Titel: | Ueber ein neues zusammengeseztes Löthrohr, die pyrognostische Esse (la forge du Pyrognoste) genannt. Von Hrn. J. P. Couerbe. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XC., S. 369 |
Download: | XML |
XC.
Ueber ein neues zusammengeseztes
Loͤthrohr, die pyrognostische Esse (la forge du
Pyrognoste) genannt. Von Hrn. J. P. Couerbe.
Aus dem Journal de Pharmacie. Mai 1832, S.
277.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Couerbe, uͤber ein neues zusammengeseztes
Loͤthrohr.
Berzelius beschrieb in seinem vortrefflichen Werke
uͤber die Anwendung des Loͤthrohres mehrere Arten dieses Instrumentes,
und blieb, nachdem er dieselben genau untersucht, bei der Anwendung des Gahn'schen, als dem besten, stehen.
Dieses Loͤthrohr von Gahn, welches in Frankreich
unter dem Namen des Berzelius'schen bekannt ist, besteht
aus drei Hauptstuͤken, mit man aus Fig. 16 ersieht. Es ist
sehr einfach, laͤßt sich leicht mit sich tragen, und kostet sehr wenig. Es
wird daher auch von den meisten Mineralogen zu ihren Untersuchungen auf trokenem
Wege benuzt.
Obschon nun dieses Loͤthrohr mehrere große Vortheile gewaͤhrt, so
ergaben sich doch auch einige Maͤngel desselben, die ein eben so bescheidener
als gelehrter Beobachter, Hr. Le Bailly zu verbessern
gesucht hat. Ungeachtet dieser Verbesserung schleudert aber das Loͤthrohr des
Hrn. Le Bailly noch ebenso, wie jenes des Hrn. Gahn, Wasser an seiner Muͤndung aus; auch hat es
wie dieses den Nachtheil, daß es gerade jene Hand des Beobachters
beschaͤftigt, die am meisten Fertigkeit besizt. Die Nothwendigkeit, in der
man ist, die rechte Hand zum gehoͤrigen Halten und Leiten des
Loͤthrohres zu verwenden, schien Hrn. Berzelius
nicht sehr laͤstig, und doch muß man gestehen, daß die Ausfuͤhrung
vieler pyrognostischer Versuche dadurch leide, daß einige Versuche sich aus diesem
Grunde mit dem gewoͤhnlichen Loͤthrohre gar nicht, und viele andere
nicht so schnell anstellen lassen, als es zum vollkommenen Gelingen derselben
wuͤnschenswerth und noͤthig waͤre. Dieser Nachtheil, den
bereits Saussure und andere Chemiker bemerkten,
faͤllt zwar in den geschikten und geuͤbten Haͤnden des
beruͤhmten schwedischen Gelehrten weg; allein wie wenige Gelehrte
koͤnnen sich derselben Kenntnisse, derselben Gewandtheit und derselben
vielfachen Erfahrung ruͤhmen!
Ich fuͤr meinen Theil gestehe offenherzig, daß ich mich bei den Versuchen, die
ich mit den gewoͤhnlichen Arten von Loͤthrohren machte, immer gewisser
Maßen gehindert oder genirt fuͤhlte, und daß ich mir aus diesem Grunde manche
der glaͤsernen Instrumente, deren man bei den Analysen auf trokenem Wege
bedarf, nicht selbst verfertigen konnte. Man wird mir zwar einwenden, daß man diese
Instrumente, die sich auf einige Ballons und Roͤhren beschranken,
uͤberall, wo die Wissenschaften nur etwas betrieben werden, leicht haben
kann, und daß man sich, um nie Mangel zu haben, leicht einen Vorrath davon
anschaffen kann; allein diese Instrumente sind denn doch theuer, zerbrechen leicht,
nehmen in den Etui's fuͤr mineralogische Reisen zu viel Raum weg, wenn man
einen großen Vorrath davon mit sich fuͤhren soll, und sind uͤbrigens
doch nicht an allen Orten von gehoͤriger Guͤte und Beschaffenheit zu
haben. Es ist daher gewiß am einfachsten und wohlfeilsten, wenn man sich selbst vor
der Lampe alle Arten von Roͤhren von jedem Durchmesser verfertigen, und
denselben alle Formen geben kann, die fuͤr das Gelingen eines Versuches
wuͤnschenswerth sind.
Aus diesen Gruͤnden habe ich einige Abaͤnderungen an dem
gewoͤhnlichen Loͤthrohre angebracht, und auch ein neues ausgedacht,
welches statt der so nuͤzlichen Emaillir-Lampe angewendet werden kann.
