Titel: | Ueber die Höhe des Wasserstandes in den Kesseln der Dampfwagen. Von Hrn. Franklin Peale. |
Fundstelle: | Band 46, Jahrgang 1832, Nr. XVI., S. 87 |
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XVI.
Ueber die Hoͤhe des Wasserstandes in den
Kesseln der Dampfwagen. Von Hrn. Franklin Peale.
Aus dem Journal of the Franklin Institute im
Repertory of
Patent-Inventions. September 1832, S. 186.
Peale, uͤber die Hoͤhe des Wasserstandes in den
Kesseln der Dampfwagen.
Die Eich- oder Meß-Haͤhne der Dampfkessel bilden
zuverlaͤssig einen der wichtigsten Theile der Dampfmaschine, denn auf deren
Angabe stuͤzt sich unsere Kenntniß der geeigneten Hoͤhe des
Wasserstandes in dem Dampfkessel, und folglich die volle Kraftaͤußerung der
Maschine, und was noch mehr ist die Sicherheit aller jener, die sich im Bereiche der
Maschine befinden. Alle Thatsachen, die sich auf diesen wichtigen Theil beziehen,
muͤssen folglich dem Publicum sehr willkommen seyn.
Da sich nur Hochdrukmaschinen fuͤr Dampfwagen eignen, so beziehen sich meine
wenigen Bemerkungen hauptsaͤchlich, wenn nicht ausschließlich, auf diese Art
von Dampfkraft.
Wenn sich ein Kessel, in welchem Dampf entwikelt wird, in vollkommenem Zustande der
Ruhe befindet, d.h. wenn die Maschine, die er speisen soll, weder in Bewegung, noch
auf eine andere Weise in Unruhe gesezt ist, so laͤßt sich die
Oberflaͤche des Wassers oder, wie man zu sagen pflegt, die Wasserlinie genau
angeben. Sezen wir z.B., daß in Entfernungen von Bruchtheilen eines Zolles
Eichhaͤhne angebracht sind, so wird die Hoͤhe der Wasserflaͤche
wohl in dem Augenblike, in welchem der in gleicher Hoͤhe befindliche Hahn
geoͤffnet wird, mit großer Genauigkeit angedeutet werden; allein so wie der
Hahn einige Zeit offen erhalten wird, wird in der Richtung, in welcher das
Entweichen Statt findet, eine Stroͤmung entstehen, so daß der Hahn folglich
keine genauen Angaben mehr geben wird. Dieß ist so wahr, daß wenn man einen Hahn,
der sich eine Streke uͤber der Wasserflaͤche befindet, oͤffnet,
anfangs bloß Dampf, zulezt aber Dampf und Wasser austritt, wobei die Dauer der Zeit,
welche zwischen dem Oeffnen des Hahnes und dem Erscheinen des Wassers verstreicht,
von der relativen Hoͤhe des Eichhahnes, der Wasserflaͤche und dem
Grade des Drukes auf den Kessel zur Zeit des Versuches abhaͤngen wird.
Eine hiemit in Verbindung stehende Thatsache wurde vor einiger Zeit bei dem Probiren
eines Maschinenmodelles beobachtet. Der Dampf wurde naͤmlich in einem kleinen
Hochdrukdampfkessel entwikelt, dessen Sicherheitsklappe hierauf mit der Hand
geluͤftet wurde. Hiebei folgte nun der Dampf unmittelbar auf das Wasser und
zulezt wurde alles Wasser durch die Klappe aus dem Kessel getrieben.
Ich habe die Sicherheitsklappe eines kleinen Kessels zum Versuche oͤfters
geluͤftet, und immer gleichen Erfolg beobachtet: das Wasser erschien
naͤmlich jedes Mal nach einem kurzen Zwischenraume. Die Erklaͤrung
dieser Erscheinung ist sehr einfach, in dem in dem Kessel befindlichen Wasser ist
immer eine gewisse Menge Hize enthalten, und diese Hize ist, wenn der Druk durch das
Heben der Klappe aufgehoben wird, hinreichend, um das Wasser aufwallen und
schaͤumen zu machen, so daß dasselbe entsteht, was unsere Koͤche und
Koͤchinnen unter dem Ueberlaufen verstehen.
