. Die gelbliche Fluͤssigkeit wird bei dem
Abdampfen gegen das Ende immer brauner. Wenn sie hinreichend concentrirt ist,
neutralisirt man sie mit Ammoniak und dampft sie noch so weit ein, bis sie
anfaͤngt zu krystallisiren. Die schwaͤrzlichen Krystalle werden
mit kaltem Wasser ausgewaschen; durch oͤfteres Umkrystallisiren
erhaͤlt man sie farblos. Alsdann loͤst man sie in Wasser auf und
versezt die Fluͤssigkeit mit neutralem salpetersaurem Blei; man
erhaͤlt einen weißen flokigen Niederschlag, den man aussuͤßt.
Dieser Niederschlag wird in ein wenig Wasser suspendirt, durch welches man einen
Strom Schwefelwasserstoffgas leitet; dadurch erhaͤlt man eine farblose
Fluͤssigkeit, die man filtrirt und bei gelinder Waͤrme eindampft;
sie wird zulezt syrupartig, krystallisirt aber nicht.
Eigenschaften der Saͤure. – Sie ist
farblos oder schwach gelb gefaͤrbt, roͤthet das Lakmus, schmekt
der Aepfelsaͤure aͤhnlich, ist geruchlos und schwerer als Wasser.
Beim Erhizen zersezt sie sich sehr leicht und hinterlaͤßt eine schwer
einzuaͤschernde Kohle. In Wasser und Alkohol loͤst sie sich sehr
leicht auf. Kalk-, Baryt- und Strontianwasser werden von dieser
Saͤure gefaͤllt; ein geringer Saͤureuͤberschuß
loͤst den Niederschlag wieder auf.
Bleisalz. – Sie schlaͤgt das basische
und neutrale essigsaure, so wie das salpetersaure Blei in voluminoͤsen
farblosen Floken nieder; der Niederschlag ist in kaltem Wasser und in einem
Ueberschuß dieser Saͤure unaufloͤslich; in kochendem Wasser
loͤst er sich nur in geringer Menge auf und sezt sich beim Erkalten in
kleinen Schuppen ab. In einer Roͤhre erhizt, hinterlaͤßt er einen
Ruͤkstand, welcher sich nachher an der Luft entzuͤndet, wenn er
außer Beruͤhrung mit derselben erkaltete.
Saures Ammoniaksalz. – Mit Ammoniak
neutralisirt und einer gelinden Waͤrme ausgesezt, liefert diese
Saͤure ein saures Salz, das in farblosen rechtwinkeligen Prismen
krystallisirt. Es schmekt schwach sauer, loͤst sich in kaltem Wasser sehr
wenig, aber sehr leicht in kochendem auf. In Alkohol ist es
unaufloͤslich.
Bemerkung. – Da ich die Analyse dieser neuen
Saͤure nur ein einziges Mal vornehmen konnte, so will ich sie noch nicht
mittheilen, sondern meine Versuche spaͤter wieder aufnehmen. Man erhaͤlt diese
Saͤure auch, wenn man 1 Theil Rohrzuker oder 1 Theil Staͤrkmehl
mit einem halben Theil Salpetersaͤure nach dem fuͤr das Gummi
vorgeschriebenen Verfahren behandelt.
Resultate.
Bisher waren die Eigenschaften, welche ein Koͤrper besizen sollte, um
fuͤr eine Species des Gummistoffs erklaͤrt werden zu koͤnnen,
so wie die Charaktere des Gummistoffs selbst, nur auf eine sehr schwankende Weise
festgesezt. Da die Eintheilung der naͤheren Bestandtheile des Pflanzenreichs
in Gattungen, so wie man sie heut zu Tage vornehmen kann, bei weitem nicht so
wichtig ist, wie die Unterscheidung der Arten, weil diese Eintheilung bei dem
gegenwaͤrtigen Zustande der Wissenschaft nur ein Mittel ist, um die
Haupteigenschaften der Arten leichter im Gedaͤchtniß behalten zu
koͤnnen, so waͤhlt man willkuͤrlich als Typus einer Gattung eine oder mehrere chemische Eigenschaften. Die
wichtigsten darunter scheinen mir aber diejenigen zu seyn, welche sich auf die
Umaͤnderung der Arten in identische Producte
beziehen. Die Bestimmung der Art bietet hingegen weit
groͤßere Schwierigkeiten dar, als diejenige der Gattung; man muß die Natur
der Substanz, das Verhaͤltniß und die Anordnung ihrer Elemente ausgemittelt
haben, ehe man sich erklaͤren kann, ob ein naͤherer Bestandtheil des
Pflanzenreichs dieser oder jener Art angehoͤrt.