Das Loͤthrohr, welches ich hiermit dem Urtheile der Sachverstaͤndigen
unterwerfe, scheint mir die erwaͤhnten Bedingungen ziemlich vollkommen zu
erfuͤllen, und aus diesem Grunde auch vor allen bekannten Arten den Vorzug zu
verdienen. Ich bediene mich desselben bei allen Untersuchungen, die ich mit
Mineralien anstellte.
Dieses neue Loͤthrohr, welches mit einer cylindrischen Lampe nach Art der Berzelius'schen und mit doppeltem Dochte versehen ist,
gibt, wenn man will, eine so große Flamme, daß man alle glaͤsernen
Instrumente, deren der Mineralog bedarf, an derselben verfertigen, und auch
Barometer, Thermometer, Kaͤnnchen etc. an ihr loͤthen kann. Ich will
mich jedoch nicht laͤnger bei der Aufzaͤhlung der Vortheile meines
Loͤthrohres aufhalten, sondern nur kurz bemerken, daß diese pyrognostische
Esse in vielen Faͤllen die Emaillir-Lampe ersezen kann, und daß die
Chemiker, Mineralogen, Goldarbeiter und Uhrmacher ein eben so bequemes als elegantes
Instrument an ihr finden werden.
Dessen ungeachtet hat aber dieses Loͤthrohr, zu dessen Bekanntmachung ich mich
nur durch den Rath einiger ausgezeichneter Maͤnner bestimmen ließ, den
Nachtheil, daß es etwas complicirt und kostspielig ist. Ich fuͤrchte daher
auch, daß mir die Chemiker in Hinsicht auf diese beiden Punkte wirklich
Vorwuͤrfe machen werden. Wenn man aber bedenkt, daß bei dem Berzelius'schen Loͤthrohre auch noch eine Lampe noͤthig ist;
daß diese Lampe einzeln verkauft wird, aus mehreren Stuͤken besteht, und wenn
sie aus bemahltem Eisenbleche verfertigt ist, 15 Franken kostet; daß das messingene
Loͤthrohr, welches dazu gehoͤrt, um 10 Franken verkauft wird, so hoffe
ich, daß man in Bezug auf mein Instrument nicht strenger seyn wird, besonders wenn
man dasselbe, wie ich hoffe, nuͤzlich und leicht anwendbar findet.Die prognostische Esse bekommt man bei Hrn. Deleuil, rue Dauphine Nr. 22 zu
kaufen. Bei demselben kann man auch alle uͤbrigen dazu
gehoͤrigen Theile und alle zum Laboratorium eines Mineralogen
gehoͤrigen Geraͤthe haben. Ich benuze diese Gelegenheit, um
Hrn. Deleuil den Chemikern und Physikern zu
empfehlen, indem ich von seiner Sorgfalt und seinem guten Geschmake nur
alles Ruͤhmliche sagen kann. A. d. O.
Ich will mein Instrument vorher beschreiben, ehe ich die Anwendungsweise desselben
angebe.
Es besteht aus 8 Haupttheilen. AA'A'' ist die
Tragesaͤule, die an ihrer Spize A' unter einem
rechten Winkel gebogen ist.
F ist ein Verbindungs-Cylinder, der in ein Loch
paßt, welches senkrecht an dem zugerundeten Ende des Theiles A'' der Tragesaͤule angebracht ist.
v ist die Drukschraube, durch die der Cylinder auf der
gehoͤrigen Hoͤhe erhalten wird.
B ist der kugelfoͤrmige Luftbehaͤlter, an
welchem sich drei Tubulirungen t, t', t'' befinden.
G ist ein Pfropf, der mittelst einer leichten Kette an
der unteren Tubulirung t'' angehaͤngt ist.
t ist die seitliche Tubulirung, in die der Schnabel des
Loͤthrohres eingeschraubt wird, der an seinem Ende aus Platin besteht, und
durch welchen die Luft, die zur Erhaltung einer schoͤnen Flamme
noͤthig ist, auf den entzuͤndeten Docht geleitet wird.
t' ist die obere Tubulirung, in die der mit einer
ledernen Scheibe versehene Verbindungs-Cylinder eingeschraubt wird.
E ist der Schnabel des Loͤthrohres, welcher mit
einem Ende aus Platin versehen ist.
C ist der cylindrische Behaͤlter, in welchem die
in den Apparat eingeblasene Luft getroknet wird, und der aus drei Stuͤken
besteht, naͤmlich: aus dem tubulirten Dekel c,
aus einer aͤhnlichen Basis c', durch welche die
Tubulirung geht, indem sie sich senkrecht bis in die Mitte des Behaͤlters,
der den dritten und vorzuͤglichsten Theil bildet, erstrekt. Diese Tubulirung
endet sich in eine Kugel, an deren Seite sich 6–8 Loͤcher befinden.
