Titel: | Ueber die Anwendung verschiedener ungesunder und schädlicher Substanzen zum Nuzen der Landwirthschaft. Von Hrn. Payen vorgetragen in der Sizung der Société royale et centrale d'Agriculture vom 21. December 1831. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. LXXIX., S. 300 |
Download: | XML |
LXXIX.
Ueber die Anwendung verschiedener ungesunder und
schaͤdlicher Substanzen zum Nuzen der Landwirthschaft. Von Hrn. Payen vorgetragen in der Sizung
der Société royale et centrale d'Agriculture vom 21.
December 1831.
Aus dem Agriculteur-Manufacturier. October 1831
(Junius 1832), S. 38.
Payen, uͤber das Anwenden ungesunder und schaͤdlicher
Substanzen.
Ich habe bereits bei verschiedenen GelegenheitenNamentlich im Artikel Engrais des Dictionnaire technologique, und in einer
Abhandlung, die von der Société royale
et centrale d'Agriculture im J. 1830 mit dem Preise gekroͤnt
wurde. (Vergl. Polytechn. Journal Bd. XL.
S. 270.) die Resultate zahlreicher und ausgedehnter Versuche mitgetheilt, die
saͤmmtlich bewiesen, daß die organischen Koͤrper weit mehr Wirkung
hervorbringen, wenn man sie so direct als moͤglich zum Duͤngen der
Erde benuzt, als sie zu bewirken im Stande sind, wenn man dieselben mehr oder
weniger verzehrt oder verwittert anwendet, wie dieß leider ein fehlerhaftes, zu
allgemein verbreitetes, und durch lange Gewohnheit eingewurzeltes Verfahren lehrt.
Die Ansichten, die ich entwikelte, waren damals noch ganz neu, und erhielten erst
durch die Billigung, die ihnen von Seite der Société d'agriculture de Paris zu Theil wurde, eine
maͤchtige Stuͤze; sie werden aber dessen ungeachtet noch lange Zeit,
und unter verschiedenen, den einzelnen Faͤllen angepaßten Formen wiederholt
vorgebracht werden muͤssen, ehe sie allgemein Eingang finden.
Die zahlreichen Versuche, welche die Sanitaͤts-Commission des 13.
Arrondissements in 43 Landgemeinden, welche zu demselben gehoͤren, machte,
haben die Commission uͤberzeugt, daß die gewoͤhnlichsten und
hauptsaͤchlichsten Ursachen der Ungesundheit dieser Orte darin liegen, daß
das Laugen- und Seifen-Wasser, welches aus den zahlreichen
Waschanstalten kommt, und mit welchem sich noch das Spuͤlwasser, die Neigen
oder Gelaͤger der Branntweinbrennereien, der Urin der Staͤlle in
verschiedenem Verhaͤltnisse vermengen, nicht gehoͤrig ablaufen kann.
Diese in großen Gruben oder weiten, mit Koch gefuͤllten Pfuͤzen sich
sammelnden und stagnirenden Fluͤssigkeiten entwikeln waͤhrend der
Gaͤhrung nothwendig eine große Menge ungesunder und sehr laͤstiger
Gasarten.
Die vorzuͤglichsten Hindernisse gegen das Abfließen dieser
Fluͤssigkeiten bis in Kloaken oder bis in fließendes Wasser liegen in dem
Mangel eines gehoͤrigen Falles, und in der großen Kostspieligkeit der
Wasserleitungen.
Ich schlug in einer der Sizungen der Commission vor, diese mit aufloͤslichen
Salzen (wie z.B. mit Kochsalz, schwefelsaurem und schwefelwasserstoffsaurem Natron
und Ammonium, freier Schwefelwasserstoffsaͤure etc.) und organischen
Substanzen impraͤgnirten Fluͤssigkeiten zum Duͤngen cultivirter
Laͤnder zu verwenden. Dadurch wuͤrden dieselben naͤmlich
dergestalt zerstreut werden, daß die Gefahren, die deren Anhaͤufung mit sich
bringt, verschwinden muͤßten, und nebenbei wuͤrde der Landwirthschaft
ein großer Gewinn zugewendet, der ihr bisher entzogen war. Das wenige Gas, welches
sich in freier Luft aus diesen Fluͤssigkeiten entwikeln koͤnnte,
wuͤrde groͤßten Theils von den gruͤnen Theilen der Pflanzen
aufgesogen und assimilirt werden. Die Gemeinden koͤnnten das Recht, diese
Substanzen zum Duͤngen zu benuzen, vorzuͤglich unter der Bedingung
zugestehen, daß diese Benuzung das ganze Jahr uͤber keine Unterbrechung
erlitte.
Folgendes Beispiel bewies mir, daß diese Voraussezungen allerdings sehr
gegruͤndet waren. Die Gemeinde-Commission von Issy, deren
Praͤsident ich war, begab sich an den Ort, an welchem sich sonst die aus den
Doͤrfern Vanves und Issy kommenden, schmuzigen Gewaͤsser in einer
großen Grube sammelten, und fand diese Pfuͤze ungeachtet der feuchten
Jahreszeit beinahe vollkommen troken. Die Vorstaͤnde der Gemeinde wußten
natuͤrlich weder von diesem Stande der Dinge, noch von den Ursachen desselben
etwas; erst bei angestellten Nachforschungen ergab sich, daß einer der
Eigenthuͤmer, durch dessen Gruͤnde der unreine Strom ging, diesen
abgeleitet und zur Wasserung einer Wiese verwendet hatte. Wir untersuchten die
Wiese, und fanden, daß dieselbe voll Seifenwasser war, und erfuhren von dem
Eigenthuͤmer, daß er durch diese Bewaͤsserung, und durch den kostbaren
und doch so wohlfeilen Duͤnger, den er auf diese Weise erhielt, den Ertrag
seiner Wiese vervierfacht, und den Boden selbst um Vieles verbessert habe.
Aehnliche Bewaͤsserungen, die in dem Gemuͤsegarten des alten Schlosses
von Vanves vorgenommen wurden, hatten dieselben Resultate, und bewirkten einen weit
groͤßeren Ertrag an verschiedenen Gemuͤsen.
Die Commission glaubt daher, daß ein so einfaches und ausgezeichnet nuͤzliches
Mittel zur Verminderung und beinahe gaͤnzlichen Entfernung der Nachtheile,
welche das Laugen- und Seifen-Wasser mit sich bringt, allen Oekonomen
empfohlen und ebenso zur Kenntniß aller Localbehoͤrden, die sich so
thaͤtig mit Maßregeln der medicinischen Polizei beschaͤftigen,
gebracht werden sollten. Die Central-Commission des Arrondissements von
Sceaux hat den wohlthaͤtigen Einfluß, der hieraus hervorgehen duͤrfte, erkannt,
und diese Methode auch bereits an mehreren Orten, an denen sie ausfuͤhrbar
ist, empfohlen.