Nach diesen Betrachtungen nehme ich als Typus der Gattung
Gummi die Verwandlung in Schleimsaͤure; die Substanzen muͤssen aber,
um in diese Gattung gezaͤhlt werden zu koͤnnen, noch andere
Eigenschaften mit dem arabischen Gummi gemein haben. Ich theile die Gummiarten in
drei Typen ein, wovon zwei, das Arabin und Bassorin, als
Arten genau charakterisirt sind und die dritte, das
Cerasin, sich von dem Arabin durch seine
Unaufloͤslichkeit in kaltem Wasser unterscheidet, und sich demselben durch
seine Verwandlung in Arabin mittelst kochenden Wassers
naͤhert. Wegen dieser lezteren Eigenschaft kann man es nicht mit dem Bassorin verwechseln.
Das arabische und Senegalgummi bestehen groͤßten Theils aus Arabin, ein wenig
Chlorophyll, einer dem Wachs aͤhnlichen Substanz, essigsaurem Kali, saurem
aͤpfelsaurem Kalk (dadurch erklaͤrt es sich, warum diese Gummiarten
meisten Theils sauer sind), Spuren von stikstoffhaltiger Substanz, und aus
feuerbestaͤndigen Substanzen.
Das im Handel vorkommende Bassoragummi besteht aus Arabin, Bassorin, Chlorophyll,
einer dem Wachs aͤhnlichen Substanz, saurem aͤpfelsaurem Kalk,
essigsaurem Kali, und feuerbestaͤndigen Substanzen.
Aus meinen mit dem Traganthgummi angestellten Versuchen schließe ich:
1) Daß es theils zugerundete, theils laͤngliche Kugelchen enthaͤlt;
erstere gleichen in Gestalt und Volumen denjenigen des Kartoffel staͤrkmehls;
sie sind es allein, die sich durch Jod blau faͤrben.
2) Daß die zugerundeten Kugelchen sich von denjenigen des Kartoffelstaͤrkmehls
nur dadurch unterscheiden, daß der innere Theil der lezteren aufloͤsliches
Staͤrkmehl ist, waͤhrend derjenige der ersteren Arabin ist.
3) Daß dieses Gummi eine geringe Menge von dem unaufloͤslichen Theil des
Staͤrkmehls und Bassorin enthaͤlt.
In dem sogenannten Landgummi findet man Cerasin und Arabin.
Der Leinsamenschleim besteht aus Arabin, einer stikstoffhaltigen Substanz, und einer
in Wasser unaufloͤslichen Substanz, welche keine Schleimsaͤure
gibt.
Gießt man einige Tropfen einer gefaͤrbten Chloraufloͤsung in irgend
eine gefaͤrbte Gummiaufloͤsung, so wird sie entfaͤrbt; kocht
man die Fluͤssigkeit dann eine halbe Stunde lang, so kann man sich dieser
Aufloͤsung ohne Nachtheil zu allen Zweken bedienen.
Laͤßt man lange Zeit reines Chlorgas durch eine Aufloͤsung von
arabischem Gummi stroͤmen, so erhaͤlt man Kohlensaͤure,
Salzsaͤure, nebst einem Niederschlag, der aus Arabin, Chlor und einer
stikstoffhaltigen Substanz besteht.
Die Schwefelsaͤure aͤndert das Arabin in zwei besondere Producte um:
das eine wurde uneigentlich Gummi genannt, weil es keine Schleimsaͤure
liefert; das andere ist schwach sauer, schmekt auffallend suͤß, geht aber
nicht in die geistige Gaͤhrung uͤber.
Die Salpetersaͤure liefert, wenn man sie auf Arabin, Staͤrkmehl,
Rohrzuker einwirken laͤßt, im Anfange des Versuches keineswegs
Aepfelsaͤure, wie man gewoͤhnlich glaubt, sondern eine neue, von allen
bekannten wesentlich verschiedene Saͤure.