Die beiden Dekel schrauben sich genau an die beiden Enden des Cylinders. Die untere Tubulirung
i der Basis ist in den oberen Theil des
Verbindungs-Cylinders eingerieben, und in die obere Tubulirung v wird das Mundstuͤk eingerieben.
D ist das Mundstuͤk, welches zum leichteren
Gebrauche des Instrumentes etwas gekruͤmmt ist.
R ist der Oehlbehaͤlter, an dem sich ein
Docht-Traͤger von solcher Groͤße befindet, daß er zwei Dochte
zu fassen im Stande ist. Diese Lampe traͤgt an der Basis ihrer ganzen
Laͤnge nach eine vierekige Dille.
T ist ein vierekiger Stiel, welcher in die Dille der
Lampe paßt, und der an feinem Ende selbst wieder mit einer Federdille versehen ist,
durch die die Tragesaͤule geht, die mit dem Stiele einen Winkel von
90° bildet.
P ist ein hoͤlzerner Traͤger von 6
Quadratzoll, in welchen die Tragesaͤule so weit eingeschraubt oder
eingerieben wird, daß das Instrument dadurch gehoͤrig befestigt ist.
Aus dieser Beschreibung erhellt, daß sich die pyrognostische Esse sehr leicht
handhaben laͤßt, und daß daher deren Anwendung sehr viele Bequemlichkeit
gewaͤhrt. Der Luftbehaͤlter kann naͤmlich mittelst des
Verbindungs-Cylinders und der Drukschraube nach Belieben auf- oder
abwaͤrts bewegt werden; die Lampe kann in Folge ihm Einrichtung der Bewegung
des Loͤthrohres folgen; sie kann an der Saͤule und folglich an dem
Schnabel, welcher die Luft auf die Flamme leitet, vor- oder
ruͤkwaͤrts gehen, und sie kann endlich auch ganz um die Saͤule
gedreht werden, was bei der Einrichtung des Dochtes viele Erleichterung
gewaͤhrt.
Will man sich nun dieses Loͤthrohres bedienen, so braucht man die Theile, wenn
man den Behaͤlter C vorher mit
Calcium-Chloruͤr gefuͤllt hat, nur in jener Ordnung
zusammenzufuͤgen, in welcher ich dieselben anfuͤhrte. Ist dieß
geschehen, so sezt man das Instrument bequem vor sich hin, bringt den Docht so in
Ordnung, daß der Schnabel des Loͤthrohres zwischen die beiden Dochte kommt,
und naͤhert diesen Schnabel dann mehr oder weniger, je nachdem man diese oder
jene Flamme zu erhalten wuͤnscht.
Es ist nicht noͤthig, daß ich bei der Einrichtung des Behaͤlters
fuͤr das Calcium-Chloruͤr laͤnger verweile; man wird
naͤmlich an diesem Cylinder leicht einen doppelten Behaͤlter erkennen,
der den Wasserbehaͤlter fuͤr das Wasser bildet, welches sich bei
laͤnger fortgesezten Versuchen immer erzeugt. Diese Einrichtung ist
unumgaͤnglich nothwendig, wenn das Wasser nicht in den Koͤrper des
Apparates gelangen soll.
Da nicht bei allen pyrognostischen Versuchen trokene Luft noͤthig ist, so kann man in solchen
Faͤllen das Kalksalz weglassen, wo dann der Apparat eben so gut wirkt.
Gewoͤhnlich bediene ich mich eines zweiten Mundstuͤkes, welches in den
Verbindungs-Cylinder eingerieben ist, und welches wegen seiner Laͤnge
an den Dimensionen des Apparates nichts aͤndert. Auf diese Weise
erhaͤlt das Instrument mehr Zierlichkeit und Leichtigkeit. Dieses zweite
Mundstuͤk sieht man in Z.
Fig. 17 zeigt
die pyrognostische Esse vollkommen zusammengestellt.
Die Anfaͤnger in den Wissenschaften sind gewoͤhnlich mit dem
Loͤthrohre nur wenig bekannt und vertraut, und doch ist dasselbe fuͤr
Jedermann, der sich mit chemischer Analyse beschaͤftigt, ein hoͤchst
nuͤzliches und unentbehrliches Instrument. Wenn man mit demselben auch nicht
zur genauen Kenntniß der Bestandtheile eines Minerales gelangen kann, so
luͤftet es doch den Schleier, der uͤber dieselben gezogen ist, und
gibt auf diese Weise die Anleitung, nach welcher man eine weitere Untersuchung
anzustellen hat. Um nun diese Untersuchungen leichter und bequemer zu machen, habe
ich das Instrument erfunden, welches ich hier unter dem Namen der pyrognostischen Esse (forge du
pyronoste) bekannt mache.