Wenn nun eine Maschine in Thaͤtigkeit gesezt, und der Dampf folglich dadurch
entfernt wird, so bringt das Aufsieden, welches zur Erzeugung einer neuen Menge
Dampf noͤthig ist, die Oberflaͤche des Wassers in Unruhe, so daß der
Eichhahn folglich in seinen Angaben nicht mehr so genau seyn kann, sondern daß eine
große Uebung und Gewandtheit noͤthig ist, um aus dem entweichenden Dampfe und
Wasser mit Genauigkeit die Hoͤhe der Wasserlinie zu erkennen, obwohl ein
geuͤbtes Auge auch dieß ohne große Schwierigkeit ausmitteln wird. Anders
verhaͤlt es sich aber, wenn die Dampfmaschine auf einer Eisenbahn
laͤuft: hier wird naͤmlich die Maschine bedeutend geruͤttelt,
und folglich das darin enthaltene Wasser noch mehr, so daß es aͤußerst
schwer, wo nicht ganz unmoͤglich wird, die Hoͤhe desselben anzugeben.
Dieß ist von groͤßter Wichtigkeit, obschon nicht alle Gelehrten und selbst
einige praktische Mechaniker nicht gehoͤrige Ruͤksicht darauf genommen
zu haben scheinen. Ich hatte kuͤrzlich Gelegenheit in Gesellschaft mehrerer
Mechaniker und anderer Sachvers staͤndiger einen Dampfwagen zu untersuchen,
wobei ich eine Hieher bezuͤgliche Beobachtung machte. Die Maschine war in
Thaͤtigkeit, ohne daß sie ihren Ort veraͤnderte, denn die
Raͤder waren so hoch gehoben, daß keine Adhaͤsion moͤglich war.
Die Eichhaͤhne zeigten saͤmmtlich Wasser, und doch fand sich, als die
Maschine angehalten wurde, zum Staunen aller Anwesenden, daß selbst der unterste
Hahn kein Wasser gab, so daß Niemand die Hoͤhe des Wasserstandes anzugeben im
Stande war: ein Umstand, der wie Jedermann einsehen und zugeben wird, nie Statt
finden soll.
Es ist uͤbrigens weit leichter die obwaltenden Schwierigkeiten aufzudeken, als
Mittel gegen dieselben anzugeben. Wir haben bisher auch von unseren mehr erfahrnen
Vorgaͤngern in England in dieser Hinsicht wenig oder gar keinen Beystand
erhalten. Wir wissen beinahe nichts als die allgemeine Form und Einrichtung ihrer
Maschinen und die mit denselben angestellten Versuche; von weit groͤßerer
Wichtigkeit waͤren bis ins Kleinliche gehende Beschreibungen der wichtigeren
Theile der Maschine und vollkommene Details uͤber deren Handhabung.
Bei dem gegenwaͤrtigen Stande der Dinge muͤssen wir uns auf die
Sorgfalt der Mechaniker verlassen. Die Speisepumpe muß gehoͤrig wirken; die
Quantitaͤt des Wassers, welche in einer gewissen Zeit geliefert wird, muß
bekannt seyn, und durch die Geschwindigkeit und die Luft regulirt werden. Vor Allem
muß aber die Maschine in kurzen Zwischenraͤumen aushalten werden, um dieselbe
untersuchen zu koͤnnen. Sorgfaͤltige Versuche und hinlaͤngliche
Erfahrung gewaͤhren zwar Vertrauen, allein es bleibt doch immer sehr
wuͤnschenswerth, den Zustand des Wassers in den Kesseln anschaulicher zu
machen, als er es bei gegenwaͤrtiger Einrichtung ist.